41. BERICHT
der
SENCKENBERGLSCHEN NATÜRFORSCHENDEN
GESELLSCHAFT
FRANKFÜRT AM MAIN
Frankfurt am Main
Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft
1910
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet
Übersetzungsrecht vorbehalten
V —
Inhaltsverzeicliiiis.
Neues aus der S c h a u s a m m 1 u n g : Seite
Das Flußpferd (mit 1 Abbildung) von E. Wolf 1
Riesenhirsch und Höhlenbär (mit 2 Abbildungen) von F. Drever-
mann 7
Das indische Nashorn (mit 7 Abbildungen) von E. Marx u. A. Koch 161
Der afrikanische Elefant (mit 9 Abbildungen) von E. Wolf . . 171
Der Riesenalk (mit 2 Abbildungen) von 0. zur Strassen . . 184
Ein fossiler Hai (mit 1 Abbildung) von F. Drevermann . . 191
Im Grönländischen Eismeer (mit 8 Abbildungen) von R. v. Gold-
schmidt-Rothschild 241
Geschenke aus der Ausbeute der J. Deutschen Tiefsee-Expedition
(mit 6 Abbildungen) von F. W. W i n t e r 254
Verteilung der Ämter im Jahr 1910 12
V e r z e i c h n i s d e r M i t g 1 i e d e r 14
Rückblick auf das Jahr 1909 (Mitteilungen der Verwaltung) . 35
Kassenbericht über das Jahr 1909 41
Museumsbericht über das Jahr 1909 44
Zoologische Sammlung 47
Botanische Sammlung 56
Mineralogische und petrographische Sammlung 58
Geologisch-paläontologische Sammlung . 60
Lehrtätigkeit im Sommerhalbjahr 1909 und Winterhalbjahr 1909/10 :
Zoologie 68 194
Botanik 70 195
Mineralogie, Geologie und Paläontologie 72 196
Wissenschaftliche Sitzungen :
0. zur Strassen: Psychologie der Insekten .... 197
K. Esche rieh: Über Termiten 199
R. Volk: Biologisches aus der Unterelbe, insbesondere
die Beziehungen des Planktons zur Selbstreinigung
des Stromes bei Hamburg 201
K. D e n i n g e r : Ergebnisse seiner Reise nach den Molukken 205
H. S c h u b 0 t z : Zoologische Ergebnisse und Beobachtungen
während der Zentralafrika-Expedition des Herzogs
Adolf Friedrich zu Mecklenburg 208
L. Grünhut: Die Beziehungen zwischen physikalischer
Chemie und Biologie 210
E. Strauß; Tierische Farbstoffe 211
R. Richter: Die Entstehung des Rheintals von der
Quelle bis Mainz 213
E. Kaiser: Die Entstehung des Rheintals von Mainz bis
Köln 214
ollZo^
— VI —
Seite
R. Goldschmidt: Das Problem der Geschlechtsbestimmung 216
ß. Kahn: Über schlagende Wetter 217
G. Greim: Die Zirkulation der Ozeane 218
H. Sachs: Die Reaktionsfähigkeit des Organismus gegen-
über artfremden Stoffen 219
F. W. Winter: Neuere Untersuchungen über Biologie
und Fortptlanzung der Foraminiferen, ein Bild aus der
Kleinlebewelt 222
W. Schau f: Über den Odenwald 225
K. P r i e m e 1 : Über den wissenschaftlichen Wert der
Pflege und Schaustellung lebender Tiere .... 225
E. Wolf: Die Inseln der Südsee und ihre Bewohner . . 228
Wissenschaftliche Beiträge:
M. Möbius: Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis
(mit 8 Abbildungen) 76
A. Knoblauch: Unsere einheimischen Salamander und Molche
im Kreislauf des Jahres fmit 7 Abbildungen) 104
F. D r e V e r m a n n : Eine geologische Forschungsreise in die Sierra
Morena 123
P. Prior: Die Diamanten Deutsch-Südwestafrikas (mit 2 Ab-
bildungen) 133
P. Sack: Aus dem Leben unserer Zuckniücken (Chironomiden)
(mit 8 Abbildungen) 229
A. Hand Urs eh: Fossile Wespennester (mit 1 Abbildung) . . 265
J. Ziehen: Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst
(mit 11 Abbildungen) 267
Nekrologe:
F.W. Winter: Anton Do hm und die Zoologische Station
in Neapel 142
F. Kinkelin : Lu d wig Becker 152
A. Libber tz: Robert Koch (mit Porträt) 306
Besprechungen:
L Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft :
Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden
Gesellschaft in Frankfurt a. M. :
Band 31 Heft 1 : Riechbahnen , Septum und Thalamus bei
Diclelphis marsupialis von Dr. Paul Röthig (L. Edintjer) 155
Die Farnpflanzen in der Umgegend von Frankfurt a. M.
von J. M ü 1 1 e r - K n a t z (A. Knoblauch) .... 319
Band 32 : Festschrift zum siebenzigsten Geburtstag von
Wilhelm Kobelt am 20. Februar 1910 (F.Haas) . . 156
IL Neue Bücher:
F. Kinkel in: Vorgeschichte vom Untergrund und von der
Lebewelt des Frankfurter Stadtgebietes. Eine geologische
Skizze fA. Knoblauch) 158
Neues aus der Scliausammlmio-.
Das Flußpferd.
Mit einer Abbildung.
Wer erinnert sich nicht der alten treuen Hüter, die links
und rechts den Eingang unseres früheren Museums geziert
haben. Der eine dieser Kolosse, das Nilpferd, hat unterdessen
den Flammentod erlitten ; der andere, ein suraatranisches Nashorn,
mußte sich in unserem neuen Museum bescheiden in eine Nische
des Obergeschosses zurückziehen. So haben wir gerade die
Riesen unserer Tierwelt, die Dickhäuter, entbehren müssen, bis
hochherzige Schenker es uns ermöglicht haben, diese Lücke mit
Prachtexemplaren ihrer Art auszufüllen: ein mächtiges Fluß-
pferd, das ein Kunstwerk der neueren Dermoplastik genannt
werden darf, hat bereits Aufstellung gefunden ; Rhinozeros und
afrikanischer Elefant werden in Bälde folgen.
Rudolf von Goldschmidt-Rothschild, dem unser
Museum in neuerer Zeit so manche wertvolle Schenkung ver-
dankt, hat das Flußpferd für uns erworben; im westafrikanischen
Oberguinea wurde es erlegt, und englische Präparatoren haben
aus ihm ein lebenswahres Schaustück geschaffen.
Die Zoologie stellt das Flußpferd, Hippopotamus
amphibius L.; zu den Paarzehern, also in die Nähe der Schweine.
An jedem Fuß, vorn wie hinten, trägt es vier mächtige Zehen,
die beiden vorderen etwas näher zusammengerückt, die seitlichen
weiter abstehend, aber alle den Boden berührend. Sein fast
3 m langer Magen zerfällt in drei ziemlich scharf gesonderte
Abteilungen, ein Hinweis darauf, daß dieses Tier auch mit den
Wiederkäuern nahe verwandt ist. Seine Beine sind plump und
kurz; der Bauch hängt tief herab; der massige Kopf mit den
1
— 2 —
zugespitzten unscheinbaren Ohren, den kleinen, mit stark ge-
wölbter Hornhaut versehenen Augen und den S-förmigen, ver-
schließbaren Nasenlöchern nimmt nahezu ein Dritteil der Körper-
länge ein. Auf der Oberlippe zerstreut stehen wenige Borsten,
die sich sonst nur noch als winzig kleiner Haarbüschel an dem
kurzen Schwänze finden. Die schwarzgraue, an einzelnen Stellen
hellere Fleischtöne aufweisende Haut ist rissig. Das ganze
Äußere des Tieres sowie seine unnachahmliche Stimme mit ihren
brummenden, grunzenden und pustenden, oft trompetenartigen
Tönen lassen diesen Dickhäuter nicht gerade als eine Schönheit
erscheinen. Aber so, wie er uns hier entgegentritt, macht er
durchaus nicht den Eindruck der Plumpheit oder Schwerfällig-
keit, ist er nicht der träge, im Wasser ruhende Fettkoloß, sondern
ein wutschnaubender, kraftstrotzender Riese, der trotz der ge-
ringen Gliederung seines Körpers, die eigentlich nur durch die
Falten an den Oberschenkeln und in der Nackengegend zum
Ausdruck kommt, einen nicht zu verachtenden Gegner darstellt.
So mag er im grauen Altertum in den Arenen Roms seineu
Widersachern — Löwen, Bären und anderen Bestien — ent-
gegengetreten sein; so mögen sich die Bullen, wenn sie im
Frühjahr um die Weibchen kämpfen, gegenüberstehen; so soll
das Flußpferd auch in Augenblicken blinder Wut auf seine
Gegner losstürzen, Menschen und Tiere mit seinem fürchterlichen
Gebiß zermalmend. Noch immer ist es uns ein Rätsel wie die
alten Römer trotz ihrer primitiven Hilfsmittel eine große Zahl
dieser Tiere bis nach Rom transportieren konnten: denn selbst
heutzutage gelingt es nur selten, einen dieser Dickhäuter, zumal
ein erwachsenes Exemplar, in die europäischen Tiergärten zu
bringen. Ist aber die Überführung erst einmal gut vonstatten
gegangen, so werden die Tiere bald zahm und halten sich oft
jahrzehntelang; ja sie können sogar in der Gefangenschaft zur
Fortpflanzung gebracht werden.
3^2 m mißt unser Bulle von der Schnauze bis zur Schwanz-
wurzel; 3,20 m ist sein Leibesumfang, selbst sein Hals weist
einen Umfang von 2V2 m auf; 1500 kg mag wohl das Gewicht
des lebenden Tieres betragen haben. Es ist also im wahren
Sinn des Wortes ein Koloß. Und doch sind schon Tiere von
4 — 5 m Länge und mit einem Gewicht von 2000 — 3000 kg er-
legt worden. Schon die 2 cm dicke Haut mit der darunter
p^
p^
_ 4 —
liegenden 8— 16cm mächtigen, melir flüssigen als festen Fett-
schicht, die als sogenannter „Seeknhspeck" für die Eingeborenen
einen hochgeschätzten Leckerbissen bildet, wiegt bei diesen
Riesen 500 — 600 kg. Nilpferdpeitschen, aus Längsstreifen der
abgezogenen Haut hergestellt, haben schon zur Pharaouenzeit
eine bedeutsame Rolle gespielt, und durch die Buren lernten die
Eingeborenen wie die Zugtiere Südafrikas diese Marterwerk-
zeuge in gleich unliebsamer Weise kennen.
Aus dem weitaufgerissenen Rachen starrt uns ein Gewirr
von Zähnen entgegen, die aber in der sichersten Weise ineinander-
greifen und für ihre Zwecke vortrefflich angepaßt sind. Oben
und unten sehen wir jederseits zwei wurzellose, nach vorn ge-
richtete Schneidezähne, von denen der innere, bei unserem
Exemplar 22 cm lang, den äußeren überragt, und je einen Eck-
zahn, von welchen der untere, hier 30 cm messend, die drei-
bis vierfache Länge des oberen besitzt. Die Backenzähoe,
jederseits sechs bis sieben oben und unten, sind im Unterkiefer
von dem Fleischwulst der Zunge nahezu vollständig verdeckt
und treten deshalb nur im Oberkiefer deutlich hervor.
Wie arbeitet nun dieser absonderliche Mechanismus? Der
untere Eckzahn, der ein Gewicht von 2 — 3 kg erreichen kann,
erscheint außen tief gerieft und ist ziemlich stark nach ein-
wärts gebogen. An der Spitze zeigt seine Innenseite eine spiegel-
glatte Fläche; die entsprechende Gegenfläche findet sich auf
der Außenseite des oberen Eckzahns. Beide Zähne sind fort-
während im Wachsen begriffen ; doch durch die andauernde Be-
nützung werden sie auch in gleicher Weise wieder abgeschliffen.
Hierdurch weist jede Seite ein vorzüglich funktionierendes
Scherenpaar auf, mit dem das Tier selbst die zähesten Stengel
der verschiedenartigen Wasserpflanzen, die es täglich zentner-
weise verzehrt, abzuschneiden vermag. Die Schneidezähne, deren
untere ebenfalls die oberen weit an Größe übertreffen, greifen
nicht über-, sondern zwischeneinander und weisen deshalb auch
die abgenutzten Flächen an den Seiten auf. Ihnen fällt das
Ausreißen und Festhalten der Nahrung zu, so daß nur noch das
Zerkleinern und Zermalmen derselben den Backenzähnen vor-
behalten bleibt.
Paläontologische Funde bezeugen, daß das Flußpferd zur
Tertiär- und Quartärzeit in noch gewaltigeren Arten, wie auch
in Zwergformen, sogar Süd- und Mitteleuropa — auch unsere
Mainebene — , ja selbst das ferne Indien bevölkert hat. Eine
noch lebende Zwergform, die höchstens eine Länge von 2 m
erreicht, wurde im Innern von Liberia in Westafrika aufgefunden.
Heutzutage ist das Flußpferd auf Zentralafrika zuiückgedrängt.
Noch vor ungefähr hundert Jahren hat dieses Riesentier ganz
Afrika bewohnt und sich vereinzelt selbst noch im Unterlauf
des Nils gezeigt. Daher rührt auch der Name Nilpferd. Nicht
so einfach ist der zweite Teil dieses Namens zu erklären ; denn
mit einem Pferd hat das Tier nicht die geringste Ähnlichkeit.
Noch früher war es bis hinab nach Südafrika der unumschränkte
Herrscher der afrikanischen Flüsse und Seen, vor dem selbst
die gierigen Krokodile zurückschreckten, und dem auch auf dem
Lande kein Geschöpf entgegenzutreten gewagt hat. Nur der
Mensch suchte seit alten Zeiten auch hier seine Oberhoheit
durchzusetzen. Aber weder die Jäger der Pharaonen, die, wie
noch heute manche Eingeborenenstämme, das Tier unerschrocken
mit Harpunen angriffen, noch die Fallgruben oder vergifteten
Fallhölzer der westafrikanischen Völker konnten es in seiner
Existenz bedrohen. Erst das Feuergewehr, Pulver und Blei,
haben unter den Flußpferden in verheerender Weise aufgeräumt.
Haut und Zähne, namentlich die Eckzähne, die, nachdem die
Schmelzschicht abgebeizt ist, ein sehr hartes Elfenbein liefern,
bilden vielbegehrte Handelsartikel, und so haben bereits in
wenigen Jahrzehnten Jagdlust und Geldgier diese gewaltigen
Tiere dezimiert. Bald werden wir auch sie, wie schon so manchen
anderen ihrer ehemaligen Heimatgenossen, auf die schwarze Liste
derjenigen Tiere setzen müssen, von denen die Krone der Schöp-
fung sich rühmen kann, sie vollständig vernichtet zu haben.
Als ausgezeichnete Schwimmer und Taucher, die es dank ihrer
gewaltigen Lungen bis zu fünf Minuten unter Wasser aushalten
können, sowie infolge der ihnen eigenen Scheu und Schlauheit
werden die Flußpferde aherdings noch einige Zeit ihr Dasein
fristen; aber ihr völliger Untergang scheint unabwendbai".
Auch die neueste Entdeckung Robert Kochs, daß wie die
Krokodile so auch diese Tiere als Zwischenwirte der Erreger
der Schlafkrankheit in Betracht kommen, läßt uns dieses un-
aufhaltsame Schicksal nicht weniger bedauerlich erscheinen.
Möge es den gegenwärtigen, eifrigen Bestrebungen gelingen, für
Riesenhirsch, Cerviis (Megaceros) euryceros Aldrovandi.
— 7 —
die bedrohte Tierwelt Afrikas Schutz reservate zu schaffen,
in denen die verschiedenen Vertreter dieser einzigartigen Fauna
in voller Freiheit, ähnlich wie die letzten Reste der großen
Büffelherden in Nordamerika, leben können und so wenigstens
vor der vollständigen Ausrottung bewahrt bleiben.
E. Wolf.
Riesenhirsch und Höhleubär.
Mit 2 Abbildungen.
Zwei stattliche Tiere der Vorzeit sind in den letzten
Monaten im Lichthof neu aufgestellt worden : der Riesenhirsch,
tiefdunkel gefärbt von dem irischen Torfmoor, unter dem er
gelegen hat, stolz aufgerichtet mit dem mächtigen Schaufelgeweih,
und ein alter, ausgewachsener Höhlenbär, dessen Skelett an
Frische mit dem eines rezenten Tieres wetteifert, hell gefärbt
von dem Hühlenlehm der Tiroler Kalkalpen. Beide sind Charakter-
tiere (Leitfossilien) der Diluvialzeit; beide mögen oft genug
miteinander gerungen haben ; beide sind sie schließlich vom
Menschen gejagt und ausgerottet worden.
Der Riesenhirsch, Cervus {Megaceros) eui'ijceros Aldro-
vandi,*) war zur Diluvialzeit weit verbreitet. Seine Reste finden
sich in besonderer Menge in Irland und zwar in einer mergeligen
Süß Wasserschicht direkt unter den gewaltigen Torflagern, die
große Teile der Insel bedecken. Mehr vereinzelt sind die Funde
in Großbritannien, in ganz Frankreich und Deutschland (auch
in unserer Gegend ist der Riesenhirsch mit Sicherheit nach-
gewiesen), Belgien, Dänemark und Österreich ; wieder häufiger
sind sie in Ungarn und Oberitalien, endlich im europäischen
Rußland, besonders im Wolgagebiet, und als äußerster östlicher
Vorposten in Sibirien. Bei einer so großen Verbreitung ist es
natürlich, daß sich auch beim Riesenhirsch wie bei seinen rezenten
Verwandten eine Anzahl von Rassen herausgebildet hat, die
sich besonders nach der Gestalt des Geweihes voneinander
unterscheiden lassen. Dieses besteht beim männlichen Tiere
(das weibliche trug kein Geweih) aus gewaltigen Schaufeln mit
lang auslaufenden Spitzen am Rande, deren größter Abstand
') Literaturangaben in der hier besonders benutzten Arbeit von
K. Hescheler „Der Riesenhirsch". Neujahrsblatt der Naturforschenden
Gesellschaft in Zürich. 1909, 111. Stück.
bei unserem Skelett fast 3 m beträgt, bei dem riesigsten bisher
bekannten Exemplar aber fast 4 m erreicht. Selbst dieser im-
posante Kopfschmuck, neben dem jeder Hirsch oder Elch der
Gegenwart uns klein erscheint, wurde jährlich abgeworfen und
in wenigen Monaten neu gebildet; denn die tiefen Furchen und
Eindrücke auf den Schaufelflächen rühren von Blutgefäßen her
und stammen aus der Zeit, als das Geweih während der Neu-
bildung noch mit Bast bedeckt war.
Fast alle in europäischen Museen aufgestellten Skelette
und Geweihe des Riesenhirschs stammen aus Irland, wo sie
sich an einzelnen Stellen so häufig finden, daß es besondere
Sammler gibt, die mit langen Eisenstaugeu den Torf und Letten
durchstechen und da, wo sie auf einen Widerstand stoßen,
nachgraben. Wie kommen diese Mengen der großen Tiere nun
gerade in die eine Lettenschicht? Da sich außerdem Süßwasser-
schuecken und -Muscheln darin finden, läßt sich leicht feststellen,
daß die Schicht am Grunde von flachen Seen abgelagert wurde,
die zur Diluvialzeit weite Strecken von Irland bedeckten. Mau
darf vielleicht annehmen, daß ganze Rudel von Rieseuhirscheu,
vielleicht von Wölfen (oder vom Menschen?) gejagt, im Wasser
Zuflucht gesucht haben und in dem zähen Lehm versunken sind.
Der schwei-e Hauptschmuck hinderte durch sein Gewicht die
Tiere, sich aus dem Morast herauszuarbeiten. So erklärt sich
leicht auch die Tatsache, daß die Überreste weiblicher Tiere
viel seltener als die der männlichen gefunden werden.
War der Riesenhirsch ein Zeitgenosse des Menschen ?
Man hat eine durchlöcherte Rippe des Tieres aus Irland als
Beweis für eine Verwundung durch Lanze oder Pfeil ansehen
wollen; sicherer ist ein Fund in England, wo in der gleichen
Schicht Riesenhirschknochen mit Steinwerkzeugen gefunden
worden sind. Die Annahme, daß der Mensch das prachtvolle
Tier gejagt hat, ist also gerechtfertigt. Als reine Vermutung
muß es aber bezeichnet werden, daß der Riesenhirsch in Deutsch-
land bis ins Mittelalter hinein gelebt haben soll. Im Nibelungen-
lied erschlägt Siegfried auf der Jagd auch ,, einen grimmen
Scheich", und da man kein Tier des deutschen Urwaldes kennt,
das etwa mit dieser Bezeichnung gemeint sein könnte, hat man
an den Riesenhirsch gedacht. Die große UnWahrscheinlichkeit
dieser Annahme geht jedoch schon daraus hervor, daß ein Ge-
— 10 —
weihträger von so gewaltiger Gestalt niemals ein Waldbewoliner
gewesen sein kann, wie das übrige in derselben Strophe des
Nibelnngenliedes erwähnte Wild, Wisent, Elch und Auerochs.
Irland war wohl die letzte Zufluchtsstätte des Riesen-
hirschs. Er gelangte dorthin über die Landbrücken, die da-
mals noch England mit dem Kontinent und mit Irland ver-
bunden haben. Hier hat er bis an die Grenze der Gegenwart
gelebt ; in Deutschland wie überhaupt in Mitteleuropa aber muß
er als ein Charaktertier der Diliivialzeit gelten.
Das gleiche gilt von dem Höhlenbär, ürsus spelaeus
Rosenmüller. ^) Seine Reste haben sich in manchen Höhlen,
ganz besonders in Schwaben, in solcher Menge gefunden, daß
man viele Wagenladungen fortfahren konnte. Auch die Tisch-
oferhöhle bei Kufstein, aus der unser Skelett stammt, enthielt
die Reste von zahlreichen Individuen, unter denen diejenigen
von ganz alten, sowie von weiblichen und jungen Tieren stark
vorwiegen. Der Erforscher der Höhle Prof. M. Schlosser in
München glaubt, daß nur ganz alte Bären die Höhle aufgesucht
haben, um darin zu verenden, und ferner weibliche Individuen,
um zu Wölfen. Denn der schlechte Zugang zur Höhle er-
schwerte das Einbringen der Beute ganz außerordentlich, und
es wurden in der Tat nur wenige Reste von Beiitetieren ge-
funden (Rentier, Steinbock u. a.). Hier haben die Höhlenbären
also wohl nicht dauernd gehaust, wie man dies bei vielen an-
deren Höhlen für ganze Reihen von Generationen annehmen darf.
Trotz seiner mächtigen Größe, welche die des Eisbären
und des grauen Bären Nordamerikas erreicht und übertrifft,
war der Höhlenbär wie die Mehrzahl seiner jetzt lebenden Ver-
wandten vorzugsweise ein Pflanzenfresser. Außerdem fand er
aber mit seinen Zeitgenossen, dem Höhlenlöwen, der Höhlen-
hyäne und dem Höhlenwolf, reiche Beute in den undurchdring-
lichen Wäldern Mitteleuropas. Sicherlich hat auch der Mensch
der Diluvialzeit mit ihm gekämpft, und oft mag er ihn in hartem
Ringen aus den Höhlen des Kalkgebirges vertrieben haben, um
selbst darin Schutz vor den Unbilden der Witterung zu suchen.
^) Vergl. die Arbeit von M. Schlosser „Die Bären- oder Tischofer-
höhle im Kaisertal bei Kufstein." Abhandl. der Kgl. Bayer. Akademie der
Wissenschaften. XXIV, 2, München 1909.
— 11 —
Man findet über der Schicht des Höhleolehms, in der die Skelette
und Einzelknochen der Raubtiere und ihrer Beute gefunden
werden, häufig- eine andere mit menschlichen Artefakten, mit
Feuerstätteu, mit den Beutetieren und Resten des Menschen.
Ja in einzelnen Höhlen geben uns mehrere über einander
folgende Ausfüllungsschichten mit ihren Einschlüssen ein ganz
genaues Bild langer Zeiten wieder und werden zu wichtigen
Dokumenten längst verschwundener Klimaperioden und ihrer
Tierwelt.
Der Mensch benutzte alles vom Höhlenbären ; sein Fell
diente zur Kleidung, sein Fleisch als Speise (man kennt an-
gebrannte Knochen des Höhlenbären, auch unser Museum be-
sitzt einen solchen); seine Zähne wurden durchlöchert und als
Halsschmuck aufgereiht getragen, und dem Unterkiefer schlug
der Mensch den hohen Gelenkfortsatz ab, benützte diese Stelle
als Griff und spaltete nun durch einen geschickten Schlag mit
dem spitzen Eckzahn die markhaltigen Röhrenknochen seiner
Beute. Ob der Höhlenbär durch den Menschen ausgerottet
worden ist, ist nicht erwiesen ; jedenfalls tritt zu Beginn der
Gegenwart überall der viel kleinere braune Bär an seine Stelle.
F. Drevermann
12
Protektoriii : Ihre Majestät die Kaiserin.
Verteilung der Ämter im Jahre 1910.
Direktion :
San. -Rat Dr. E. lloedi^er, I. Direktor 1 >V. Melber, Kassier
Dr. A. V. AVeiiiberg-, II. Direktor i Gen. -Konsul Stadtrat A. v. Metzler,
Dipl.-Ing. P. Prior, I. Schriftführer Kassier
A. Siebert, II. Schriftführer Jnstizrat Dr. F. Berg, Konsulent
VerAvaltiiug :
Die Verwaltung besteht satzungsgemäß aus den arbeitenden Mit-
gliedern, deren Namen im Mitgliederverzeichnis mit * versehen sind
Abgeordu. zur Kommissiou der vereinigten Bibliotheken:
Prof. Dr. H. Reicheubach
Bücher-Kommission :
Prof. Dr. F. Richters, Vorsitzender Prof. Dr. Vi. Scliauf
Prof. Dr. M. Möbius ' Prof. Dr. 0. zur Strassen
Prof. Dr. H. Reich enbacli \ Dr. (i. Wahl
Redaktion der Abhandlungen :
W. Melber, Vorsitzender I Prof. Dr. M. Möbius
Prof. Dr. 0. Boettger Prof. Dr. H. Beichenbach
Prof. Dr. L. v. Hejden | Prof. Dr. 0. zur Strassen
Redaktion des Berichts:
Prof. Dr. A. Knoblauch, Vorsitzender Dipl.-Ing. P. Prior
Dr. A. y. Weinberg F. W. Winter
Lehrkörper:
(Prof. Dr. H. Reichenbach
Zoologie Prof. Dr. 0. zur Strassen
I Dr. E. Wolf
Botanik Prof. Dr. M. Möbius
Mineralogie Prof. Dr. W. Seh auf
,, , . , T. V . , • f Pr«^- Dr. F. Kinkelin
Geologie und Paläontologie r^ ^ ,x
^ " \ Dr. F. Drevermaun
— 13 —
Miiseums-Kommission: ^^?o ^y^s
Die Sektionäre und der II. Direktor ^^^^ 9
Sektionäre:
„,.,-. . , Ol 1 x^ [ Pi'of- Dr- H. Reichenbacli
Vergleichende Anatomie und fekelette . . . . ^ _ t,, c, ,, ,
* l Frau M. Soudheim
Säugetiere Prof. Dr. W. Kobelt
Vögel Komm. -Rat R. de Neufville
Reptilien und Batrachier Prof. Dr. 0. Boett^er
Fische A. H. Wendt
^, , .,, . f Prof. Dr. L. y. Heyden
Koleopteren und Allgemeines 1 i w •
\ .A.9 TT \?lö
Hymenopteren A. Weis
Lepidopteren Dr. J. Guide
Dipteren Dr. P. Sack
Neuropteren, Orthopteren und Hemipteren . . Dr. J. Guide
Krustazeen Prof. Dr. F. Richters
Mollusken Prof. Dr. W. Kobelt
Wirbellose Tiere mit Ausschluß der Arthro-
poden und Mollusken Prof. Dr. H. Reichenbacli
( Prof. Dr. M. Möbius
Botanik { nw n.-
\ M. Durer
Mineralogie Prof. Dr. W. Schauf
^ , . , ^ , , . ( Prof. Dr. F. Kiukeliu
Geologie und Paläontologie p^.^j_ P^. ^^ g^^^^
Direktor des Museums:
Prof. Dr. 0. zur Strassen
Eustos d. zool. Sammluug:
Dr. E. Wolf
Kustos d.geol. -pal. Sammlung:
Dr. F. Drevermann
Bibliothekar :
Dr. G. Wahl
Bibliotheksekretär ;
Th. Hassler
Konservatoren :
Adam Koch
August Koch
Christian Strunz
Techniker :
Rudolf Moll
Handwerker :
Markus Burkhard
Lehrlinge
Christian Kopp
Joseph Lengle
Bureau :
Frl. M. Pixis, Vorsteherin
„ M. Göbel
, M. Eiider
Hausmeister
Berthold Diegel
14 —
Verzeichnis der Mitglieder.
I. Ewige Mitglieder.
An Stelle der Entrichtung eines Jahresbeitrages haben
manche Mitglieder vorgezogen, der Gesellschaft ein Kapital
zu schenken, dessen Zinsen dem Jahresbeitrag min-
destens gleichkommen, mit der Bestimmung, daß dieses
Kapital verzinslich angelegt werden müsse und nur die Zinsen
für die Zwecke der Gesellschaft zur Verwendung kommen dürfen.
Solche Mitglieder entrichten demnach auch über den Tod
hinaus einen Jahresbeitrag und werden nach einem alten Sprach-
gebrauch als „Ewige Mitglieder" der Gesellschaft bezeichnet.
Vielfach wird diese altehrwürdige Einrichtung, die der
Gesellschaft einen dauernden Mitgliederstamm sichert
und daher für sie von hohem Werte ist, von den Angehörigen
verstorbener Mitglieder benützt, um das Andenken an ihre Toten
bleibend in dem Senckenbergischen Museum wach zu
halten, zumal die Namen sämtlicher „ewigen Mitglieder" nicht
nur den jedesmaligen Jahresbericht zieren, sondern auch auf
M a r m 0 r t a f e 1 n in dem Treppenhause des Museums mit goldenen
Buchstaben eingegraben sind.
Simon Moritz v. Betlimaiiu 1827 G. H. Hauck-Stee^ 1848
Georg Heinr. Schwendel 1828 Dr. J. J. K. Buch 1851
Joh. Friedr. Aut. Helm 1829 G. v. St. George 1853
Georg Ludwig Goiitard 1830 J. A. Gruiieliiis 1853
Frau Susanna Elisabeth Bethmann- P. F. Chr. Kroger 1854
Holweg 1831 I Alexander Gontard 1854
Heinrich Mylius sen. 1844 M. Frhr. v. Bethmann 1854
Georg Melchior Mjlius 1844 | Dr. Eduard Riippell 1857
Baron Amschel Mayer v. Roth- Dr. Th. Ad. Jak. Em. Müller 185»
Schild 1845 Julius Nestle 1860
Joh. Georg Schmidhorn 1845 Eduard Finger 18G0
Johann Daniel Sonchay 1845 Dr. jur. Eduard Souchay 1862
Alexander v. Bethmann 1846 J. N. Grällendeich 1864
Heinrich v. Bethmann 184(5 E. F. K. Büttner 1865
Dr. jur. Rat Fr. Schlosser 1847 K. F. Krepi) 1866
Stephan v. (iuaita 1847 Jonas Mylius 1866
H. L. Döbel in Batavia 1847 Konstantin Fellner 1867
Anmerkung: Nach dem Mitglieilerbestand vom 1. Januar 1910.
15
Dr. Herniauii v. Meyer 1869
W. D. Soemnierring 1871
J. G. H. Petsch 1871
Beruhard Dondorf 1872
Friedrich Karl Rücker 1874
Dr. Friedrich Hesseuber? 1875
Ferdinand Laiiriu 1876
Jaliob Bernhard Rikoff 1878
Joh. Heinr. Roth 1878
J. Ph. Nikol. Manskopf 1878
Jean Noe du Fay 1878
Gg. Friedr. 3Ietzler 1878
Frau Louise Wilhelmine Euiilie
Gräfin Bose, geb. Gräfin von
Reichenbach-Lessonitz 1880
Karl August Graf Bose 1880
Gust. Ad. de Neufville 1881
Adolf Metzler 1883
Joh. Friedr. Koch 1883
Joh. Wilh. Roose 1884
Adolf Soenimerriuj? 1886
Jacques Reiss 1887
Dr. Albert von Reinach 1889
Wilhelm Metzler 1890
*Albert von Metzler 1891
L. S. Moritz Frhr. v. Bethniann 1891
Victor Moessinger 1891
Dr. Ph. Jak. Cretzschmar 1891
Theodor Erckel 1891
Georg Albert Keyl 1891
Michael Hey 1892
Dr. Otto Ponfick 1892
Prof. Dr. Gg. H. v. 3Ieyer 1892
Fritz NeumüUer 1893
Th. K. Soemmerring 1894
Dr. med. P. H. Pfefferkorn 1896
Baron L. A. v. Löwenstein 1896
Louis Beruus 1896
Frau Ad. von Brüning 1896
Friedr. Jaenuicke 1896
Dr. phil. Willi. Jaennicke 1896
P. A. Kesselnieyer 1897
Chr. G. Ludw. Vogt 1897
Anton L. A. Hahn 1897
Moritz L. A. Hahn 1897
Julius Lejeune 1897
Frl. Elisabeth Schultz 1898
Karl Ebenau 1898
Max YOU Guaita 1899
Walther vom Rath 1899
Prof. D. Dr. Moritz Schmidt 1899
Karl von Gruuelius 1900
Dr. jur. Friedrich Hoerle 1900
Alfred von Neufville 1900
Wilh. K. Frhr. v. Rothschild 1901
.Marcus M. Goldschmidt 1902
Paul Siegm. Hertzog 1902
Prof. Dr. Julius Ziegler 1902
Moritz von Metzler 1903
Georg Speyer 1903
Arthur von Gwiuner 1903
Isaak Blum 1903
Eugen Grumbach-Mallebrein 1903
*Robert de Neufville 1903
Dr. phil. Eugen Lucius 1904
Carlo Frhr. v. Erianger 1904
Oskar Dyckerhoff 1904
Rudolph Sulzbach 1904
Johann Karl Majer 1904
Prof. Dr. Eugen Askenasy 1904
D. F. Heynemaun 1904
Frau Amalie Kobelt 1904
*Prof. Dr. Wilhelm Kobelt 1904
P. Hermann v. Mumm 1904
Philipp Holzmanu 1904
Prof. Dr. Achill Andreae 1905
Frau Luise Yolkert 1905
Karl Hoff 1905
Sir Julius Wernher Bart. 1905
Sir Edgar Speyer Bart. 1905
J. A. Weiller 1905
Karl Schaub 1905
W. de Neufville 1905
Arthur Sondheimer 1905
Dr. med. E. Kirberger 1906
Dr. jur. W. Schöller 1906
Beued. M. Goldschmidt 1906
A. Wittekind 1906
Alexander Hauck 1906
Dr. med. J. Gutteuplan 1906
Gustav SteUwag 1907
Christian Knauer 1907
Jean Joh. Val. Andreae 1907
Hans Bode 1907
16
Karl von Metzler 1907
Moritz Ad. Ellissen 1907
Adolf vou Grunelius 1907
Conrad Binding 1908
Line. M. Oppenlieiiner 1908
W. Seefried 1908
Ch. L. Hallgarten 1908
Gustav Schiller 1908
Rosette Merton 1908
Carl E. Klotz 1908
Julius von Arand 1908
Georg Frhr. v. Holzliausen 1908
Dr. med. J. H. Bockenlieimer 1908
J. Creizenach 1908
*A. H. Wendt 1908
Paul Reiss , 1909
Hermann Kahn 1909
Henry Selignian 1909
Wilhelm Jacob Rohmer 1909
Deutsche Gold- und Silber-Scheidc-
Anstalt 1909
Heinrich Lotichius 1909
Frau Marie Meister 1909
Dr. med. Heinrich Hoffmann 1909
Dr. med. Karl Kaufmann 1909
Fritz Hauck 1909
Kom.-Rat Eduard Oeliler 1909
Sara Bender 1909
August Bender 1909
Eugene Hoerle 1909
Theodor Alexander 1909
Leopold Sonnemann 1909
Moritz Ferd. Hauck 1909
II. Beitragende Mitglieder.
(Die arbeitenden Mitglieder sind mit * bezeichnet.)
Abraham, Siegmund, Dr. med. 1904
Abt, Jean 1908
Adam, W., Zollinspektor 1909
Adelsberger, Paul S. 1908
Adler, Arthur, Dr. jur. 1905
Adler, Franz, Dr. phil. 1904
Albert, August 1905
Albert, K., Dr. phil., Amöneburg 1909
Albrecht, Julius, Dr. 1904
Alexander, Franz, Dr. med. 1904
Almeroth, Hans, stud. rer. nat. 1905
Alt, Friedrich 1894
*Alten, Heinrich 1891 "
♦Alzheimer, A., Professor Dr. med.,
München 1896
Amschel, Frl. Emy 1905
Amson, L. S., Dr. jur. 1907
Andre, C. A. 1904
Andreae, Albert 1891
Andreae, Frau Alharda 1905
Andreae, Arthur 1882
Andreae, Heinrich Ludwig 1904
*Andreae, Hermann. Bankdir. 1873
Andreae, J. M. 1891
Andreae, K., ßapallo 1906
Andreae, Richard 1891
Andreae, Richard jr. 1908
Andreae, Rudolf 1878
Andreae, Viktor 1899
*Andreae-v. Grunelius, Alhard 1899
Andreae-Lemrae, Frau Elise 1891
Andreas, Gottfried 1908
Andresen, Job. Karl, Konsul 1906
Antz, Georg, Zahnarzt 1908
Apfel, Eduard 1908
Apolant, Hugo, Prof. Dr. med. 1903
Armbrüster, Gebr. 1905
Askenasy, Alexander 1891
Auerbach, L., San. -Rat Dr. 1886
Auerbach, M., Amtsger.-Rat Dr. 1905
*Auerbach, S., Dr. med. 1895
Auffarthsche Buchhandlung 1874
Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen der Woh-
nung oder des Titels u. dergl. dem Bureau der Senckenbergischen Natur-
forschenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen.
17 —
Aumhammer, Julius 1903
Avellis, Georg, San. -Hat Dr. 1904
Bacher, Karl 1904
Baer, Jos. I^Ioritz, Stadtrat 1873
Baer, I\Iax, Generalkonsul 1897
Baer, M. H., Justizrat Dr. 1891
Baer, Simon Leop., 1860
Baer, Theodor, Dr. med. 1902
Baerwald, A., Dr. med. 1901
Baerwindt, Franz, San. -Rat Dr. 1901
Bangel, Rudolf 1904
V. Bardeleben, Fr., Generalmajor z. D.
1900
*Bardorff, Karl, San. -Rat Dr. 1864
Barndt, Wilhelm 1902
de Bary, August, Dr. med. 1903
de Bary, J., Geh. San.-Rat Dr. 1866
de Bary, i^arl Friedrich 1891
de Bary-Jeanrenaud, S. H. 1891
de Bary- Osterrietb, Job. Heinr. 1909
*Bastier, Friedrich 1892
Bauer, Max 1906
Bauer, Moritz Tob. 1908
Bauer-Weber, Friedrich 1907
V. Baumgarten, A., Kaiserl. Russ.
Kanimerherr u. Generalkonsul,
Wirkl. Staatsrat, Exzell. 1904
Baumstark, R., Dr. med., Homburg
V. d. H. 1907
Baunach, Robert 1900
Baur, Karl, Dr. med. 1904
Bechhold, J. H., Dr. phil. 1885
Beck, Karl, Dr. med. 1905
Becker, F. Ph., Dr. med. 1905
Becker, H., Prof. Dr. phil. 1903
Beer, Frau Berta 1908
Beer, Emil 1908
Beer, Gustav, stud. med. 1908
Behrends, Robert, Ingenieur 1896
Behrends-Schmidt, Karl, Konsul 1896
Behringer, Gustav 1905
*Beit, Eduard, Kommerzienrat 1897
Benario, Jacques, Dr. med. 1897
Bender, Gustav 1909
Bender, Otto, Dr. med., München 1908
Berend, Frau Paula, Dr. 1905
Berg, Alexander, Dr. jur. 1900
*Berg, Fritz, Justizrat Dr. 1897
Berghaus, W., Stabsarzt Dr. 1907
Berlizheimer, Sigmund, Dr. med. 1904
Bernus, Louis 1909
Berthold, Frl. Berta 1903
Bessunger, Karl 1909
Besthorn, Otto 1908
v. Bethmann, Frhr. S. Moritz 1905
Beyfuß, Leo 1907
Bibliothek, Kgl., Berlin 1882
Binding, Gustav 1904
Binding, Karl 1897
Binding, Theodor 1908
Bing, Albert 1905
Bingel, Adolf, Oberarzt Dr. 1907
Bischheim, Bernhard 1907
Bittel-Böhm, Theodor 1905
Bittelmann, Karl 1887
Blank, Oskar 1909
Bleibtreu, Ludwig 1907
Bleicher. H., Stadtrat Prof. Dr. 1903
*Blum, Ferd., Prof. Dr. med. 1893
Blum, Frau Lea 1903
Blumenthal, Adolf 1883
*Bluraenthal, E., San.-Rat Dr. 1870
Blümlein. Viktor B. 1909
Bode, H., Gerichtsassessor Dr. 1908
Bode, Paul, Dr. phil., Direktor der
Klingeroberrealschule 1895
Boeckh, A., Generaloberarzt Dr. 1906
*Boettger, Oskar, Prof. Dr. phil. 1874
Böhm, Henry, Dr. med. 1904
Böhme, John 1904
Boller, Wilhelm, Prof. Dr. phil. 1903
V. Boltog, Hans 1908
Bonn, Sally 1891
Bonn, William B. 1886
Borchardt, Heinrich 1904
Borgnis, Alfred Franz 1891
Borgnis, Karl 1900
Brach, Frau Natalie 1907
Braun, Franz, Dr. phil. 1904
Braun, Leonhard, Dr. phil. 1904
Braun, Wunibald, Kom.-Rat 1903
Braunfels, 0., Geb. Kom.-Rat 1877
Brechenmacher, Franz 1906
Breitenstein, Walter, Ingenieur 1908
2
18
Brenilel, Martin. Prof. Dr. phil. 1908
Brendel, Wilhelm 1906
Brentano-Brentano, Josef 190ß
Briel, Heinrich 1906
Brodnitz, Siegfried, Dr. med. 1897
Brönner, Frau Pauline 1909
Brück, Richard, Rechtsanwalt 1906
Brückmann, Karl 190:5
Brugger, E., Generaloberarzt Dr.,
Kassel 1904
V. Brüning, G.. Dr. phil.. General-
direktor, Höchst 1903
Bucher, Franz 1906
Bücheier, Anton, Dr. med. 1897
Budge, Siegfried 1905
Buecking, Wilhelm 1908
Bullnheimer, Fritz, Dr. phil. 1904
Burehard, Karl, Bergassessor 1908
Burchard, Kurt. Prof., Dr. jur. 1904
Burgheim, Gustav, Justizrat Dr. 1905
V. Büsing-Orville, Frhr. Adolf 1903
Bütschly, Wilhelm 1891
Büttel, Wilhelm 1878
Cahen-Brach, Eugen, Dr. med. 1897
Cahn, Albert 1905
Cahn, Heinrich 1878
Cahn, Paul 1903
Cahn, S., Konsul 1908
Canne, Frau Anna 1905
Canne, Ernst, Dr. med. 1897
Cante, Cornelius 1906
*Carl, August, San.-Rat Dr. 1880
Cassel, B. B. 1905
Cassian, Heinrich 1908
Cayard, Karl 1907
Cayard, Frau Louise 1909
V. Chappuis , Hermann , General -
leutnant z. D., Exzellenz 1904
Christ, Fritz 1905
Cnyrim, Adolf, Dr. jur. 1909
Cnyrini, Ernst 1904
Cohen, Eduard 1900
Creizenach, Ernst 1906 -^
Cullmann, Rudolf 1905
Cunze, D., Dr. phil. 1891
Curti, Theodor 1905
Curtis, F., Prof. Dr. phil. 1903
Dambitsch, Arthur 1907
Dannehl, P., Oberstabsarzt, Dr. 1909
Daube, (i. L. 1891
Daube, Kurt, San.-Rat 1906
Deckert, Emil. Prof. Dr. phil. 1907
Degener-Böniiig, Emil 1906
Deguisne K , Prof. Dr. phil. 1908
Delkeskamp, Rudolf, Dr. phil. 1904
Delliehausen, Theodor 19U4
Delosea, S. R., Dr. med. 1878
Demmer, Theodor, San.-Rat Dr. 1897
Deutsch, Adolf, Dr. med. 1904
Diener, Richard 1905
Diesterweg, Moritz 1883
Dietze, Karl 1870
Ditmar, Karl Theodor 1891
Ditter, Karl 1903
Doctor, Ferdinand 1892
Dondorf, Karl 1878
Dondorf, Otto 1905
Donner, Karl Philipp 1873
Dreves, Erich, Justizrat Dr. 1903
Drory, William, Direktor 1897
Drory, William, Dr. phil. 1904
Drüner, L., Stabsarzt Dr., Trier 1904
Du Bois, Georg, Dr. phil. 1906
Duden, P., Prof. Dr. phil.. Höchst 1906
Duracke, Paul 1909
Duncan, Frl. Elisabeth 1909
* Dürer, Martin 1904
Ebeling, Hugo, Dr. med. 1897
Ebenau, Fr., Dr. med. 1899
Eberstadt, Albert 1906
V. Eckartsberg, Emanuel, Major 1908
Eckert, Frau Marie 1906
Eckhardt, Karl, Bankdirektor 1904
*Edinger, L., Prof. Dr. med. 1884
Egan, William 1891
*Ehrlich, P., Geh. Ober- Med. -Rat
Prof. Dr. 1887
Eichengrün, Ernst 1908
V. Eichhorn, Hermann, Kommandieren-
der General d. XVIII. Armee-
korps, Exzellenz 1905
Eichmeyer, Hermann. Generaldirektor,
Bensberg 1907
Eierniann. Arnold, Dr. med. 1897
19
*Ellinger. Leo, Kommerzienrat 1891
Ellinger, Philipp, stud. rer. nat. 1907
Ellinger, Rudolf, Dr. jnr. 1907
Embden, Gustav, Prof. Dr. med. 1907
Emmerich, Friedrich H. 1907
Emmerich, Jakob 1907
Emmerich, Otto 1905
Emlers, M. Otto 1891
Engelhard, Karl Phil. 1873
Engelhardt, Otto, Hofheim i. T. 1908
Engert, Heinrich, 1907
Epstein, Jak. Herm. 1906
Epstein, Jos., Prof. Dr. phil. 1890
Epstein, Wilhelm, Dr. phil. 1907
Eschelbach, Jean 1904
Ettlinger, Albert, Dr. med. 1904
Euler, Rudolf, Direktor 1904
Enrich, Heinrich, Dr. phil. 1909
Ewald, W., Privatdozent Dr. med. 1907
Eyssen, Remigius Alex. 1882
v.Fabricius, Ph., Geh. San.-Rat Dr. 1907
Fade, Louis, Direktor 1906
Fay, 0. F. 1904
Feis, Oswald, Dr. med. 1903
Feist, Fr., Prof. Dr. phil., Kiel 1887
Feist, Louis 1906
Fellner, Johann Christian 1905
Fellner, Otto, Dr. jur. 1903
Fester, August, Bankdirektor 1897
♦Fischer, Bernh., Prof. Dr. med. 1908
Fischer, Karl 1902
Fischer, Ludwig 1902
Flaecher, F., Dr. phil., Höchst 1908
Fleck, Otto, Oberförster 1903
Fleisch, Karl 1891
Flersheim, Albert 1891
Flersheim, Martin 1898
Flersheim, Robert 1872
Flesch, Karl, Stadtrat Dr. jur. 1907
*Flesch, Max, Prof. Dr. med. 1889
Flinsch, Heinrich, Stadtrat 1866
Flinsch, W., Kommerzienrat 1869
Flörsheim, Gustav 1904
V. Flotow, Frhr. Theodor, 1907
Flügel, Josef, Limburg 1907
de la Fontaine, Ernst, Reg.-Rat 1907
Forchheimer, Arthur 1908
Forchheimer, Frau Jenny 1903
Forst, Karl, Dr. phil. 1905
*Franck, Ernst, Direktor 1899
Frank, Franz, Dr. phil. 1906
Frank, Heinrich, Apotheker 1891
Fresenius, A., San.-Rat Dr., Jugen-
heim 1893
Fresenius, Eduard, Dr. phil. 1906
Fresenius, Philipp, Dr. phil. 1873
*Freund, Mart., Prof. Dr. phil. 1896
Freyeisen, Willy 1900
*Fridberg, R., San.-Rat Dr. 1873
Fries, Heinrich 1905
Fries Sohn, J. S. 1889
Fries, Wilhelm, Dr. phil. 1907
Fries-Dondorf, Jakob 1906
Fritzmann, Ernst, Dr. phil. 1905
Frohmann, Herbert 1905
Fromberg, Leopold 1904
Fuld. Adolf, Dr. jur. 1907
Fulda, Heinrich, Dr. med. 1907
Fulda, Karl Herm. 1877
Fulda, Paul 1897
Fünfgeld, Ernst 1909
*Gäbler, Bruno, Landger.- Direkt. 1900
Gans, Adolf 1897
Gans, Fritz 1891
Gans, L., Geh. Kom.-Rat Dr. phil. 1891
Gans, Ludwig, W. 1907
Gaurn, Fritz 1905
Geelvink, P., Dr. med. 1908
Geiger, B., Justizrat Dr. 1878
Geisow, Hans, Dr. phil. 1904
Geist, George, Dr. med. dent. 1905
V. Geldern, Frau Gräfin Friederica,
Dr. med. . 1904
*Gerlach, Karl, Dr. med. 1869
Gerlach, Karl 1903
Gerth, H., Dr. phil. 1905
Getz, Moritz 1904
Gillhausen, Karl 1905
Gins, Karl 1906
Glöckler, Alexander, Ingenieur 1909
Glogau, Emil August 1904
Gloger, F., Dipl.-Ing. 1908
Goering, Viktor, Direktor des Zoolog.
Gartens 1898
2*
— 20 —
V. Goldammer, F. 1903
Goldschmid, J. E. 1901
Goldschmidt, Edgar, Dr. med. 1908
Goldschmidt, Julius 1905
Goldschmidt, M. S. 1905
Goldschniidt, R. , Prof. Dr. phil.,
München 1901
V. Goldschmidt - Rothschild , Frhr.
Max, Generalkonsul 1891
*v. Goldschmidt-Rothschild, R. 1907
Goll, Richard 1905
Gombel, Wilhelm 1904
V. Gordon, R., Hauptmann a. D. 1908
Gottschalk, Joseph, 8an.-Rat Dr. 1903
Graebe, Karl, Prof. Dr. phil. 1907
Grandhomme, Fr., Dr. med. 1903
Graubner, Karl, Höchst 1905
Greb, Louis 1903
Greef, Ernst 1905
Greif!, Jakob, Rektor 1880
Grieser, Ernst 1904
Grimm, Otto, Geh. Reg.-Rat Bürger-
meister 1907
Grosch, K., Dr. med , Offenbach 1904
Grosse, Gottfried 1907
Groß, Otto, Dr. med. 1909
Großmann, Emil, Dr. med. 1906
Grüder, Paul, Referendar 1906
V. Grunelius, Eduard 1869
V. Grunelius, Max 1903
Grünewald, August, Dr. med. 1897
Grüters, August, Prof. 1907
*Gulde, Johann, Dr. phil. 1898
V. Günderrode, Frhr. Waldemar 1905
Günther, Oskar 1907
Günzburg, Alfred, Dr. med. 1897
Guttenplan, Frau Lily 1907
Haack, Karl Philipp 1905
Haag, Ferdinand 1891
Haas, F., stud. rer. nat., Heidelberg
1906
Haas, Ludwig, Dr. 1906
Häberlin, E. J., Justizrat Dr. 1871
Haeckel, Georg, Mil.-Int.-Rat 1907
Haeffner, Adolf, Direktor 1904
*Hagen, B., Hofrat Dr. med. 1895
Hagens, K., Wirkl. Geh. Ober-Justiz-
rat u. Oberlandesgerichts-Prä-
sident Dr., Exzellenz 1900
Hahn, Julius 1906
Hahn, Otto, Baurat 1908
Hahn-Opiticius, FrauM., Dr. med. 1907
Hahne, A., Stadtschulrat, Hanau 1908
Hallgarten, Fritz, Dr. phil. 1893
Hamburger, K., Geh. Justizrat Dr.
1891
Hamburger, Frl. Klara, Dr. phil.,
Heidelberg 1906
Ilappel, Fritz 1906
Harbers, Adolf, Direktor 1903
V. Harling, Oberförster, Rod a. d. Weil
1906
v.Harnier, E., Geh. Justizr. Dr. 1866
Hartmann, Eugen, Professor 1891
Hartmann, Johann Georg 1905
Hartmann, Karl 1905
Hartmann, M., Geh. 8an.-Rat Dr.,
Hanau 1908
Hartmann-Bender, Georg 1906
Hartmann-Kempf, Rob., Dr. phil. 1906
Haßlacher, Franz 1905
Hauck, Georg 1898
Hauck, Max 1905
* Hauck, Otto 1896
Haurand, A., Geh. Kom.-Rat 1891
Haus, Rudolf, Dr. med. 1907
Häuser, Adolf, Justizrat 1909
Hausmann, Franz, Dr. med. 1904
Hausmann, Friedrich, Prof. 1907
Hausmann, Julius, Dr. phil. 1906
Heerdt, Rudolf, Direktor 1906
Heichelheim, Sigmund, Dr. med. 1904
Heicke, Karl, Stadtgartendirektor 1903
Heilbrunn, Ludwig, Dr. jur. 1906
Heilmann, Heinrich 1906
Heinemann, Frau Adele 1909
Heintzenberg, Erwin, Offenbach 1908
Heinz, Philipp 1907
Heinz-Jung, Frau Emmy 1907
Heister, Ch. L. 1898
Hemnierich, Wilh., Hauptmann 1907
Henrich, K. F., Geh. Kom.-Rat 1873
Henrich, Ludwig 1900
Henrich, Rudolf 1905
— 21 —
Heraus, Heinrich, Hanau 1889
*Hergenliahn, Eugen, Dr. med. 1897
Hertzog, Adolf, Gerichtsassessor 1907
Hertzog, Frau Anna 1908
Hertzog, Georg 1905
flerxheimer, Frau Fanny 1900
Herxheinier, G., Prof. Dr. med , Wies-
baden 1901
*Herxheimer, Karl, Prof. Dr. med. 1898
Herz, Alphonse J. 1906
Herz-Mills, Ph. Jak , Direktor 1903
Herzberg, Karl, Konsul 1897
Herzog, Ulrich, Dr. med. 1908
Hesdörffer, Julius, Dr. med. 1903
Hesse, Hermann 1900
V. Hessen, Prinz Friedrich Karl,
Hoheit 1907
Hessenberg, Walter 1908
Heß, Arnold, Dr. phil., Höchst 1908
Heuer, J'rl. Anna, Cronberg 1909
Heuer, Ferdinand 1909
Heuer & Schoen 1891
Heußenstamm, Karl, Bürgermeister
a. D. Dr. jur. 1891
*v. Heyden , Lukas, Prof. Dr. phil.,
Major a. D. 1860
V. Heyder, Georg 1891
Hinkel, August 1906
Hirsch, Ferdinand 1897
Hirsch, Frau Lina 1907
Hirsch, Raphael, Dr. med. 1907
Hirschberg, Max, San.-Rat Dr. 1892
Hirschfeld, Albert 1909
Hirschfeld, Otto H. 1897
Hirschhorn, Fritz 1905
Hirschler, Leopold 1903
Hobrecht, Frl. Annemarie 1907
Höchberg, Otto 1877
Hochschild, Leo 1908
Hochschild, Philipp, Dr. 1907
Hochschild, Salomon 1906
Hochschild, Zachary, Kom.-Rat 1897
Hock, Fritz, Architekt 1907
Hoerle, Fräulein Cecile 1907
Hoerle, Julius 1907
Hoff, Alfred, Konsul 1903
Hoff mann, Paul 1908
Hofmann, Otto 1905
Hohenemser, Frau Mathilde 1908
Hohenemser, Moritz W. 1905
Hohenemser, Otto, Dr. med. 1904
Hohenemser, Robert, Dr. jur. 1905
Höhne, Fritz, Oberarzt Dr. 1908
Hell, Joseph & Co. 1905
Holland, Frau Dora 1908
Holz, August 1909
Holz, Wilhelm 1907
Holzmann, Eduard 1905
Homberger, Ernst, Dr. med. 1904
Homburger, A., Dr. med., Heidelberg
1899
Homburger, Michael 1897
Homm. Nikolaus 1906
Hopf, Karl 1909
Horkheimer, Anton, Sladtrata.D. 1906
Horkheiraer, Fritz 1892
Horn, Hans, 1906
Horstmann, Frau Elise 1903
Horstmann, Georg 1897
V. Hoven, Franz, ßaurat 1897
*Hübner, Emil, Dr. med. 1895
Huck, August 1900
Hupertz, Eduard, Oberstaatsanwalt,
Geh. Oberjustizrat Dr. 1905
Hüttenbach, Frau Lina 1909
Jacobi-Borle, Frau Sophie 1909
Jacquet, Hermann 1891
Jaffe, Gustav 1905
Jaffe, Theophil, San.-Rat Dr. 1905
Jaeger-Manskopf, Fritz 1897
Jäger, Alfred, Dr. phil. 1903
*Jassoy, Augusr, Dr. phil. 1891
Jassoy, Frau Ida 1908
Jassoy, Julius 1905
Jassoy, Ludwig Wilhelm 1905
Jay, Frau Sophie 1903
Jelkmann, Fr., Dr. phil. 1893
Jenisch, C, Dr. phil, Mainkur 1908
Hlig, Hans, Direktor 1906
Job, Wolfgang, Konsul 1907
Jordan - de Rouville, Frau L. M. 1903
Josephthal, Karl 1908
Istel, Frau Charlotte, Paris 1908
Jung, Frau Emilie 1907
— 22
Junge, Bernhard 1907
Jungmann, Eduard 1897
Junior. Karl 1903
Jureit, J. C. 1892
Kahn, Bernhard 1897
Kahn, Ernst, Dr. med. 1897
Kahn, Julius 19Ü6
Kalb, Moritz 1891
Kalberiah, Fritz, Dr. med. 1907
*Kallmorgen, Wilh., Dr. med. 1897
Käßbacher, Max 1909
Katzenellenbogen, Albert, Dr. jur. 1905
Katzenstein, Edgar 1906
Kauleu, Ernst, Amtsrichter 1908
Kaj'ser, Heinrich, Dr. med. 1903
Kayser, Karl 1906
Kaysser, Fritz 1899
Kaysser, Frau Georgine 1909
Keller, Adolf 1878
Keller, Ernst, Direktor des Lehrerin-
nenseminars 1907
Keller, Otto 1885
Kessler, Hugo 1906
Kilb, Jean, Skobeleff 1909
Kindervatter, Gottfried 1906
*Kinkelin, F., Prof. Dr. phil. 1873
Kirchheim, S., Stadtrat Dr. med. 1873
Kissner, Heinrich 1904
Klein, Walter, Amtsgerichtsrat 1906
Kleinschnitz, Franz 1909
Kleyer, Heinr., Kommerzienrat 1903
Kliewer, Job., Gewerberat 1907
Klimsch, Eugen 1906
Klinghardt, Franz, cand. geol. 1908
Klitscher, F. Aug. 1878
Knauer, Jean Paul 1906
Knickenberg, Ernst, Dr. med. 1897
^Knoblauch, A., Prof. Dr. med. 1891
Knoblauch, Frau Johanna 1908
Knoblauch, Paul, Dr. med. 1905
Knodt, Georg 1909
Koch, Karl 1902
Koch, Louis 1903
Koch -V. St. George, Frau A L. 1891
Köhler, Frl. Emilie, Hofheim i. T 1907
Köhler, Hermann, Kom.-Rat 1891
Kohn, Julius, Dr. med. 1904
Kohn, Karl, Direktor 1909
Kohnstamm, 0., Dr. med., Königstein
1907
KöUe, Karl, Stadtrat 1905
Kömpel, Eduard, Dr. med. 1897
König, Albert, San.-Rat Dr. 1905
König. Ernst, Dr. phil , Höchst 1908
König, Karl, Dr. med. 1904
V. Königswartcr, Baron H., 1891
Königswerther, Heinrich 1906
Könitzers Buchhandlung 1893
Könitzer, Oskar 1906
Künitzer-Jucho, Frau Lisa 1907
Körner, Erich, Prof. 1907
Köster, E. W., Direktor 1908
Koßmann, Alfred, Bankdirektor 1897
Koßmann, Heinrich 1908
Kotzenberg, Karl, Konsul 1903
Kovvarzik, Joseph 1898
Kraemer-Wüst, Julius 1908
Kramer, Frau Emma 1908
Kramer, Robert, Dr. med. 1897
Krekel, E., Forstmeister, Hofheim i. T.
1904
V. Kremski, Maximilian, Major 1908
Kreuscher, Jakob 1880
Kreuzberg, August 1905
Küchler, Eduard 1886.
Küchler, Fr. Karl 1900
Kugler, Adolf 1882
Kuhlmann. Ludwig 1905
Kulimann, Karl 1904
Künkele, H. 1903
Kutz, Arthur, Dr. med. 1904
Labes, Philipp, Dr. jur., Direktor 1905
*Lachmann, Beruh., San.-Rat Dr. 1885
Ladenburg, August 1897
Ladenburg,Ernst, Kommerzienrat 1897
Lampe, Ed.. San.-Rat Dr. 1897
Lampe, J. D. W. 1900
Landauer, Fredy 1905
Landauer, Max 1907
Lapp, Wilhelm, Dr. med. 1904
*Laquer, Leopold, San.-Rat Dr. 1897
Lauch, Jean 1909
Laurenze, Ad., Großkarben 1903
Lauter, W., Dr. ing. h. c. 1908
— 23 —
Lauterbach, Ludwig 19U3
Lehmann, Leo 1903
Lehranstalt für Zollbeamte d. Provinz
Hessen-Nassau, Kgl. 1907
Leisewitz, Gilbert 1903
Leitz, Ernst 1908
Lejeune, Adolf, Dr. med. 1900
Lejeune, Alfred 1903
Lejeune. Ernst 1905
V. Leonhardi, Frhr. M., Großkarben
1904
*Lepsius, B., Prof. Dr. phil., Berlin 1883
Leser, W., Oberlandesger.-RatDr. 1907
Leser, E., Geh. San.-Rat. Prof. Dr. 1908
Leuchs-Mack, Ferdinand 1905
Levi, Adolf 1907
*Levy, Max, Prof.Dr. phil, 1893
*Libbertz, A., Geh. San.-Rat Dr. 1897
Liebmann, Jakob, Justizrat Dr. 1897
Liebmann, Louis, Dr. phil. 1888
Liermann, Otto, Dr. phil., Direktor des
Wöhler-Realgymnasiums 1907
Lilienfeld, Sidney, Dr. med. 1907
V. Lindequist, Oskar, Generaloberst
u. Generaladjutant Sr. Majestät
d. Kaisers u Königs. Exzellenz,
Berlin 1900
Lindheimer, L., Justizrat Dr. 1905
Lindley, William, Baurat 1904
Linke, Franz, Dr. phil. 1909
Lipstein, Alfred, Dr. med. 1908
Lismann, Karl, Dr. phil. 1902
Livingston, Frau Emma 1897
Livingston, Frl. Rose 1903
Loew, Siegfried 1908
Lorentz, Guido, Dr. phil.. Höchst 1907
*Loretz, Wilh., San.-Rat Dr. 1877
Lotichius, Alfred, Dr. jur. 1908
Löwe, Hermann 1908
Löwenstein. Simon 1907
zu Lövvenstein- Wertheim-Rosenberg,
Prinz Johannes, Kleiaheubach
1907
Lucae, Frl. Emma 1908
Lucius, Frau Maximiliane 1909
Luraschi, Frl. Ernesta 190B
Lüscher, Karl 1905
Lust, Heinrich Friedrich 1905
Lußmann, Konrad 1907
Maier, Herrn. Heinr., Direktor 1900
Maier-Livingston, E., Dr. med. 1909
Majer, Alexander 1889
Manskopf, Nicolas 1903
Mappes, Heinrich, Generalkonsul 1905
Marx, Eduard 1907
*Marx, E., Stabsarzt Prof. Dr. 1900
Marx, Hermann, Dr. pbil. 1908
Marx, Josef 1907
Marx, Karl, Dr. med. 1897
V. Marx, Heinrich, Falkenhof 1908
V. Marx, Frau Mathilde 1897
Matthes, Alexander 1904
Matti, Alex., Stadtrat Dr. jur. 1878
May. Adam 1908
May, Franz L., Dr. phil. 1891
May, Hans Robert 1909
May, Martin 1866
May, Martin, jun. 1908
May, Robert 1891
Mayer, Frl. J., Langenschwalbach
1897
Mayer, Ludo, (ieb. Kom.-Rat 1903
Mayer, Martin, Jnstizrat Dr. 1908
Mayer, Norbert 1908
V. Mayer, Freiherr Adolf 1903
V. Mayer, Eduard, 1891
V. Mayer, Freiherr Hugo 1897
Mayer-Dinkel, Leonhard 1906
V. Meister, Herbert, Dr. phil., Sind-
lingen 1900
V. Meister, Wilhelm, Reg. -Präsident
Dr. jur., Wiesbaden 1905
Melber, Friedrich, Konsul 1903
*Melber, Walter 1901
Meuges, Joseph, Buchschlag 1909
Merton, Alfred, Direktor 1905
Merton, Eduard, Rittnerthaus 1909
*Merton, Hugo, Dr. phil., Heidelberg
1901
Merton, Walter, Direktor 1906
Merton, W^ilhelm Dr. phil. h. c. 1878
Mettenheimer, Beruh., Dr. jur. 1902
*v. Mettenheimer, H., Dr. med. 1898
Metzger, L., Dr. med. 1901
— 24 —
Metzler, Hugo 1892
Meyer, Otto 1907
Meyer, P., Ober-Re^.-Rat Dr. jur. 1903
Meyer, Richard, Dr. jur. 1909
*v. Meyer, Edward, Dr. med. 1893
Meyei-Petsch, Eduard 1906
Michels, Eduard 1909
Minjon, Hermann 1907
Minjon, Frau Sophie 1898
Minoprio, Heinrich 1907
Minoprio, Karl Gg. 1869
*Möbius, M., Prof. Dr. phil. 1894
Moessinger, W. 1891
Moricinski,(j., Oberstabsveterinär 1909
Mosessohn, Sally, Dr. phil. 1904
Mouson, August 1909
Mouson, Jacques 1891 ,^
Müller, Adolf, Isenburg 1907
Müller, Eduard 1909
*Müller, Karl, Berginspektor 1903
Müller, Max, Fabrikdirektor 1909
Müller, 0. Victor, Dr. med. 1907
Müller, Paul 1878
Müller-Knatz, Frau Hedwig 1909
Müller Sohn, A. 1891
Mumm V. Schwarzenstein, A. 1869
Mumm V. Schwarzenstein, Fr. 1905
Nassauer, Max, Dr. phil. 1905
Nassauer, Frau Paula 1909
Nathan, S. 1891
♦Naumann, Edmund, Dr. phil. 1900
Nebel, August, San .-Rat Dr. 1896
Neher, Ludwig, Baurat 1900
Neisser, Frau Emma 1901
*Neisser, Max, Prof. Dr. med. 1900
Nestle, Hermann 1900
Nestle, Richard 1891
Nestle, Wilhelm 1903
Neubauer, Josef, Dr. med. vet. 1908
Neuberger, Julius, Dr. med. 1903
Neubronner, J., Dr. phil., Cronberg
1907
Neubürger, Otto, Dr. med. 1891
Neubürger, Th., Geh.San.-RatDr. 1860
de Neufville, Eduard 1900
*de Neufville, Robert, Kom-.Rat 1891
de Neufville, Rud., Dr. phil. 1900
v. Neufville, Adolf 1896
V. Neufville, G. Adolf 1896
V. Neufville, Karl, 1900
V. Neufville, Kurt 1905
Neumann, Paul, Dr. jur. 1905
Neumann, Theod., Dr. phil. 1906
Neustadt, Adolf 1903
Niederhofheim, Heinr.A., Direktor 1891
Nies, L. W. 1904
v. Obernberg, Ad., Stadtrat a. D. Dr.
jur. 1870
Obernzenner, Julius 1905
Ochs, Hermann 1873
Ochs, Richard, Direktor 1905
Oehler, Rudolf, Dr. med. 1900
Oehmichen, Hans, Dipl. Berging. 1906
Oelsner, Hermann, Justizrat Dr. 1906
0hl, Philipp 1906
Oppenheim, Eduard, Bankdirekt. 1905
Oppenheim, Moritz 1887
Oppenheim, Paul, Dr. phil. 1907
Oppenheimer, Benny 1903
Oppenheimer, Joe, Dr. jur. 1905
Oppenheimer, Frau Leontin 1909
Oppenheimer, 0., Dr. med. 1892
Oppenheimer, Oskar F. 1905
Opperaiann, E., Dr. phil.. Höchst 1907
d'Orville, Eduard 1905
Osann, Ernst, Dr. med. 1908
Osann, Fritz, Oberstabsarzt Dr. 1909
Osterberg, Frl. D., Königstein 1908
Osterrieth - du Fay, Robert 1897
Ostreich, Frau Anna, Utrecht 1901
Oswalt, H., Justizrat Dr. 1873
Pabst, Ciotthard 1904
Pachten, Ferd., Dr. jur. 1900
Paehler, Franz, Dr. phil. 1906
V. Panhuys, Henry, Generalkonsul 1907
Parrisius, Alfred, Dr. phil. 1904
Passavant, Philipp 1905
Passavant, Rudy 1905
V. Passavant, G. Herm. 1903
V. Passavant -Gontard, R., Geh. Kom-
merzienrat 1891
Peipers, August 19Ü5
Peters, Hans 1904
Petersen, Ernst, Dr. med. 1903
— 25 —
♦Petersen, Th., Prof. Dr. phil. 1873
Pfaff, Frau Maria 1906
Pfeffel, August 1869
Pfeiffer, Ludwig 1901
Pfeiffer-Belli, C.W. 1903
Pfungst, Arthur, Dr. phil. 1900
Philippsohn, Frl. Paula, Dr. lued. 1907
Picard, Lucien 1905
Pinner, Oskar. San.-Rat Dr. 1903
Plieninger, Th., Gen.-Üirektor 1897
Pohle, L , Prof. Dr. phil. 1903
Ponfick, Wilhelm. Dr. med. 1905
Popp, Georg, Dr. phil. 1891
Poppelbaum, Hartwig. 1905
Posen, Eduard, Dr. phil. 1905
Posen, Sidney 1898
*Priemel, Kurr, Dr., Direktor des Zoo-
logischen Gartens 1907
*Prior, Paul, Dipl.-Ing. 1902
Propach, Robert 1880
Prösler, J. Wilhelm 1906
Przyrembel, Julius, Direktor 1908
Pust, H , Oberstabsarzt Dr., Offen-
bach 1908
Quincke,H.,Geh.Med.-RatProf.Dr.l90S
Quincke, H , Oberlandesger. -Rat 1903
Raab, A., Dr. phil. 1891
Ransohoff, Moritz, San.-Rat Dr. 1907
Eatazzi, Karl 1905
Ravenstein, Simon 1873
Rawitscher, Ludwig, Landgerichtsrat
Dr. 1904
Reh, Robert 1902
*Rehn, H., Geh. San.-Rat Dr. 1880
Rehn,L., Geh. San.-Rat Prof. Dr. 1893
Reichard, A., Dr. phil., Helgoland 1901
Reichard, Frl. E. 1907
Reichard-d'Orville, Georg 1905
*Reichenbach, H., Prof. Dr. phil. 1872
V. Reichenbach-Lessonitz, Frau Gräfin
Amelie, geb. Freiin Göler v.
Ravensburg 1903
Reidenbach, Friedr. Wilh. 1908
Rein, Frl. Ella 1908
V. Reinach, Frau Antonie 1905
Reinartz, Karl, Dipl.-Ing. 1908
Reinert, Frau Martha, 1909
Reiss, A., Gerichtsassessor Dr. 1906
Reiss, Ed.. Dr. med., München 1903
Reiss, Emil, Dr. med. 1907
Reiss, Frl. Sophie 1907
Rennau, Otto 1901
Reutlinger, Jakob 1891
Richter, Johannes 1898
Richter, Rudolf, Dr. phil. 1908
♦Richters, F , Prof. Dr. phil. 1877
Riese, Frau Karl 1897
Riese, Otto, Baurat 1900
Riesser, Eduard 1891
Rintelen, Franz, Dr. phil., Swakopmund
1904
Ritsert, Eduard, Dr. phil. 1897
Ritter, Hermann, Baurat 1903
Roediger, Frl. Anna 1908
*Roediger, Ernst, San.-Rat Dr. 1888
Roediger, "Paul, Justizrat Dr. 1891
Roger, Karl, Bankdirektor 1897
Böhmer, AVilhelm 1901
Rolfes, Werner 1908
Kollmann, Ludwig 1906
Ronnefeld. Adolf 1905
Ronnefeld, Friedrich 1905
Roos, Heinrich 1899
Roos, Israel, Dr. phil. 1905
Roques, Adolf., Dr phil. 1900
Roques-Mettenheimer, Etienne 1897
*Rörig, Ad., Dr. med. b.c., Forstmeister
a. D. 1897
Rose, Christian 1905
Rosenbaum, E., San.-Rat Dr. 1891
Rosenbaum-Canne, Frau Marie 1907
Rosenbusch. Eduard 1907
Rosengart, Jos., Dr. med. 1899
Rosenhaupt, Heinrich, Dr. med. 1907
Rosenthal, Rudolf, Dr. jur., 1897
Rößler, Frl. Charlotte 1907
Rößler, Friedrich, Dr. phil. 1900
Rößler, Heinrich, Prof. Dr. phil. 1884
Rößler, Hektor 1878
Roth, Karl, Medizinalrat Dr. 1903
Rother, August 1903
Röthig, Paul, Dr. med., Charlotten-
burg 1908
Rothschild, D., Dr. med., Soden 1904
26 —
Rothschild, Otto, Dr. med. 1904
Rover, August 1909
Rühle, Karl 1908
Riiland, Karl, Offenbach 1908
Rumpf, Gustav Andreas, Dr. phil. 1905
Ruppel, Sigwart, Prof. 1908
Ruppel, W., Prüf. Dr. phil., Höchst
1903
Sabarly, Albert 1897
Sachs, Hans, Prof. Dr. med. 1903
Sachs-Hellmann, Moritz 1909
*Sack, Pias, Dr. phil. 1901
Salomon, Bernhard, Prof. 1900
Saloschin, P., Ingenieur 1909
Sandhagen, Wilhelm 1873
Sarg, Francis C. A., Konsul 1906
♦Sattler, Wilh., Stadtbauinsp. 1892
Sauerländer, Robert 1904
*Schäffer- Stuckert, Fritz, Dr. dent.
surg. 1892
Schaffnit, Karl, Dr. phil., Rödelheim
1903
Scharff, Charles A. 1897
Scharff, Julius, Bankdirektor 1900
Schaub, Alfred 1909
*Schauf, Wilh., Prof. Dr. phil. 1881
Schaumann, Gustav, Stadtrat 1904
Scheib, Adam 1905
Scheller, Karl 1897
Schepeler, Hermann 1891
Schepeler. Remi 1909
Scherenberg, Fritz, Polizei-Präsident
1905
Scherlenzkj-, Karl August 1905
Scheuermann, W., Geh. Justizrat 1909
Scheven, Otto, Dr. med. 1907
Schiechel, Wax, Dipl.-lng. 1909
Schiermann -Steinbrenk, Fritz 1903
Schiff, Ludwig 1905
Schild, Eduard 1904
Schild, Rudolf. Dr. med. 1903
Schleich, Wilhelm 1908
Schlesinger, Theodor Heinrich 1907
Schleußner, Friedr., Direktor 1900
Schleußner, Karl, Dr. phil. 1898
Schloßmacher, Karl. jiin. 1906
Schlund, Georg 1891
Schmick , Rudolf, Geb. Oberbaurat,
München 1900
Schmidt, Frau Anna 1904
Schmidt. H., Kloppenheim 1908
Schmidt, J. J., San. -Rat Dr. 1907
Schmidt- Benecke, Eduard 1908
Schmidt-de Neufville, Willy, Dr. med.
1907
Schmidt-Diehler, W. 1908
Schmidt-Polex, Anton 1897
*Schmidt-Polex, Fritz, Dr. jur. 1884
Schmidt-Polex, K., Justizrat Dr. 1897
Schraiedicke , Otto , Generalarzt Dr.
1906
Schmitt, H., Dr. med., Arheiligen 1904
Schmitz, Ernst. Dr. med. 1908
Schmölder, P. A. 1873
*Schnaudigel, Otto, Dr. med. 1900
Schneider, Gustav M. 1906
Scholl. Franz, Dr. phil.. Höchst 1908
Scholz, Bernhard, Dr. med. 1904
Schott, Alfred, Direktor 1897
Schott, Sigmund 1906
Schott, Theod., Prof. Dr. med. 1903
Schrauth, Heinrich 1908
Schrey, Max 1905
Schuenemann, Theodor 1908
Schüler, Max 1908
Schulz, Karl 1905
Schulz-Euler, Karl Fr. 1906
Schulze-Hein, Hans 1891
Schumacher, Peter, Dr. i)hil. 1905
Schuster, Bernhard 1891
Schuster, Bernhard, Dr. meil. 1908
Schuster, Paul, Dr. med. 1908
Schuster-Rabl, F. W. 1905
Schwarte, Karl 1909
Schwartze, Erich. Dr. phil. 1907
Schwarz, Arthur 1909
Schwarz. Ernst, stud, jihil. 1908
Schwarz, Frau Ernestine 1907
Schwarz, Georg Ph. A. 1878
Schwarzschild, Martin 1866
Schwarzschild-Ochs, David 1891
Scriba, Eugen, Dr. med. 1<S97
Scriba. L., Höchst 1890
Seckel, Hugo, Dr. jnr. 1909.
— 27 —
Seeger, G., Architekt 1893
Seeger, Oskar 1904
Seeger, Willy 1904
Seibert, A., Amtsgerichtsrat, Offen-
bach 1909
Seibert, W., Hauptlehrer, Offenbach
1909
Seidler, August, Hanau 1906
*Seitz, A., Prof. Dr. phil., Darmstadt
1893
Seitz, Heinrich 1905
Seligmann, Milton, Amtsrichter Dr.
1905
Seligmann, Rudolf 1908
Sendler. Alexander, Dr. phil. 1909
Seufiert, Theod., San.-ßat Dr. 1900
Sexauer, Fritz, Dr. med. 1908
Sichel, Ignaz 1905
Sidler, Karl 1905
*Siebert, A., Gartenbaudirektor 1897
Siebert, Arthur, Konsul 1900
Siegel, Ernst, Dr. med. 1900
Siesmayer, Philipp 1897
Simon, Friedrich, Dr. phil. 1908
Simon, Julius, Geh. Justizrat Ober-
landesgerichtsrat Dr. 1907
Simonis, Eduard 1907
Simons, Walter, Major 1907
Simrock, Karl, Dr. med. 1907
Singer, Fritz, Dr. phil., Offenbach 1908
Sioli, Emil, Prof. Dr. med. 1893
Sippel, Albert, Prof. Dr. med. 1896
Sittig, Edmund, Prof. 1900
Solm, Richard, Dr. med. 1903
Sommer, Julius. Direktor 1906
Sommerhoff, Louis 1891
Sommerlad, Friedrich 1904
♦Sondheim, Frau Maria 1907
Sondheim, Moritz 1897
Spieß, Gustav, Prof. Dr. med. 1897
Sporleder, Oskar, Buchschlag 1905
Stavenhagen, Julius 1909
V. Steiger, Baron Louis 1905
V. btein , Frau Baronin Karoline ,
Pröbstin 1909
Stern, Adolf 1906
Stern, Frau Johanna 1901
Stern, Mayer 1905
*Stern, Paul, Dr. jur. 1905
Stern, Richard, Dr. med. 1893
Stern, Willy 1901
Sternberg, Paul 1905
Stettheimer, Eugen 1906
Stiebel, Karl Friedrich 1903
V. Stiebel, Frau Hermine 1903
Stock, Wilhelm 1882
Stoecker, Georg 1909
Stoeckicht, Karl 1905
Stolzenhayn, Frl. ^^largarethe 1907
Straus, F., Dr. med. 1904
Strauß, Eduard, Dr. phil. 1906
Strauß, Ernst 1898
Strauß, J., Tierarzt, Offenbach 1908
Strauß-EUinger, Frau Emma 1908
Stroof, Ignatz, Dr. phil. 1903
Strupp, Louis, Geh. Kom.-Rat 1908
Sturm, August 1908
Sturm, Otto 1907
Sulzbach, Emil 1878
Sulzbach, Karl, Dr. jur. 1891
SzamatOlski, Dagobert 1905
Tabbert, Georg 1909
Tecklenburg, Wilhelm, Assessor 1907
*Teichmann, Ernst, Dr. phil. 1903
„Tellus", Aktiengesellschaft für Berg-
bau und Hüttenindustrie 1907
Textor, Karl W. 1908
Thebesius,L., Gen.-Konsul Dr.jur. 1900
Theiß, Wilhelm, Reg.-Baumstr. 1907
Thilenius, Otto, Geh. San.-Rat Dr.,
Soden i. T. 1907
Thoma, Phil. 1893
Thoms, Heinrich, Dr. phil., Kreis-
tierarzt 1904
Trauner, August 1908
Treupel, Gustav, Prof. Dr. med. 1903
Trier, Bernhard 1909
Trier, Frau Berta 1908
Trier, Julius 1908
Trommsdorff, Wilhelm 1909
Trost, Fritz 1897
Turk, Frl. Berta 1909
Ulimann, Albert 1905
Ulimann, Karl, Dr. phil. 1906
— 28
Ulrich, Otto, Direktor 1902
Uth, Franz, Jastizrat Dr., Hanau 1907
Varrentrapp, A., Geh.Reg.-Rat, Bürger-
meister a. D. Dr. jur. 1900
Velde, August, Prof. Dr. 1908
Velde, Frl. Julie, Oberlehrerin 1902
V. d. Velden, Wilh., Bankdirektor 1901
Vogler, Karl, Dr. phil. 1903
Vogt, H., Prof. Dr. med. 1908
*Vohsen, Karl, San.-Rat Dr. 1886
Voigt, W., Prof. Dr. phil., Bonn 1908
Vollmar, Otto, Baumeister 1907
Vorster, Karl 1907
Vossen, Fritz 1909
Voß, Otto, Prof. Dr. med., 1907
Vowinckel. Martin 1891
Wachsmuth, Hans, Dr. med. 1907
V^achsmuth, ß., Prof. Dr. phil. 1907
Wagener, Alex 1904
Wagner, Gottfried 1905
*Wahl, Gustav, Dr. phil. 1907
Walthard, Max, Prof. Dr. med. 1908
V. Wartensleben, Frau Gräfin Gabriele,
Dr. phil. 1902
Weber, Eduard, Direktor 1907
W^eber, Heinrich, Dr. med. 1897
Weidmann, Hans, 1905
Weiller, Emil 1906
Weiller, Jakob H. 1891
Weiller, Lionel 1905
*v. Weinberg, Arthur. Dr. phil. 1897
V. Weinberg, Karl, Gen. -Konsul 1897
Weinrich, Philipp 1908
Weinschenk, Alfred 1903
Weinsperger, Friedrich 1906
Weintraud, W., Prof. Dr. med., Wies-
baden 1909
nVeis, Albrecht 1882
Weis, Julius, Montigny 1897
Weisbrod, Aug., Druckerei 1891
Weismann, Daniel 1902
Weismantel, 0., Prof. Dr. phil. 1892
Weller, Albert, Dr. phil. 1891
Wendt, Bruno, Dr. jur., 1909
Wernecke, Paul, Baurat 1908
Werner, Felix 1902
Wertheim, Julius 1909
Wertheim, Karl, Justizrat 1904
Wertheim, Max 1907
Wertheimber, Julius 1891
Wertheimber - de Bary, Ernst 1897
Wertheimer, Otto, Dr. phil. 1905
Wetzel, Heinrich, Bensheim 1864
Wetzlar-Fries, Emil 1903
Wiederhold, Kurt, Dr. phil., Mainkur
1904
Wiesbader, Julius 1906
*v. Wild, Rudolf, Dr. med. 1896
Wilhelmi, Adolf 1905
Wilhelm! -Winkel, Gustav 1907
Willemer, Karl, Dr. med. 1905
Winkler, Hermann, Direktor 1909
Winter, Frau Gertrud 1908
*Winter, Friedrich W. 1900
Winterhalter, Frl. E., Dr. med. 1903
Winterwerb, Rud., Dr. jur., 1900
Witebsky, Michael, Dr. med. 1907
Wittich, E., Dr. phil, Darmstadt 1898
Wirth, Richard, Dr. 1905
Wolff, Ludwig, Dr. med. 1904
Wolfskehl , Ed. , Reg. - Baumeister,
Darmstadt 1907.
Wollstätter jun., Karl 1907
Wormser, S. H., Bankdirektor 1905
Wronker, Hermann 1905
Wurmbach, Julius 1905
Wurmbach, P., Landgerichtsrat 1908
Wüst, Geoig 1908
Wüst, Hermann 1908
Zeiß-Bender, Louis, Konsul 1907
Zeltmann, Theodor 1899
Zerban, Eugen 1908
Ziegler, Karl 1905
Zimmer, J. Wilh.. Stadtrat 1907
— 29 —
III. Aiißerordeutliche Elireuniitglieder.
1900 Wallot, Paul, Prof., Dr. phil. h. c, Geh. Hof- und Baurat in Dresden
1907 Adickes, Franz, Dr. med. et jiir. h. c, Oberbürgermeister in Frankfurt a. M.
1907 V. Erlanger, Freifrau Karoline in Nieder-Ingelbeim
1907 V. (jrunelius, Adolf in Frankfurt a. M.
1907 V. Metzler, Albert, Stadtrat in Frankfurt a. M.
1907 Schiff, Jakob H. in New York
1908 Reiss, L. H. in Frankfurt a. M.
1908 Ziehen, Julius, Dr. phil., Stadtrat in Frankfurt a. M.
IV. Korrespondierendes Ehrenmitglied.
1866 Rein, J. J., Dr. phil.. Geh. Regierungsrat, Professor der Geographie an
der Universität Bonn
y. Korrespondierende Mitglieder.
1850 Scheidel, Sebastian Alexander in Bad Weilbach
1860 AVeinland, Christ. Dav. Friedr , Dr. phil. in Hohen-Wittlingen bei Urach
1860 Weismann, August, Dr. phil, Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, Prof. der
Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Freiburg i. B.
1862 Steffan, Phil., Dr. med. in Marburg
1862 Deichler, J. Christ., Dr. med. in Jugenheim
1868 Hornstein, F., Dr. phil., Prof. in Kassel
1872 Westerlund, Karl Agardh, Dr. phil. in Ronnebj", Schweden
1872 Hooker, Sir Jos. Dalton, Dr., früher Direktor des botanischen Gartens
in Kew bei London
1873 Günther, Albert, Dr., früher Keeper of the Department of Zoology am
British Museum (N. H.) in London
1873 Sclater, Phil. Lutley, Secretary of the Zoological Society in London
1873 Schwendener, Simon, Dr., Geh. Reg.-Rat, Prof, der Botanik und Direktor
des bot. Instituts der Universität Berlin
1873 Fries, Th., Dr. Prof. in Upsala
1873 Schweinfurth, Georg, Prof., Dr. in Berlin
1874 Gasser, Emil, Dr. med.. Geh. Med. -Rat, Prof. der Anatomie und Direk-
tor des anat. Instituts der Universität Marburg
1875 Bütschli, Johann Adam Otto, Dr. phil.. Geh. Hofrat, Prof. der Zoologie
und Direktor des zool. Instituts der Universität Heidelberg
1876 Liversidge, Archibald, Dr., Prof. der Chemie und Mineralogie an der
Universität Sidney
1876 Meyer, Adolf Bernhard, Dr. med.. Geh. Hofrat in Berlin
1876 Wetterhan, J. D. in Freiburg i. Br.
1878 Chun, Karl, Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool.
Instituts der Universität Leipzig
Anmerkung. Es wird höflichst gebeten , Veränderungen des Wohn-
ortes oder des Titels u. dergl. dem Bureau der Senckenbergischen Naturfor-
schenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen.
- 30 —
1880 Jickeli, Karl, Dr. phil. in Hermannstadt
1881 Snellen, P. C. F. in Rotterdam
1882 Retowski, Otto, Staatsrat, Konservator an der Kaiserl. Eremitage in
St. -Petersburg
1882 Retzius, lilagnus Gustav, Dr. med., Prof. emer. in Stockholm
1882 Russ, Ludwig, Dr. in Jassy
1883 Koch, Robert, Prof., Dr. med., Wirkl. Geh. Rat, Generalarzt I. Kl. ä la suite
des Sanitätskorps, O.Mitglied des K. Gesundheitsamts, Exzellenz in Berlin
1883 Loretz, Mart. Friedr. Heinr. Herm., Dr. phil.. Geh. Bergrat in Berlin
1883 Ranke, Johannes, Dr.. Prof. der Anthropologie an der Universität
München, Generalsekretär der Deutschen anthropol. Gesellschaft
1883 Jung, Karl, Kaufmann in Frankfurt a. M.
1883 Boulenger, George Albert, F. R. S.. I. Class Assistant am British Museum
(N. H.), Department of Zoology, in London
1884 Lortet, Louis, Dr., Prufesseur de Parasitologie et de Microbiologie
ä la Faculte de Medecine in Lyon
1884 Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern, Kgl. Hoheit, Dr. med. in Nymphenburg
1884 V. Koenen, Adolf, Dr., Geh. Bergrat, emer. Prof. der Geologie und Paläonto-
logie in Göttingen
1884 Knoblauch, Ferdinand in Noumea, Neukaledonien
1886 V. Bedriaga, Jacques, Dr. in Florenz
1886 Koerner, Otto, Dr. med., Prof. der Ohrenheilkunde an der Universität Rostock
1887 Schinz, Hans, Dr. phil., Prof. der Botanik und Direktor des botan.
Gartens der Universität Zürich
1887 Stratz, C. H., Dr. med. im Haag, Holland
1887 Breuer, H., Dr., Prof.. Direktor des Realgymnasiums in Wiesbaden
1887 Hesse, Paul, Kaufmann in Venedig
1888 V. Kimakowicz, Mauritius, Kustos der zool. Abteilung des Museums des
Siebenbürgischen Vereins für Naturw. in Hermannstadt
1888 Rzehak, Anton, Prof. der Paläontologie und Geologie an der tech-
nischen Hochschule in Brunn
1888 Reuss, Johann Leonhard, Kaufmann in Kalkutta
1889 Roux, Wilhelm, Dr. med.. Geh. Medizinalrat, Prof. der Anatomie und
Direktor des anat. Instituts der Universität Halle a. S.
1890 V. Berlepsch, Graf Hans auf Schloß Berlepsch, Hessen-Nassau
1890 Fritsch, Anton Johann, Dr., Prof. der Zoologie und Kustos der zool.
und paläont. Abteilung des Museums der Universität Prag
1890 Haacke, Joh. Wilh., Dr. phil., Oberlehrer in Lingen am Emskanal
1891 Engelhardt, Hermann, Hofrat, emer. Prof. in Dresden
1891 Fischer, Emil, Dr. phil.. Geh. Regierungsrat, Prof. der Chemie und
Direktor des chemischen Instituts der Universität Berlin
1891 Hartert, Ernst, Dr. phil.. Curator in charge of the Zoological Museum
in Tring, Herts.
1891 Strubell, Adolf, Prof., Dr. phil., Privatdozent der Zoologie an der
Universität Bonn
1892 Beccari, Eduard, Prof. emer. m Florenz
1892 van Beneden, Eduard, Dr., Prof. der Zoologie an der Universität Lüttich
— 31 —
181)2 Engler, Heinrich Gustav Adolf, Dr., Geh. Eeg.-K.at, Professor der Botanik
und Direktor des bot. Gartens und des bot.Museums der Universität Berlin
1892 Haeckel, Ernst, Prüf. Dr., Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, in Jena
1892 Nansen, Fridtjof, Dr., Prof. der Ozeanographie in Christiania
1892 Schulze, Franz Eilhard, Dr.. Geh. Reg. -Rat, Professor der Zoologie und
Direktor des zoologischen Instituts der Universität Berlin
1892 Straßburger, Eduard. Dr. phil. Geh. Reg. -Rat, Prof. der Botanik und
Direktor des bot. Gartens der Universität Bonn
1892 Sueß, Eduard, Dr., Prof. der Geologie und Direktor des geologischen
Museums der Universität Wien
1892 Waldeyer, Heinrich Wilhelm Gottfried, Dr , Geh. Med.-Rat, Prof. der
Anatomie und Direktor des anat. Instituts der Universität Berlin
1892 Fleischmann, Karl, Konsul, Kaufmann in Guatemala
1892 Bail, Karl Adolf Emmo Theodor, Prof, Dr.. Gymnasial - Oberlehrer
a. D. in Danzig
1892 Conwentz, Hugo Wilhelm, Prof., Dr., Direktor des westpreuss. Provinzial-
Museums, staatlicher Kommissar für Naturdenkmalpflege in Danzig
1893 Verworn, Max, Dr. med., Prof. der Physiologie und Direktor des physiol.
Instituts der Universität Göttingen
1893 Koenig, Alexander Ferd., Prof., Dr. phil., Privatdozent der Zoologie
an der Universität Bonn
1893 Liermann, Wilh., Prof. Dr. med., Leibarzt Seiner Hoheit des Herzogs
von Anhalt, Direktor des Kreiskrankenhauses in Dessau
1894 Urich, F. W., Secretary of the Trinidad Field Naturalists' Club in
Port of Spain, Trinidad
1894 Douglas, James, President of the Copper Queen Company ,, Arizona" in
New York
1894 Pagenstecher, Arnold, Dr. med., Geh. San. -Rat, Inspektor des natur-
historischen Museums in Wiesbaden
1894 Dreyer, Ludwig, Dr. phil. in AViesbaden
1894 Dyckerhoff, Rudolf, Dr. ing., Fabrikbesitzer in Biebrich a. Rh.
1895 Kraepelin, Karl Mathias Friedrich, Prof., Dr., Direktor des natur-
historischen Museums in Hamburg
1895 ßolau, Heinrich, Dr., früher Direktor des zool. Gartens in Hamburg
1895 Kükenthal, Willy, Dr. phil, Prof. der Zoologie und Direktor des zool.
Instituts und Museums der Universität Breslau
1895 V. Behring, Emil, Dr. med., Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, Prof. der
Hygiene an der Universität Marburg
1895 Murray, Sir John, Dr. phil.. Director of the Challenger Expedition
Publications Office in Edinburgh
1896 Scharff, Robert, Dr. phil.. Keeper of the Science and Art Museum in Dublin
1896 Bucking, Hugo, Dr. phil., Prof, der Mineralogie an der Universität
Straßburg i. E.
1896 Greim, Georg, Dr. phil , Prof. der Geographie an der technischen Hoch-
schule in Darmstadt
1896 Möller, Alfred, Dr. phil , Prof., Oberforstmeister und Direktor der Forst-
akademie Eberswalde
- 32 —
1896 Lepsius, Richard, Dr. phil, Geh. Oberbergrat, Prof. der Geologie und
Mineralogie an der technischen Hochschule und Direktor der geolo-
gischen Landesanstalt für das Großherzogtuni Hessen in Darmstadt
1896 V. Mehely, Lajos, Prof., Kustos des Nationahnuseunis in Budapest
1897 Verbeek, Rogier Diederik Marius, Dr. phil., Ing. im Haag, Holland
1897 Voeltzkow, Alfred, Prof., Dr. phil. in Berlin
1897 Rüst, David, Dr. med. in Hannover
1897 Kaiser, Heinr., Dr., Geh. Reg.-Rat, Prof. an der tierärztlichen Hoch-
schule in Hannover
1898 V. Ihering, H., Prof., Dr., Direktor des Museums in Säo Paulo
1898 Forel, A., Dr. med., Prof. in Chigny bei Morges, Kanton Waadt
1898 Sarasin, Fritz, Dr. in Basel
1898 Sarasin, Paul, Dr. in Basel
1898 Schmiedeknecht, Otto, Prof., Dr. in Blankenburg, Thüringen
1899 Kossei, Albrecht, Dr. med.. Geh. Hofrat, Prof. der Physiologie und
Direktor des physiologischen Instituts der Universität Heidelberg
1899 Stirling, James, Government Geologist of "Victoria in Melbourne
1899 Le Souef, Dudley, Director of the Acclimatisation Society, Royal Park
in Melbourne
1899 Martin, Charles James, Dr., Director of the Lister Institute of Preventive
Medicine in London
1899 Strahl, H., Dr. med.. Geh. Med.-Rat, Prof. der Anatomie und Direktor
des anat. Instituts der Universität Gießen
1899 Fischer, Emil, Dr. med. in Zürich
1899 Lenz, H., Prof., Dr. phil., Direktor des naturhistor. Museums in Lübeck
1899 Schenck, H., Dr. phil.. Geh. Hofrat, Prof. der Botanik und Direktor des
bot. Gartens in Darmstadt
1900 Dönitz, Wilhelm, Prof., Dr. med., Geh. Med.-Rat in Charlottenburg
1900 Ludwig, H., Dr. phil.. Geh. Reg.-Rat, Prof. der Zoologie und Direktor
des zool. Instituts und Museums der Universität Bonn
1900 Munk, Herm. , Dr. med., Prof. der Physiologie an der Uni-
versität Berlin
1900 Fresenius, Heinrich, Dr. phil. Geh. Regierungsrat, Prof. in Wiesbaden
1900 Zinndorf, Jakob in Offenbach
1900 Montelius, Oskar, Dr., Prof. in Stockholm
1900 Becker, Jorge, Direktor in Valencia
1901 Thilo, Otto, Dr. med. in Riga
1901 Nissl, Franz, Dr. med., Prof. der Psychiatrie und Direktor der psychia-
trischen Klinik der Universität Heidelberg
1901 v. Wettstein, Rieh., Dr., Prof. der Botanik in Wien
1901 Steindachner , Franz, Dr. phil.. Geh. Hofrat, Intendant des K. K.
naturhist. Hofmuseums in Wien
1901 v. Graff, Ludw., Dr., Hofrat, Prof. der Zoologie und Direktor des
zool. Instituts der Universität Graz
1901 Döderlein, Ludw., Dr., Prof. d. Zoologie a. d. Universität Straßburg
1901 Simroth, Heinr., Dr., Prof. in Leipzig
1901 Schillings, C. G., Prof. in Berlin
— 33 —
1901 Lampert, Kurt, Prof., Dr., Oberstudienrat und Vorstand des Kgl Natu-
ralien-Kabinetts in Stuttgart
1901 Friese, Heinrich, Dr. phil. in Schwerin
1902 Treboul, E., President de la Societe nationale des sciences naturelles
et mathematiques in Cherbourg
1902 Schneider, Jakob Sparre, Direktor des Museums in Tronisö
1902 Kaiser, E., Dr., Ueh. Reg.-Rat, Prof. der Geologie und Paläontologie
und Direktor des geol. Instituts der Universität Marburg
1902 Spengel, J. W., Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des
zool. Instituts der Universität Gießen
1902 Oredner, Herrn., Dr., Prof., Geh. ßergrat in Leipzig
1902 Reis, Otto M.. Landesgeolog in München
1902 Notzny, Albert, Bergwerksdirektor und Bergassessor auf Heinitzgrube
in Beuthen
1902 Beyschlag, Franz, Prof., Dr , Geh. Bergrat, Direktor der geol. Landes-
anstalt in Berlin
1902 Schmeisser, K., Berghauptiiiann und Oberbergauits-Direktor in Breslau
1902 de Man, J. G., Dr. in lerseke, Holland
1902 Boveri, Theod., Dr., Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts
der Universität Würzburg
1902 Weidmann, Karl, Kgl. Torfverwalter in Carolinenhorst, Pommern
1902 Oestreich, Karl, Dr., Professor a. d, Universität Utrecht
1902 Preiss, Paul, Geometer in Ludwigshafen
1903 Weber, Max, Dr., Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts
in Amsterdam
1903 Fürbringer, Max, Dr., Geh. Hofrat, Prof. der Anatomie und Direktor
des anatomischen Instituts der Universität Heidelberg
1903 de Vries, Hugo, Dr., Prof. der Botanik in Amsterdam
1903 Schlosser, Max, Prof. Dr., II. Konservator der paläont. Sammlungin München
1903 Klunzinger, B., Dr., Prof. emer. in Stuttgart
1903 V. Schröter, Guido, Konsul des deutschen Reiches in San Jose, Costa-Rica
1904 Vigener, Anton, Apotheker in Wiesbaden
1904 Wolterstorff, W., Dr., Kustos des naturhistor. Museums in Magdeburg
1904 du Buysson, Vicomte Robert in Paris
1904 Albert Fürst von Monaco, Durchlaucht in Monte Carlo
1904 Brauer, August, Prof., Dr., Direktor des Kgl. zool. Museuuis in Berlin
1905 Hauthal, Rudolf, Prof., Dr., Direktor des Römermuseums in Hildesheim
1905 Hagenbeck, Karl in Stellingen bei Hamburg
1905 V. Linstow. Otto. Dr. med., Generaloberarzt a. D. in Göttingen
1905 Langley, J. N., Prof., Dr in Cambridge
1905 Lob, Jacques, Prof., Dr. in Berkeley, Calilornien
1905 Haberlandt, Gottlieb, Dr., Prof. der Botanik und Direktor des bot.
Gartens der Universität Graz
1905 Ehlers, E., Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool.
Instituts der Universität Göttingen
1906 Witzel, Louis, Rittergutspächter in Comuna Prundu Judetul Jefov,
Rumänien
3
— 34 —
1906 di Monterosato, Marchese Tom. All. in Palermo
1906 Dewitz, J., Dr. in Metz
1907 Buchner, E., Prof , Dr. phil. in Berlin
1907 Barrois, Charles, Dr., Prof, in Lille
1907 Bumpns, Hermon C, Dr., Prof., Direktor des Amercian Museum uf
Natural History in New York
1907 Fischer, Gustav, Dr. phil. et med., Verlagsbuchhändler in Jena
1907 V. Groth, Paul, Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Mineralogie und
Direktor des Mineralogischen Instituts der Universität München
1907 Hertwig, Oskar. Dr. med., Geh. Med. -Rat, Prof. der vergl. Anatomie und
Direktor des anatomisch-biologischen Instituts der Universität Berlin
1907 Hertwig, Richard, Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Zoologie und
Direktor des zoologischen Instituts in München
1907 Lankester. Sir Edwin Ray, K. C. B., F. R. S. in London
1907 Pfeffer, Wilhelm, Dr. phil.. Geh. Rat, Prof. der Botanik und Direktor
des botanischen Instituts und Gartens der Universität Leipzig
1907 Steinmann, Gustav, Dr. phil., Geh. Bergrat, Prof. der Geologie und
Direktor des geologisch-paläontologischen Instituts der Universität Bonn
1907 Treub, Melchior, Dr. phil., Prof., Direktor des botanischen Landes-
instituts in Buitenzorg
1907 Wiesner, Julius, Dr. phil.. Geh. Hofrat, Prof. der Botanik und Direktor
des ptlanzenphysiologischeu Instituts der L'niversität Wien
1907 Zirkel, Ferdinand, Dr. phil.. Geh. Rat, Prof. der Mineralogie und Direktor
des mineralogischen Instituts der Universität Leipzig
1908 Sterzel, J. T. Dr.. Prof., Direktor des Naturhistorischen Museums der
Stadt Chemnitz
1908 Stromer-v. Reichenbach, E., Dr., Prof., Privatdozent der Geologie und
Paläontologie an der Universität München
1908 Lucanus, L., Sanitätsrat Dr. in Hanau
1908 Nies, August, Prof. Dr. phil. in Mainz
1908 Schnitze, Leonhard Siegmund, Dr. phil., Prof. d. Geographie an der
Universität Jena
1908 Klemm, Gustav, Dr. phil., Prof. der Geologie, Großh. Hess. Landesgeolog
in Darmstadt
1909 Kammerer. Paul, Dr. phil., Assistent der zoolog. Abteilung der biolog.
Versuchsanstalt in Wien,
1909 Rayleigh, The right Hon. Lord, P.C., 0. M.. Kanzler der Universität
Cambridge, Professor der Naturphilosophie in Witham, Essex
1909 Darwin, Francis, F. R. S., M. A. in Cambridge.
1909 Darwin, Sir Georg Howard, K. C. B., Professor der Astronomie und
experimentellen Philosophie in Cambridge
1909 V. Gwinner, Arthur, Direktor der Deutschen Bank in Berlin
1909 Ahlborn, Fr.. Prof. Dr. in Hamburg
1909 Usborn. Henry Fairlield, L. L. D., Hon. Sc. D. Cantab., Präsident des
American Museum of Natural History in New York.
— 35
Rückblick auf das Jahr 1909.
Mittel hingen der Yerwaltiing.
Das verflossene Jahr hat der Gesellscliaft durch den am
20, März 1909 erfolgten Tod des Direktors des Museums Prof.
Dr. Fritz Römer einen außerordentlich schweren Verlust
gebracht. Das verdienstvolle Wirken des Entschlafenen, der
seit 1. November 1900 an unserem Museum tätig gewesen ist,
hat der II. Direktor Prof. Marx') bei der letzten Jahresfeier
zu würdigen versucht. Römers Bibliothek, besonders reich
an Sonderabdrücken aus den G-ebieten der Zoologie, vergleichen-
den Anatomie und Entwickelungsgeschichte, ist von seinen
Freunden erworben und in dankenswerter Weise dem Museum
überwiesen worden.
Zum Direktor des Museums wurde durch Beschluß der
Verwaltung vom 17. September 1909 Prof. Dr. Otto L. zur
Strassen, seither a. o. Professor der Zoologie au der Uni-
versität Leipzig berufen Er hat sein Amt am 1. Januar d. Js.
angetreten.
Die Zahl der beitragenden Mitglieder, die zu Anfang des
abgelaufenen Jahres 1052 betrug, ist auf 1081 angestiegen;
verstorben sind 23, ausgetreten 31, in die Reihe der ewigen
Mitglieder übergetreten 3, dagegen neu eingetreten 86 bei-
tragende Mitglieder.
Des am 17. April verstorbenen außerordentlichen Ehren-
mitgliedes Dr. jur. Wilhelm Freiherr von Erlang er in
Nieder-Ingelheim und des am 30. Mai verstorbenen arbeitenden
Mitgliedes, des Geheimen Kommerzienrates Eduard Oehler
') jFritz K ö m e r , sein Leben und sein Wirken" (mit Porträt)
4Ü. Bericht der Senckenbergischen Naturfurschenden Gesellschaft. S. 9'
Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1909.
3*
— 36 —
hat bereits der letztjährige Bericht gedaclit, ebenso der ver-
storbenen korrespondierenden Mitglieder Geh. Med. -Rat Prof.
Dr. Th. W. Engel man u-Berlin, Polizeirat a. D. M. Kuschel-
Gnliran, Wirkl. Geh. Adniiralitätsrat Prof. Dr. G. von Neu-
ni aye r- Neustadt a. H., Verleger E. Sp and el- Nürnberg und
Prof. H. G. Seeley- London.
Aus der Zahl der korrespondierenden Mitglieder wurden
uns ferner durch den Tod entrissen am 26. September Geh.
Reg. -Rat Prof. Dr. Anton D o h r n , der Begründer und Direktor
der Zoologischen Station in Neapel (korrespondierendes Mitglied
seit 1892) und am 22. November 1909 Oberingenieur Ludwig
Becker- Wandsbek, der von 1878 bis 1885 unserer Verwaltung
als arbeitendes Mitglied angehört hat und bei seinem Wegzug
von Frankfurt m die Reihe der korrespondierenden Mitglieder
übergetreten war.
Am 12. Dezember verstarb unser außerordentliches Ehren-
mitglied, der frühere preußische Kultusminister, Staatsminister
Dr. L. Ho lie -Berlin.
Am 7. Juli 1909 verschied in München der Kunstmaler
Fritz Hauck (Mitglied seit 1905). Er hat durch letztwillige
Verfügung der Gesellschaft ein Kapital von M. 100000. — ver-
macht, mit der Bestimmung, zwei in München bezw. in Karlsruhe
lebenden Künstlern eine lebenslängliche Rente von M. 2500. —
auszuzahlen. P'ritz Hauck war am 13. September 1852 zu
Frankfurt a. M. als jüngster Sohn des hiesigen Bankiers Georg
Hauck, eines intimen Freundes unseres Eduard Rüppell,
geboren. Ursprünglich für das Bankfach bestimmt, war er
mehrere Jahre im Auslande und im väterlichen Geschäfte tätig;
doch entsprach dies nicht seinen Neigungen. Deshalb widmete
er sich späterhin ganz der Kunst und studierte die Malerei im
hiesigen Städelschen Kunstiustitut, in Karlsruhe und München.
Dann trieb es ihn hinaus in die Welt. Als Landschaftsmaler
hat er auf zahlreichen Reisen in fremden Erdteilen, in Nord-
und Südamerika, auf den westindischen Inseln, in Ostasien,
Australien und Afrika, die Motive zu seineu Bildern gefunden,
die wie seine Kilimaudjaro- Studien, seine Wasserfälle und
Steppenlandschaften aus Deutsch-Ostafrika ein hervorragendes
Künstlertalent bekunden. Auf seineu Reisen hat er auch manche
Schätze an Natui'alien "esamnielt und sie unserem Museum als
^ B1 -^
Geschenk überwiesen. Zwei Ölgemälde der Meeresfauna in
den Korallenriffen und Schwammbänken, die Hauck nach
eigenen Studien 1905 in Nassau auf den Bahanm-Inseln gemalt
hat, schmücken das Treppenhaus des Museums. Durch seine
letztwillige Verfügung hat Fritz Hauck sein warmes Interesse
an unserer Gesellschaft und seine Freude an dem Aufblühen
unseres neuen Museums zum Ausdruck gebracht. Zur bleiben-
den Erinnerung an seine hochherzige Stiftung ist sein Name in
die Liste unserer ewigen Mitglieder eingetragen worden.
In die Reihe der ewigen Mitglieder wurden ferner aufge-
nommen: Rentmeister Theodor Alexander, Frau Sara
Bender, Eugene Hoerle, Sanitätsrat Dr. Karl Kauf-
mann, Frau Marie Meister, Justizrat Paul Reiss und
die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt, sowie die Ver-
storbenen: August Bender, Moritz Ferdinand Hauck,
Geh. Sanitätsrat Dr. Heinrich H o f f m a n n , Hermann Kahn,
Heinrich L o t i c h i u s , Geh. Kommerzienrat E d u a r d 0 e h 1 e r ,
Wilhelm Jakob Rolimer, Henry Seligmann und Leo-
pold S 0 n n e m a n n .
Die Zahl der ewigen Mitglieder ist somit im Berichtsjahr
von 189 auf 156 angestiegen. Manche der neu eingetretenen
ewigen Mitglieder sind seither beitragende Mitglieder gewesen.
Die Verstorbenen haben Jahre- und Jahrzehnte lang der Gesell-
schaft angehört, und zu ihrem bleibenden Gedächtnis haben
die Hinterbliebenen in pietätvoller Gesinnung ihre Namen in die
Liste unserer ewigen Mitglieder eintragen lassen. Es zeigt sich
hierin deutlich die treue Anhänglichkeit und das tiefe Interesse
an unserer Gesellschaft, der von ihrer Gründung im Jahre 1817
an zahlreiche Frankfurter Familien nunmehr durch mehrere
Generationen angehören.
Zu arbeitenden (Verwaltungs-) Mitgliedern wurden er-
nannt: Kommerzienrat Eduard Beit, Rudolf von Gold-
schmidt-Rothschild, Otto Hauck-von Metzler, Dr. phil.
Hugo M ertön, Dr. phil. Kurt Priemel, Direktor des Zoo-
logischen Gartens, und Dr. phil. Arthur von Weinberg,
Mitglied des Kgl. Instituts für experimentelle Therapie.
Zu korrespondierenden Mitgliedern: Prof. Dr. Ahlborn-
Hamburg, Francis Darwin und Sir George Howard
D a r w i n - Cambridge , A r t h u r v o n G w inner- Berlin ,
- 38 -
Dr. pliil. Paul Kammere r- Wien, Prof. He, my P'air field
0 shorn- New York und Lord Ra^'leij^li, Kanzler der Uni-
versität Cambridge.
Prof. Dr. L. von Hey den wurde von der Nederland-
sche Entomologische Vereeniging in Rotterdam durch die
Ernennung zum Ehrenmitglied ausgezeichnet.
Am 20. Februar wurde Dr. Eugen Wolf, seither Assistent
der zoologischen Abteilung des Museums, zum Kustos ernannt.
Er beteiligte sich vom 23. Februar an im Auftrage der Ge-
sellschaft an der Hanseatischen Süd see -Expedition,
die zur Erforschung der dortigen Korallen-Inseln ausgesandt
wurde, und ist am 24. November glücklich und mit reicher
Ausbeute zurückgekehrt. Die Teilnahme an dieser Expedition
wurde hauptsächlich durch das Entgegenkommen der hiesigen
Firma Teil us, Aktiengesellschaft für Bergbau und Hütten-
industrie, und durch die eifrigen Bemühungen unseres arbeiten-
den Mitglieds Dr. E. Naumann ermöglicht, wofür wir auch an
dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank aussprechen möchten.
Am 24. Februar fand die ordentliche Generalversammlung
statt. Sie genehmigte nach dem Antrag der Revisionskom-
mission die Rechuungsablage für 1908 und erteilte dem I. Kas-
sierer A. Andreae-von Grunelius Entlastung. Der vor-
gelegte Voranschlag für 1909, der in Einnahmen und Ausgaben
mit M. 88 045.— balanzierte, wurde genehmigt. Nach dem
Dienstalter schieden aus der Kommission aus: Konsul Etienne
R 0 q u e s - M e 1 1 e n h e i m e r und August L a d e n b u r g. An
ihre Stelle wurden gewählt: Charles A. Schar ff und Moritz
von Metz 1er. Der Revisionskommission für 1909 gehören
ferner an: Arthur Andreae als Vorsitzender, Hermann
Nestle, Adolf von Neufville und Wilhelm Stock.
Am 7. April kam zum neunzelmtenmal der im Jahre 1828
gestiftete So mm erringpreis zur Erteilung und wurde Dr.
Paul Kam merer in Wien zuerkannt.
Am 20. März feierte die Gesellschaft mit zahlreichen
anderen hiesigen Korporationen in der Aula der Akademie den
hundertsten Geburtstag Georg Varren trapps; am 13. Juni
nahm sie teil an dem Festakt des Ärztlichen Vereins zur Er-
innerung an den hundertsten Geburtstag Heinrich Hoff-
manns, des Dichters des „Struwwelpeter", der wie Varren-
— 39 —
trapp unserer Verwaltung lange Jahre hindiircli als eifriges
Mitglied angehört hat. Der Universität Cambridge überbrachten
zu ihrer großartigen Jahrhundertfeier der Geburt Darwins
vom 22. bis 24. Juni der I. Direktor und Dr. M er ton als
Delegierte die Grüße der Gesellschaft, die selbst am 13. Februar
eine Dar win -Feier veranstaltet hat. Bei dieser Feier hielt
Gell. Hof rat Prof. Dr. Richard Her twig aus München die
Gedächtnisrede ; sie ist in dem letztjährigen Bericht nieder-
gelegt. Bei der Feier des fiinfzigjährigen Bestehens des Vereins
für Naturkunde zu Offenbach am 20. Mai war die Gesellschaft
durch Prof. von Hey den. bei dem fünfzigjährigen Jubiläum
des Freien Deutschen Hochstiftes am 7. November duich den
I. Direktor vertreten. Am 21. Oktober feierten die näheren
Freunde unseres hochverdienten Sektionärs der entomologischen
Abteilung-, Albrecht Weis, dessen siebzigsten Geburtstag.
Der Tagung der Deutschen Zoologischen Gesell-
schaft zu Pfingsten des Jahres und der in der IIa veranstalteten
Ausstellung von Flugorganen bei Tieren und Pflanzen gedenkt der
Museumsbericht.
In der Sitzung vom 1. Dezember 1909 hat die Veiwaltung
Kenntnis von einem Vertrag genommen, den die Administration
der Dr. Senckenbergischen Stiftung mit dem Magistrat betr. Ge-
währung einer städtischen Subvention für die Sencken-
bergische Bibliothek abzuschließen beabsichtigt. Der Ver-
trag sieht für zehn Jahre eine jährliche Subvention von M 15000
vor, die zur Bestreitung eines Teils der Verwaltuugskosten und
zur Anschaffung von Büchern bestimmt ist, mit der Maßgabe,
daß ein Abgeordneter des Magistrats in die Kommission für die
vereinigten Bibliotheken eintritt, und daß die Anschaffung medi-
zinischer Werke einschließlich Buchbinderkosten in der Höhe
von M. 3750 — auf Vorschlag des Magistratsabgeordneten erfolgt.
Die aus dem städtischen Zuschuß angeschafften Bücher gehen
in den Besitz der Dr. Senckenbergischen Stiftung über. Die
Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft verpflichtet sich
ebenso wie der Physikalische, Ärztliche und Geographische Verein
und wie die Stiftung selbst, für die Dauer des Vertragsverhältnisses
mindestens die gleichen Beträge zur Ergänzung der Bibliothek
aufzuwenden wie seither (für die Gesellschaft sind dies jährlich
M. 5700.—} und zu den steigenden Gehalten des Bibliothekars,
— 40 —
desBibliotbeksekretärs und der Hilfsbeamten gemäß dem Gehalts-
regulativ für die Beamten der Stadtbibliothek beizutragen. Die
Administration der Dr. Senckenbeigischen Stiftung hat dagegen
die Verpflichtung übernommen, ihre Bücherbestände nur im Ein-
verständnis mit sämtlichen beteiligten Vereinen aus der Biblio-
thek herauszunehmen, eine Verpflichtung, die die Vereine unter-
einander bereits in dem Vertrag vom 10. Februar 1860 ein-
gegangen waren. Der Vertrag zwischen der Stiftungsadmini-
stration und dem Magistrat soll, wenn er die Genehmigung der
Stadtverordnetenversammlung findet, am 1. April 1910 in Kraft
treten. ^)
Nach zweijähriger Amtszeit sind satzungsgemäß aus der
Direktion ausgeschieden : der II. Direktor Stabsarzt Prof. Dr.
E. Marx und der II. Schriftführer F.W.Winter. An ihre Stelle
wurden für die Jahre 1910 und 1911 Dr. A. von Weinberg
und Gartenbaudirektor A. Siebert gewählt.
') Die vSradtverordnetenversiuniuIung hat, in ihrer Sitzung' vom S. Februar
1910 den Antrag des Magistrats mit der Abänderung genehmigt, daß die
jährliche Subvention für die Senckenbergische Bibliothek von M. läüOO auf
M. lUOÜO herabgesetzt wird.
41 —
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— 42 —
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Saldo des Zinseu-Kontos
•
21212
15
Beiträge-Konto
...
24 092
25
Erträarnis der Bosestiftnne in 1908 ....
M 901
27
Eintrittsgelder-Konto
1 385
50
Abhandinngen und Berichte
8 890
09
(inkl. Geschenk von Frau ßaron von
Erlanger
M. äöOO)
Sonstige Einnahmen
281
81
Ferner wurden verbraucht zu Lasten
olgender
Konten ;
V. Reinach-Stiftnng-Konto
1 212
57
V. Söiumerring-Freis-Konto
521
1027
109
Saninilunt>'en-Konto
50
Versicherungs-Reserve-Konto
70
Reparaturen-Konto
6 782
82
An Geschenken und Legaten gingen ein und wurden in
Obligationen angelegt :
Justizrat Paul Reiss, ewig. Mitgl. . . . M.
1000.—
W. Jakob Rohnier, „ „ . . . „
1000.-
Henry Seligiuann, „ „ . . . „
1000.—
Hermann Kahn, „ „ . . . „
1000.—
DeutscheGold-u. Silber-Scheide- Anst..ew.M. „
1000.—
Heinrich Lotichius, ew. Mitgl. . . . „
600.—
Frau Marie Meister. „ „ . . . „
1000.-
Geh. RatDr.H. Hoffmann, „ „ . . . „
500 —
Geh. Korn. -RatE. Oehler. „ „ . . . „
5000.—
San. -Rat Dr, Kaufmann, „ „ . . . „
1000.—
Eugene Hoerle, „ „ . . . ,
1000.—
August Bender u. Frau Sara Bender, „
lOüO.—
Theodor Alexander, ewig. Mitgl
1000.—
M.
1()1( HJ.—
An Geschenken für Naturalien gingen ein um
wurden
für 1910 zurückgestellt:
Sir Julius Wernher M
5000.—
Theodor Alexander „
850.—
Zurückvergütung einer Erbschaftssteuer
800.—
M. S
500.—
M
6650.—
95 416
66
— 43 —
vom 1. Januar bis 31. Dezember 1909.
Ausgaben
Unkosten-Konto
Saldo des Gehalt-Kontos
„ „ Vorlesungen-Kontos
„ „ Bibliothek-Kontos
Abhandinngen und Berichte
Naturalien- Konto
V. Reinach-Stiftung-Konto
V. Sömiuerring-Preis-Konto
Sammlungen- Konto
Versicherungs-Reserve-Konto
Reparaturen- Konto
Ferner Rücklagen auf folgende Konten :
Versicherungs-Reserve-Konto
Sammlungen-Konto
Pensions-Konto
Reparaturen- Konto
Überschaß an Gewinn- und Verlust-Konto
M.
Pf.
23 559
24 716
3 910
8 604
10 031
7 714
1212
521
99
90
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57
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109
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0 782
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1000
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2 200
2 000
—
1 1026
37
95 416
66
— 44 —
Miiseiiiusbericlit.
Welch reges Interesse das Publikum fortdauernd unserem
Museum entgegenbringt, geht deutlich aus der Zahl der Besuche)-
im verflossenen Jahre hervor: vom 1. Januar bis Hl. Dezember
1909 wurden 68012 Personen gezählt. Auch zahlreiche Studenten
verschiedener Fakultäten, meist unter Führung ihrer Lehrei-,
sowohl von unseren Nachbaruniversitäten Heidelberg und (-Jießen
als auch von entfernter gelegenen wie Göttingen, Stuttgart und
'riiV)ingen besichtigten eingehend unser Museum. Für viele
Vereine von hier und aus der Umgegend wurden, namentlicdi
auf Wunsch des Ausschusses für Volksvorlesungen, wie in früheren
Jahren besondere Führungen veranstaltet. Der Besuch von
Seiten der hiesigen Schulen hat sich außerordentlich gesteigei't,
da viele Lehrer dazu übergegangen sind, ihren naturgeschicht-
lichen Unterricht durch Demonstrationen im Museum zu er-
gänzen. Aber nicht nur die ausgestellten Schauobjekte sondern
auch der Museumsbau in seiner inneren Einrichtung, seine
Schränke sowie unsere Aufstell ungspriuzipien veranlaßten in
vermehrter Zahl einzelne Sachverständige wie auch mehrgliederige
Kommissionen, unser Museum aufzusuchen. Zahlreiche Fach-
gelehrte (siehe die einzelnen Abteilungen) benutzten unsere
wissenschaftlichen Sammlungen zu eingehenderen Studien.
Während der Ferienzeit war in allen Abteilungen eine größere
Anzahl von Studierenden der Naturwissenschaften beschäftigt.
Ihre Tätigkeit, die für uns eine willkommene Hilfe bildet, kam
zugleich ihrer eigenen weiteren Ausbildung zustatten.
Nachweis von Literaturangaben wurde siebenmal erteilt;
Bestimmung eingesandter Tiere und Pflanzen, namentlich von
Schädlingen aus der Insektenwelt bezw. PÜanzenkrankheiten,
erfolgte in 24 Fällen. Auf technische Fragen bezogen sich neun
Auskünfte.
— 45 —
Mannigfaltige Veranstaltungen wie Sängerfest, IIa, wissen-
schaftliche Kongresse und Kurse, die im vergangenen Jahie in
Frankfurt abgehalten wurden, nahmen die Räumlichkeiten des
Museums (Festsaal, Hörsäle und Laboratorien) oft in weit-
geliendem Maße in Anspruch.
Zu besonderer Freude gereichte es uns, daß die Deutsche
Zoologische Gesellschaft in der Pfingstwoche vom 31. Mai
bis 4. Juni ihre XiX. Jahresversammlung in unserem Museum
abhielt, um nach 19jäliriger Pause zum zweiten Male an dem
Orte ihrer Gründung zu tagen. 79 Vertreter der Zoologie aus
allen Teilen Deutschlands und aus dem Auslande waren hier
zu ernster Arbeit vereinigt. In besonderen Führungen wurden
unsere Sammlungen und sonstigen Einrichtungen eingehend be-
sichtigt. Konnten wir auch der Prüfung unserer Arbeit in den
letzten Jahren durch diese berufensten Sachverständigen ruhig
entgegensehen, so erfüllte es uns doch mit hoher Befriedigung, daß
(las Urteil von allen Seiten günstig und anerkennend ausgefallen ist.
Die Übernahme einer besonderen Ausstellungsabteilung in
der Ha (Juli bis Mitte Oktober) nahm für mehrere Monate alle
verfügbaren Kräfte des Museums in Anspruch. ITuter der sach-
kundigen Leitung Dr. H. M er tons gelang es trotz der kurzen
zur Verfügung stehenden Zeit, eine Ausstellung zu schaffen, die
den Erwartungen in jeder Weise entsprochen hat. Au einer
großen Zahl präparierter rezenter wie vorweltlicher Tiere, sowie
an Pflauzensamen, an zahlreichen Modellen, Erklärungskarten
und Tafeln, durch Wort und Bild, wurden die Entwickelung
des Flugvermögens im Pflanzen- und Tierreich, sowie die ver-
schiedenen Flugarten wie Gleitflug, Segelflug usw. vorgeführt.
Durch diese Zusammenstellung ist es nicht nur gelungen, die
Ausstellungsbesucher in die Flugprobleme einzuführen; sie hat
auch den Praktikern und Theoretikern der Aeronautik manche
fruchtbare Anregung gegeben.
Da sich namentlich für die geologisch- paiäontologische
Abteilung die Anschaft'iing verschiedenartiger Schränke als not-
wendig erwiesen hat, unternahm Dr. F. Dr ever mann ins-
besondere zum Studium dieser Fi-age eine Besichtigungsreise
an das naturhistorische Museum in Brüssel.
Des Ablebens des Direktors Prof. Römer und der Be-
rufung Prof. zur Strassens an seme Stelle, sowie der Er-
— 46 —
neununo; Dr. Wolf s zum Kustos der zoologischeu Abteilung des
Museums haben bereits die Mitteilungen der Verwaltung gedacht.
Im Bureau trat am 15. April Frl. M. Göbel zur Unterstützung
der Vorsteherin ein.
Größere bauliche Veränderungen fanden nur in den Kojen
statt, indem zwei der bestehenden kleineren Kojen zu einer
größeren vereinigt wurden.
In verschiedenen Abteilungen unserer Schausammlung sind
die Schränke überfüllt, worunter die Übersichtlichkeit sehr zu
leiden hat. Auch in der Lehrsammlung ist ein eiheblicher
Raummangel eingetreten, so daß sich die Neuanschaffung einer
großen Anzahl von Schlanken als ein immer dringenderes Be-
dürfnis erweist. Leider stehen uns vorderhand nicht die nötigen
Mittel zur Verfügung, um diesem Übelstande abzuhelfen. Durch
die Schenkung eines E'ensterschrankes für Planktontiere nebst
dem dazugehörigen Material hat sich Dr. H. M er ton ein großes
Verdienst um diesen Teil der Sammlung erworben.
Dank der Geschicklichkeit unseres Technikers ß. Moll
war der Bau eines zweiten Projektionsapparates möglich, der
im kleinen Hörsaal Aufstellung gefunden hat. Derselbe kann
infolge seiner leichten Transportfälligkeit auch bei den wissen-
schaftlichen Vorträgen im Festsaal zu den verschiedenartigsten
Projektionen Verwendung finden. Im kleinen Laboratorium wurde
in Anbetracht seiner vermehrten Benützung durch Lehrer und
sonstige freiwillige Mitarbeiter eine Ergänzung des Inventars
und der wissenschaftlichen Ausrüstung notwendig. Für die
lusektenabteilung wurde in unserer Werkstatt ein Schwefel-
kohlenstoffapparat konstruiert, der es ermöglicht, 54 Insekten-
kasten gleichzeitig zu desinfizieren. Auch sonstige Inventarstücke,
wie Tische, Tritte, kleinere Schränke usw., wurden in größerer
Anzahl von unserem Handwerker angefertigt. Im Hofe hat
sich die Anbringung eines Verschlages unter dem schon vor-
handenen Glasdach als nützlich erwiesen.
Auch unsere Druckerei war lebhaft in Anspruch genommen.
Aus derselben gingen allein 60000 Adressen, 24000 Einladungs-
karten, 4000 Postkarten mit Aufdruck, 1000 Zirkulare und
über 10000 größere und kleinere Etiketten hervor.
Ein Bild unseres verstorbenen Direktors Prof. Römer
für das Sitzungszimmer verdanken wir der Malerin Fräulein
~ 47 —
B. Sondheini. Das Direktiouszimnier erhielt von Professor
Dr. A. Knoblauch durch ein aus den dreißiger Jahren des
vorigen Jahrhunderts stammendes, kleines Aquarell unseres alten
Museums einen künstlerischen Wandschmuck.
1. Zoologische Sammlung.
Die Vermehrung der Schau- und der Lehrsammlung bewegte
sich im verflossenen Jahr in engen Grenzen. Einerseits sind die
wenigen zur A^erfüguiig stehenden Schränke in allen Abteilungen
zum großen Teil überfüllt ; andererseits waren die verfügbaren
Arbeitskräfte, die ohnehin infolge des Todes von Prof. Römer
und der Abwesenheit Dr. Wolfs stark überlastet waren, auch
noch durch unsere Ausstellung auf der IIa und die Vorbereitungen
zum Zoologentag in hohem Maße in Anspruch genommen.
Umsomehr ist es anerkennend hervorzuheben, daß unsei'e
freiwilligen Mitarbeiter Frau L. Cayard (Histologie), Frl.
E. Fellner (Insekten), Frl. E. Pf äff (Histologie und vergl.
Anatomie), E. Cnyrim (vergl. Anatomie), E. Creizenach
(Skelette), E. Müller (Lepidopteren), Lehrer A. Noll (Haus-
bibliothek) und Lehrer H. Stridde (Histologie) auf ihren Ge-
bieten überaus dankenswertes geleistet haben und auch jederzeit
bei allen anderen vorkommenden Arbeiten zur Hilfe bereit waren.
Auch Frau Geheim rat Leser, Frl. G. Oswalt und Frl. A. Roe-
diger haben sich tatkräftig an den Museumsarbeiten beteiligt.
Dr. Wolf begleitete als Zoolog die Hanseatische Südsee-
Expedition und brachte nach ^/4Jähriger Abwesenheit von allen
größeren Inselgruppen der Südsee reiches Material mit, das
zum größten Teil sortiert vorliegt, dessen abschließende Bear-
beitung aber wohl noch Jahre beanspruchen wird. Besonders reich
ist die Ausbeute an Reptilien, z. T. auch an Amphibien, unter
den Insekten vor allem an Orthopteren, ferner an Spinnen, Krus-
tazeen, Würmern und Coelenteraten. Unter den letzteren sind
namentlich die Korallen und Schwämme gut vertreten. In den
meisten der erwähnten Gruppen dürfte uns also später leichliches
Tauschmaterial zur Verfügung stehen. Vor allem wird das
gesammelte Material auch in Hinsicht auf die Tiergeographie
wünschenswerte Aufschlüsse ergeben.
Unsere Konservatoren Adam Koch und August Koch
unternahmen eine mehr wöchentliche Saramelreise nach Helgoland
— 48 —
und erlangten in mühevoller Arbeit eine reiche Ausbeute der
dort brütenden nordischen Vögel für unsere das Nordpolarleben
veranschaulichende Koje.
Unter ausschließlicher oder teilweiser Benützung von Ma-
terial aus unseren wissenschaftlichen Sammlungen sind folgende
Arbeiten veröffentlicht worden :
F. Haas: Neue und wenig bekannte Lokalformen unserer
Najaden. Nachrichtsblatt der Deutsch. Malakozoologischen Ge-
sellsch., Jahrg. 1909, Heft 1, Beil. 2 und Heft 3, Beil. 3.
L. von Hey den: Coleoptera, gesammelt von 0. Bam-
berg 1908 in der Mongolei. Entomologische Blätter, 5. Jahrg.,
S. 157—161, Schwabach 1909.
W. K 0 b e 1 1 : Genus Vivipara Moutf . in M a r t i n i - C h e m -
nitz: System. Konchylienkabinett, 2. Aufl. Nürnberg 1909.
Derselbe: Roßmäßlers Iconographie der Land- und
Süßwassermollusken, Neue Folge Bd. 15, Lief. 1 — 4, Wies-
baden 1909.
Derselbe und G. Winter: Die Philippinischen Land-
schnecken, Genus Cochlostyla in Semper: Die Philippinen
(unter Benützung unserer v. Möllendorff sehen Cochlostylen-
sammlung).
M. J. Surcouf: Tabanides nouveaux de l'Afrique occi-
dentale. Bulletin du Museum d'histoire naturelle, Paris 1909.
Derselbe: Tabanides nouveaux de Madagascar; ebenda.
Zahlreiche Zuwendungen, die den verschiedenen Abtei-
lungen unserer zoologischen Sammlung zugegangen sind, ver-
danken wir folgenden Schenkern : I. A m seh el -Melbourne, R.
Andreae, Ingenieur A. Askenasy, Generalkonsul M. Baer,
Frl. B. Bagge-St. Blasien, 0. Bagge, Dr. F. Brancsik,
Prof. E. Brau dis-Traonic, Geh. Kommerzienrat 0. Braunfels,
Generalobeiarzt R. B r u g g e r - Kassel, Förster L. B u d d e - Schwan-
heim, M. Burkar d, Kommandant E, Caziot-Nizza. S.
Clessin- Regensburg, E. Drevermann -Battenberg, M. Dürer,
Frl. E. B^ellner, Geh. Regierungsrat EMtzau- Kassel, Prof.
M. Flesch, C. Franz- Breslau, Flersheim-Heß, Dr. W.
Fries, D. G eye r -Stuttgart, R. von Goldschmid t-Roth-
schild, A. von Grunelius. L. von Guaita, F. Haag,
cand. rer. nat. F. Haas, stud. rer. nat. Hägemeier-Heidel-
berg, K. Hagen beck- Stellingen, F. Hashagen- Bremen,
— 49 —
K. Hebeling, Frau W. Heerdt, Dr. W. Hein -München,
Prof. K. H e 1 1 e r - Dresden , Landrat F. von Heimburg-
Wiesbaden, Prof. L. von Heyden, H. Jacquet, W. Israel-
Gera, W. Jungraann, J. Kilb-Skobeleff, Prof. W. Kobelt-
Schwanheim, A. Koch, C. Koch, Dr. H. Krapf, Dr. G.
Krapf, F. Külz- Marburg, Frau Krebs, Prof. R. Lauter-
bor u - Ludwigshafen , J. L e n g 1 e , Freiherr M. von L e o n -
hardi- Großkarben, Dr. H. Lotz- Berlin, Dr. E. Luring,
Stabsarzt Prof. E. Marx, J. M enges, Dr. H. Merton,
A. L. Montandon-Bukarest, E. Müller, W. von Möllen-
dorff, Baurat L. Neher, Kommerzienrat R. de Neufville,
Dr. B. Pari si -Mailand, von PI oennies-Buitenzorg, Dr. A.
R e i c h a r d - Helgoland, Dr. F. R i n t e 1 e u -Swakopmund, Sanitäts-
ratE.Roediger, Dr. Ruby-Marburg, Intendanturrat L. Schal-
lehn -Straßburg, A. Schiff er li-Sempach, Dr. E. Schreiber-
Gürz, Oberleutnant Schulze -Bonn, J. Seeth, Prof. A. Seitz-
Darmstadt, F. Simon, F. Sommerlad, Dr. P. Stern, Frl.
E. Strebel -Zweibrücken, Prof. H. St re bei- Hamburg, H.
S u t e r - Auckland , Prof. E. Van hoffen- Berlin , Lehrer
Völker-Moicht b. Marburg. Stadt. Völkermuseum, T. Ulrich-
Pforzheira, A. Weis, A. H. Wendt-St. Goar, F. Winter,
Zoologischer Garten.
Unsere Hausbibliothek, speziell die Separatensammlung,
wurde auch im letzten Jahre wieder bedeutend vermehrt und
zwar durch Zuwendungen von : Akademie für Sozial- und Handels-
wissenschaften, Dr. C. Apstein-Kiel, F. Bastier, Dr. Bi ed er-
mann-Imhoof- Eutin, Prof. F. B lochmann- Tübingen, C.
Boettger, Dr. F. Dr ever mann. Geh. Med. -Rat Prof. W.
E n g e 1 m a n n - Berlin , Dr. V. Franz- Helgoland , Freies
Deutsches Hochstift, Geh. Hof rat Prof. M. Für bring er-
Heidelberg, Dr. E. Gaupp-E'ieiburg i. B., Dr. Grüner- Bern,
Prof. A. Gutzner, Prof. L. von Heyden, Dr. A. Jassoy,
Kaiser-Friedrich-Gymnasium, Dr. P. Kammerer- Wien, Prof.
F. Kinkel in, Prof. C. B. Kinn zing er -Stuttgart, Prof. A.
Knoblauch, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, Prof. E. Kor-
s che It- Marburg, Piof. M. Künike-Bonn, Prof. A. Lang-
Zürich, Dr. A. Li v ersidge- Sidney, Mein hold & Söhne-
Dresden, Prof. Me unier- Antwerpen, L. A. Montandon-
Bukarest, Prof. M. Möbius, Dipl. -leg. P. Prior, Sanitätsrat
4
- 50 —
E. Roediger, Dr. P. Sack, Prof. G. 0. Sars-Christiania,
Dr. F. Sarasiu-Basel, Dr. R. S. Scharf f- Dublin, Dr. C.
Sclileußner, Dr. 0. Sclimidtgeu-Mainz, W. Seiffert-
Stuttgart, Geh. Rat I. W. Speu gel -Gießen, Prof. 0. L. zur
Strassen, Prof. G. Steinmann- Bonn, Dr. 0. Thilo -Riga,
G. B. Teubn er -Leipzig, Dr. G. Tornier-Berlin, Dr. K. W.
Verhoeff-Bonn, Dr. G. Wahl, A. Weis, F. W. Winter,
A. Wo er 1- Leipzig, Prof. 0. Zacharias -Plöhn. Im Tausch
erhielten wir Schriften von: Dr. P. Adloff- Königsberg, Dr.
Breßlau -Straßburg, Dr. E. Gaupp-Freiburg i. B., Dr. V.
Hack er- Stuttgart, Dr. R. H es se- Tübingen, Prof. A. Jakobi-
Tübingen, Prof. E. Marenz eller- Wien, Dr. G. von Mark-
tanner-Turner et scher- Graz, Prof. J. Meisenheimer-
Marburg, Dr. 0. Schmidtgen -Mainz, Prof. H. Spemann-
Rostock, Dr. A. St euer- Innsbruck, Prof. W. Voigt-Bonn
Dr. B. Wan doli eck- Dresden.
1. Säugetiere.
Die in der Schausammlung zur Verfügung stehenden
Schränke sind vollkommen besetzt, so daß vorläufig nur noch
an die Aufstellung größerer Tiere, die im Lichthof Unterkunft
finden, gedacht werden kann. Hierfür kommen vor allem die
großen Dickhäuter in Betracht, von denen wir ein prächtiges
Flußpferd Rudolf v. G o 1 d s c h m i d t - R o t h s c h i l d verdanken .
Von seinen zahlreichen Schenkungen fanden ferner ein Zebra,
ein schwarzer Wolf aus Canada und ein Zobel sowie der Kopf
eines männlichen Wapiti mit sehr starkem Geweih in der Schau-
sammlung Aufstellung. Von Baurat L. Neher wurde uns ein
Pärchen des amerikanischen Bibers zum Geschenk gemacht,
das längere Zeit im hiesigen Zoologischen Garten lebte und
durch seine Nagearbeit an Stämmen allgemeines Interesse
erregte. Unsere Sammlung an anthropoiden Affen ist durch
ein Geschenk von Direktor J. Seeth um ein Männchen und
Weibchen des Cliimpansen {Anthropopithecus troglodytes L.) ver-
mehrt worden ; durch Kauf erlangten wir vom Naturhistorischen
Museum in Wiesbaden Männchen und Weibchen einer anderen
Chimpansenart (Anthropopithecus tschego Duvern). Einen höchst
interessanten Bastard zwischen Löwe und Tiger verdanken wir
unserem korrespondierenden Mitglied Karl Hagenbeck-
— 51 —
Stellingen. Unsere Beuteltiersammlungerhieltvon Freiherrn M. von
Leouliardi einen willkommenen Zuwachs durch zwei Männchen
von Peragale lagotis Reid aus Australien. Die übrigen Neuerwerbun-
gen stammen größtenteils aus dem hiesigen Zoologischen Garten.
Unsere Konservatoren sind, den neuesten Fortschritten
der Dermoplastik Rechnung tragend, zur direkten Abmodellierung
des abgehäuteten Tierkörpers tibergegangen, um dadurch den
zu präparierenden Tieren die größte Naturtreue zu sichern.
In der wissenschaftlichen Abteilung wurde die Sammlung der
Bälge revidiert und katalogisiert. Eine Koje für nordisches
Polarleben ist in Angriff genommen worden. Das Tiermaterial,
das in ihr Verwendung findet, verdanken wir fast ausschließlich
R. von Gold sc hmidt-Roth Schild.
2. Vögel.
Der Sektionär war im Verein mit den Konservatoren in
erster Linie darauf bedacht, die Bälgesammlung zu ordnen.
Unsere sämtlichen Vogelbälge sind jetzt in 50 nummerierten
Pappkasten eingereiht und katalogisiert. Diese Bälgesammlung
bildet nunmehr mit den in den Schränken untergebrachten aus-
gestopften Vögeln die wissenschaftliche ornithologische Abteilung.
Hiermit ist die Aufstellung dieser im 4. Stock unseres Museums
untergebrachten Sammlung beendet. Konservator Adam Koch hat
einen Katalog der ornithologischen Schausammlung fertig gestellt.
Aus der Reihe der Schenkungen sind hervorzuheben : eine
große Anzahl von Vögeln aus allen Erdteilen als Geschenk des
Sektionärs, eine reichhaltige Kollektion von Bälgen aus dem
asiatischen Rußland (Audishan) von Jean Kilb-Skobeleff und
eine Sammlung ausgestopfter deutscher Vögel von Leo von
Guaita. Auch von der Neuen Zoologischen Gesellschaft haben
wir als Geschenk oder durch Kauf eine Reihe wertvoller Vögel
erworben. Von W. S chlüt er- Halle wurden aus Mitteln der
Cretzschmarstiftung mehrere uns fehlende Vogelarten angekauft.
Durch Tausch mit J. Mich el- Bodenbach in Mähren und
A. Fischer- Augsburg erlangten wir eine größere Zahl der
dortigen Lokalformen.
3. Reptilien und Batracliier.
Durch Geschenke, Tausch und Kauf floß der Sammlung
reiches Material zu, das zum großen Teil vom Zoologischen
4*
— 52 —
Garten stammt. Auch Freiherrn M. von Leon hard i verdanken
wir wieder eine ansehnliche Kollektion australischer Reptilien.
Verschiedene Arten aus Dalmatien erhielten wir von Dr. E.
Schreiber in Görz. Leider konnte das eingelaufene Material
wegen Erkrankung des Sektionärs noch nicht bestimmt und
eingereiht werden.
4. Fische.
Die Sammlung der deutschen Süßwasserfische wurde durch
den Sektionär um mehrere Arten vermehrt. Dr. W. Hein-
München schenkte interessante biologische Präparate. Zahlreiche
Zuweisungen aus dem Aquarium des Zoologischen Gartens ver-
anlaßten uns, eine besondere Abteilung für Aquarien-
fische anzulegen.
5. Tunikateu.
Gut konservierte Exemplare von Salpa zonaria verdanken
wir Dr. W. Hein -München. Dr. H. M ertön stiftete für die
Planktonsammlung zahlreiche Salpen und Pyrosomen.
6. Mollusken.
Die Neuordnung der wissenschaftlichen Sammlung wuide
begonnen, wobei uns C. Boettger behilflich war. Doch reichte
der neue dreiteilige Schrank nur für einen Teil der europäischen
Heliciden aus den Sammlungen Roßmäßlers, von Möllen-
dorffs und Kobelts. F.Haas ordnete die Zentralsammlung
der Najaden, die durch zahlreiche Geschenke in erfreulicherweise
gewachsen ist. Durch die Arbeiten von Prof. Kobelt und F.Haas
(s. S. 48) vermehrten sich die Originale unserer Sammlung in
den Genera Vhnpara, Cochlosti/la und Unio. Von H. Suter-
Auckland erwarben wir käuflich eine vollständige Kollektion
kleiner neuseeländischer Seekonchylien und Endodontiden, unter
denen sich viele Kotypen Suters befinden. Im Tausch mit
einer größeren Anzahl von Sammlern konnte vor allem unsere
Najadensammlung bedeutend vergrößert werden. D. Geyer-
Stuttgart hatte die Freundlichkeit, die Vallonien unserer Samm-
lung zu revidieren.
Um die im letzten Bericht erwähnten wissenschaftlichen
Bestrebungen weiter fördern zu können, ist die Vervollständi-
gung unserer Zentralsammluug der Najaden durch Mate-
rial aus dem ganzen paläarktischen Gebiete, besonders aber aus
— 53 —
Nord- und Ostdeutschland, unerläßlich. Wir bitten um Über-
lassung derartigen Materiales, eventuell im Tausch. Durch die
Neuordnung der von MöU end orff sehen Dublettensammlung
sind wir imstande, den Tauschverkehr in vollem Maße wieder
aufzunehmen ; auch Separata der Arbeiten Prof. Kobelts können
auf Wunsch im Tausch abgegeben werden.
Den Zuwachs der Handbibliothek der konchyologischen
Sektion verdanken wir den Herren: P. Bartsch, G. Bollinger,
E. Caziot, H. Dali, Ph. Dankenberg, P. Ehrmann,
W. Evans, L. German, F. Haas, W. Kobelt, T. Kormos,
Melville und Ponssonby, C. Po Hon era, M. Shepman,
E. A. Smith, H. Strebel und 0. Wohlberedt.
7. Insekten.
Auch im verflossenen Jahre konnte die Aufstellung einer
Insekten-Schausammlung noch nicht in Angriff genommen wer-
den, da für die nötigen Schränke keine genügenden Mittel zur
Verfügung stehen. Es konzentrierte sich daher die Arbeit der
Sektionäre auf die wissenschaftliche Sammlung. Der Sektionär
für Koleopteren Prof. von Hey den revidierte nnd ordnete in
der paläarktischen Abteilung die Dyticiden und Staphyliniden.
Das im vorigen Jahre von 0. Bamberg gekaufte Käfer-
material aus der Mongolei wurde vom Sektionär bearbeitet
(s. S. 48).
Unter den zahlreichen Geschenken sind einige Typen von
Prof. K. Heller-Dresden hervorzuheben, nämlich RJdnoscapha
dolosa Heller von Kaiser-Wilhelms-Land, Gymnopholus weiskei
Heller von Neuguinea und Mecopiis kühni Heller von den Key-
Inseln. Von Prof. von Heyden wurden fünf fehlende Staphy-
linidengattungen durch Tausch erworben; fünf weitere seltene
Staphjiiuiden konnten im Tausch mit Lehrer Luze in Wien er-
langt werden. Eine Anzahl unbenannter Staphylinen bestimmte
Dr. Beruhauer-Grüuburg in Oberösterreich.
In der Abteilung für Hymenopteren wurde durch den Sek-
tionär A. Weis das unbestimmte Material, in der Hauptsache
aus der Ausbeute Dr. Mertons von den Key-Inseln und den
Schenkungen des Freiherrn von Leonhardi bestehend, an
eine größere Anzahl von Spezialisten zur Bearbeitung übersandt.
Es übernahmen Dr. H. Friese- Schwerin die Bienen (neu Mega-
— 54 —
chile mertom), Kustos A. H a n d 1 i r s c h - Wien die Bembexarten,
Dr. E. Strand -Berlin Cerceris, Sphex und Sceliphron (neu
Sphex mertofd), Yicomte R. du Buys son- Paris die Falteu-
wespen (neu Belotiogaster leonhardii und Folistcs ineriojii)^
E. Frej'-Geßner-Genf die Scoliiden und Prof. 0. Schmiede-
knecht-Blankenburg i. Th. die Ichneumoniden.
Den interessantesten Zuwachs verdankt die Abteilung
Freiherrn M. von Leonhardi durch eine Reihe von Arten
(<? und $) der Gattung Thijnnus sowie durch eine Anzahl der
merkwürdigen Honigameisen {Camponotus iiiflatus Lubb.) aus
Australien.
Dr. P. Sack übergab aus unserer Dipterensammlung Prof.
T. Hermann-Erlangen die Asiliden zur Bestimmung und die
T3'pen dieser Gruppe von Wiedemann und Jaen nicke zur
Revision. Unter den Gescheuken ist eine größere Sammlung von
Fliegen aus Palästina und Ägj'pten durch A. Weis hervorzuheben.
Die übrigen Abteilungen unterstehen Dr. J. Guide. In
die Abteilung für Lepidopteren trat E. Müller als Mitarbeiter
ein. Er hat die Seraper sehe Schmetterlingssammlung von den
Philippinen, die wir als ganz hervorragendes Geschenk Geh.Koramer-
zienrat 0. Braunfels und Dr. P. Stern verdanken, revidiert und
die Ausbeute Dr. Mertous von den Key-Inseln in Präparation
genommen. Vom Sektionär wurde die Sammlung der exotischen
Hj'drocoriden in vier Kasten neu aufgestellt. Von dem Material
der Mertonreise bearbeitet Dr. R. Shelf or d -Oxford die Blattiden
und Dr. Fr. Werner-Wien die Mantiden. Aus unserer Lokal-
fauna verdient das Auftreten der Wasserwanze Aphelocheirus
aestivalis Fabr. in der Nidda bei Rödelheim uml das Vorkommen
der Klapperheuschrecke {Psophus stridulus L.) auf Sandstellen
bei Mitteldick (August bis Oktober) besondere Erwähnung.
Auch diese Abteilung verdankt Freiherrn M. von Leonhardi
eine reiche Sendung von Insekten aus Zentralaustralien. Käuflich
erworben wurde eine Anzahl Hemipteren von A. L. Montandon -
Bukarest, ferner 24 Arten von Hydrocoriden und 42 Arten von
Cicadiden von 0. Staudinger-Blasewitz-Dresden.
8. Krustazeen.
Durch die eifrige Mithilfe zahlreicher Naturfreunde konnte
für die sonst seltenen Branchipoden eine Reihe neuer Fundorte
— 55 —
in der Umgebung Frankfurts festgestellt werden. Durch die
Freundlichkeit von Prof. E. Vanh offen- Berlin erhielten wir
verschiedenes Material aus der Ausbeute der Gaußexpedition,
namentlich aus der Gruppe der Ostrakoden. Durch Kauf von
Dr. W. V er hoeff- Dresden gelangte eine weitere Serie von
Landisopoden. die zahlreiche Typen und Originale enthält, in
unseren Besitz.
9. Aracliuoideii und Myriopoden.
Das eingelaufene Spinnenmaterial übernahm wiederum
Dr. E. Strand- Berlin zur Bearbeitung. Freiherr M. vonLeon-
hardi schenkte mehrere Spinnen und Skorpione aus Zentral-
Australien und Südwestafrika. Zahlreiche Diplopoden und
Chilopoden wurden zur Ergänzung der früheren Erwerbungen
von Dr. W. Verhoef f-Dresden augekauft.
10. Würmer.
Durch Vermittelung von Dr. K. Priemel erhielten wir
eine seltene Distomeeuart {Gastrodiscus polymasios Leuckart)
aus dem Zebra, die für uns um so wertvoller ist, als in unseren
Abhandlungen Bd. XII Sonsinoi eine eingehende Arbeit über
diesen Wurm veröffentlicht hat. Durch Tausch mit dem zoo-
logischen Institut der Universität Graz gelangten wir in den
Besitz zahlreicher Schnittpräparate von Turbellarien.
11. Ecliiuodermeii.
Einige seltene Formen verdanken wir Prot. Vanh offen -
Berlin aus dem Material der Gauß- Expedition.
12. Coeleiiteraten.
Dr. H. M ertön schenkte eine große Anzahl von Quallen
für die Planktousammliing.
13. Protozoen.
Durch die Freundlichkeit von Prof. M. Flesch gelangten
wir in den Besitz einer Schnittserie von Miescherschen Schläuchen,
eines Parasiten aus der Halsmuskulatur des Schafes. Wegen
der Übernahme des zootoraischen Kurses konnte Frau Sond-
heim ihre Studien über Protozoen in afrikanischen Schlamm-
kulturen während des Sommers nur in beschränktem Maße fort-
setzen; doch hat sie dieselben jetzt wieder in vollem Umfang
aufgenommen.
— 56 —
14. Vergleichende Anatomie.
Das eingelaufene Material, vorwiegend aus dem Zoologischen
Garten und aus dem Schlachthof stammend, konnte wegen Über-
füllung der Schränke nur teilweise zu Schausammlungsobjekten
verarbeitet werden und wurde daher hauptsächlich der wissen-
schaftlichen Sammlung zugewiesen, wo es als Tausch-, Arbeits-
und Vergleichsmaterial von großem Wert ist.
In der Skelettsammlung hat E. Creizenach begonnen,
die Sctiädelsammlung neu zu ordnen und zu revidieren. Außer
mehieren kleineren Skeletten wurden das Skelett des Ehinozeros
und ein Pferdeskelett, Geschenk des Kommerzienrat R. de Neuf-
ville, präpariert.
15. Mikro.skopisclic Präparate.
Die Sammlung, besonders ihre histologische Abteilung, wurde
im veiflossenen Jahre wesentlich bereichert. Zahlreiche Schnitte
durch tierische Organe, nach verschiedenen Methoden konserviert
und gefärbt, bilden eine erfreuliche Grundlage zu einer Samm-
lung für Demonstrations- und Lehrzwecke, die wir der eifrigen
Tätigkeit unserer freiwilligen Mitarbeiter verdanken. Prof.
M. Flescli schenkte uns eine große Anzahl mikroskopischer
Präparate. Hiervon sind Originalbelege zu wissenschaftlichen
Publikationen sowie Schnittserieu durch früheste Entwickelungs-
stadien höherer Säugetiere besonders wertvoll.
II. Botanische Sammlung.
Die x4.rbeiten in der Schausammlung sind so weit fort-
geschritten, daß die Aufstellung in den meisten Schränken zu
Ende geführt werden konnte. Das Herbarium ist durch Sammeln
einheimischer Pflanzen, Tausch und Kauf wesentlich vermehrt
worden. Ebenso wurde die wissenschaftliche und Lehrsamm-
luug durch konserviertes Pflanzenmaterial, mikroskopische Prä-
parate und Abbildungen vergrößert. Allen Zweigen der Sammlung
ist auch die Reise zustatten gekommen, die Prof. Möbius mit
Unterstützung durch das A skenasy -Stipendium (siehe S. 76)
im März und April nach Algier und Tunis unternommen hat.
An den Arbeiten im Museum beteiligte sich regelmäßig
wie seit mehreren Jahren C. Koch als freiwilliger Mitarbeiter.
Zeitweilige Beihilfe leisteten W. Junormann und Fräulein
— 57 —
M. Frank. Mehrfach wurde die Hilfe der Sektionäre zur
Bestimmung von Pflanzen, Pflanzenkrankheiten und zu Gut-
achten über den Hausschwamm in Anspruch genommen. Dr.
M. Schenck in Siegen erhielt auf seinen Wunsch aus dem
Herbarium die Gramineengattuug Elymus zum Studium und
zur Revision.
Reichliches Pflanzenmaterial ging für die Schau- uud die
wissenschaftliche Sammlung von folgenden Personen und In-
stituten ein: cand. med. F. Altstadt, I. M. Andreae, Frl.
B. Bagge- St. Blasien, Botanisches Institut-Berlin, Botanisches
Institut-Hamburg, M. Challand, Prof. Dingler- AschaSen-
burg, C. Fle seh jr., Dr. Ch. H. Guide, Schulinspektor Hahne-
Hanau, Gg. Har tm ann-Niederhöchstadt, Prof. L. v. Hej-den,
Med. -Rat Hey 1- Darmstadt, W. Jungmann, Obergärtuer 0.
Kraus, C. Koch, Freiherr M. von L e o n h a r d i - Großkarben,
E. Merck- Darmstadt, R. Moll, Neid linger, Palmen-
garten, W. Paeckelmann-Elberfeld. E. Petsch-Manskopf ,
Dr. M. Plaut -Marburg, Sanitätsrat E. Roediger, Prof. H.
Schenck-Darmstadt, Dr. E. Wolf. Von den Geschenken
sind besonders hervorzuheben: eine große Sammlung von meist
tropischem Pflanzenmaterial, das, in Spiritus konserviert, sowohl
für die wissenschaftliche als auch für die Schausammlung wert-
voll ist (H. Hahne), größere Sammlungen von Farbstoffdroguen
(I. M. Andreae) und Gerbstoffdroguen (C. Koch), drei große
Palmenstämme von Aremja saccharifera, Livistona australis und
Phoenix farinifera (Palmengarten), merkwürdige Dornen von
Acacia- kvttn (H. Schenck).
Das Herbarium erhielt ein sehr wertvolles Geschenk in
Gestalt des außerordentlich reichhaltigen und besonders durch
Abnormitäten ausgezeichneten, aus 30 Faszikeln bestehenden
Herbariums von Gefäßkryptogameu des verstorbenen Herrn J.
Müller- Kn atz. Seiner Witt we, die uns nach dem Testament
des Entschlafenen diese Sammlung übergeben hat, sei der Dank,
den wir dem Stifter nicht mehr abstatten können, auch an
dieser Stelle ausgesprochen. Durch Kauf und Tausch erwarb
das Herbarium 50 — 60 Exemplare von Leonhardt-Nossen
und durch Tausch 50 Exemplare von Kaulfuß- Nürnberg.
Abbildungen von Pflanzen schenkten: B. Hai dy- Wies-
baden, J. Hetzel, W. Jungmann, C. Koch, Professor H.
— 58 —
Schenck- Darmstadt, H. S c h w a r z b e r g. Auch diesen C4ebei-n
sagen wir unseren besten Dank, namentlich Herrn J. Hetzel
für eine Sammlung von etwa 400 Tafeln kolorierter Pflanzen-
abbilduugen aus älteren Werken.
Für die Handbibliothek erhielten wir Beiträge durch:
F. Altschul, Botanisches Institut-Zürich, Chemische Fabrik-
Flörsheim, M. Dürer, Prof. L. von Heyden, Prof. M.
Möbius.J. Müller-Knatz, stud. ret. nat. F. Ra witsch er-
Freiburg i. B., Smithsonian Intitution- Washington, Buchhandlung
von 0. Weigel- Leipzig. Aus diesen Zuwendungen sei besonders
Strasburg er „Botanisches Praktikum", 2. Aufl. 1902 (große
Ausgabe), geschenkt durch F. Altschul und F. Ra witscher,
hervorgehoben.
III. Mineralogische und i)etrograi)hische Sammlmig.
In der Schausammlung wurden an den Schränken Schilder
mit Inhaltsangaben unter Glasplatten angebracht. Auch inner-
halb der einzelnen Glaspulte wurde jede Gruppe zur leichteren
Orientierung durch gedruckte Etiketten markiert. An den
Museumsarbeiten hat sich wie in früheren Jahren Berginspektor
K. Müller in dankenswerter Weise beteiligt.
Der spanischen Studienreise Dr. Drevermanns ver-
danken wir eine größere Anzahl von Mineralien und Gesteinen,
darunter 16 Handstücke von Zinnobersorten nebst einem großen
Zinuoberblock; stud. rer. nat. H.Ewald brachte einige Erze
von El Mola am Ebro mit, Prof. Mö bius Gips von Gabes in Tunis.
Als Schenker von Mineralien, Gesteinen und Metallen sind
dankend zu erwähnen: Frau M. Borgnis, Rechtsanwalt L.
Braunfels, F. Br es tel- Altenhein, Lehrer Burk, E. Creize-
nach, J. Fritz- Hanau, Schulinspektor Dr. Halme-Hanau,
Rektor Henze, Prof. F. Horns tein-Kassel, Prof. Lopriore-
Catania, Metallgesellschaft Frankfurt, Dr. H. von Metten-
heimer, Berginspektor K.Müller, E. Pet sch-Manskopf ,
Dipl.-Ing. P. Prior, Dr. R. Richter, San. -Rat E. Roediger,
Oberförster Roßmäßler, Prof. W. Seh auf.
Besonders wertvolle Schenkungen erhielten wir von C,
Ditter (Schaustücke von Achat, Gips, Zinkblende u. a.), Bank-
direktor A. von G winner- Berlin und Bezirksgeologen Dr.
H. Lotz- Berlin.
— 59 —
A. von G w i n D e r hat wiederum eine große Serie von
ausgezeichneten Stufen und einzelnen Mineralien für die Schau-
sammlung gestiftet: ein Riesenexemplar von Chalcedon mit
Wassereinschluß von Uruguay, angeblich Brasilien ; drei Dia-
manten von Deutsch-Süd Westafrika ; Quarz mit Gold von Bere-
sowsk; eine schöne Kollektion von 22 geschliffenen Edelsteinen,
darunter auch künstliche Rubine — diese Sammlung fand auf
einer sammtbeschlagenen Platte mit schwarzen Etiketten in
Golddruck im Mineraliensaal bei den Diamanten Aufstellung;
Smaragd auf Glimmerschiefer aus dem Ural ; eine herrliche
Gruppe von Kalkspat (R 3. |- R 3), Bleiglanz (doOdo.O), Kupfer-
kies (+£) und Dolomit, auf Dolomitgestein aufgewachsen, von
Jopliu in Missouri; eine große Mansfelder Gipsplatte mit einer
Menge von klaren Kristallen bedeckt (doP. doPdo. P. -P. |P:o ; z. T.
Zwillinge nach ^oPdo) ; Topas aus dem Nertschinsker Gebiet,
40: 7-1- : 5^ cm (doP. doP2. oP) ; Kalkuranit von Schwarzenberg ; eine
mächtige Granitplatte von Striegau, dicht mit Orthoklasen be-
setzt (M, T, P, x), die mit Strigovit und Epidotnädelchen be-
deckt sind; Epidot mit Asbest und Apatit von der Knappen-
wand; Pyrargyrit von Andreasberg in Höhlungen von Arsen-
kugeln (Pseudomorphosen von Arsenkies nach Arsen) ; Quarz
und Ziunwaldit, angeblich Phlogopit, von Zinnw^ald ; Wulfenit
von Bleiberg; Steinsalz aus Sizilien; eine Adulargruppe aus
den Alpen; Coelestin von Put in Bay, großer Kristall mit
Px». Pdo. xPxi. 3oP2.
Dr. H. Lotz erfreute die Gesellschaft mit einem 228 kg
schweren Eisenmeteoriteu von Gibeon in Südw^estafrika. Das
Geschenk ist um so mehr zu begrüßen, als wir überhaupt noch
keinen größeren ganzen Meteoriten besaßen, aber von den
Eisen von Gibeou, die wahrscheinlich zu demselben Fall wie
Mukerop gehören, vor drei Jahren eine schöne geätzte Platte
erworben hatten. Zum Vergleich wurde eine kleine Stelle des
Blocks angefeilt, poliert und geätzt.
Im September wurde uns durch die Zuweisung der großen
Sammlung des Senators F. J. Kessler (1806 bis 1889) ein
hochherziges Geschenk zuteil. Die Sammlung enthält mehrere
tausend Nummern, durchweg sorgfältig etikettiert und mit der
Seitenzahl der 11. Auflage von Naumann-Zirkels „Ele-
menten der Mineralogie" versehen. Eine gründliche Duichsicht
— 60 —
war dem Sektionär noch nicht möglich ; doch kann jetzt schon
mitgeteilt werden, daß in der Sammlnng zahlreiche, treffliche
Stücke vorhanden sind, besonders von alten, aufgelassenen
Gruben. Die besten Sachen sollen der Scliausammlung mit der
Etikette „Sammlung Senator Friedrich Jakob Kessler"
eingereiht, andere in der wissenschaftlichen Sammlung unter-
gebracht werden. Das übrige wird vorläufig in seinen Schränken
verbleiben und kann als Tauschmaterial, für Praktika etc. Ver-
wendung finden. Zu dieser Schenkung gehören auch 128 exakt
gearbeitete Kristallmodelle aus Holz oder parafiugetränktem
Gips, an denen die einfachen Formen bei Kombinationen oft
durch verschiedene Farben markiert sind.
Von den Erwerbungen durch Kauf mögen besonders zwei
Benitoite (BaTiSiaOe) genannt sein, für deren außergewöhn-
liche kristaliographische Bedeutung auf die Arbeit von Hla-
watsch im Zentralblatt für Mineralogie 1909 hinzuweisen ist.
Von Afadagaskar stammt ein wunderbar zonar aufgebauter
Turmalinquerschnitt (80 bis 100 mm) mit trigonalem rotem Kern
und zahlreichen hell- und dunkelgrünen Schichten ; das Pracht-
stück steht vor einem Spiegel im großen Schauschrank.
Prof. Klemm -Darmstadt stellte der Gesellschaft wieder
sechs sehr instruktive Gesteinsplatteu aus dem Odenwald gegen
Erstattung der Schleifkosten zur Verfügung. Durch Tausch
erhielten wir einige Mineralien von Prof. Yabe und Lehrer
H. Menge.
Die Sammlung mikroskopischer Gesteinspräparate wurde
um 80 Schliffe von Sedimenten und kristallinen Schiefern ver-
mehrt.
IV. Geologisch-paläoiitologische Sammluns;.
Auch im verflossenen Jahre wurde die Vervollständigung
und Verbesserung der Schausammlung in erster Linie ange-
strebt. Die ersten Erklärungstafeln, Zeichnungen und zahl-
reiche neue Etiketten geben hiervon Zeugnis. Nebenher ging
die Durcharbeitung der wissenschaftlichen Sammlung, die bei
einzelnen Abteilungen gut vorwärts schritt.
Es erhielten Sammlungsmaterial zur Bestimmung resp.
wissenschaftlichen Bearbeitung: Oberbergrat Prof. L. von
Amm on- München (Seeigel aus dem oberen Jura von Eich-
— 61 —
statt), Dr. K. A u d r e e - Karlsruhe {AH/iroplevra aus dem Carbou
von Saarbrücken), Prof. H. Engelhardt-Dresden (zahl-
reiche Flürslieimer Pflanzeu), stud. R. Ewald -Heidelberg
(Amnioniten aus der Trias Spaniens), Dr. C. Gaillard-
Lyon (oligozäne Vogelreste aus dem Quercy), Prof. A. de
Gros sou vre- Bourges (Limneen und Plauorben des Maiuzer
Beckens), cand. rer. nat. F. Haas -Heidelberg (Kouchylien
von Mosbach, Diluvium), Prof. W. Kilian-Greuoble (Tithon
von Cabra, Prov. Grauada), Prof. I. Lörenthey-Budapest
(sämtliche Krabben aus dem Rupelton von Flörsheim), Prof.
E. Philipp!- Jena (rätische Fossilien von Sumatra), Prof. M.
Schlosser- München (eiuzelne Knociien aus dem Fajüm). Dr.
F. Seh öüdorf -Hannover (Seesterne aus dem rheinischen Devon
und amerikanischen Carbon), Prof. E. Strom er- von Rei-
chen bach- München (die Krokodilreste und verkieselte Hölzer
aus dem Fajüm, sowie die Reste von Janassa aus dem Kupfer-
schiefer), Dr. A. Till -Wien (die Rhyncholithen der Strunz-
scheu Sammlung aus dem Muschelkalk von Bayreuth), Dr. A.
Smith Wood ward- London (fossiler Fisch ohne Fundortangabe).
Auf Wunsch von Prof. Sterzel- Chemnitz nahm Prof.
Kinkelin die Bestimmung der im dortigen Albert-Museum be-
findlichen Säugetierreste von Mosbach etc. vor.
Der Sektionär widmete sich ferner der Bearbeitung der
vom städtischen Tiefbauamt im Norden und Osten der Stadt
ausgeführten Grabungen, von denen namentlich die Anlage des
Osthafens wichtige geologische Aufschlüsse mit sich brachte.
Prof. Kinkelin gab auf Ersuchen des Tief bauamts geologische
Gutachten über die Schichtenfolge und über ein Brauukohlenflöz
im Cyrenenmergel des Osthafengeländes ab. Er hat außerdem
auf Anregung des Architekten- und Ingenieurvereins und mit
Unterstützung des Tiefbauamts zur Herstellung der begleitenden
Tafeln eine zum größten Teil auf eigenen 25jährigen Studien
fußende zusammenfassende Darstellung über den Untergrund
Frankfurts veröffentlicht.') In dieser Schrift spiegelt sich deut-
lich wieder, in welch hohem Maße der Verfasser von 1884 bis
heute in seinen geologischen Lokalstudien von den Beamten
des Tief bauamts, hoch und niedrig, unterstützt worden ist,
'j F. Kinkelin, „Vorgeschichte vom Untergrund und von der
Lebewelt des Frankfurter Stadtgebietes". Frankfurt a. M. (J. Rosenheim) 1909.
— 62 —
und welche Fülle von Material aus dem Untergrund des Frank-
furter Stadtgebietes unser Museum dem Tiefbauamt verdankt.
Folgende weitere Publikationen behandeln ganz oder teil-
weise Material aus dem Museum :
E. Da que und E. Krenkel: Jura und Kreide in Ost-
Afrika. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Beil. Bd. 28, H. 1,
S. 150—232. Stuttgart 1909.
E. Richter: Beiträge zur Kenntnis devonischer Trilobiten
aus dem Rheinischen Schiefergebirge. Vorbericht zu einer Mono-
graphie der Trilobiten der Eifel. Dissertation. Marburg 1909,
96 Seiten.
F. Schöndorf: Paläozoische Seesterne Deutschlands 1.
Die echten Ästenden der rheinischen Grauwacke. Palaeouto-
graphica, Bd. 56, S. 37-112, Taf. 7—11. Stuttgart 1909.
Derselbe: Die fossilen Seesterne Nassaus. Jahrbuch des
Nassauischen Vereins für Naturkunde, Bd. 62, S. 7 — 46, Taf.
2-5, Wiesbaden 1909.
Derselbe : Organisation und Aufbau der Armwirbel von
Onychaster, ebenda, S. 47 — 63, Taf. 6.
A. Till: Die fossilen Cephalopodengebisse. Jahrbuch der
k. k. geologischen Reichsanstalt, Bd. 58, 1908, Heft 4, S. 573—
608, Wien 1909.
Derselbe : Neues Material zur Ammonitenfauna des Kelloway
von Villany (Ungarn). Verhandlungen der k. k. geologischen
Reichsanstalt 1909, Nr. 8, S. 191.
Die reiche Vermehrung der geologisch-paläontologischen
Sammlung ist auf den Gemeiusiun folgender Persönlichkeiten
zurückzuführen : Ingenieur A. A s k e n a s y, Werkführer J. B a ch-
mann-Langenbochum, J. Bas quitt- Ofienbach, Kommer-
zienrat E. Beit, Berggewerkschaf tskasse - Bochum, Direktor
Bonhöte- Oberrosbach, Frau M. Borgnis, Architekt 0.
Bräutigam, Lehrer 0, Burk, E. Creizenach, Bauaufseher
Dobbert, Prof. L. E dinger, stud. R. Ewald -Heidelberg,
Dr. Foucar, K.Fischer, Geh. Kom. -Rat Dr. L. Gans, Lehrer
K. Geib- Kreuznach, Bankdirektor A. von G winner- Berlin,
cand. rer. uat. F. Haas -Heidelberg, Bürgermeister Hahn-
Waldböckelheim, Gh. Heister, Rektor A. Henze, Philipp
Holzmann & Co., Prof. F. Hornstein-Kassel, Apotheker
W. Huss- Schwäbisch Gmünd, Dr. A. Jassoy, W. Jungmann,
— 6H —
Erben von Senator Kessler, Prof. F. Kinkelin, A. Koch,
Direktor C. Köller-Sötenicli, Redakteur H. König- Heidelberg,
Direktor Körner, Bergreferendar Kredel-Bonn, P. Kuhn,
Baurat H. Lindley, Frl. F. Marx, Dr. H. Mer ton- Heidel-
berg, Dr. H. von Mettenheime r, Prof. M. Möbius, Berg-
inspektor K. Müller, Frl. M. Müller, Museum für Völker-
kunde, Frau A. Nassauer, Direktor Reis er t-Dettingen a. M.,
Dr. R. Richter, Prof. F. Richters, H. Roos, C. Rosen-
berg, Oberförster Roßmäß 1er- Eisenbach, Prof. M.Schlosser-
München, C. Schmitgen-Berncastel, Prof. Seh wer tschlager-
Eichstätt, Siegle sehe Güterverwaltung-Friedenfels, Verleger
E. Sp an del -Nürnberg, Ingenieur B.Spitzer, Dr. E. Stroof,
G. T a b b e r t , Städtisches Tief bauamt, Dr. K. T o r 1 e y - Iserlohn,
A. Trauner, Oberlehrer E. Vogel -Graudenz, Frau Baron
Gaston de Vinck- Chateau la Hooghe bei Ypres, Baron
Wo Iff- Bonn, F. Wünneman n-Bingen, Ingenieur A.Zimmer,
J. Zinn dor f- Offenbach.
1. Säugetiere und Vögel.
Im Lichthof wurden die frei montierten Skelette eines
Riesenhirschs und eines Höhlenbären aufgestellt. Der Zuwachs
durch Geschenke, Tausch und Kauf stammt aus dem Tertiär
von Süddeutschland, Südfrankreich und Samos, sowie aus dem
Diluvium von Nord- und Süddeutschland und Tirol. Besondere
Erwähnung verdienen die im Tausch erworbenen Extremitäten
von Hipparion gracile Kaup und eine große Anzahl Höhlen-
bärenknochen von ganz jugendlichen Individuen, ein Geschenk
von Prof. Schlosser- München.
2. Reptilien und Batrachier.
Das Skelett des Noihosaurus, das im vorigen Jahre von
0. Hauck-v. Metzler geschenkt worden ist, wird aus dem
Gestein frei präpariert, eine Arbeit, die den Präparator etwa
^li Jahr in Anspruch nehmen wird.
Die wertvollste Erwerbung des Jahres ist die St run z-
sche Sammlung von Saurierresten aus dem Muschelkalk von
Bayreuth, die Kommerzienrat E. Beit dem Museum geschenkt
hat. Sie enthält eine große Zahl von Schädelresten, Unter-
kiefern und anderen Skeletteilen von Nothosaurus, Ichthyo-
saurus, Plesiosaurus , Anomosaurus, Ta7iystrophaeus und vor
— 64 —
allem Placodus und C//amod/(s. Durch dieses glänzende Ge-
schenk rückt das Museum in die vorderste Reihe aller Samm-
lungen, was die Saurier der Vorzeit angeht, und wird speziell
in den seltenen Reptilien des Muschelkalkes von keiner Samm-
lung übertroffen. Ein Teil der wertvollsten Stücke war längere
Zeit in einer Sonderausstellung vereinigt.
Eine weitere großartige Schenkung von Sir J. Wernher-
London hat es der Gesellschaft ermöglicht, je ein freimontiertes
Skelett von Pelonensles, Steneosaurus und Metriorlnjnchns für
das Museum anzukaufen. Sie stammen von Peterborough wie
der schöne Opltlhalniosannis und Crtjptoclidus, die bereits im
Lichthof aufgestellt und der Freigebigkeit desselben Gönners
zu verdanken sind. Als Geschenk unseres korrespondierenden
Mitgliedes Prof. Horn stein -Kassel erhielten wir eine Platte
mit Tierfährten sowie mehrere Gipsabgüsse solcher Platten aus
dem Buntsandstein von Karlshafen.
3. Fische.
Die Neuerwerbungen stammen aus dem Perm der Saar-
gegend und von Richelsdorf, dem Juia von Süddeutschland und
England, der Kreide von Norddeutschland, Schlesien und Schweden
und dem Tertiär von Süddeutschland, Oberitalien und England.
Hervorzuheben sind drei schöne Fische aus dem Plattenkalk
von Eichstätt, ein Geschenk von Dr. H. Merton, und ein
großer Dapeditts aus dem schwarzen Jura Schwabens, den Bank-
direktor A. von G w i n n e r geschenkt hat.
4. Mollusken.
Fräulein ß. Turk ordnete wie im Vorjahre die alttertiären
Gastropoden; durch ihre fleißige Mitarbeit ist die Durchbestim-
mung und Katalogisierung dieser Gruppe am weitesten fortge-
schritten. Rektor A. Henze hat die Kreideversteiuerungen z.T.
neu geordnet und bestimmt; er wurde dabei von dem Schüler
H. Herxheimer unterstützt, der auch dem Sektionär beim
Einordnen der Kessl ersehen Sammlung behilflich war. Die
Neuerwerbungen stammen aus dem Silur Englands und Nurd-
deutschlands (erratisch), dem Devon des Rheinlands, von Böhmen
und Südfrankreich, dem Carbon von Westfalen, der Trias von
Süddeutschland, Tirol, Spanien und Japan, dem Jura von Nord-
und Süddeutschland, England und Frankreich, der Kreide von
— 65 —
Norddeutschland , Frankreich, Schweden, Algier, Syrien und
Nordamerika, dem Tertiär von Nord- und Süddeutschland, Nord-
uud Südfraukreich, Kleinasien und Ägypten, dem Diluvium von
England. Hervorzuheben sind mehrere prachtvolle, große Schau-
stücke für die Schrankaufsätze, eine lang ersehnte Erwerbung,
die Prof. L. E dinger ermöglicht hat, ein herrliches Cerithium
(jiganteum Lamarck, ein Geschenk von Bankdirektor A. von
Gwinuer, sowie einige große, noch unpräparierte fossilreiche
Platten, die von Werkführer J. Bachmann-Langenbochum
und Apotheker W. Huß-Schwäb. Gmünd geschenkt wurden.
Durch großen wissenschaftlichen Wert zeichnet sich die Suite
aus, die auf Veranlassung und Kosten von Dr. J. Stroof durch
stud. R. Ewald-Heidelberg in der Trias von Mora am Ebro
gesammelt wurde. Schließlich sei noch eine gute Serie paläo-
zäner Gastropoden erwähnt, die im Tausch erworben wurde.
5. Arthropoden.
Die Trilobiten-Sammlung befindet sich in schnellem Wachs-
tum dank der Rührigkeit Dr. R. Richters, der diese Gruppe
einer durchgreifenden Neubearbeitung unterzieht. Eine be-
sondere Zuwendung seitens der Gesellschaft ermöglichte die
Unterstützung seiner Bestrebungen durch den Ankauf zahl-
reicher Trilobiten. Der Zuwachs an Arthropoden stammt aus
dem Cambrium und Silur von Böhmen, Südfrankreich, England
und Nordamerika, sowie dem Erraticum Norddeutschlands, dem
Devon des Rheinlandes, von Böhmen und dem Bosporus, dem
Carbon der Saargegend und dem Jura von Süddeutschlaud.
Besondere Hervorhebung verdient ein vollständiges Pracht-
exemplar von Bronteus gramdatus Goldfuß aus dem Mitteldevon
von Iserlohn, ein Geschenk von Dr. K. Torley daselbst. Von
Dr. P. Sack wurden die Bernstein-Insekten geordnet.
6. Brachiopoden, einschl. Bryozoen und Würmer.
Der Zuwachs kommt aus dem Silur von England, dem
Devon des Rheinlands, von Böhmen und vom Bosporus, der
Trias von Süddeutschland und Tirol, dem Jura von Südfrankreich,
der Kreide von Schweden und Spanien, dem Tertiär von Nord-
deutschland und Südfrankreich. Hervorzuheben ist das Geschenk
von großen, schönen Platten für die Schausammlung durch E.
Creizenach und Prof. L. Edinger.
5
— 66 —
7. Ecliiuodermen.
Neu erworben wurden zahlreiche Stücke aus dem Silur
von Norddeutschlaud (Erraticum) und Südfrankreich, dem Devon
des Rheinlands, der Trias Deutschlands, dem Jura Nord- und
Süddeutschlands und Frankreichs, der Kreide von Norddeutsch-
land, Schlesien, Belgien, Frankreich, Spanien, England, Schweden
und Algier und dem Tertiär von Westfalen, Frankreich und
Ägypten. Durch hohen wissenschaftlichen Wert ragen hervor
ein prächtiger Ctenocrinus aus dem Devon von Oberstadtfeld,
ein Geschenk von A. H. Wendt, ein vorzüglicher Goniaster
aus der englischen Kreide, den E. Cr ei ze nach schenkte, so-
wie eine Platte mit zwei kleinen Seeigeln aus dem weißen Jura
von Eichstätt, die das Museum durch Dr. H. M ertön erhielt.
8. Coelenteraten.
Das neue Material stammt aus dem Cambrium Nord-
amerikas, dem Silur von Südfrankreich, dem Devon der Rhein-
lande und von Nordamerika, der Kreide Norddeutschlands und
dem Tertiär des Rheinlandes, von Frankreich und Kleinasien.
Besondere Erwähnung verdient die prachtvolle Platte mit 25
Dictyophyton nodosum Hall aus dem Oberdevon des Staates
New York, ein Geschenk von Prof L. E dinger.
9. Protozoen.
Es wurden im Tausch Foraminiferen und Radiolarien aus
verschiedenen Horizonten Japans und aus dem französischen
Tertiär erworben.
10. Pflanzen.
Als Geschenk erhielt das Museum fossile Pflanzen aus dem
Carbon von Böhmen, Westfalen und dem Saargebiet, aus der
Trias von Bayreuth und Tirol, aus dem Tertiär von Öningen
und Spitzbergen, sowie aus dem Diluvium und Alluvium vom
Rhein und aus der Pfalz. Hervorzuheben ist die hervorragende
Suite von Pflanzen aus dem Rät von Bayreuth, die mit der
Sammlung Strunz von Kom.-Rat E. Beit geschenkt wurde.
11. Lokalsammlung-.
Die Ankäufe und Aufsammlungen an den benachbarten
Fundorten wurden fortgesetzt und lieferten reichen Zuwachs
an Fauna und Flora. Dazu kamen als Geschenke Fossilien
— 67 —
aus deu linksrlieiiiisclien Meeressaiideu imd Cyreuenmergelii, aus
den Braunkohlen des Vogelsbergs und ganz besonders aus den
oberpliozäneu Sauden des Klärbeckens und anderer Orte. Hier
verdient das Entgegenkommen des städtischen Tiefbauamtes
und seiner Beamten, sowie die Mitarbeit von Ingenieur A.
Askenas}^ besondere Hervorhebung. Als wertvolle Geschenke
sind aufzuführen : zahlreiche Blattabdrücke aus dem Polier-
schiefer von Kettenbach von Oberförster Roßmäßler-Eisen-
bach, eine schöne Platte mit mehreren Pinna rngosa Lud-
wig von K. Fischer und zahlreiche Süßwasserkonchj^lien aus
dem Offenbacher Hafen von J. Z i n n d o r f daselbst.
Der Sektionär ordnete und bestimmte die Mosbacher
Säugetierfauna neu, die beim Umzug in Verwirrung geraten
war, ebenso die Fossilien aus dem Mainzer Becken, wobei Lehrer
L. Laut er bach ihn unterstützte. Er stellte weiter die von
Prof. Engelhar dt -Leipzig bearbeitete Flora des Hupeltons
von Flörsheim in der Schausammlung aus. Die Süßwasser-
konchylien aus dem Offenbacher Hafen wurden von Fräulein
B. Tüik frisch konserviert.
12. Allg'eiueiue Geologie.
Zahlreiche Geschenke von Gesteinsstücken gingen ein, die
besonders die Tätigkeit des fließenden Wassers und der Meeres-
brandung klar erkennen lassen.
13. Praktische Oeologie.
Diese Abteilung wurde neu begründet ; sie erhielt als erste
Geschenke geschliffene Gesteinsplatten und Proben der Bausteine
Frankfurts, als deren Geber die Sieglesche Güterverwaltung
in Friedenfels und Philipp Holz mann & Co. genannt seien.
Anschauungsmaterial (Bilder, Tafeln), sowie Bücher für die
Sektionsbibliothek wurden geschenkt von E. C reize nach,
K. Fischer, Frau Oh. Ist el- Paris, Lehrer Reich-Nerchau,
Prof. Schm eil- Heidelberg, Lehrer H. Schwarzberg, Prof.
Stromer -von Reichenbach- München und Dr. K. T o r 1 e y -
Iserlohn. Hervorgehoben sei eine Serie von über hundert Pho-
tographien von Lehrer H. Schwarzberg, die zur Illustrierung
der verschiedensten allgemein-geologischen Fragen dienen.
5*
— 68 —
Lehrtätigkeit im SoiiiiDerlialbjalir 1909.
I. Zoologie.
Eine vorübergehende Erkrankung Prof. Reich enb ach s,
der Tod Prof. Römers und die unvorhergesehene Teilnahme
Dr. Wolfs an einer Forschungsreise nach der Südsee haben
unmittelbar vor Beginn des Sommerhalbjahrs eine Änderung der
Dispositionen für die zoologischen Vorlesungen und Kurse not-
wendig gemacht. Dr. H. M er ton und Frau M. Sondheim
übernahmen die Abhaltung des zoologischen Praktikums, Ober-
lehrer Dr. P. Sack die Leitung der Exkursionen, während die
angekündigten Vorlesungen über „Bau und Leben der Insekten"
bedauerlicherweise ausfallen mußten.
Das zoologische Praktikum (zootomisch-raikroskopischer
Übungskurs) wurde Dienstags und Freitags von 4—6 Uhr im
großen Laboratorium abgehalten. An ihm nahmen 10 Lehrer
hiesiger Schulen, 2 Privatgelehrte und 7 Damen teil. In 28 Kursen
wurden unter Zugrundelegung des Küken thalscheu Leitfadens
sämtliche neun Stämme des Tierreichs durchgearbeitet. Nach
einleitenden Vorträgen erhielten die einzelnen Praktikanten Ver-
treter der wichtigsten Ordnungen in frischem und konserviertem
Zustand zugeteilt und wurden angeleitet, die Präparation des
Materials selbständig vorzunehmen. Die auf solche Weise ge-
wonnenen Kenntnisse des anatomischen Baues der Tiere wurden
ergänzt und vertieft durch die mit der makroskopischen Präpa-
ration Hand in Hand gehende mikroskopische Untersuchung
einzelner Gewebe und Organe (Haut, Darm, Geschlechtsdrüsen u. a.)
in selbstangefertigten frischen Präparaten und durch das Studium
mikroskopisch-histologischer Präparate aus der Sammlung des
Museums.
^ 69 --
Das im Kurs verwandte Material an Seetieren (Quallen,
Korallen, Seesterne, Seeigel. Tintenfische, Haie usw.) wurde
von den Zoologischen Stationen zu Triest und Rovigno bezogen,
mit denen die Gesellschaft im Tauschverkehr steht. Bei der
Beschaffung des übrigen Materials, soweit es nicht wie Blut-
egel, Krebse, Fische, Tauben u. a. käuflich zu erhalten ist oder
wie Insekten, Schnecken und Muscheln, Frösche und Eidechsen
auf Exkursionen gesammelt werden konnte, waren besonders der
Direktor des Zoologischen Gartens Dr. K. Priemel und Lehrer
H. Stridde behilflich.
Die zoologischen Exkursionen sollten die Teilnehmer
mit der Kleiutierwelt der nächsten Umgebung Frankfurts be-
kannt machen und ihnen praktische Anleitung zum Sammeln,
Konservieren und besonders zum Beobachten, selbständigen Be-
stimmen und Züchten der Tiere geben. Im ganzen wurden
10 Exkursionen unternommen, an die sich Besprechungen des
gesammelten Materials anschlössen. Die Zahl der Teilnehmer
betrug 15.
Die erste Exkursion (12. Mai) führte an den Luderbach.
Von der Königswiese aufwärts wurden der Bach selbst sowie
die benachbarten toten Arme und Tümpel abgesucht. Das
Wasser lieferte eine gute Ausbeute an Chironoraiden, Egeln,
(Aulastoma gulo, NepheUs vulgaris^ Clepsine sexocidata^ Piscicola)
und Culicidenlarven, darunter die sehr seltene Mochlonyx velutinus
Ruthe. In Baumstümpfen fanden sich zahlreiche Insekten-
larven, besonders Larven von Tipuliden. Am 26. Mai wurden
die Tümpel und Wasserläufe bei Seckbach durchsucht, wobei
eine große Anzahl Wasserschnecken und Muscheln (Pisidium
fossarimim, CahiciiUna laciistris) erbeutet und zahlreiche An-
siedelungen des Röhrenwurmes (Tubifex rividorum) beobachtet
wurden. Eine Exkursion nach dem Buchrainweiher am 9. Juli
lieferte eine reiche Ausbeute an Plankton, darunter zahlreiche
niedere Krebse (Daphnien, Ctjclops, Diaptomus, Gamnmrus),
außerdem die Eikapseln des Pferdeegels (Nejjhelis vulgaris].
Auf dem Ausflug nach Ginnheim am 16. Juli wurden außer
einem prächtigen, 54 cm langen, aber nur etwa 1 mm dicken
Exemplar des gemeinen Drahtwurmes (Wasserkalb, Gordius
aquaticus) die Larven, Puppen und Imagines zahlreicher Arten
^ 70 —
von Ziickfußmücken erbeutet, die in langsam fließenden oder
stehenden Gewässern als Fischflitter von großer wirtschaftlicher
Bedeutung sind. An der Grastränke fanden sich am 30. Juli
die Larven von fünf verschiedenen Waffenfliegen (Stratiomyiden).
Die Ausbeute an Insekten, deren Fang diese Exkursion besonders
galt, war infolge des windigen und kiihlen Wetters nur eine
geringe. Reiches Material an Kiefenfuß (Apus cancriformis)
lieferte eine Exkursion nach Bischofsheim am 11. August.
Während dieser merkwürdige Krebs im Freien nur wenige
Wochen lebend zu finden ist, gelang es einem der Kursteilnehmer,
in seinem Aquarium sechs von den bei dieser Exkursion ge-
fangenen Tieren ganz ungewöhnlich lauge (bis zum 30. November)
am Leben zu erhalten. Die beiden Exkursionen nach Nied am 18.
und 25. August galten dem Aufsuchen von Wasserkäfern, die sich in
zwei dicht an der Straße gelegeneu, leicht zugänglichen, größeren
Wasseransammlungen in Menge finden. Die Larven von Libellen
und Ephemeriden waren ein willkommenes Material für mikro-
skopische Untersuchungen. Bei einer Exkursion nach den Nied-
armen zwischen Rödelheim und Sossenheim am 1. September
zeigte die E^auna bereits einen herbstlichen Charakter; die Daph-
nien trugen schon Ephippien mit Dauereiern. Außerdem wurden
in den Niedarmen verschiedene Fische und Batrachier, in den
Wiesengräben Gcmimarns fhiviatilis in großer Zahl gesammelt.
Die letzte Exkursion wurde bei sonnigem Herbstwetter am
9, September nach Enkheim-Seckbach unternommen und galt
dem Insektenfang. Erfreulich war die Zahl der auf den Wald-
wiesen gesammelten Libellen, Hymenopteren uud Dipteren. In
den Wassertümpelu fanden sich zahlreiche Wasserkäfer {Dyticvs
margiiialis, Gyrinus usw.) und seltene Insektenlarven {Hexatoma
pellucens, Dicranota bimacuJata usw.).
Bei dem reichen Material aus den verschiedensten Giuppen
der wirbellosen Tiere, das gesammelt und besprochen wurde,
fanden die Teilnehmer, meist Lehrer und Lehrerinnen, vielfache
Anregung für den naturwissenschaftlichen Unterricht in ihren
Klassen.
II. Botanik.
Die V 0 r 1 e s u n g e n über Ernährungsphysiologie der Pflanzen
(Prof. M. Mo bins) wurden Dienstags und Freitags von 6—7
— 71 —
Uhr im kleinen Hörsaal abgehalten und von 45 Zuhörern und
Zuhörerinnen besucht. Gegenstand der 30 Vorträge war: Auf-
nahme und Verarbeitung der Kohlensäure aus der Luft unter
dem Eiufluß des Lichts bei grünen Pflanzen ; Aufnahme des
Stickstoffs und der übrigen Elemente durch die Wurzeln ; Auf-
nahme, Aufstieg und Verdunstung des Wassers; Stoffwechsel,
Bildung und Verbrauch der Reservestoö'e ; abweichende Eruäh-
rungsverhältnisse bei Humuspflanzen, Schmarotzern und soge-
nannten Insektivoren ; Atmung und Gährung. Die meisten
der besprochenen Erscheinungen wurden an Experimenten ge-
zeigt und der Vortrag durch Demonstration lebenden und toten
Pflanzenmaterials, mikroskopischer Präparate und dergleichen
unterstützt. Dabei wurde auch die wichtigste Literatur auf-
gelegt und besprochen.
Ungefähr alle 14 Tage wurden am Samstag nachmittag
botanische Exkursionen in die Umgebung Frankfurts
unternommen, um die Hörer der Vorlesung und andere Teil-
nehmer mit der hiesigen Flora und Vegetation näher bekannt
zu machen und sie mancherlei biologische Erscheinungen im
Freien beobachten zu lassen. Bei den meisten Exkursionen, zu
denen sich in der Regel 12 — 20 Teilnehmer eingefunden hatten,
wurde der Dozent durch den vortrefflichen Kenner der Frank-
furter Flora M. Dürer unterstützt.
Die erste Exkursion (8. Mai) führte von der Oberschwein-
stiege nach Oberrad und war auf die Frühlingsflora gerichtet;
eine zweite (22. Mai) galt dem Besuch des Vilbeler Waldes, wo
Bayiunculus lanuginosus u. a. reichlich gefunden wurde. Auf
einem Ausflug von Kelsterbach nach der Unterschweinstiege am
5. Juni konnten mannigfaltige Vegetationen beobachtet werden,
z. B. die Sandflora bei Kelsterbach, die Ufer- und Wassei-
pflanzen am Main, die Farne des Waldes, Dictanmus albus u. a
Die vierte Exkursion wurde am 29. Juni von Cronberg aus
nach Falkenstein und ins Reichenbachtal unternommen und
brachte eine sehr reiche Ausbeute an Pflanzen der Gebirgsflora.
Ein Ausflug am 7. August galt besonders dem Studium der Sumpf-
und Wasserpflanzen, wozu die Gegend bei Dornheim gute Ge-
legenheit bot. Zwei weitere Exkursionen lehrten die Sandflora
von Arheiligen-Wixhausen (21. August) und die Pflanzenwelt
— Tl —
des Mainufers auf dem Wege von Niederrad nach Schwanheim
(4. September) kenneu. Die letzte kleinere Exkursion am 18.
September war leider durch Regen gestört ; sie wurde in den
Frankfurter Stadtwald (bis Isenburg) unternommen, um Pilze
zu sammeln, die reichlich und aus den verschiedensten Familien
des Systems gefunden wurden.
Das botanisch-mikroskopische Praktikum war
im letzten Sommer nur für Geübtere bestimmt, im besonderen
für solche, die an dem Kursus für Anfänger schon früher teil-
genommen hatten. Es sollte zur Einführung in das Studium
der Kr^'ptogamenkunde dienen. Zu diesem Zweck wurde das
teils von dem Leiter des Kurses gesammelte, teils aus dem
Botanischen und Palmeiigarten beschaffte Material mikroskopisch
untersucht unter kurzgefaßten Erläuterungen und Demonstrationen
an Wandtafeln und Zeichnungen. Jeder Kursteilnehmer stellte
sich seine Schnitte selbst her und konnte sich bei deren Auf-
bewahrung eine Sammlung sonst schwierig zu erlangender Ob-
jekte anlegen. Das Praktikum wurde Mittwochs von 3— 6 Uhr
im großen Laboratorium abgehalten ; die Zahl der Teilnehmer,
meistens Lehrer, betrug 10. In 17 Kursen wurden zunächst
die Fortpflanzungsorgane der Angiospermen (Hirtentäschel ,
Capsella hursa paston's) und Gymnospermen (Kiefer, f^inffs) unter-
sucht; hierauf folgten die Gefäßkryptogamen i^Lycopodium, Sela-
ginella, Isoetes, Equiseium^ Farne, Pilularia^ Salvinia^ Axolld),
die Moose {Sphagmim, verschiedene Laub- und Lebermoose,
besonders Marchantia), Algen (Rot- und Brauntange, einzelne
Grünalgen), Pilze (verschiedene Asco-, Basidio- und Phycomyceten)
und Flechten.
Außerdem wurden auf Wunsch des Vorstandes der Frauen-
sclmle Montags von 8-4 Uhr im kleinen Hörsaal für einige
Kindergärtnerinnen und Schülerinnen des Instituts Steimer Vor-
träge über „Pflanzenbiologie" gehalten, in denen an der
Hand von Experimenten und anderen Demonstrationen die
Grundbegriffe der Ernährung und des Wachstums der Pflanzen
erklärt wurden.
III. 31iiieraloi^ie.
Die petrographischen Vorlesungen (Prof. W. Schauf)
behandelten die wichtigsten Gesteinsarten und deren Entstehung.
— 73 —
Sie wurden Mittwochs von 6 — 7 Uhr im kleineu Hörsaal ab-
gehalten und waren recht gut besucht. Nachdem im voraus-
gegangenen Winter in einem allgemeinen Teil die vulkanischen
Erscheinungen, gesteinsbildenden Mineralien und deren optische
Eigenschaften, die Natur der Tiefen- und Ergußgesteine, sowie
die Ursache dieser Faziesbildung, die Kontaktmetamorphose u. a.
besprochen worden waren, beschäftigten sich die Sommervor-
lesungen vorwiegend mit der Systematik der Eruptivtypen,
während den kristallinen Schiefern und Sedimenten nur wenige
Stunden gewidmet werden konnten. Auch hier wurden die
genetischen Prozesse, magmatische Differentiation, Schlieren-
bildung, Pneumatolyse usw. in den Vordergrund gestellt und
nur die Haupttypen der Eruptivmassen eingehend charakterisiert.
Die Übereinstimmung der ältereu und jüngeren Ergußgesteine
wurde stets betont; von „Ganggesteinen" wurden nur wohl charak-
terisierte Typen erwähnt. Taunus, Spessart und Odenwald
dienten, wenn irgend möglich, als Ausgangspunkte für die Ge-
steinsstudien. Die Verwendung zu Bau- und ornamentalen
Zwecken fand gebührende Beachtung.
10 — 15 Mikroskope standen für jede Vorlesung zur Ver-
fügung. Zur Demonstration des geologischen Auftretens und
der Absonderuügserscheinungen diente eine große Zahl schema-
tischer Zeichnungen.
IV. Geologie und Paläontologie.
Die Vorlesungen Dr. F. Drevermanus über den Taunus
und sein Vorland (Donnerstags von 7 — 8 Uhr im kleinen Hör-
saal) waren im wesentlichen erläuternde Begleitworte zu den
von dem Dozenten veranstalteten Exkursionen und dienten
dazu, die vorausgegangene Wintervorlesung zu ergänzen und
zu vertiefen.
Die Exkursionen, sieben au der Zahl, wurden in dei'
Regel an Sonntagen unternommen. Am 9. Mai wurde vor-
mittags der große Dy ckerh of f sehe Steinbruch am Heßler bei
Wiesbaden besucht (reiche Fundorte im Hydrobienkalk und den
«larüber liegenden Mosbacher Sauden). Am Nachmittag zeigten
die Steinbrüche bei Sounenberg mit ihren steil aufgerichteten,
gefalteten und von quarzgefüllten Rissen durchschwärmten Se-
ricitgneisen deutlich den Gegensatz zwischen diesen Taunus-
— 74 —
gesteinen und den flach gelagerten Schichten des Vorlandes.
Ein Ausflug am Samstag den 15. Mai fiihite in die Rupeltou-
ginbe bei Flörsheim (Absatz aus tieferem Meer: Besprechung
der eigenartigen Fauna und Flora) und in den Kalkbruch am
Wege nach Hochheim. In den geschichteten Cerithienkalkeu
wie auch in den stockförmig aufragenden Algenkalken dieses
Bruches konnte eine Fülle von Brackwasser- und einge-
schwemmten Landkonchylien gesammelt werden. Am 18. Juni
wurde von Butzbach aus eine Exkursion nach Oppershofen, wo
eine versteinerungsführende Scholle des ünterdevous aus der
tertiären und diluvialen Decke herausragt, und nach Münzenberg
zum Studium der dortigen „Blätterquarzite" unternommen. An
beiden Punkten ist trotz Regens und Sturms mit gutem Erfolg
gesammelt worden. Um auch die vulkanischen Gesteine der
Nachbarschaft zu erläutern, führte Prof. Seh auf am 20. Juni
zahlreiche Teilnehmer in die Basaltbrüche von Steinheim bei
Hanau und besprach an Ort und Stelle das Auftreten und die
Erscheinungsweise des Basalts und des Halbopals. Am Samstag
den 26. Juni ging es zu einer zweitägigen Exkursion mit der
Bahn nach Niederselters, von dort zu Fuß nach Vilmar, wo am
Wege steil aufgerichtete Devonschichten und Diabase angesehen
wurden. In Vilmar selbst fand eine eingehende Besichtigung
des großen Marmorwerks statt, in dem mächtige Blöcke uralten
RiSkalkes aus den Felsen herausgesägt und als „Marmor" ver-
arbeitet werden. Am Nachmittag führte der Weg von Station
Friedrichsegen nach der Grube hinauf, wo Direktor Leuschner
die Teilnehmer willkommen hieß und in den gastlichen Räumen
des Kasinos bewirtete. Ein Vortrag von Direktor Glocke-
meier erläuterte die zahlreichen ausgestellten Gangstufen und
ihr Auftreten. Nachdem in Braubach übernachtet worden war,
wurde am nächsten (Sonntag-) Vormittag zuerst ein benach-
barter Fundort im Unterdevon mit gutem Erfolg besucht und
nachmittags die Höhe von Bornig unweit St. Goarshausen er-
stiegen. Der weite Blick, den diese Höhe über die Terrassen
des Rheintals bietet, zeigt deutlich, wie der Rhein sich allmäh-
lich und mit langen Pausen das enge Bett gegraben hat, in
dem er heute tief zu den Füßen der Lorelej' dahinfließt. Mit
einer fröhlichen Dampferfahrt nach Bingen schloß diese Ex-
kursion ab.
— 75 —
Am 15. August wurde die in der Geologie berühmte Gegend
von Alzey aufgesucht. Unter Fiihrung des Lehrers Th. Crecelius
aus Lonsheim wurden die verschiedenen Aufschlüsse besichtigt
und Versteinerungen in Hülle und Fülle gesammelt. Besonders
interessant waren die Stellen, an denen der Meeressand mit
mächtigen Blöcken untermischt ist, welche die Brandungswoge
vom Uferfelsen abgerissen hat. Hier bieten Austern und andere
Küstentiere ein Bild dar, als ob das Meer eben erst den Platz
verlassen hätte. Am Samstag den 4. September wurde noch
ein kleinerer Spaziergang nach dem Gelände des neuen Ost-
hafens unternommen, wo die gewaltigen Ausschachtungen den
tertiären Untergrund (Cyrenenmergel) und die darüberliegenden
Mainschotter mit einer ganzen Musterkarte von Gesteinen der
durchflossenen Gegenden zeigen. Im Anschluß an diese Be-
sichtigung erläuterte Direktorial-Assistent Dr. S. We Ick er vom
städtischen historischen Museum in eingehender Weise die
reichen neolithischen Funde von Wohngruben und anderen
Zeichen der frühen Anwesenheit des Menschen in der Frank-
furter Gegend.
Die Vorlesungen waren von 69 Hörern und Hörerinnen
besucht; bei den Exkursionen schwankte die Zahl dei- Teil-
nehmer zwischen 20 und 40.
— 76 —
Eine botanische Exkursion nacli Algier
und Tunis.
Mit 8 Abbildungen
von
Martin Möbius.
Wenn man vom westlichen Deutschland aus nach Osten
reist, so kann man bis an die Ostküste Sibiriens kommen, ohne
daß sich die Vegetation wesentlich verändert : der Wechsel von
Laub- und Nadelwäldern mit Wiesen wird uns bis dorthin be-
gleiten, und in den vorkommenden Arten der Pflanzen wird
sich nur eine ganz allmähliche Veränderung zeigen. Wenn wir
aber unsere Reise von demselben Ausgangspunkt nach Süden
richten, so können wir in drei Tagen ebensoviele deutlich von-
einander unterschiedene Vegetationszonen kenneu lernen. Wir
gelangen nämlich in einem Tage aus dem nördlichen Waldgebiet
in das Mittelmeergebiet ; wir fahren am zweiten Tage über das
Mittelmeer und treffen an Afrikas Nordküste zwar noch sehr
ähnliche Verhältnisse wie an der Südküste Europas an ; aber
ein dritter Tag bringt uns über das Atlasgebirge an den Nord-
rand der Wüste Sahara, in eine wesentlich neue Vegetations-
zone. Von diesem Ge.sichtspunkt aus hatte ich schou längst die
Absicht, eine solche botanische Exkursion zu unternehmen, die
nun im Frühjahr 1909 zur Ausführung kam. Wenn ich meine
Reise nach Algier und Tunis, die sechs Wochen in Anspruch
nahm, auch nur als einen flüchtigen Besuch dieser Länder be-
zeichnen kann, so möchte ich doch versuchen, die gewonnenen
— 77 —
Eindrücke in Kürze hier wiederzugeben ohne Ansprach darauf,
etwas wesentlich Neues zu bringen.^)
In diesem Jahre dauerte in Deutschland der Winter
noch den ganzen März hindurch. Wir fuhren am 10. dieses
Monats von Frankfurt ab und fanden bis Lyon noch viel Schnee
auch in den unteren Regionen liegen; von frischem Grün sahen
wir bei dieser Stadt die ersten Spuren. Südliche Vegetation
mit den immergrünen Eichen, Oliven, Eukalyptusbäumen usw.
tat sich zuerst bei Arles auf, das wir wegen der interessanten
Reste aus dem römischen Altertum nicht unbesucht lassen
wollten. Vor Marseille hat man sogar schon den Vorgeschmack
des Steppen- und Wüstencharakters der Vegetation, wenn der
Zug durch die steinige, mit einzelnen Sträuchern und Gräsern
bewachsene Ebene der sogenannten Crau^) fährt. Abe;- südliche
Wärme war auch hier noch nicht zu finden : in Marseille waren, damit
die Menschen ihr Bedürfnis, im Freien zu sitzen, befriedigen
konnten, vor einigen Cafes auf der Straße Ofen neben den
Tischen aufgestellt. Hier schifften wir uns am Mittag des
14. März auf einem französischen Dampfer ein und erreichten
nach einer Fahrt von 27 Stunden, die im Golfe du Lyon durch
Kälte, Wind und Regen recht unangenehm wurde, die Stadt
Algier. Die herrliche Lage dieser Stadt ist beiühmt, und in
seinem arabischen Teil bietet Algier dem Europäer viel Inter-
essantes; aber in rein botanischer Hinsicht findet der nicht viel
Neues hier, der die Riviera kennt, da ja die nördlichen und
südlichen Küsten des westlichen Mittelmeers in der Vegetation
einander sehr ähnlich sind. Ich erwähne deshalb von unserem
Aufenthalt in Algier nur den Besuch des wundervollen botanischen
^) Zur Ausführung der Reise erhielt ich von der Senckenbergischen
Naturforschenden Gesellschaft das im Jahre 1908 zum ersten Mal erteilte
Askenasy-Stipendium, das von den Hinterbliebenen des im Jahre 1903 ver-
storbenen a. 0. Professors der Botanik zu Heidelberg Eugen Askenasy
zur Förderung botanischer Untersuchungen und Reisen gestiftet worden ist.
Ich ergreife gern die Gelegenheit, sowohl denen, die das Stipendium gestiftet,
als auch denen, die es zu vergeben haben, an dieser Stelle meinen verbind-
lichsten Dank auszusprechen.
*) Eine gute Beschreibung der Grau findet man in dem Buche von
Charles Martins „Von Spitzbergen zur Sahara" (deutsche Ausgabe, Jena
1868. 2. Bd., S. 135). Nach Martins stammt das Wort Crau von dem kel-
tischen „crai", das Stein bedeutet,
- 78 —
Gartens in der Vorstadt Mustapha infeiieur, da mau außerhall)
der Tropen schwerlich etwas Ähnliches finden wird. Vor mehr als
60 Jahren wurde er als Versuchsgarten für die Kultur tropischer
und anderer Pflanzen angelegt und soll in Zukunft mehr zu
einem Park eingerichtet werden. Näher beschreiben will ich
ihn nicht, weil dies bereits von verschiedener Seite, aber mit
dem gleichen Ausdruck der Bewunderung geschehen ist.') Man
findet dort Plätze, die den Besucher geradezu in die Tropen
versetzen : so üppig und mannigfaltig entwickelt sich hier die
Vegetation. Da stehen mächtige Palmen verschiedener Art.
gewaltige Bäume von Ficus, Ceiba u. a. Bombaceen, mit Lianen
behangen und noch Raum lassend für einen reichen Pflanzen-
wuchs auf dem Boden. Den größten Eindruck macht eine Allee
von Ficus maciopJnjlla: die kurzen dicken Stämme sind von
mächtigen, stammartigen Luftwurzeln und oberflächlichen starken
Bodenwurzelu derart umgeben, daß die Basis eines jeden Baumes
den Raum eines Zimmers einnimmt. Man braucht mehrere
Stunden, um den Garten einigermaßen kenneu zu lernen. Sonst
haben wir nicht viel von der näheren Umgebuug Algiers ge-
sehen; es war auch hier kühl und regnerisch, und deshalb
w^ollten wir möglichst bald den Süden erreichen.
Man kann zwar von Algier aus in 17 — 18 Stunden mit
der Bahn bis nach Biskra kommen ; wir zogen aber den Umweg
über Bougie und Setif vor, um die berühmte Todesschlucht,
Chabet-el-Akhra, zu besuchen. Die Bahn führte uns zunächst
an dem Nordrand des kleinen Atlas hin und ließ uns im Hinter-
grunde die schneebedeckten Gipfel des Djurdjura sehen. Dann
durchfuhren wir das Gebirge selbst und wandten uns wieder
nördlich zur Küste. In den ebenen Teilen ist das Land gut
bebaut und trägt Getreidefelder, Gemüse- und Obstgärten.
Das noch niedrige, grüne Getreide besteht wohl meistens aus
Weizen und zwar wird hier besonders der Hartweizen, Iriti-
cum duriun, gebaut. Die Reben, auf großen Feldern gezogen,
waren noch ganz blattlos, Artischocken und Buffbohnen dagegen
waren schon ziemlich weit entwickelt. Oft sind die Felder von
Hecken stachliclier Opuntien umgeben ; diese und Agaven werden
aber auch selbst felderweise kultiviert. Von Bäumen seien er-
') Bei Martins 1. c. S. 221 und bei Kobelt „Keiseerinnerungen aus
Algerlen und Tunis" (Frankfurt a. M. 1885, S. 27).
- 79 • —
wähnt Orangen und Zitronen und die gerade in Blüte stehenden
Mandeln. Besonders au den Stationen finden sich Eukalyp-
tusbäume angepflanzt, deren hohe Stämme gutes Material für
die Telegraphenstangen liefern. Auch als Chausseebäume werden
manche Eukalypten verwendet und als Stecklinge gepflanzt.
Deshalb sieht mau viele ihrer Zweige beraubte Stämme, die
aber wie Kopfweiden wieder ausschlagen und dann mehr die
Form von Pyramidenpappeln annehmen.^) In höheren Lagen
sind an den Stationen die Eukalypten gewöhnlich durch Strand-
kiefern ersetzt; Piuus maritima ist ein schöner Baum, der eine
viel dichtere Krone als unsere Waldkiefer hat. Das gebirgige,
nicht bebaute Land ist teils mit der als Maquis bezeichneten
Buschvegetation bekleidet, teils trägt es den Charakter der
Steppe, in der die schönen, weiß blühenden und ganze Beete
bildenden Büsche des Asphodelus albus und die hohen Stauden
der Umbellifere Ferula communis mit feiuzerschlitzten Blättern
und gelben Blütendolden die Blicke auf sich ziehen. Merk-
würdig war eine Steppe, die als Hauptpflanze die Zwergpalme,
Chamaerops humilis, trug; die nur etwa V2 — 1 Meter hohen
Büsche waren in unregelmäßigen Abständen über den Boden
verstreut, der das nackte Gestein, aber auch zahlreiche blühende
Frühliugskräuter zeigte. Doch wollen wir nicht weiter auf
Einzelheiten eingehen und zur Schilderung unserer Reise zurück-
kehren.^)
Nachdem wir Algier frühmorgens verlassen hatten, kamen
wir Nachmittags in Bougie an, das an einer Bucht des Meeres
höchst anmutig gelegen ist, so daß man sich an das Ufer eines
Schweizer Sees versetzt wähnt. Leider war unser Aufenthalt
^) Im Jahre 1861 wurde zuerst Eiiralyptus globulus aus Austra-
lien in Algier eingeführt, wo der Baum so günstige Existenzbedingungen
fand, daß er jetzt wie die aus Amerika stammenden Agaven und Opuntien
zu den dauernden Bestandteilen der Flora zu rechnen ist. Außer der
genannten Art und besonders noch E. rostrata werden zahlreiche Arten
und aus diesen gezogene Hj-briden kultiviert, worüber man Näheres findet
in: Battandier et Trabut, „L'Algerie" (Paris, 1898), einem Buche, das
den Besuchern von Algier sehr zu empfehlen ist.
'^) Zum Bestimmen der wildwachsenden Pflanzen besitzen wir ein sehr
gutes, kleines Buch, leider ohne Abbildungen, in: Battandier er. Tra-
but, „Flore analytique et synoptique de TAlgerie et de la Tunisie" (Alger,
1902, 8«, 460 S.j
- -80 —
liier nur kurz, denn am nächsten Morgen um vier Uhr ging die
Post ab, die uns nach Setif bringen sollte. Fast drei Stunden
führt zunächst der Weg am Ufer des Meeres hin ; dann biegt
er in das Gebirge ein, dessen Wald hauptsächlich von Kork-
eichen (Qiierciis suber) gebildet wird, mit Baumheide als Unter-
holz. Wo von jenen Bäumen die alte Rinde am unteren Teil
des Stammes zur Korkgewinnuug entfernt ist, da erscheint die
neu sich bildeude Rinde mit rotbrauner Farbe und macht auf
diese Weise den Baum leicht kenntlich. Die Heide, Erica ar-
borea, prangte bereits im Schmuck ihrer weißen, rötlich ange-
hauchten Blüten. An den Wegen fanden sich viele Caruben
oder Johannisbrotbäume (Ceratonia siliqiia)^ die bereits im Ab-
blühen begriffen waren. Häufig war auch der Weg mit Judas-
bäumen eingefaßt, die noch unbelaubt aber dicht mit ihren
braunroten Hülsenfrüchten behängen waren. Eukalypten, Ca-
suarinen und echte Akazien mit duftenden, gelben Blütenrispen
fanden sich ebenfalls reichlich angepflanzt. Oleander begleiten
die Bachränder, wie es bei uns die Weiden tun ; sparrige Giuster-
arten dagegen sind häufig an trockenen, steinigen Stellen des
Weges. Dieser wird nun immer mehr durch steile Berge ein-
geengt und führt in die 7 km lange, großartige Todesschlucht,
deren felsige Abhänge bis 1800 m aufsteigen. Die Fahrstraße
ist erst durch die Franzosen in sechsjähriger Arbeit (1864 — 1870)
angelegt worden, um Bougie auf kürzerem Wege mit Setif zu
verbinden. Der Verkehr der Einheimischen scheint zwar nicht
sehr lebhaft zu sein ; aber auch in dieser Wildnis begegneten
wir mehreren Automobilen, mit denen Touristen diese Sehens-
würdigkeit besuchten. Gegen Mittag gelangten wir an das
Ende der Schlucht und erreichten das hoch und frei gelegene
Kerrata, wo wir rasteten und eiu vorzügliches Dejeuner ge-
nossen. Doch ging es von hier aus immer weiter hinauf :
die Vegetation wurde immer ärmer an Baumwuchs, schließlich
blieben nur noch kaum grüne Getreidefelder übrig. Da nun
auch statt der südlichen Bäume Pyramidenpappeln und Kopf-
weiden auftraten, so konnte man glauben, durch eine deutsche.
winterliche Hügellandschaft zu fahren, ein Eindruck, der durch
den kalten Regen noch verstärkt und nur durcii die ärmlichen
Kabylendörfer, die hie und da passiert wurden, gestört wurde.
Um sechs Uhr kamen wir bei Dunkelheit in Setif an. Dieser
— 81 —
über 1000 m hoch liegende Ort mit über 15 000 Einwohnern
ist die höchstgelegene Stadt Algeriens und darum im Winter
sehr kalt. Wir waren aucli jetzt , am 20. März , recht froh,
daß ein Feuer im Kamin brannte, als wir im Hotel unser Diner
einnahmen, und waren nicht minder froh, als wir am nächsten
Vormittag diesen trostlosen Ort verlassen konnten. Die Gegend,
durch die uns nun wieder die Eisenbahn führte, behielt noch
lange denselben dürren und winterlichen Charakter wie vor
Setif; später nahm sie den einer richtigen Steppe an, deren
Boden getrennte, niedrige Pflanzen trägt. Auf dieser Steppe
ziehen die Araber mit ihren aus Kindern, Eseln, Ziegen und
Schafen gemischten, kleineren oder größeren Herden umher.
Ihre Wohnungen bestehen aus elenden Lehmhütten, die auch
zu kleinen Ansiedelungen vereinigt sind, oder aus Zelten. Mit
Freude und Interesse erblickten wir die ersten Kamele, als wir
weiter nach Süden gekommen waren. Es begann schon zu
dunkeln, da wir an den von Wasservögeln belebten großen
Seen, dem Schott Tinsilt rechts und dem Schott Mzuri links,
vorbeikamen, aber die Salzkrusten, die an ihren Ufern ausge-
schieden waren, glänzten hell und ließen sie als echte Schotts,
d. h. Salzseen, die im Sommer stark austrocknen, erkennen.
Von Batna und dem berühmten Eingang in die Wüste bei El
Kantara sahen wir leider jetzt nichts mehr. Um zehn Uhr er-
reichten wir Biskra und fanden hier im Hotel du Sahara ein
gutes Unterkommen.
Dieses Hotel ist nach orientalischer Sitte so gebaut, daß
es einen viereckigen Hofraum umschließt, von dem aus man
direkt die in ebener Erde gelegenen Zimmer betritt, während
im oberen Stockwerk eine ringsumlaufende Galerie zu den ein-
zelnen Zimmern führt. In dem Hofe stehen einige Palmen und
Obstbäume, und die Mitte nimmt eine Laube ein, deren Dach
während unseres Aufenthaltes ganz von den dunkelroten Blüten
der Bougainvillea bedeckt war, einer Kletterpflanze, die man
schon von der Riviera an vielfach als prächtigen Schmuck an
Mauern und Häusern findet. Vor dem Hotel, durch die nach
dem Bahnhof führende Straße getrennt, dehnt sich der kleine
Stadtpark aus mit Caruben, Feigenbäumen und andern hohen
Bäumen, unter denen die Sträucher einer Justitia mit weiß-
violetten Blütensträußen und der Acacia farnesia^ia mit ihren
6
— 82 -
süß duftenden, gelben Blüten prangen. Hinter dem Park liegt
das Fort St. Gerinaiue, eine große Kaserne, während sich nach
der andern Seite die europäische Stadt mit ihren vornehmen
Hotels und dem schönen Rathaus erstreckt ; nach Süden zu geht
sie unmittelbar in das arabische Quartier über. Etwas abseits
liegt im Süden Altbiskra, ein aus Lehmhütten bestehendes, zum
Teil von Negern bewohntes Dorf. Einen weit größeren Raum
als die Stadt selbst nimmt die sich südlich direkt anschließende
Oase mit ihren Palmengärten ein, die etwa 140000 Dattel-
palmen enthalten sollen. Rings um die Oase Biskra aber er-
streckt sich die Wüste, nach Norden zu in einem weiten Halb-
kreis von kahlen, rötlich schimmernden Bergen eingefaßt, nach
Süden zu sich ins Unermessene ausdehnend. Acht Tage ver-
w^andten wir darauf, diese so fremdartige Gegend kennen zu
lernen. Das Wetter begünstigte unseren Aufenthalt in wünschens-
wertester Weise ; denn wir hatten fast beständigen Sonnen-
schein ohne Hitze, die schon im April anfangen kann, recht
lästig zu werden ; vielmehr war es meistens morgens und abends
so kühl, daß man nicht ohne Mantel im Freien sitzen konnte.
Etwas Schöneres und Lieblicheres als den Palmenwald
einer großen Oase (Fig. 1) kann man kaum sehen, und dieser Ein-
druck wird noch durch den Gegensatz verstärkt, in dem diese
Fülle der Vegetation zu der umgebenden Wüste steht. Be-
kanntlich ist die Existenz einer Oase an die Gegenwart von
W^asser gebunden, und hier ist es ein kleiner Fluß, der Oued
Biskra, der vom nördlichen Gebirge kommend und im Schott
Melrir endend, Wasser genug liefert, um die Gärten und die
einzelnen Bäume damit zu versorgen. Die Oase besteht nämlich aus
vielen einzelnen, durch Lehmmauern getrennten Gärten, zwischen
denen breitere und schmälere Wege hindurchführen, beschattet
von den herüberragenden Blattkronen der gewaltigen Palmen.
Die Dattelpalme, Phoenix dactijlifera^ ist der eigentliche
Baum der Wüste und wird seit den urältesten Zeiten kultiviert,
so daß man nichts Genaueres über ihre Herkunft weiß. Um die
Früchte zu reifen, erfordert sie im Sommer Temperaturen bis
zu 45 — 48"; aber außer der Sommerhitze bedarf sie auch ge-
nügender Bewässerung, so daß, wie ein bekanntes arabisches
Sprichwort sagt, die Dattelpalme ihr Haupt im Feuer, ihren
Fuß im Wasser badet. An die 100 Varietäten mögen kultiviert
Fig. 1. Weg durch die Oase Biskra.
Hinter den Lehmmauern sieht man die Dattelpalmen, Feigen und andere Büsche.
(Vom Verf. nach d. Nat. gez.)
6*
— 84 —
werden, die sich besonders durch die Beschaffenheit des Frucht-
fleisches unterscheiden. In Algerien bekommt man zum Nach-
tisch immer getrocknete Datteln vorgesetzt, die nicht so süß
und durchsichtig wie die bei uns verkauften sind, deren man
aber auch nicht so leicht überdrüssig wird. Die Kultur des
Baumes erfordert, abgesehen von der gehörigen Bewässerung,
nicht viel Mühe : nach der Ernte der Früchte im Herbst werden
die alten Blätter entfernt und der Stamm von den Resten der
Blattstiele gesäubert. Im Winter wird in eine Grube um
den Fuß des Baumes Dünger gebracht, und das ganze Jahr
hindurch wird von Zeit zu Zeit das Wasser durch kleine Kanäle
in hinreichender Menge zu jedem Baum geleitet. Ende April
beginnen die Palmen zu blühen, und dann muß für die Be-
stäubung gesorgt werden, indem Teile des männlichen Blüten-
standes an den weiblichen Blütenständen befestigt werden ; denn
bekanntlich gibt es bei der Dattel männliche und weibliche
Bäume, ja diese Palme ist das älteste Beispiel für die Geschlecht-
lichkeit der Pflanzen. Während unseres Aufenthaltes begannen
die Blüten sich zu entfalten, und erst im Herbst werden die
Früchte reif, die das hauptsächlichste Nahrungsmittel für die
Bewohner der Sahara bilden. Aber auch die anderen Teile des
Baumes finden ihre Verwendung : die Stämme werden als Bau-
holz gebraucht, die Blätter dienen zum Bedecken der Häuser
und als Flechtwerk für Matten, Körbe usw. ^)
Nicht allein durch ihre eigenen Produkte bringt die Dattel-
palme so mannigfachen Nutzen, sondern sie dient auch zur Be-
schattung zahlreicher anderer Kulturgewächse. Zunächst werden
fruchttragende Bäume und Sträucher in der Oase unter den
Palmen kultiviert, wie Olive, Granate, Orange, Zitrone, Feige
und Rebe, sowie die aus Europa eingeführten Maulbeerbäume,
Pfirsiche, Mandeln, Birnbäume und Gewächse anderer Her-
kunft, wie die schon genannte Acacia. Ferner findet man in
der Oase eine Menge krautiger Pflanzen kultiviert, wie Bohnen,
Kohlarteu, Karotten, Artischocken, Spargel, Kartoft'eln und Ba-
taten, Wassermelonen und andere Kürbispflanzen, Tabak und
zwar in der Art Nicotiana rustica^ den Gonibo, Hibiscus escu-
lentus, und schließlich auch die Hennepflanze, Lawsonia inermis^
') Eine ausführliche Schilderung der Dattelpalme, ihrer Kultur und
Verwendung hat A. Hansen im Prometheus 1890 geliefert.
— 85 —
deren getrocknete Blätter auf dem Markte verkauft werden
und zur Gewinnung des roten Saftes dienen, mit dem sich die
Frauen der Araber die Nägel färben. Außerdem trägt der
Boden der Oase eine Menge von sogenannten Unkräutern, die
uns teilweise durch ihre schönen Blüten erfreuen, teilweise auch
als alte Bekannte aus der Heimat begrüßen. So ist die Oase
reich an Arten und Formen von Kräutern, Sträuchern und
Bäumen; doch ist es immer die Dattelpalme, die ihr den Charakter
verleiht. Einzelnen Palmen außerhalb der Oase begegnet man
nur selten, und dann sind es junge, kümmerliche Exemplare,
die offenbar einer zufälligen Keimung ihr Dasein verdanken.
Tritt man heraus aus dem duftigen Schatten der Oase,
so erblickt man die Wüste vor sich. In der nächsten Umgebung
von Biskra trägt die Sahara den Charakter eines steinigen
Hochplateaus: sie ist ein Teil der sogenannten peträischen
oder steinigen Sahara, deren Boden fest und mit zahllosen
Steinen verschiedener Größe. Form und Farbe bedeckt ist.
Nach Norden zu ziehen sich im Halbkreis die südlichen Aus-
läufer des Auresgebirges herum, von denen der „Berg der
Rosenwangen", der Djebel Ahraarkaddou, nicht nur durch die
Färbung, sondern auch durch die schöne Form in die Augen
fällt. Das Terrain ist nicht pflanzenleer; aber es sind nur
einzelne, niedrige Büsche vorhanden, die jetzt im Frühling ihre
frischen, grünen Triebe und zum Teil auch schon ihre Blüten
entfalten. Hinsichtlich des Pflanzenwuchses kann man den
Unterschied zwischen Steppe und Wüste wohl am besten so
bezeichnen, daß man eine Formation dann Steppe nennt, wenn
der unbewachsene Boden einen geringeren Raum einnimmt als
der von Pflanzen bewachsene, während es in der Wüste um-
gekehrt ist: hier sind die einzelnen Pflanzen durch größere
Zwischenräume von einander getrennt als dort. Daraus geht
schon hervor, daß es auch Übergänge geben muß, und daß wir
zweifelhaft sein können, ob wir ein Terrain als Steppe oder
Wüste bezeichnen sollen, dann nämlich, wenn bewachsene und
unbewachsene Stellen sich ungefähr in gleichem Maße in den
Boden teilen. Die Spärlichkeit und Dürftigkeit des Pflanzen-
wuchses im Allgemeinen ist natürlich ein Produkt der klima-
tischen Faktoren ; das Vorkommen bestimmter Arten ist dagegen
auch von der Beschaffenheit des Bodens abhängig. Neben der
86
steinigen trifft man nun bei Biskra aiicli die anderen Wüsten-
forraalionen, von denen besonders noch die Sebkaliformation
mit lehmigem, salzhaltigen Boden und die Sandwüste in Betracht
kommen. Wir lernten sie auf verschiedenen Ausflügen kennen. ^)
Gleich am ersten Tage besuchten wir die 8 km nördlich
von Biskra liegende warme Schw^efelquelle, Fontaine cliaude
von den Franzosen. Hammam Salahhin von den Arabern genannt.
Fig. 2. LiiiionidstruDi Gu}joniamim. Ein Zweig mit 3 Gallen und Blüten-
knospen. Links oben eine einzelne Blüte. Rechts oben die Blattspitze vergrößert,
um die Bedeckung mit Kalkschüppchen zu zeigen. (Yom Verf. nach d. Xat. gez.)
die von Gesunden und Kranken viel aufgesucht wird, da ein Kur-
haus mit einem größeren Badebassin und mit Einzelbädern alle
Bequemlichkeit bietet. Man erreicht sie sehr leicht in ^U Stunden
mit einer Pferdebahn. Auf dem Weg dahin sahen wir zum
ersten Mal Wanderheuschrecken, die einzeln umherflogen, aber
*) Trabut hat die in der Umgebung von Biskra vorkommenden
PHanzen in einem besonderen Verzeichnis zusammengestellt, das 1892 bei
Gervais-Courtellemont et Comp. (Alger) erschienen ist.
— 87 —
nicht sprungweise wie unsere Heuschrecken, sondern in so ge-
wandtem Fluge, daß mau kleine Vögel zu sehen glaubte. Auch
eine Horuviper, die ein Straßenarbeiter gefangen hatte, wurde
uns auf dem Wege gezeigt. In der Nähe des Bades, das
am Abhang des hier beginnenden Höhenzuges liegt, treten nun
schon solche Strecken auf, wo der lehmige Boden derartig salz-
haltig ist, daß das Salz beim Austrocknen weiße Krusten auf
der Oberfläche bildet. Wenn man darauf tritt, so sinkt man
in den weichen Boden ein. Hier kommen natürlich besonders
Salzpflanzen, Salsolaceeu, Staticeen und gewisse Binsen vor.
Ein charakteristischer Strauch ist Lifnomastriwi Ouyonianum
(Fig. 2), der häufig mit bohnengroßeu Gallen besetzt ist und im
Frühling seine rötlichen Blüten entfaltet.^) Das von der Quelle
ablaufende Wasser hat noch in ziemlicher Entfernung eine hohe
Temperatur, durch die das üppige Wachstum blaugrüner Algen^)
in dichten Rasen begünstigt wird. Stellenweise bildet der Bach
etwa mannstiefe Tälchen mit steilabfallenden Wänden und ist
hier von stechenden Juncusbüschen und Staticesträuchern ein-
gesäumt. In herrlichen, roten und violetten Tönen glänzten die
kahlen Höhen der Umgebung, als wir abends zurückkehrten.
Um die Sandwüste und Dünenformation kenneu zu lernen,
machten wir einen Ausflug nach Süden, indem wir uns dabei
der Kamele bedienten, auf denen sich sehr bequem reiten läßt.
Freilich waren die Dünen, die wir erreichten, nur niedrig: sie
bildeten nicht die hohen, den Ausblick begrenzenden Hügel,
wie sie weiter im Innern vorkommen, sondern nur bis meter-
hohe Sandhaufen, die sich hinter den Büschen in der Wind-
richtung aufschichten. Es war hier meistens eine spärlich be-
blätterte Wolfsmilchart, Euphorbia Ouyoniana, die in dem
sandigen Boden wuchs und auf der Windseite frei, auf der
') Die auffallenden Gallen, an denen man den Strauch geradezu er-
kennen kann, werden von dem Schmetterling Oecocecis guyonella Guenee
erzeugt, nach C. Houard „Les Zoocecidies des Plantes d'Europe et du
Bassin de la Mediterranee." T. IL p. 802. Paris. 1909.
2) Die Watten der blaugrünen Alge waren hauptsächlich von einer
Oscülatoria gebildet, die ich als 0. formosa Bory bestimmt habe ; nur vereinzelt
kamen dazwischen Fäden der fast doppelt so starken 0. chalyhea Martens
vor, welche Art Sau vage au für Biskra angibt. Erstere ist aber nach
demselben Autor ebenfalls für Nordafrika bekannt. Vgl. Gomont „Mono-
graphie des Oscillaries," in Ann. sc. nat. 7. ser. Bot. T. 16, p. 250 und 252.
anderen Seite im Sande vergraben war. Auch abgestorbene
Büsche des Dringrases, Aristida pungens, fanden wir hier, dessen
verdürrte Wurzeln mehrere Meter weit wie Drähte über den
Sand liefen. Besonderes Interesse aber erregten die Früchte
der Koloquinte, Citrulhis coloci/>iihis, die an den vertrockneten
Sprossen ansitzend scheinbar frei auf dem Sand oder im Sand
vergraben lagen. Unser arabischer Führer grub einige Wurzeln
dieser Pflanze aus dem Boden aus : sie waren bis etwa auf
Fig. 3. Ästeriscus pyguuieus, die kleine Jerichorose.
1 Blühendes Exemplar mit Blättern und einem Blütenküpfchen. 2 Köpfchen
im Längsschnitt. 3 Hüllblatt. 4 Randblüte. 5 Kelchblatt derselben. G Scheiben-
blüte, noch geschlossen. 7 Tragblatt derselben. 8 Staubgefäß. 9 Griffel mit Narbe.
(Vom Verf. nach d. Nat. gez.)
^2 m Länge dick rübenförraig angeschwollen und von weißer
Farbe. In Wirklichkeit gehen sie wohl mehrere Meter tief
hinab und bilden ein Beispiel für solche Wüsteupflanzen, die
sich ihren Wasserbedarf mit Hilfe überaus langer Wurzeln aus
der Tiefe des Bodens verschaffen und dadurch imstande sind,
die lange Trockenheit zu ertragen.
Ein anderer Ausflug galt dem Col de Sfa, der Paßhöhe,
auf der die alte Straße nach El-Kantara und Batna das Ge-
birge überschreitet, während die Eisenbahn jetzt mehr östlich
geht. Doch wird auch die alte Straße noch viel benutzt, und
beständig begegnet man einzelnen Reitern zu Esel oder zu
Pferd, Herden und Karawanen mit Kamelen: diese stilvolle
— 89 -
Staffage verleiht der öden Landschaft einen ganz eigentümlichen
Reiz. Sehr bald erreicht man im Norden von Biskra die felsig-
steinigen Höhen, über die der Weg auf- und abwärts nach dem
Col führt. Die Vegetation scheint bei oberflächlicher Betrach-
tung nur aus ganz vereinzelten dornigen Büschen zu bestehen,
aber zwischen den Steinen kommen jetzt im Frühjahr verschiedene
kleine und zierliche Pflanzen, auch solche mit helleuchtenden
Blumen heraus. Besonders sind Kompositen vertreten, und von
Fig. 4. Ästerisciis pygmaeus, die kleine Jerichorose. Links eine Pflanze mit
drei Fruchtköpfchen, rechts dieselbe Pflanze nach viertelstündigem Eintauchen
in Wasser, in der Mitte ein einzelnes Früchtchen mit gespreiztem Kelch.
(Vom Verf. nach d. Nat. gez )
diesen sei erwähnt die kleine Jerichorose, Asteriscus pygmaeus,
deren vorjährige Fruchtstände neben den diesjährigen blühenden
Exemplaren (Fig. 3) gefunden werden; letztere, nur einige Zenti-
meter hoch, ragen mit einigen ungeteilten, wolligen Blättchen,
zwischen denen ein paar gelbe Blütenköpfchen sitzen, über die
Erde. Die Hüllblätter des Köpfchens werden lederig und schließen
über den Früchten zusammen, wenn es trocken ist; bei Benetzuug
durch den Regen aber öffnen sie sich ebenso wie beim Eintauchen
in Wasser (Fig. 4), so daß dann die Früchtchen herausgespült
werden und auf dem feuchten Boden keimen können.^) Die
anderen auf diesem Ausflug gefundenen Pflanzen will ich nicht
^) Die große Jerichorose, Änastatica hierochuntica L., eine Kruzifere
kommt ebenfalls in der Umgebung von Biskra vor, wurde aber nicht von
uns gefunden.
3
crc'
W
z
hj
— 91 —
weiter erwähnen und nur noch bemerken, daß der Col de Sfa
eine wundervolle Fernsicht über die Wüste im Süden und über
die mehr angebaute Ebene von El-Outaj'a im Norden bis gegen
El-Kantara hin gewährt (Fig. 5).
Schließlich sei auch des Besuches der Oase Sidi Okba ge-
dacht, die etwas über 20 km östlich von Biskra liegt. Man fährt
mit dem Wagen zwei Stuuden über die teils sandige, teils steinige
Ebene. Eine der häufigsten Pflanzen hier wie auch in der
tunesischen Wüste, sogar auf den Wegen, ist die Harmelraute,
Pega?ium harmala, die, wie der deutsche Name sagt, mit unserer
Raute, Ruia graveolens, verwandt ist und durch ihre feinzer-
schnitteuen Blätter auch äußerlich an sie erinnert. Damals
fanden wir nur das Kraut, ganz selten noch vorjährige Stengel
mit den dreiteiligen Fruchtkapseln, deren kleine schwarze Samen
in der Türkei als Gewürz dienen. In der Medizin der Araber
spielt die unangenehm riechende Pflanze eine wichtige Rolle.
An salzreicheu Stellen fanden wir einige niedrige, vom Vieh ver-
bissene Tamarisken. Ganz besonders aber fiel durch ihre
Größe und lebhaften Farben eine auf Salsolaceen schmarotzende
Orobanche, Phelipaea violacea, in die Augen, die eine Höhe
von mehr als V2 m erreichen kann. Der dicke weiße Stengel
dieses Parasiten ist mit bleichen Schuppeublättern besetzt und
trägt oben in dichter Traube die zahlreichen violett und gelb
gefärbten Blüten ; man muß sie als die schönste Pflanze der ganzen
Wüstenflora bezeichnen (Fig. 6). Der Palmeuwald von Sidi Okba
ist viel kleiner als der von Biskra ; aber das Eigentümliche jenes
Ortes liegt darin, daß er bis auf einige europäische Wirtshäuser
seinen arabischen Charakter rein bewahrt hat: die Straßen und
Häuser, die Bewohner und ihr Treiben treten uns hier in aller
Ursprünglichkeit entgegen, besonders auf dem Marktplatz, wo
ein lebhafter Verkehr herrscht, wo Brennholz, Kohlen, Fleisch,
Früchte, Gemüse, Brod u. a. bunt durcheinander feilgeboten werden.
Außerdem besitzt Sidi Okba die älteste Moschee in Algerien,
die aber nur ihres Alters wegen sehenswert ist, denn sie ist
wenig besser gebaut als die Lehmhütten der Bewohner. Das
Minareh bietet eine schöne Aussicht über die Gegend und über
die flachen Dächer der Häuser, auf denen meistens noch eine
Laube angebracht ist, um bei der sommerlichen Hitze wenigstens
des Nachts einen annehmbaren Aufenthalt zu gewähren. Die
Fig. 6. riieJijKiea violacca, violette Orobanche. liinks der obere Teil mit
Blüten, rechts der untere Teil des Stengels. Die Verbindung mit der Nähr-
pflanze liegt noch tiefer. (Nach d. Nat. u. nach Desfontaines vom Verf. gez.)
— 93 —
Araber, die nicht in den Oasen wohnen, sind Nomaden und be-
gnügen sich mit Zelten zur Wohnung. Man sieht häufig solche
niedrige, mit vielerlei Lappen zusammengeflickte und mit einer
Dornhecke umgebene Zelte, einzeln oder zu mehreren beisammen.
Um sie weiden die Tiere der Herde, Schafe, Esel und Kamele,
Ist die Weide erschöpft, so werden die Zelte mit dem geringen
Hausrat auf die Kamele gepackt, Männer, Weiber und Kinder,
begleitet von den schakalähnlichen, bissigen Hunden, ziehen mit
ihnen weiter. Gelegentlich sieht man auch einen Jagdfalken
an einem Kamele angebunden, oder man begegnet einem Araber
mit einem Jagdfalken auf der Hand. Man sagte uns aber, daß
es besonders ein Vergnügen wohlhabender Araber sei, mit diesen
Vögeln auf Hasen zu jagen, denn das Wild ist in dem Lande
jetzt sehr spärlich geworden. Für den Fremden hat der An-
blick dieser Nomaden und Kamelkarawanen natürlich einen
großen Reiz ; doch muß es ihn mit Bedauern erfüllen, wenn er
von der großen Armut hört, die meistens in der arabischen Be-
völkerung herrscht, und die in diesem Jahre noch dadurch ge-
steigert war, daß im vergangenen Herbst die Wanderheuschrecken
die Gegend heimgesucht hatten. Aber selbst wenn er bettelt,
zeigt der Araber eine gewisse Würde und Grazie, die uns über-
haupt sein Wesen so sympatisch erscheinen läßt. Nur ungern
schieden wir von diesem interessanten Land und seinen Be-
wohnern und verließen am Morgen des 29. März Biskra.
Durch Wüste und Steppe brachte uns die Bahn in 2 V2 Stunden
nach El-Kantara; während der Fahrt regnete es etwa zehn
Minuten lang, aber kaum so, daß der Sonnenschein dabei be-
einträchtigt wurde. Mit Recht wird von allen Reisenden der
imponierende Eindruck und die wunderbare Schönheit von El-
Kantara gepriesen; glaubt man es doch zu sehen, wie hier die
mächtige Felswand krachend auseinanderreißt, um dem kleinen
Flüßcheu in steilabfallender Rinne einen Durchgang zu gewähren.
Noch imposanter als für uns, die wir von Süden kamen, muß
der Anblick für den sein, der von Norden her durch das Ge-
birge hierher gelangt und nun zum ersten Mal die Wüste vor sich
ausgebreitet sieht und in El-Kantara die erste Oase begrüßt.
Von jeher ist die Straße, die durch das enge Felsentor führt,
weit und breit der einzige Weg gewesen, der das „Teil", die
fruchtbare Zone am Nordrand des Atlas, über das Gebirge
— 94 —
hinüber mit der Sahara verbindet. Sie wird heute noch ebenso-
viel benutzt wie vor Jahrhunderten, aber erst seit zirka 20 Jahren
geht nun auch die Eisenbahn hindurch. Wir hielten uns einige
Stunden hier auf und fuhren dann in fast derselben Zeit wie
von Biskra hierher weiter nördlich nach Batna. Dieses Städtchen
liegt in zirka 1000 m Meereshöhe prächtig in einem weiten Tal,
das von mehr oder weniger bewaldeten Bergen eingefaßt wdrd.
In jenen Bergwäldern soll auch gelegentlich noch der Berber-
löwe vorkommen: wahrscheinlich ist die Gefahr, ihn zu treffen,
nicht größer als die, einem Bären in der Schweiz zu begegnen.
Für den Botaniker aber bieten diese Berge ein großes Inter-
esse, weil hier die Atlaszeder, Cedrus atlantica,^) wächst, nach
der der höchste Berg in der Umgebung den Namen Zederupik
trägt. Der nächste Tag wurde zu einem Besuch der Zedern-
wälder bestimmt, und dazu w^urden ein Führer und Maultiere be-
stellt. Ein herrlicher, frischer Morgen empfing uns, als war aus
Batna hinausritten. Die nähere Umgebung mit den noch nicht
grünen Feldern und blühenden Obstbäumen machte einen recht
europäischen Eindruck, dann aber trat doch mehr ein steppen-
artiger Charakter hervor. Nach etwa zwei Stunden war der
Fuß des Berges erreicht und nun ging es auf schmalem Pfade
in die Höhe durch einen Wald, der größtenteils aus immergrünen
Eichen und Wachholder besteht und eine Bodenflora trägt, in
der stachelige, polsterförmige Pflanzen, also solche der Steppen-
formation, vorherrschen. Erst in einer gewissen Höhe fangen
die Zedern an aufzutreten, und dieser Zedernwald ist mehr
eigentümlich als wirklich schön zu nennen. Die Atlaszedern
sind unregelmäßig gewachsene Bäume, und bei vielen von ihnen
breiten sich die obersten Zweige in der Form eines flachen
Daches aus, was wahrscheinlich eine Folge der Verletzung der
Spitze ist. E'erner sieht man einzelne ganz abgestorbene Bäume,
die ihrer Rinde gänzlich beraubt wie weiße Gerippe dastehen,
wie ich es nie bei anderen Bäumen gesehen habe. Unter den
^) Die drei Cerfr^s- Arten: C. Liliuni Barrel, (auf dem Libanon, in
Kleinasien und Cypern), C. Beodara (Roxb.) Loud, (auf dem Himalaya) und
C. athdüicd Mannetti (im Atlas) sind wahrscheinlich nur drei Standorts-
varietäten derselben Art. Die letztgenannte zeichnet sich vor den anderen
durch steifere, meergrüne und etwas silberglänzende Nadeln, etwas kleinere
und mehr walzenförmige Zapfen aus (Fig. 7j.
- 95 —
Zedern wachsen die erwähnten Eichen, Quercus vireiis, und
Wachholder, Jtinipenis oxi/cednis; letztere tragen hie und da
einen mit unserer Mistel verwandten Parasiten, Arceuthobium
oxycedri, der aber viel kleiner als die Mistel ist und nur winzige
Schuppenblätter besitzt. Auf dem Kamme des Berges fanden
wir in einer Lichtung des Waldes eine kleine Wiese, die an
eine Alpenmatte erinnerte, und aus deren schönem Grün die
reizenden violetten Sterne eines granz niedrig bleibenden krokus-
Fig. 7. Cednis atlantka, Atlaszeder.
Zweig mit Zapfen und Blättern. (Vom Verf. nach d. Nat. gez.
artigen Gewächses , Romnlea, InilhocodiiLm , hervorleuchteten.
Auch ein kleines Schneefeld hatte sich hier oben noch erhalten.
Wir lagerten an einer Quelle, wo wir unsere mitgenommenen
Vorräte verzehrten und die Maultiere grasen ließen. Nachdem
eine Skizze des Zedernwaldes aufgenommen (Fig. 8) und etwas
botanisiert worden war, ritten wir denselben Weg zurück und
trafen abends in uuserm Hotel des Etrangers wieder ein, wo wir
die freundlichste Aufnahme und beste Verpflegung gefunden hatten.
Der nächste Tag war dem BesiK:h der römischen Ruinen in
Lambessa und Timgad gewidmet. Als wir gegen acht Uhr im
Wagen abfuhren, war es so kalt, daß wir uns in unsere Mäntel
und Decken hüllten und uns des Kalorifers freuten, einer langen
— 96 —
großen Wärmflasche, die man auf den Boden des Wagens gelegt
hatte. Jene berühmten Ruinen will ich hier nicht schildern,
obwohl sie äußerst interessant sind und ihr Besuch jedem
Reisenden, der nach Algerien kommt, sehr zu empfehlen ist.
Auf dem mehr als dreistündigen Weg von Lambessa nach Timgad
über hügeliges Weide- und Ackerland trafen wir keine einzige
Ortschaft an, nur Viehherden und Nomadenzelte. In dieser
Einsamkeit ruft ein halbverfallener römischer Bogen, durch
den der Weg nicht weit hinter Lambessa führt , eine umso
eindrucksvollere W^irkung hervor, als er durch ein bewohntes
Storchennest gekrönt ist. Überhaupt war die Menge von
Störchen, die sich in Batna und seiner Umgebung aufhalten,
bemerkenswert. Wegen seiner hohen Lage hat der Ort recht
kalte Winter und ist auch im Sommer noch ein recht gesunder
Aufenthalt für Europäer. Wir mußten ihn leider schon am Abend
des zweiten Tages verlassen, um nach Constantine zu fahren,
das wir nach 4 — östündiger Fahrt erreichten.
Diese Stadt, deren größte Sehenswürdigkeit die Rummel-
schlucht ist, hat schon so viele Beschreiber gefunden, daß ich
ihre Zahl nicht zu vermehren brauche; auch von Tunis will
ich nur soviel sagen, daß wir die Stadt bedeutend interessanter
als Algier fanden. Die Entfernung von Constantine nach Tunis
beträgt etwa 15 Balmstundeu : es geht durch gebirgiges Terrain,
das teils mit Steppe oder Maquisformatiou, teils mit Wald be-
deckt, aber wenig angebaut ist. Auch Tunis besitzt einen Ver-
suchsgarten, der sich an die Kolonial- und landwirtschaftliche
Schule mit ihren Plantagen anschließt; er enthält viel Inter-
essantes und Sehenswertes, kann sich aber mit dem Akklimati-
sationsgarten von Algier nicht an Schönheit messen.
Am 5. April versammelte sich in Tunis die französische
botanische Gesellschaft, die unserem Wunsch, an ihrer Sitzung
und der sich anschließenden Expedition teilzunehmen, freund-
liche Zusage gewährt hatte. Am 6. April begann die P]xkursion
mit 20 — 30 Teilnehmern, die zunächst mit der Eisenbahn nach
dem südlicher gelegenen Sousse, dem alten Susa, fuhren. Auf
jeder Station, die einigen Aufenthalt bot, wurde ausgestiegen
und was von Pflanzen zu erreichen war, gepflückt, untersucht
und bestimmt. Da die Bahn noch nicht weiter nach Süden als
bis Sousse geht, wurde die Reise von da an mit Automobilen
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^ 1.
— 98 —
fortgesetzt und in etwa fünf Stunden Sfax erreicht, das eben-
falls an der Küste liegt. Man sieht aber das Meer während
dieser Fahrt meistens nicht, weil die Küstenlinie hier eine
Ausbiegung nach Osten macht und die Straße quer durch das
Land geht. Lange Strecken weit führt sie in schnurgerader
Richtung über das wellige Terrain, das teils Steppen- und
Wüstencharakter zeigt, teils mit Gerstenfeldern bedeckt ist.
Reichlicher als in Algier sieht man hier die Opuntien oder
Kaktusfeigen angebaut. Es ist nur eine Art, Opuntia ficus indica,
die kultiviert wird, aber in verschiedenen Sorten, und zwar
unterscheiden sich diese einerseits nach den Früchten und deren
Farbe, andererseits nach der Bestachelung, also in stachelige
und unbestachelte. Hauptsächlich die letzteren dienen zum Vieh-
futter und werden namentlich von den Kamelen gern gefressen.
Die stacheligen Formen werden als Hecken um Gärten und
Felder gezogen ; doch sieht man auch große Felder, die ganz
mit Kaktusfeigen bepflanzt sind, offenbar der Früchte wegen.
Bei unserer Anwesenheit im Frühling aber trugen diese Pflanzen
weder Blüten noch Früchte. Hire Kultur ist äußerst einfach,
da ein abgebrochenes und in die Erde gestecktes Glied, wenn
es auch nicht mehr ganz frisch ist, sich leicht bewurzelt und
weiterwächst. Die weit über mannshoch werdenden Büsche
nehmen sehr groteske Formen an und rufen durch den Glanz
der Oberfläche, indem ein Glied je nach seiner Stellung bald
silbergrau bald gelbgrün erscheint, sowie durch den schaifen
Schlagschatten eine malerische Wirkung hervor. Die unteren,
stammbildenden Glieder wachsen an den anfangs flachen Seiten
allmählich so stark in die Dicke, daß sie sich zu Z3'lindrischer
Gestalt abrunden, wobei sie sich mit graubrauner Borke um-
geben und demgemäß die grüne Farbe verlieren. Die Glieder
werden über V2 m lang, und den Umfang eines starken Stammes
habe ich nach einer Messung bei Tunis IV4 m groß gefunden,
was einem Durchmesser von etwa 40 cm entsprechen würde.
Man findet übrigens die Opuntie nicht nur in der Sahara,
sondern auch im Teilgebiet, also an der Nordküste angepflanzt,
und es ist ja bekannt, daß sie auch in Südeuropa vielfach
kultiviert und verwildert vorkommt; daß sie dort nicht ein-
heimisch, sondern aus Amerika eingeführt ist, braucht wohl
kaum erwähnt zu werden.
— 99 —
Nach dieser Abschweifung kehren wir zu unserer Reise-
route zurück. Nicht weit hinter Sousse sahen wir einen großen
See glänzen, der auch zu jenen Schotts genannten Salzbecken
gehört, die von dem ehemals von Osten weit nach Westen vor-
dringenden und nach der Tertiärperiode ausgetrockneten Meer-
busen des mittelländischen Meeres übriggeblieben sind^). Etwa
in der Mitte zwischen Sousse und Sfax erscheint plötzlich ein
gewaltiges Gebäude am Horizont; mit Erstaunen erkennt man
beim Näherkommen die ßuinen eines kolossalen Amphitheaters,
von dem etwa noch die Hälfte erhalten ist und stellenweise
noch drei Bogenreihen übereinander stehen; an Größe soll es
nur von dem Kolosseum in Rom übertroffen werden. Man ver-
mutet, daß hier die Römerstadt Thysdros gestanden hat; jetzt
heißt die Araberstadt, die sich bescheiden an den Fuß der
gewaltigen Ruine schmiegt, Eldjem. Bald verschwindet dieser
bedeutsame Ort wieder hinter uns, und nach einigen Stunden
ist Sfax erreicht. Hier wurde übernachtet und am nächsten
Morgen ging es weiter nach Gabes, wohin man durch die
Schnelligkeit der Automobile in vier Stunden kommt. Auf dieser
Strecke führt der Weg nun fast immer durch die Wüste, die
hier direkt an das Meer grenzt, und man sieht dieses zur linken
Hand am Horizonte glänzen, wenn der Ausblick nicht durch
eine Bodenerhebung begrenzt wird. Man muß sich wundern,
daß die Nähe des Meeres dem Lande keine größere Feuchtigkeit
zuführt, kann sich aber die Erscheinung dadurch erklären, daß
einesteils westliche Winde vorherrschen, andernteils die feuchte
Luft, die bei Ostwind über die warme Bodenfläche streicht,
ihren Wassergehalt nicht eher abgibt, als bis sie an die kühleren
Höhen gelangt. Die Vereinigung von Wüste und Meer macht
einen eigentümlichen und gewaltigen Eindruck; bei großen
Gegensätzen haben beide doch auch manches Gemeinschaftliche,
vor allem den Charakter der Unermeßlichkeit und Erhabenheit.
Wer einen empfänglichen Sinn für die Schönheit des Meeres hat,
wird auch die Wüste schön finden, nirgends aber habe ich sie
schöner als auf dieser Strecke gesehen. Freilich waren auch
die äußeren Umstände besonders günstig; lachender Sonnenschein
von oben und vom Boden her der Glanz leuchtender Frühlings-
blumen, die sich gerade ihres kurzen Daseins erfreuen durften.
^) Vergl. Martins „Von Spitzbergen zur Sahara" (s. oben), 2. Bd. S. 276.
7*
— 100 —
Da waren großblumige, rote Winden, orangerot leuchtende
Ringelblumen, violette Strandnelken und viele andere, die nicht
alle einzeln genannt werden können. Auf und am Wege wuchsen
überall die grünen Büsche der Harmelraute, und weiterhin sah
man verschiedene kleinere und größere Sträucher zerstreut über
die Ebene, darunter die mit leuchtend gelben Blüten bedeckten
Stechginster {Ulex spec). Gelegentlich erhebt sich aus einem
niederen Strauch eine hohe Staude, die man im schnellen Vor-
überfahren für eine Königskerze halten könnte: es ist eine große,
gelbblüheude Orobanche, Phelipaea lutea, die ebenso wie die bei
Biskra gefundene violette Art über V2 m hoch wird. Einzelne
Büsche sind mit einer Menge bunter Läppchen behängt, und
besonders scheint der mit der Harmelraute verwandte, stachelige
Neterstrauch, Nitraria trideiitaia, dessen weiße Blüten sich eben
entfalteten, in dieser Weise bevorzugt zu werden ; denn es sind
den Arabern heilige Büsche, die jeder der Vorübergehenden mit
einem solchen Schmuckstück behängt. Die Araber mit ihren
Kameleu und Eseln beleben die Straße und bringen sich und
ihre Tiere schleunigst in Sicherheit vor den dahersaußenden
Automobilen. Dazu kommt ein reiches Vogelleben: Steinschmätzer
und große, silberglänzende Würger fliegen von Busch zu Busch
oder von Stein zu Stein. Falken schweben über dem Boden,
Zwergtrappen huschen über die Straße, prachtvoll gefärbte
Mandelkrähen erheben sich von den Telegraphendrähten : kurz
das Auge ist kaum imstande, die Fülle der sich darbietenden
Mannigfaltigkeit zu fassen'). Manchmal fliegt auch ein großer,
schwarzer Käfer in den Wagen: es ist ein Scarabaens oder
sogenannter Pillendreher, dessen interessante Tätigkeit wir
beobachten können, wenn zu kurzer Rast gehalten wird. Wir
sehen dann, wie der Käfer rückwärts gehend eine aus Schaf-
oder Kamelmist gebildete Kugel mit den Hinterbeinen mühsam
vor sich herschiebt, da sie viel größer als sein eigener Körper
ist ; sie wird dann in eine dazu gegrabene Röhre versenkt, um
dort zur Bereitung: einer das Ei enthaltenden Umhüllung zu
^) Auch in Algier ist ein reiches Vogelleben, wenn ich es bei Biskra
auch nicht so bemerkt habe. i\lan vergleiche die prächtigen Schilderungen,
die Professor A. König in seinem großen Werke davon geliefert hat ; der
erste Teil „Reisen und Forschungen in Algerien" ist separat, der zweite Teil
„Beiträge zur Ornis Algeriens" ist im Journal für Ornithologie 1ÜU5 erschienen.
— 101 —
dieneu. Beladen mit solchen Eindrücken und den gesammelten
Pflanzen kommen wir Mittags in Gabes an.
Dies war mit dem 34. Grad der südlichste Punkt, den
wir erreichten, und hier mußten wir uns leider von den fran-
zösischen Kollegen trennen, da wir keine Zeit mehr hatten, sie
noch weiter ins Innere zu begleiten. Es wäre auch zu be-
dauern gewesen, wenn wir Gabes sogleich wieder hätten ver-
lassen sollen; denn diese weitausgedehnte Oase bot mit ihrer
Umgebung und dem Meere im Hintergrund einen prächtigen
Anblick dar, als wir dies alles vom flachen Dache unseres
Hotels aus überblickten. Sobald als möglich suchten wir denn
auch den Strand auf und waren erstaunt zu sehen, wie ähnlich
er dem unserer Xordseeküste ist. Ein flaches, sandiges Ufer
wird in geringer Entfernung durch niedere Dünen begrenzt und
trägt einen ganz ähnlichen Pflanzenwuchs wie der Strand der
Nordsee: der Queller, Salicornia herbacea, der Meersenf, Cakile
maritima, der Strandhafer, Psaiinna. arenaria, treten hier wie
dort als Charakterpflanzen auf. Dagegen zeigen die anderen
Muscheln und Tange, die Strünke des Seegrases, Posidonia
ocean ica, und die zahlreichen Schulpe des Tiutenfischs, von den
Wellen ans Ufer gespült, die fremdartige Küste an, während
die der Benutzung noch harrenden Badekarren nicht anders
wie die unsrigeu aussehen. Steigt man aber auf die Düne
hinauf, so erscheinen auf ihrer inneren Seite bereits einzelne
Dattelpalmen als Ausläufer der nahen Oase. Diese ist von
zahllosen schmalen Wegen und kleinen Kanälen durchzogen, und
man kann stundenlang in ihr umherirren, da mau bei gehindertem
Ausblick und bei der Gleichförmigkeit der Umgebung schnell
die Richtung verliert. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber
der Oase von Biskra, der sie an Schönheit nicht nachsteht, ist
nicht zu bemerken: dieselben Fruchtbäurae und Gemüsepflanzen
werden unter den Palmen gezogen, sind aber hier, in etwas
späterer Zeit, schon ein wenig weiter in der Entwicklung fort-
geschritten. Dagegen sahen wir hier etwas, was in Biskra
nicht beobachtet wurde, nämlich die Gewinnung des Palmen-
weins. Dazu benutzt man männliche Bäume oder solche Frucht-
bäume, die schlecht tragen, und verfährt auf folgende Weise:
Man schneidet die Blätter bis auf die äußersten weg und das
sogenannte Herz in der Mitte glatt ab. spitzt dann den mittleren
— 102 —
Teil zu, macht unterhalb dieser Spitze eine Einne rings um
den oberen Kegel mit einem Ausfluß, und vor diesem befestigt
man einen Tonkrug, in den der Saft läuft. Die Ausscheidung
ist so reichlich, daß ein Baum an einem Tag mehrere Liter
liefert, der Krug also öfters gewechselt werden muß. Wenn
dies wirklich, wie mau uns versicherte, drei Monate so fort-
geht, so kann man nicht genug staunen über die große Menge
von Saft, die hier geliefert wird, und über die enorme Leistung
des Wurzeldrucks, wie die das Wasser in den Pflanzen empor-
treibende Kraft von den Physiologen genannt wird. Merkwürdig
ist auch, daß sich später eine neue Knospe bildet und der
Stamm weiterwächst, so daß er wiederholt der Anzapfung unter-
worfen werden kann. Wie oft dies an einer Palme geschehen
ist, sieht man an den tiefen Furchen unter der spärlichen Krone,
die ein solcher Baum in gewissen Abständen aufweist; die Ab-
stände zwischen zwei Furchen dürften aber mehr als einem
Jahrestriebe entsprechen. Während der Weingewinuung postiert
sich eine Wache am Fuße des Baumes und ruht auch des Nachts
hier unter einer leicht zusammengestellten Hütte. Der frische
Wein, den wir probierten, schmeckt angenehm süß, aber
etwas fade.
Ein sehr gewandter arabischer Führer machte uns nicht
nur mit dieser Prozedur und anderen Beschäftigungen der Oasen-
bewohner in Garten und Haus bekannt, sondern führte uns
auch durch das arabische Quartier der Stadt, das viel größer
und origineller als das in Biskra ist. Wir passierten eine Straße,
die ganz überdeckt und infolgedessen stockdunkel war : das Bedürf-
nis, wenigstens stellenweise die Sonnenhitze auszuschließen, scheint
so dringend zu sein, daß die mit der Dunkelheit verbundenen
Nachteile nur wenig angeschlagen werden. Während der paar
Tage unseres Aufenthaltes hatten wir freilich nicht von Sonnen-
hitze zu leiden ; es war vielmehr kühl und regnerisch, ein den Arabern
in Hinsicht auf die Ernteaussichten sehr willkommenes Wetter.
Der europäische Stadtteil von Gabes ist weit weniger elegant
als der von Biskra. Daß aber außer der ziemlich großen Garnison
auch eine tätige und angeregte französische Bevölkerung hier
zu finden ist, zeigte schon der Umstand, daß gerade während
wir dort waren, eine Ausstellung von Natur- und Kunstprodukten
des Landes, sogar mit einer kleinen Gemäldeausstellung ver-
— 103 —
bimden, abgehalten wurde. Auch die Verpflegung in unserem
Hotel ließ kaum zu wünschen übrig.
Am Morgen des 10. April verließen wir Gabes in Be-
gleitung eines französischen Botanikers und seiner Familie, der
gleich uns verhindert gewesen war, sich an der Fortsetzung der
gemeinsamen Exkursion zu beteiligen. Auf demselben Weg, den
wir gekommen waren, ging es nun wieder im Automobil zurück.
Wir konnten uns jetzt aber Sfax und Sousse etwas näher an-
sehen : beide sind kleine Hafenstädte mit sehr eleganten fran-
zösischen Häusern und mit Araberviertelu, die vollkommen einer
kleinen Festung mit vier nach den vier Himmelsrichtungen ge-
legenen Toren gleichen. In Sfax hatten wir Gelegenheit, die
reiche Sammlung römischer Altertümer zu bewundern, die aus
dem alten Thyna in der Nähe hierher gebracht worden sind.
Auch eine innerhalb des Hafengebiets frei im Meere errichtete
Station zur Aufzucht von Badeschwämmen wurde uns gezeigt
und verschaffte uns eine sehr interessante Besichtigung, Doch
darf ich mich mit der Beschreibung dieser Orte und der Fahrt
nicht weiter aufhalten, da sie in botanischer Hinsicht nicht viel
Neues boten. Am 12. April kehrten wir nach Tunis zurück und
hatten hier noch Zeit, einige Ausflüge in die Umgebung der
Stadt, besonders nach den berühmten Ruinen von Carthago,
zu maciien, bevor unser Schiff nach Palermo abging. Die Ver-
bindung von Tunis nach Palermo ist nämlich höchstens zweimal
in der Woche gegeben. Von da fuhren wir nach Neapel und
nach Genua ebenfalls zu Schiff und kamen am 24. April glück-
lich zurück. Wir trafen es dabei hinsichtlich der Witterung so
eigentümlich, daß es immer wärmer wurde, je weiter wir vom
34. bis zum 50. Grad nach Norden kamen. Von Genua an war
kaum eine Änderung im Zustande der Vegetation zu bemerken,
was die sommergrünen Gewächse betrifft, d. h. es war in Deutsch-
land ebenso weit wie südlich der Alpen. Bei uns drängt sich
eben die Entwicklung auf kürzere Zeit zusammen und gewährt
dadurch den Eindruck einer Fülle, den die südlichen Länder
nicht bieten : den Anblick der grünenden Wiesen und der mit
neuem Laub sich schmückenden Wälder muß der Italiener ent-
behren. So entschädigte auch uns die Freude an der herrlichen
deutschen Frühlingslandschaft für den Reiz des Schönen und
Fremdartigen der südlicheren Regionen, die wir verlassen hatten.
— 104
Unsere einlieimischeii Salamander und Molche
im Kreislauf des Jahres.
Mit 7 Abbildungen
von
August Knoblauch.
Bevor im ersten Frühjahr unsere Tümpel und Teiche völlig
eisfrei sind, erwachen Salamander und Molche nach langem
Winterschlaf zu neuem Leben. Allmählich verlassen sie die
verborgenen Schlupfwinkel, die ihnen im vergangenen Herbst
Schutz vor der herannahenden winterlichen Kälte gewährt haben,
und schreiten oft schon in den ersten schönen Tagen eines
trügerischen Vorfrühlings zur Paarung. Freilich ist die
Witterung ihrem Fortptlauzungsgeschäft nicht immer sonderlich
günstig. Gar manchesmal bedeckt noch frischer Schnee das
junge Grün, und Nachtfröste überziehen die stehenden Gewässer
noch oft genug mit einer dünnen Eiskruste, die erst im Lauf
des Tages unter dem erwärmenden Strahl der Frühlingssonne
schmilzt. Aber der gebieterische Drang des trächtigen Weib-
chens zum Aufsuchen geeigneter Laichplätze zwingt unsere
Feuersalamander und Molche zur Wanderung nach dem Wasser,
und wenn wir sie auch selten und nur zufällig auf dieser Wan-
derung selbst antreffen, im Wasser finden wir wenigstens die
Molche im ersten Frühjahr in größeren Mengen beisammen als
zu jeder anderen Zeit im Wechsel des Jahres. So sehen wir
schon Ende März und im April in geeigneten Tümpeln und
Lachen Dutzende von Molchen sich tummeln, die im Schmuck
— 105 —
des farbenprächtigen Hochzeitskleides ihre giaziöseu Liebes-
spiele ausführen. Auch Feuersalamauderlarveu beleben in reicher
Zahl die kleinen Bachläufe und Wiesengräbeu und selbst mulden-
förmige Pfützen im Waldesdunkel, wie sie die Schneeschmelze
zurückläßt. Erwachsene Salamander dagegen treffen wir auch
zur Frühjahrszeit in der Regel nicht im Wasser an, sondern
nur in dessen Nähe, weil sie es nur zur Paarung und zum Ab-
setzen ihrer Larven aufsuchen, um es gleich nachher wieder
zu verlassen. Die eigentümliche Art der Fortpllauziing des
Alpensalamanders bringt es mit sich, daß er zu keiner Zeit
des Jahres an das Wasserleben gebunden ist.
In Deutschland sind die Schwaiizlurche nur durch eine
einzige Familie, die Salamandriden. vertreten, deren Gattungen
Salamandra und Molye in mehreren Arten unserer heimischen
Fauna angehören. Zur ersten Gattung zählen der auf schwarzem
Grund gelb gefleckte Feuersalamander des deutschen Mittel-
gebirgs, Salajnmidra maculosa Laur., der neuerdings auch in
unserem Stadtwald und auf der rechten Mainseite nachgewiesen
worden ist, und der einfarbig schwarze Salamander der
deutschen Alpen, S. atra Laur. Zur Gattung der Wassermolche
gehören drei in der nächsten Umgebung Frankfurts vorkommende
Arten: der Kammolch, Molge cristaia (L&wr.). der Bergmolch,
M. alpestris (Laur.) und der Streif enmolch, M. vulgaris (L.),
sowie eine vierte Art, der Leisten- oder B^adenmolch.
M. palmata (Schneid), der in der Maiuebene zu fehlen scheint,
aber schon im nahen Taunus und an dessen südlichen Abhängen
regelmäßig angetroffen wird.
Führt uns zur ersten Früh] ahr szeit ein Spaziergang
in unserem Stadtwald durch das junge, kaum sichtbare Grün
der knospenden Buchen nach der Grastränke oder ein Weg
von der Mainkur nach Bergen an den überschwemmten Wiesen
bei Enkheim vorüber, so können wir mühelos das Leben und
Treiben unserer einheimischen Molche im Freien beobachten.
An einer tieferen Stelle des kristallklaren Wassers erblicken
wir auf dem Grunde fast unbeweglich ein kleines Tierchen etwa
von der Gestalt und Größe einer Eidechse, mit einem hohen,
zackigen Kamm auf dem Rücken und mit einem silberglänzenden
Streifen in der Mitte des breiten Ruderschw^anzes. Es ist ein
prächtiges Kammolchmännchen im Schmuck des sogenannten
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— 107 —
„Hochzeitskleides" (Fig. 1)^). Behende und graziös schwimmt es
auf ein Weibchen seiner Art zu; es macht vor ihm Halt, um-
schwimmt es und peitscht sekundenlang mit dem breiten Schwänze
seine Flanken. Jetzt flüchtet das weibliche Tier, und mit ihm
entschwindet auch der schmucke Kammolch unseren Blicken.
Hier tummelt sich ein Pärchen der kleineren Streifenmolche
in feurigem Liebesspiel (Fig. 2)^}. Sie sind dem Leistenmolch
sehr ähnlich, jedoch zur B'rühjahrszeit im männlichen Geschlecht
durch einen hohen Kamm und durch das Fehlen des faden-
förmigen Anhangs, der dem abgestutzten Schwanzende des
y^
'/^^'k ^ Är'^-^.n.f7''-r">r'" ~~'ä '^ •■'i^ '»jT-ilA''-' '»O^-^- . ^
Fig. 2. Streifenmolche, M. vulgaris (L.) im Liebesspiel (etwa ^2 der
natürlichen Größe), Originalaufnahme von Douglas English.
Leistenmolches eigentümlich ist, von diesem unterschieden. Dort
sehen wir ein dickleibiges Weibchen des farbenprächtigen Berg-
molchs in eigenartiger Stellung unbeweglich im Wasser ruhen.
Während es mit den Vorderbeinen hin und her balanziert oder
sich auf eine Pflanze, auf einen untergetauchten Grashalm auf-
stützt, hat es mit den Hinterbeinen einen frischen Trieb winkelig
umgebogen und in dem Winkel ein eben abgesetztes Ei angeklebt.
Denn nicht in Klumpen oder Schnüren wie die Frösche und
Kröten ihren Laich, sondern einzeln legt das Molchweibchen
seine zahlreichen Eier (60 — 300) ab. Es wählt hierzu geschützte
^) Aus Köhler „Das Photographieren lebender Tiere im Aquarium".
Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 17. Jahrg., S. 223. Magdeburg
(Creutzsche Verlagsbuchhandlung) 1906.
^) Aus Douglas English „How to know the Amphibians. The
Newts". The Nature Book. Part 15, p. 449. London (Cassell & Co., Ltd.) 1908.
— 108 —
Stellen in den Blattwinkeln junger Wasserpflanzen, an einem
geknickten Grashalm, stets aber nicht in der Tiefe des Wassers,
sondern nur wenig unterlialb der Oberfläche, wohin der wärmende
Strahl der Frühlingssonne noch zu dringen vermag. In unserer
Gegend lebt der Bergmolch, der durch den Mangel an dunkleren
Flecken auf seiner prachtvoll orangerot gefärbten Bauchseite
gekennzeichnet ist, oft in denselben Tümpeln und Gräben mit
den anderen Molcharten zusammen; doch steigt er höher im
Gebirge auf als sie, und noch in einer Höhe von 27(30 m ist
er auf den baumlosen Matten des Hochgebirgs gefunden worden.
Wohin wir blicken, überall die munteren Tierchen, einzeln
oder in Paaren, manchmal auch mehrere Männchen in heißem
Liebeswerben um dasselbe Weibchen. Bald schreiten sie lang-
sam am Grunde des Wassers dahin, ab und zu behende nach
einem aufgescheuchten Elohkrebs, einer Wasserassel, einer
vorüberschwimmenden Kaulquappe schnappend, oder quer im
breiten Maul einen ringelnden Wurm, der sich verzweifelt ab-
müht, dem gefräßigen Molche zu entrinnen. Von Zeit zu Zeit
steigen die flinken Tierchen fast senkrecht zur Oberfläche des
Wassers empor, um Luft zu schöpfen, — denn sie atmen durch
Lungen — und lassen sich alsdann wieder langsam in die
Tiefe sinken. Werden sie aber durch den jähen Sprung eines
Frosches aufgescheucht, der sich vor unseren Schritten ins
Wasser flüchtend in den Schlamm einwühlt, so verschwinden
sie blitzschnell im Pflanzengewirr: denn alle Molche sind während
ihres Wasserlebeus ausgezeichnete, äußerst gewandte Schwimmer.
Verlassen wir jetzt die Grastränke und folgen dem Laufe
des Bächleins, das sie durchfließt. Unter prachtvollen Buchen-
beständen machen wir Rast und blicken sinnend in die klare
Flut. Was liegt dort am Grunde auf den modernden Blättern
abgefallenen Laubes? Es scheint ein kleines Stückchen Holz
zu sein, kaum 2 — 3 cm lang, von dem jederseits zwei kleine,
stämmige Seitenästcheu ausgehen. Unwillkürlich berühren wir
es mit unserem Stock: ein kurzer Ruck! Blitzschnell ist es
verschwunden, und jetzt sehen wir das vermeintliche Ästchen
wieder ebenso regungslos wie zuvor, etwa einen halben Meter
von der ersten Stelle entfernt, auf dem dunklen Grund des
Bächleins liegen. Wir blicken genauer zu und erkennen deut-
lich, daß die kleinen Ästchen an der Stelle, wo sie aus dem
— 109 —
Stückclien Holz liervorzukommen scheinen, einen kleinen, lichten
Fleck tragen. Es sind die hellen Flecken an den Extremitäten
der Salamanderlarve, und was wir anlänglich fhr ein Ästchen
gehalten haben, ist die nengeborene Larve unseres Feuer-
salamanders.
Nnr an vereinzelten Stellen unseres wasserarmen Stadt-
waldes werden Salamanderlarven gefunden. Häufiger sind sie
schon im Gebiet des Hengstbaches, der die angrenzenden hessi-
schen Waldungen in der Richtung von Dreieichenhain nach
der Alitteldick durchfließt, im ]\Iesseler und Groß-Gerauer Park,
und im nahen Taunus, in der Bergstraße und im Spessart sind
zahlreiche Wald- und Wiesenbäche von ihnen belebt.
Durch die Art ihrer Fortpflanzung unterscheiden sich
Salamander und Molche in bezeichnender Weise voneinander.
Während die Molche Eier legen, bringen unsere beiden Sala-
manderarten lebende Junge zur Welt. Indessen ist auch bei
ihnen je nach den äußeren Verhältnissen, unter denen sie leben,
die Art der Fortpflanzung verschieden. Der Feuersalamander
ist ein Bewohner des wasserreichen Berg- und HtigHllaudes, der
an einzelnen Stellen seines Verbreitungsgebietes auch in die
Ebenen der großen Flußläufe hinabsteigt, aber nur selten hiJher
im Gebirge als 800 m augetroffen wird. Der Alpensalamander
dagegen ist ein ausgesprochener Bewohner des Hochgebirgs, der
am liebsten innerhalb eines sich zwischen 1000 und 2200 m
hinziehenden Höhengürtels lebt und bis zu 3000 m aufsteigt.
Er fristet also sein Dasein und schreitet zur Fortpflanzung
noch in einer gewaltigen Höhe, in der es keine Bachläufe,
keine Wasseiiachen mehr gibt, in der vielmehr das Gewässer
der Gletscher über nackte Felsen rieselt und einer Fauna ent-
behrt, die seiner Larve zur Nahrung dienen könnte. Sie voll-
endet deshalb ihre Metamorphose im mütterlichen Organismus
und kommt als lungenatmendes Landtier zur Welt, au Gestalt
und Farbe ganz der erwachsene Alpensalamander im Kleinen.
Unser Feuersalamander setzt dagegen seine lebendigen
Jungen als kiementragende Larven ab, die mitunter noch von
der Eihülle umgeben, dieses dünne Häutchen erst während oder
unmittelbar nach der Geburt sprengen, und zwar wählt er mit
Vorliebe klare Quellen, Gebirgs- und Waldbäche zum Laichen.
Er vermeidet aber auch stehendes W^asser nicht, selbst enge
— 110 —
BruiinenstubeD, dicht bewachsene Tümpel und Lachen, wie sie
sich mitunter in verlassenen Steinbrüchen und Tongruben finden.
Wo aber Salamanderlarven leben, treffen wir sie gewöhnlich in
größerer Menge an; denn meistens setzt das einzelne Feuer-
salamanderweibchen zahlreiche Larven — bis 70 Stück —
hintereinander ab, während der Alpensalamander in der Regel
nur zwei Junge gebiert.
Wenn bei einer solch großen Fruchtbarkeit des Feuer-
salamanders anscheinend nur eine beschränkte Anzahl von In-
dividuen zur vollen Entwickelung gelangt, so rührt dies daher,
daß zahlreiche Larven anderen Tieren zum Opfer fallen. Die
wichtigsten Feinde der Salamanderlarven sind zugleich auch die
hauptsächlichsten Schädlinge der Larven unserer Molche und
dieser selbst, so lange sie im Wasser leben. Es sind vor allem
die Raubfische — Forelle, Groppe und Stichling — , Ringel-
und Würfelnatter und auch manche Amphibien, namentlich der
gefräßige Kammolch und der Wasserfrosch. Zu ihnen gesellen
sich der Flußkrebs und die räuberischen Libellenlarven hinzu,
Wasserwanzen, Wasserskorpion und die großen Schwimmkäfer
mit ihrer mordgierigen Brut, von der schon ganz kleine Exem-
plare die Molch- und Salamanderlarven anfallen und töten. Auch
die Larven der Köcherfliegen müssen zu den Schädlingen der
Molchbrut gezählt werden, insofern sie gelegentlich die an den
Blättern der Wasserpflanzen abgelegten Molcheier zerstören und
die Embryonen auffressen. Im Taunus und in der Bergstraße
sind die Forellen die gefährlichsten Feinde der Salamander-
larven ; in manchen Taunusbächen ist neuerdings der wieder-
eingeführte Flußkrebs hinzugetreten. Für die nähere Umgebung
Frankfurts kommt hauptsächlich der Stichling in Betracht, weil
er wie die Salamanderlarve fließendes Wasser dem stehenden
vorzieht. Und so mag gerade das massenhafte Auftreten des
Stichlings in dem Luderbach, sowie in den Tümpeln und Lachen
seines Überschwemmungsgebietes ein Grund sein, weshalb in
unserem Stadtwald trotz des regelmäßigen Vorkommens der
Salamauderlarven die Landform des Feuersalamanders recht
selten angetroffen wird.
Bei den Molchen dauert die Entwickelung der Embryonen
im Ei bis zum Ausschlüpfen der kleinen Larven je nach den
Temperaturverhältnissen und der Belichtung des Wassers ver-
Ill
schieden lange Zeit, im Durchschnitt 14 Tage. Die frisch aus-
geschlüpfte Molchlarve ist etwa 6 — 10 mm lang; sie hat
bereits deutlich ausgebildete äußere Kiemen, aber noch keine
Beine (Fig. 3)^) Sie unterscheidet sich durch ihre geringe Größe
und durch den völligen Mangel an Extremitäten ausreichend von
der neugeborenen Salamanderlarve. Denn die letztere mißt bei
der Geburt bereits 24 — 30 mm und hat schon vollständig aus-
gebildete, sogar recht plumpe Vorder- und Hinterbeine.
Während nun bei den Larven unserer Frösche und Kröten,
den Kaulquappen, zunächst die Hinterbeine und erst später die
Vorderbeine hervorbrechen, treten bei den Molchlarven die
Fig. 3. Molchlarve unmittelbar nach dem Ausschlüpfen. Darüber eine zweite
Larve noch von der durchsichtigen Eihülle umgeben (natürliche Größe) ,
Originalaufnahme von Douglas English.
vorderen Gliedmaßen früher als die hinteren hervor und zwar
schon in der ersten oder zweiten Woche nach dem Verlassen
des Eies, während die Hinterbeine etwa 14 Tage später zum
Vorschein kommen (Fig. 4)^).
Die Gliedmaßen der Molchlarven sind viel graziler als die
stämmigen und robusten Gliedmaßen der Feuersalamanderlarve.
Auch ist der Flossensaum des Ruderschwanzes bei den Larven
beider Gattungen von verschiedener Form. Bei unseren Molch-
larven ist er am hinteren Ende mehr oder weniger zugespitzt,
bei der Kammolchlarve sogar mit einem fadenförmigen Anhang
^) Aus Douglas English „How to know the Amphibians. The
Newts«. The Nature Book. Part 15, p. 452. London (Cassel & Co., Ltd.) 1908.
2) Ebenda, p. 453.
— 112 -
verseilen, und außerdem ist er wesentlich liühei- und überzieht
fast den ganzen Eücken bis zum Nacken in die Gegend der
Kiemenwnrzeln. Bei der Larve des Feuersalamanders dagegen
ist der Flossensaum des Schwanzes breit ziigerundet und leicht
nur etwa bis zur Mitte des Rückens.
Diese rein morphologischen Unterschiede haben einen sehr
charakteristischen biologischen Unterschied in der Art dei- Fort-
bew^egung der Larven der Molche und Salamander zur Folge.
Die Feuersalamauderlarve bewegt sich auf ihren stämmigen
Gliedmaßen kriechend am Boden, und aufgescheucht schwimmt
sie ruckweise durchs Wasser, um sich alsbald wieder auf den
Fig. 4. Junge Molchlarven in verschiedenen Stadien der Entwickelung
(natürliche Grüße), Originalaufnahme von Douglas English.
Boden niedersinken zu lassen. Die Molchlarve dagegen bewegt
sich schwimmend im Wasser umher, während ihr die grazilen
Extremitäten das Kriechen am Boden erschweren, und entwickelt
namentlich auf der Jagd nach Beutetieren eine ganz erstaunliche
Behendigkeit im Schwimmen.
Feuersalamander und Molche sind während ihres ganzen
Lebens, sowohl im Larvenzustand wie als entwickelte Lurche,
Fleischfresser, und zwai- ernähren sie sich ausschließlich von
lebenden Tieren, unmittelbar nach dem Ausschlüpfen aus dem
Ei beginnt die Molchlarve ihre Jagd auf Hüpferlinge und
Wasserflöhe, und die gleichen kleinen Krebsclien und junge
Wasserasseln sind auch dei- neugeborenen Salamauderlarve eine
willkommene Beute. Daneben fallen die Larven und Puppen
unserer verschiedenen Schnakenarten, der Eintagsfliegen, einzelner
— 113 —
Arten von Wasserkäferu nnd anderer Insekten in großen Mengen
den gefräßigen Salamander- nnd Molchlarven znm Opfer, ebenso
kleine Wassersclinecken und Muscheln, Schneckeneier, Würmer,
Flohkrebse und selbst junge Kaulquappen und kleinere Larven
der eigenen Art. Die Lebensweise der schwerfälligen Salamandei-
larve am Grunde der Gewässer bringt es indessen mit sich, daß
ihr vorwiegend die Bodenfauna zur Nahrung dient, während die
schwimmgewandte Molchlarve auch auf die planktonisch lebenden
Arten Jagd macht.
Da die Paarungszeit der Molche sich durch viele Wochen
hinzieht und der Feuersalamander den ganzen Frühling und
Sommer hindurch seine Jungen absetzt, treffen wir in den ersten
Sommermonaten an geeigneten Ortlichkeiten Larven in den
verschiedenen Stadien ihrer Eutwickeluiig an. Allein mit Beginn
der heißen Jahreszeit trocknen viele Tümpel und Gräben, die
nach der Schneeschmelze im Frühjahr reichlich Wasser enthielten,
allmählich aus; die kleineren Bäche beginnen zu versiechen, und
so werden an vielen Orten unsere Molch- und Salamanderlarven
zu einer frühzeitigen Metamorphose genötigt. Sie wird be-
günstigt durch das Sinken des Wasserstandes, das eine stärkere
Er^värmung des Wassers zur Folge hat und zugleich den heran-
wachsenden Larven die Möglichkeit einer reichlicheren Ernährung
bietet, indem auch ihre Beutetiere auf ein dichteres Zusammen-
leben angewiesen sind. So sehen wir unsere Larven je nach
der Örtlichkeit zu verschiedenen Zeiten zur Metamorphose
schreiten ; doch vollenden sie ihre Entwickelung zum Landtier
im allgemeinen in einem Zeitraum von 2—372 Monaten.
Schickt sich nun die Feuersalanianderlarve zur Verwandlung
an, so machen sich an ihr sehr auffällige Veränderungen bemerk-
bar, vor allem in bezug auf die Färbung und auf die Gestalt
der Kiemenbüschel und des Flossensaums am Schwänze. Die
erwachsene Salanianderlarve ist etwa 5 — 6 cm lang und von grau-
brauner Farbe mit einer unregelmäßig angeordneten, dunkleren
Fleckung am Rumpf und Schwanz, wählend die charakteristischen
hellen Flecken an der Wurzel aller vier Extremitäten bereits
deutlich eine gelbliche Farbe angenommen haben. In den letzten
Wochen vor der Verwandlung treten auch am Kopfe über den
Augenlidern und in der Ohrgegend helle E'lecken auf, die manch-
mal jederseits zu einem schmalen Bande zusammenfließen. All-
— 114 —
mälilich werden diese Flecken mattgelb mit einem eigenartigen
Bronzetou, während die Grundfärbung der Larve am Kopf und
Rücken dunkler wird und die vorher rosafarbene Bauchseite
einen Stich ins Stahlblaue annimmt.
Die Kiemenbiischel der Salamanderlarve haben in den
letzten Wochen vor der Verwandlung ihre größte Entwickeliing
erlangt und sind zu einem prachtvollen „Federkragen" geworden.
der den Hals des Tieres umgibt (Fig. 5)^). Kurze Zeit, bevor die
Larve ans Land geht, bilden sie sich jedoch ziemlich schnell
Fig. 5. Salainanderlarve kurz vor »1er Verwandlung fetwa '^jj der natürlichen
Größe), Originalaufnahme von H. Hin t er b er ger -Wien.
zurück, schließlich soweit, daß sie nur noch ganz kurze Stummel
darstellen. Jetzt sehen wir die Larve sich meist an der Ober-
fläche des Wassers aufhalten odei- mit dem Kopf auf einem den
Wasserspiegel überragenden Stein oder am flachen Uferrande
liegen, so daß die Kiemenreste gerade noch vom Wasser um-
spült sind. Annähernd gleichzeitig mit ihrer Rückbildung wird
auch der Flossensaum am Schwänze schmäler und schwindet
allmählich mehr und mehr. Der typische Ruderschwanz verliert
dadurch seine seitliche Abplattung, wenn er auch, so lange die
Larve im Wasser bleibt, noch nicht die volle Rundung an-
M Aus Fahr „Versuche über Neotenie bei Salaniandra maculosa'^.
Wochenschrift für Aquarien- und Terrarienkunde. 4. Jahrg., S. 536. Braun-
schweig (Gustav Menzel & Sohn) 1907.
— 115 —
nimmt, die dem drehruuden Schwanz des erwachsenen Salaman-
ders eigen ist.
Ganz ähnliche Vei'änderuugen hinsichtlich der Färbung,
sowie der Rückbildung der Kiemen und des Flosseusaums am
Schwänze treten bei der Molchlarve auf, bevor sie sich an-
schickt, das Wasser zu verlassen.
Der Akt der Metamorphose stellt an den Organismus der
Larven unserer Schwanzlurche offenbar ungeheure Anforderungen,
wie dies erklärlich ist, wenn man bedenkt, daß ein bisher
kiementragendes Wassertier sich in wenigen Tagen zu einem
lungenatmenden Landtier entwickelt. Während der Verwand-
lung ist die Freßlust der Larven stark vermindert, vielleicht
ganz aufgehoben, und ist die Metamorphose vollendet, so ist der
junge Laudsalamander etwa 1 — 1^2 cm, der kleine Molch
^2—1 cm kleiner, als es wenige Tage zuvor die Larven ge-
wesen sind.
Nicht sämtliche Larven unserer einheimischen Molcharten
entwickeln sich indessen zur Landform. Unter besonderen Ver-
hältnissen, die uns im einzelnen noch nicht genügend bekannt
sind, verbleiben manche Individuen wie der Axolotl der mexi-
kanischen Seen dauernd im Wasser und erreichen im Larven-
zustand die Geschlechtsreife. Es handelt sich bei dieser interes-
santen Erscheinung also offenbar nicht um eine Entwickelungs-
hemmung, sondern um eine Anpassung an äußere Lebens-
bedingungen. Solche fortpflanzungsfähige Larven , die man
neotenische nennt, werden beim Bergmolch am Südabhang der
Alpen und in den kleinen Seen Oberitaliens ziemlich häutig ge-
funden, und auch an den verschiedensten Orten Deutschlands
kommen sie bei sämtlichen Molcharten vereinzelt vor. Beim
Feuersalamander dagegen scheint eine vollständige Neotenie
noch nicht beobachtet worden zu sein.
Inzwischen ist es Hochsommer geworden. Die wasser-
lebenden Larven zahlreicher Insektenarten, die den Molchen
und Salamandern während ihres Jugendstadiums zur Nahrung
dienten, haben gleichfalls ihre Entwickelung vollendet und sich
zu geflügelten Formen umgewandelt, die der unbeholfene und
schwerfällige, kleine Schwanzlurch nicht mehr zu erhaschen
vermag. Wohl aber trifft er auf seiner Landwanderung kleine
Beutetiere genug an, die ihn durch ihre Bewegung zur Jagd
8*
— 116 —
anlocken. Es sind Blattläuse, Spinnen und Milben, Asseln und
Tausendfüßer, Nacktschnecken, kleine Würmcheu, unbehaarte
Räupchen u. a., und gelegentlich mag ihm auch eine stillsitzende
Mücke oder eine kleine Heuschrecke zum Opfer fallen. In
den feuchten Waldungen, die er sich zum Aufenthalt erkoren
hat, sprossen zu Ende des Sommers Pilze in Menge aus der
Erde ; sie beherbergen Fliegen- und Käfermaden genug, die den
kleinen Molchen und Salamandern eine willkommene Beute sind.
Es sind dieselben Arten — Würmer, Nacktsclmecken und Kerfe
nebst ihren Larven ~ , die auch den erwachsenen Lurchen zur
Nahrung dienen.
Auch die alten Molche haben inzwischen ihr Hochzeits-
kleid abgelegt und zu verschiedenen Zeiten je nach der Örtlich-
keit, an der sie zur Paarung geschritten sind, das Wasser mit
dem Lande vertauscht, um während der heißen Jahreszeit in
feuchten, kühlen Verstecken ein beschauliches Leben zu führen.
Nur vereinzelte Individuen verweilen an geeigneten Orten auch
im Spätsommer noch im Wasser, ja überwintern selbst in ihm.
Die übergroße Mehrzahl der Molche hat sich auch im äußeren
Habitus dem Landleben angepaßt. Der hohe Rückenkamra, der
die Männchen einzelner Arten zur Brunstzeit auszeichnet, hat
sich zurückgebildet; der Flossensaum des Ruderschwanzes, dessen
die Landtiere nicht mehr bedürfen, ist geschwunden, und die
vollen, leuchtenden Farben, die ihr Hochzeitskleid im ersten
Frühjahr geschmückt haben, sind verblaßt. Auf dem Lande
scheint auch das Nahrungsbedürfnis der Molche viel geringer
zu sein, als es während der Zeit ihres Wasserlebens gewesen
ist. Unmittelbar nach dem Verlassen des Wassers verkriechen
sie sich in ähnliche Schlupfwinkel, wie sie die Landform des
Feuersalamanders zeitlebens bewohnt, in das lockere Erdreich
unter freiliegenden Wurzeln oder in den Mulm morscher Baum-
strünke, unter moosbewachsene Steine, in altes Mauerwerk und
Felsenritzen, in verlassene Mauslöcher und andere Verstecke,
die ihnen tagsüber genügenden Schutz vor der Hitze des
Sommers gewähren. An solchen Orten werden gewöhnlich
mehrere Exemplare zusammenliegend angetroffen. Molche und
halbwüchsige E^uersalamander verlassen diese Schlupfwinkel,
in denen es ihnen an reichlicher Nahrung nicht fehlt, anscheinend
selten und nur, um sie mit anderen, nahe gelegenen zu ver-
— 117 -
tauschen. So kommt es, daß sie überhaupt nicht häufig außer-
halb ihrer Verstecke gefunden werden. Den erwachsenen Feuer-
salamander dagegen treibt der Hunger gelegentlich hervor. In
der Abenddämmerung, wenn feuchte Nebel sich auf Wald und
Wiesen lagern, verläßt er seinen verborgenen Schlupfwinkel,
um zu jagen, bis der Morgentau im ersten Strahl der aufgehen-
den Sonne erglänzt. Nur wenn nach längerer Tiockenheit
warme Regenschauer niederfallen , treffen wir ihn auch am
hellen Tage oft in großer Zahl selbst auf freien Plätzen und
mitten im Wege an.
Jetzt wird das grelle Gelb des Feuersalamanders, das ihn
zwischen dem fahlen Laub des Waldbodens so leicht den Blicken
des Spaziergängers verbirgt, zur Trutz- und Warnungsfarbe für
seine Feinde. B'reilich sind Feuersalamander und Molche
während ihres Landlebens nicht vielen Nachstellungen ausgesetzt.
Nur gelegentlich fallen sie nächtlich jagenden Vögeln und Säuge-
tieren zum (Ipfer, der Eule, dem Dachs, Iltis und Igel und
vielleicht auch wohl einer Wasserratte und Spitzmaus. Auch
Ringelnattern, große Eidechsen und Frösche werden manchmal
den jüngeren Exemplaren gefährlich.
Farbe und Zeichnung des Feuersalamanders sind recht
verschieden, je nach der Ortlichkeit, an der seine Larven zur
Entwickelung gekommen und die jungen Landtiere herange-
wachsen sind. Schon die Salamanderlarven zeigen eine außer-
ordentlich große Anpassung ihrer äußeren Erscheinung an die
Verhältnisse der Umgebung. Fließt das Bächlein, in dem die
Larve lebt, im Waldesdunkel dahin, wo sein Boden mit moderndem,
dunklem Laube bedeckt ist, so ist auch sie dunkel gefärbt,
während in souuenbeschienenen Wiesenbächen mit lehmigem
Boden auch ihre Grundfärbung fast lehmgelb ist. Und je vor-
herrschender der gelbe Ton in der Färbung der Larve, desto zahl-
reicher und größer gestalten sich die gelbe Fleckuug und Streifung
des erwachsenen Tieres, zumal wenn es in recht feuchter Um-
gebung auf lehmhaltigem Boden lebt. Dunkle Humuserde und
Trockenheit dagegen bewirken ein Zurücktreten der gelben
Zeichnung hinter der schwarzen Grundfarbe des Feuersalamanders.
Doch wechselt auch die Farbe der Flecken vom grellen Schwefel-
gelb durch Orange zum lebhaften Rot, obwohl derartig tiefrot
gezeichnete Salamander nur an vereinzelten Orten gefunden
— 118 —
worden sind.^) Als Abnormitäten kommen gele(?entlicli auch
beim Feuersalamander wie bei anderen Lurchen und Kriechtieren
einerseits pigmentarme Exemplare, selbst Albinos (E^ig. 6)-), und
andererseits melanotische Individuen vor. Bisweilen werden
sogar beide Farbenspielarten an dem gleichen Fandort an-
getroffen.
Anscheinend übt auch die Meereshölie, iu der der Feuer-
salamander lebt, einen Einfluß auf seine Färbuug aus. Das
grelle Gelb, das sich bei Tieflaudstieren findet, tritt mehr und
Fig. 6 Feuersalamander-Albino
(natürliche Grüße), Originalaulnahnie von F. Maue- Magdeburg.
mehr zurück, je höher der Wohnbezirk des Salamanders über
dem Meeresspiegel liegt. So sind Exemplare aus der subalpinen
Region oft vorwiegend schwarz gefärbt und tragen nur wenige
und kleine, mattgelbe Flecken. Sie nähern sich also in der
Färbung dem einfarbig-schwarzen Salamander des Hochgebirgs,
der indessen an Länge mehrere Zentimeter hinter unserem
^) V. Schwel z er bar th „Eine rote Farbenvarietät \o\\ Salamandra
maculosa Laur." Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.
1906, S. 119. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1906 und „Der
rotfleckige Feuersalamander {Salamandra maculosa Laur. var. (■occinea)"' .
Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 20. Jahrg., S. 382. Stuttgart
(Fritz Lehmann) 1909 (mit farbigen Abbildungen).
-) Aus Wolterstorff „Über einen Albino von Salamandra triaculosa
Laur. (Feuersalamander)". Blätter für Aiiuarien- und Terrarienkunde. 20. Jahrg.
S. 380. Stuttgart (Fritz Lehmann) li)09.
— 119 —
Feuersalamander zurückbleibt. Wohl führt der Alpensalamander
im allgemeinen ein ähnliches Leben wie unser Feuersalamander,
versteckt unter hohlliegenden Steinen und dergl. auf Viehtriften,
Matten und auch im Walde; doch lebt er geselliger als der
Feuersalamander, so daß in der Regel mehrere Exemplare in
demselben Schlupfwinkel gefunden werden.
Den ganzen Sommer hindurch bis in den Herbst hinein
bietet sich den Salamandern und Molchen Gelegenheit zu reich-
licher Ernährung. Mit dem herannahenden Winter aber wird
die Zahl ihrer ßeutetiere immer kärglicher ; doch nimmt mit
dem Sinken der Außentemperatur zugleich auch das Nahrungs-
bedürfiiis unserer Lurche ab. Und wenu die ersten Nachtfröste
die Reste des sommerlichen Insektenlebens erstai-ren lassen,
wenu fallender Schnee die Erde deckt, dann ziehen sich auch
Salamander und Molche in tiefer gelegene Schlupfwinkel zurück,
die ihnen Schutz vor der vviuterlichen Kälte gewäJiren. Jetzt
finden sich auch die ungeselligen Feuersalamander scharenweise
zusammen, und zu Dutzenden und Hunderten können wir sie
im Spätherbst an geeigneten Orten antreffen, die ihnen als
Winterquartiere dienen sollen.
So ist es Forstassessor Maisch^) zu Wilhelmsdorf im
Württembergischen Schwarzvvald zwei Jahre hintereinander
gelungen, die Feuersalamander bei dem Beziehen ihrer Winter-
quartiere zu beobachten. Eine Wegböschung im Walde mit
überhängenden Wurzeln und Felsenritzeu war ihr Ziel. In
milden Nächten, die auf die erste, kurze Frostperiode im
November folgten, wanderten die Salamander ihrem erwählten
Versteck entgegen und zwar in solchen Mengen, daß das
lauschende Ohr des Beobachters ihre Schritte im abgefallenen,
dürren Laube der alten Eichenbestände rascheln hörte. Mit
jeder Nacht zogen neue und größere Scharen heran und ballten
sich zeitweise in dichtem Durch- und Übereinander vor den
engen Eingängen der Erdlöcher und Felsenritzen zu wirren
Knäueln zusammen. Wochenlang wiederholte sich derselbe Vor-
gang, bis auch die letzten Nachzügler ein sicheres Unterkommen
in dem frostfreien Erdreich gefunden hatten. Maisch hat die
Zahl der Feuersalamander, die er Mitte November tagelang
^) Floericke „Kriechtiere und Lurche Deutschlands". S. 18—20.
Stuttgart (Kosmos) ohne Jahreszahl.
5
cf5'
w
°2.
5'
^
— 121 —
hintereinander vor ihren Winterquartieren sich zusammenfinden
sah, auf etwa 200 Individuen täglich geschätzt.
Nur vereinzelte Molche verbleiben, wie erwähnt, auch
während des ganzen Winters im Wasser und zwar außer den
geschlechtsreifen neotenischen Larven auch vollentwickelte Tiere.
Gelegentlich werden aber auch junge Molchlarven beobachtet,
deren Verwandlung zur Landform bei später Eiablage sich in-
folge ungünstiger Witterungsverhältnisse, von Mangel an Licht
und Wärme und von unzureichender Nahrung verzögert hat,
und die deshalb zur Überwinterung im Wasser gezwungen sind.
Freilich ist dies nur möglich in tieferen Wasserbecken, deren
Bodentemperatur während des ganzen Winters annähernd die
gleiche (4 — 5" C) bleibt, und in denen durch einen ständigen
oder nur vorübergehend unterbrochenen Wasserzufluß auch unter
der schneebedeckten, dicken Eiskruste eine genügende Sauer-
stoffzufuhr ermöglicht wird. In solchen Teichen ist eine aus-
reichende Winterfauna voihanden, die offenbar unseren Molch-
larven zur Fristung ihres Daseins und zu einer langsamen
Weitereutwickelung in der dunklen Tiefe genügt.
In milden Wintern sind an besonders warmen Tagen
gelegentlich auch Feuersalamander außerhalb ihrer Verstecke
beobachtet worden. Doch ist dies selten. In der Regel ver-
harren unsere Molche und Salamander in einer langen Winter-
ruhe, in der ihre . gesamte Lebenstätigkeit auf ein Minimum
herabgesetzt ist, und in dieser Starre, die ihnen die Nahrungs-
aufnahme erspart, schlafen sie dem kommenden E'rühling ent-
gegen, bis der wärmende Strahl der höher steigenden Sonne
sie zu neuem Liebesleben erweckt.
In der systematischen Schausammluug des Museums
sind die Schwanzlurche im ersten Obergeschoß des Nord-
flügels in dem zweitletzten Doppelschrank aufgestellt und zwar
von deutschen Arten nur 3IoIge cristaia (Laur.), Kammolch,
vom Grafenbruch bei Offenbach, und Salamandra atra Laur.,
Alpen- oder Mohrensalamander, von Oberstdorf im Algäu,
(Weibchen mit Embryonen, aus dem mütterlichen Eileiter aus-
geschnittener, kiementragender Embryo, junge und erwachsene
Exemplare). Von S. maculosa Laur., Feuersalamander, sind
— 122 —
zwei südeuropäische Varietäten ausgestellt : var. Corsica Savi
aus dem Prunellital bei ßastelica (Korsika) und var. molleri
de Bedr. aus der Serra de Gerez (Portugal), sowie die nalie-
verwandte, langscliwänzige Art aus dem Kaukasus, S. caucasia
(Waga), vom Lomis-Mta bei Borzom, die im männlichen Ge-
schlecht durch ein eigentümliches sexuelles Reizorgan, den
„Schwanzwurzelhöcker" gekennzeichnet ist^)."
Von ausländischen Arten sind in der systematischen
Schausammlung ferner vertreten: Spelerpes fascns B\)., Höhlen-
molch, aus Sardinien ; Salamandrina perspicülata (Savi), Brillen-
salamander, aus Italien: Molge inarnwra.ta (Latr.), marmorierter
Molch, aus Spanien ; M. (E/iproctus) v/o^ita/ia (Savi), korsischer
Bergmolch, aus Korsika; M. (Flevrocielcs) icalili Michail.. Rippen-
molch, aus Tanger (Marokko); M. viridesceiis (Ratin.), Tüpfel-
molch, aus Nordamerika ; M. pijrrhogastm Boie, Feuerbauch-
molch, aus Japan; sowie Nectunis ifiacidattis R-dün., Farchen-
molch, aus Nordamerika.
In der v e r g 1 e i c h e n d - a n a t o m i s c h e n und e n t -
w i c k e 1 u n g s g e s c h i c h 1 1 i c h e n S c h a u s a m ni 1 u n g im
zweiten Obergeschoß des Nordtiügels sind aut'gestelU: Salaiuandra
maculosa Laur., Feuersalamander, Weibchen mit reifen Eiern
und Embryoneu, sowie eine Reihe von Larven in verschiedenen
Stadien der Entwickelung, z. T. mit verstümmelten Extremitäten
infolge von Verletzungen durch Flußkrebse, aus den Bächen bei
Niedernhausen im Taunus, und S. atra Laur., Alpen- oder
Mohrensalamander, aus dem mütterlichen Eileiter ausgeschnittene
Embryoneu mit äußeren Kiemen, junge und erwachsene Exemplare.
^) K n 0 b 1 a u (; h „Der Kaukasische Feuersalamander, SnUnnandra
caucasia (Waga)". Mit einer farbigen Tafel und 4 Texttigiiren. Beriebt der
Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1905, S. 8*J. Frankfurt a. M.
(Selbstverlag der Gesellschaft) 1905.
— 123
Eine geologische Forschungsreise in die
Sierra Morena.
Von
Fritz Drevermann.
Man liest so vieles von den glänzenden Bildern der Alhambra
mit ihren sagenumwobenen Trümmern maurischer Pracht, von
dem lachenden Leben in Sevilla, von den Zigeunern, die in
Granada in Erdlöchern hausen und ihre wilden Tänze den
Fremden vorführen, von Stiergefechten mit ihrem Schimmer und
ihrem Jubel unter dem südlichen blauen Himmel. Immer wieder
taucht die Erinnerung an solche Schilderungen Spaniens in
uns auf und weckt unsere Sehnsucht nach dem wunderbaren
Lande. Wenn man aber hört, daß all diese Herrlichkeiten durch
Tagereisen mit der Bahn voneinander getrennt sind, und daß
die Reise selbst durch ödes, unbewässertes Land, durch Wüsten
ohne Baum und Strauch, ohne Leben, ohne Vogelsang führt,
daß in kahlen, wilden Gebirgen noch die Wölfe hausen, da
treten die Kontraste zwischen den landläufigen Schilderungen
des Landes und der Wirklichkeit recht scharf hervor. Und
erzählt schließlich der Reisende, der die Heerstraße der Cook sehen
Touristen verläßt und einsame Wege wandert, von Gegenden,
in denen man tagelang kein Haus, nur die elenden Hütten der
Hirten sieht, wo man nur diesen Hirten und ihren Ziegen be-
gegnet, so will dies schlecht zu dem fröhlichen Bilde passen,
das man sich von Spanien gemacht hat. Aber gerade die
Schilderung einer solchen Reise gibt eine rechte Vorstellung
von dem Lande, das einst die Herrscherin einer Welt gewesen
ist und heute jammervoll darniederliegt, und von seiner gast-
— 124 —
freien Bevölkerung, die in den großen Städten — wahrhaften
Oasen in der Einöde — durch die immer wachsende Fremden-
industrie den gleichförmigen Charakter aller Großstadtbewohner
angenommen hat.
Wir hatten als Ausgangspunkt für unsere Forschungen
Alraaden gewählt, die alte, berühmte Quecksilberstadt, deren
reiche Zinnoberbergwerke auch heute noch den größten Teil
des tlüssigen ]\[etalls liefern. Gerade die Umgegend von Almaden
sollte nach der Literatur eine Fülle von Versteinerungen bergen
und zwar besonders solche, die mein Interesse seit meinen
ersten Studien im rheinischen Gebirge gefesselt hielten. Fran-
zösische Forscher hatten in den fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts dort gesammelt und ihre Ausbeute, sowie die von
dem ehemaligen Almadener Bei'gwerksdirektor Prado ge-
sammelten Fossilien beschrieben Außer einer Menge von Krebsen
aus dem Altertum der Erdgeschichte, den Trilobiten, waren es
ganz besonders Versteinerungen, die denen unseres rheinischen
Devons ungemein nahe verwandt schienen. Wenn solch eine
Ähnlichkeit bei einer einzelnen Form auftritt, kann sie zufällig
sein und oft den Forscher täuschen; wenn aber die ganze Tier-
welt, die in den Schichten der Sierra Morena begraben liegt,
mit deijenigen unseres rheinischen Devons übereinstimmt, —
und so schien es in der Tat — so konnten sich aus ihrer
gründlichen Erforschung wichtige Folgerungen über Verbreitung,
Gestaltung und Tiefenveihältnisse der Meere zur damaligen Zeit
ergeben. Außerdem waren einige verdächtige Versteinerungen
beschrieben worden, die neues verhießen, und nicht zuletzt lag
ein großer Reiz auch in dem Umstand, daß bisher nur das
Pariser Museum sich rühmen konnte, aus jener Gegend Petre-
fakten zu besitzen. Dies war die wissenschaftliche Begründung
der Reise, und da unser korrespondierendes Mitglied Herr
A. von G winner in Berlin die Mittel zu ihrer Ausführung in
freigebigster Weise zur Verfügung gestellt hatte und mir außer-
dem durch seine Vermittlung die Unterstützung der spanisclien
Behörden in Aussicht stand, mußte nur noch eins hinzukommen :
das rechte Sammelglück.
Bei unserer Ankunft in Almaden konnten wir wenig Spa-
nisch. Unsere Kenntnisse beruhten im wesentlichen auf zwei
kleinen Taschenlexikons ; aber sie reichten hin, um bis zum
— 125 —
„Hotel" durchzudringen, und nach einigem energischen Auf-
treten erhielten wir sogar ein Zimmer mit Fenstern. AVas
dies in der dortigen Gegend heißen will, weiß jeder, der einmal
dort gewesen ist. Kein Schlafzimmer hat Fenster ; der Inhaber
läßt abends seine Tür offen und vermeidet auf diese Weise das
Eindringen der Moskitos, die sich sonst mit Gier auf ihre Opfer
stürzen. Wir wollten aber Luft haben; also hieß es, die Mos-
kitos mit in Kauf nehmen. Manches Dutzend dieser blut-
saugenden Insekten hat sein Leben gelassen ; aber neue Kämpfer
füllten die Reihen, und bald mußten wir den ungleichen Kampf
aufgeben. Unser Bankier verstand unser Spanisch zwar offenbar
nicht übermäßig gut; aber er kannte einen Trilobiteu, und
dies genügte, um eine Verständigung mit ihm zu ermöglichen. Ich
empfehle jedem Forschungsreisenden, eine Versteinerung, wie
er sie besonders sammeln will, bei sich zu tragen ; dieses Mittel
half immer sehr gut. Es gab einen Mann in Almaden, der
Versteinerungen sammelte und die Fundorte kannte; er war
im Hauptfach Agent für Singer-Nähmaschinen und verkaufte
nebenbei Klöppelspitzen, Grammophone, Obst, reparierte alle
feineren Maschinen — kurz er machte alles — und er war
wegen seiner vielen Talente auch noch auf der staatlichen
Grube angestellt. Dies war Don Qu in tin Fernandez, und
diesen Mann empfehle ich jedem, der Almaden besucht, um dort
zu sammeln. Er war schnell gewonnen, uns zu begleiten, und
mit einem Empfehlungsbrief des Ministerpräsidenten Moret
konnten wir ihm sogar drei Wochen Urlaub erwirken.
Schon am ersten Nachmittag nach unserer Ankunft saßen
wir auf dem Feld und klopften Steine, mit mäßigem Erfolg,
aber doch die ersten, guten Petrefakten. Und nun gingen
drei Wochen hin, reich an Funden, voll Jubel über neue, schöne
Versteinerungen ; wäre aber auch die Ausbeute nicht so glän-
zend gewesen, wir hätten es nicht länger als einige Tage dort
ausgehalten! Am nächsten Tag war unser trefflicher Führer
schon um vier Uhr morgens auf dem Markt. Er kaufte Me-
lonen, Zwiebeln, Knoblauch, Weintrauben und was sonst noch
zum Lebensunterhalt während einer mehrtägigen Exkursion
gehölt. Seine prächtige Frau kochte und briet Fleisch und
Kartoffeln, füllte den großen Schlauch aus Ziegenfell mit feurigem
Rotwein, und alle Vorbereitungen zur Reise waren getroffen.
— 126 —
Drei Esel und ein Maultier warteten vor der Türe, und ein
Damensattel für meine Frau war schnell aus einem Kopfkissen
und aus vier Stöcken hergestellt, deren zwei kreuzweise zu-
sammengebunden wurden (allerdings mußte ein Eselstreiber be-
ständig dieses Kunstwerk festhalten). Dann luden wir die
Eßwaren, die Hämmer und das Einwickelpapier auf, und unter
dem Jubel der halben Stadt ging die Kavalkade los. Drei bis
vier Stunden im Sattel ist auf einem Pferd und auf guter
Straße keine Anstrengung; auf unseren Reittieren indessen war
der Ritt nicht sonderlich erfreulich. Zudem weit und breit
kein Baum, kein Strauch, abgesehen von vereinzelten Eucinen
(immergrünen Eichen mit laugen , süßschmeckenden Eicheln),
30 — 35° Wärme, und dabei gings querfeldein über Steingeröll
(unsere Begleiter sprachen fortwährend von einem Weg; aber
wir vermochten erst in den allerletzten Tagen unseres Aufent-
haltes in Spanien einen Weg oder einen Acker von einem Ab-
hang voll abgerollter Steine zu unterscheiden). In der Ferne
sahen wir unser Ziel, einen blauen Höhenzug mit ragenden
Felsen, daran augeklebt ein einziges kleines, weißes Haus. Als
wir es erreicht hatten, fanden wir einen alten Hirten, der sofort
für uns und unser Mittagsmahl Platz machte. Schnell einige
Weintrauben, eine Melone, und dann gings auf den Höhenzug
los, glücklicherweise zu Fuß; denn wir waren wie gerädert.
Unsere Reittiere weideten in der Nähe mit zusammengebundenen
Vorderbeinen die kümmerlichen Grashalme ab.
Das Blockmeer, das uns schon von weitem entgegenge-
leuchtet hatte, war den „Rossein" täuschend ähnlich, wie sie
am Rhein und im Taunus als wirre Schotterhalden von den
Quarzithöhen herabrollen. Und die erste Versteinerung, die wir
auflasen, war eine wohlbekannte Muschel des Taunusquarzits.
Jeder Schlag mit dem Hammer lieferte neues Material, und
immer wieder waren es die rheinischen Formen. Bald saß
meine Frau da und wickelte ein ; unsere Begleiter und ich
sammelten und trugen immer von neuem zu, bis der Abend
hereinbrach. Dann gings weiter, — ■ ein Esel hatte in seinen
Seiteukörben vollauf genug zu tragen von den Steinen — und
unser Nachtquartier war bald erreicht. Ein einsames Haus,
indessen geradezu luxuriös ausgestattet (es gab sogar Betten
darin und ein Zimmer mit Tisch und Stühlen), das uns der
— 127 —
freundliche Bankier in Almaden zur freien Verfügung gestellt
hatte, umgeben von einer rohen Steinmauer, in die abends das
Vieh zum Schutz gegen Wölfe getrieben wurde, bewacht von
mehreren riesigen Hunden und bewohnt von einfachen, freund-
lichen Leuten. Solche Abende bleiben unvergeßlich : ein
Abendessen aus einem großen gemeinsamen Topf, der vom Feuer
schwarz gefärbt aufgetragen wurde, — es gab „carne con
patatas" , Fleisch mit Kartoffeln — und aus dem wir mit
unseren Messern herausfischten, was darin schwamm ; dann Aus-
teilung von reichlich mitgenommenen Zigarren und ein stilles
Abendstündchen unter dem sternklaren Himmel in lautloser
Ruhe; zuletzt ein fröhlicher spanischer Sang zur Guitarre, zu
dem die Kinder des Verwalters tanzten ; dabei die lauwarme
Nacht, die Freude über die glücklichen Funde, die vorauseilenden
Pläne für den nächsten Tag und endlich eine Ruhe ohne
Moskitos !
Nach einigem Suchen gabs am nächsten Morgen sogar ein
Waschbecken en miniature mit Wasser, ein seltener Luxus.
Ein Handtuch war nicht aufzufinden, wurde aber durch eine
Schürze ersetzt, die uns fünf Tage lang treue Dienste geleistet
hat. Dann tranken wir Kaffee im Freien und zogen zu neuen
Funden aus. Heute sollte es Trilobiten aus den ältesten Silur-
schichten geben, wie ich sie vor Jahren in Böhmen und in der
Montague noire gesammelt hatte. Im Dorf, durch das wir zogen,
wurden der aus Frankfurt mitgenommene Trilobit herumgezeigt
und Kupfermünzen versprochen für alle, die sich am Sammeln
beteiligen wollten. Nach dreistündigem Ritt waren wir an Ort
und Stelle: 5 Peseten für den ersten Trilobiten ! — kaum hatte
ichs gesagt, da rief ein Hirt „Don Federico, un trilobita!"
Wahrhaftig, und noch dazu das Prachtstück einer Art, von der
wir nur zwei Exemplare gefunden haben. Und nun hagelte es
förmlich Trilobiten. In langer Linie verteilten wir uns am Ab-
hang und suchten die festen, schwarzen, kieseligen Knollen auf,
die aus dem weichen Bröckelschiefer herausgewittert waren.
Ein Schlag mit dem Hammer genügte fast immer, um sie zu
spalten, und oft waren gute Dinge darin. Überall wurden Depots
angelegt, um Zeit zu sparen; hoch am Busch flatterte die
Frankfurter Zeitung als Zeichen der Kostbarkeiten, die dort
lagerten, und laugsam zog meine Frau von Niederlage zu
— 128 —
Niederlage, um einzupacken. Glüliend heiß wurden die Steine;
immer wieder lief unser Kocli, der Eselstreiber, bis wir schließlich
kamen: glücklich, müde und hungrig. Leider waren unterdessen
die Ameisen über unser Fleisch hergefallen, und ein Esel hatte
unsere schönste Melone gefressen ; aber das andere reichte doch
aus, um den Hunger zu stillen. Zwei gefährlich aussehende
Hirten, bewaffnet mit alten Vorderladern und Messern, begleitet
von mächtigen Hunden mit Stachelhalsband, leisteten uns mit
einer Riesenherde von braunen Ziegen Gesellschaft, und gegen
ein paar Zigarren gabs einige Becher schäumender Ziegenmilch
zum Kaffee. (Über diesen Kaffee können meine Frau und ich
uns nicht einigen ; sie behauptet bis heute, es seien Eicheln
gewesen, während ich Eichelkaffee besser finde.) Nachher wurde
in der ärgsten Mittagshitze Siesta gehalten. Der einzige Baum
meilenweit gab uns seinen Schatten ; auf seine Zweige hatten
wir unsere Röcke gelegt, um ihn dichter zu gestalten, und so
hörten wir nichts als das Trappeln der Ziegen und das Schnarchen
unseres Führers. Der Nachmittag brachte wieder Trilobiten und
andere Versteinerungen in Menge und außerdem ein Novum für
uns: ein Hirt schoß ein Kaninchen und verkaufte es uns. An
diesem Tag begrüßten wir das Tierchen als Abwechselung in
unserem Küchenzettel noch mit Freude; heute denken wir mit
Grauen an das „conejo con patatas" zurück. Kaninchen gab
es von jetzt ab jeden Abend, und da wir unvorsichtiger Weise
erklärt hatten, es schmecke hervorragend, um unseren prächtigen
Wirten Freude zu machen, gabs auch in Alraaden nach unserer
Rückkehr bei zwei Einladungen „conejo^. Das Rezept bietet wohl
Interesse genug, um hier niedergeschrieben zu werden : Man zieht
dem conejo das Fell notdürftig ab, zerhackt es in große Stücke
und wirft es in einen Topf voll siedenden Öls. (Da wir in
Spanien sind, muß das Ol ranzig sein; sonst behagt es dem
verwöhnten Gaumen des Spaniers nicht.) In das gleiche Gefäß
kommen zerschnittene Kartoffeln, zwei handvoll spanischen
Pfeffers, je eine handvoll Knoblauch, Zwiebeln und zuletzt
Safran, damit das Gericht schön gelb werde. So kommt es auf
den Tisch, und nun suchen sechs, sieben oder mehr Messer in
der Schüssel herum, um ein zusagendes Stück zu erwischen.
Daß auch hierbei die spiichwörtliche Ritterlichkeit des Spaniers
den Gästen die besten Stücke läßt, ist selbstverständlich ; ja
~ 129 —
unser Eselstreiber, derselbe, der den „Damensattel" meiner Frau
zu halten hatte, ging in seiner Galanterie so weit, daß er be-
sonders hervorragende Stücke nach längerem Suchen auf der
Spitze seines fußlangen Dolches meiner Frau direkt in den
Mund schob. So lebten wir das erste Mal fünf Tage im gleichen
Haus, jeden Abend müde, aber in froher Stimmung zurück-
kehrend, jeden Morgen frisch hinausziehend in die Berge, in
jeder Weise unterstützt von prächtigen Menschen. Der leiseste
Wunsch wurde uns erfüllt, fast ehe er ausgesprochen war;
wohl hundertmal am Tag fragte der Eselstreiber, der den schönen
Namen Don Juan Rosas führte, ob wir irgend etwas ent-
behrten. Als meine Frau unvorsichtigerweise eines Abends sagte,
sie hätte wohl gerne einen Brief aus der Heimat, da ruhte er
nicht, bis ich ihm den Wunsch übersetzt hatte. Wenige Minuten
später war er verschwunden, und am anderen Morgen über-
reichte er uns, strahlend vor Glück, ein Paket, die Post aus
Almaden. Wohl fünf Stunden Weg hin und ebensoviel zurück
hatte er, ohne viel Worte zu verlieren, zurückgelegt, den Post-
verwalter mitten in der Nacht herausgeholt and war ausgelassen
vor Freude, als meine Frau ihn lobte. Und all der Jugend des
Dorfes, durch das wir zogen, muß ich gedenken: wie wurden
wir jeden Abend belagert, wie eifersüchtig waren die schmierigen
kleinen Kerle auf ihre Samraelerfolge, und wie strahlten sie,
wenn es reichlich Kupfermünzen gab.
Als wir zurückkehrten in unser Hotel in Almaden, eine
staubige, müde Truppe, alle Tiere schwer bepackt mit Ver-
steinerungen, da glaubten wir einige Tage Ruhe zu finden.
Aber der sofort beginnende Kampf mit den Moskitos und der
entsetzliche Schmutz ließen uns nicht ruhen. Schon am nächsten
Morgen zogen wir wieder hinaus, ausgerüstet wie das erste Mal,
jedoch nach einer anderen Richtung. Noch einsamer gelegen,
ganz isoliert im Gebirge, auf recht gefährlichem Saumpfad nur
mühsam zu erreichen, aber umgeben von zahlreichen, guten
Fundorten, die der treffliche Quintin kannte, und wieder
bewohnt von schlichten, einfachen Leuten, die uns alles gaben,
was sie besaßen. Diesmal hieß es allerdings auf der blanken
Erde schlafen, — nur einmal fand meine Frau eine Lagerstatt —
und wiederholt hörten wir nachts auch in weiter Ferne die
Wölfe heulen. Aber dafür waren auch die Erfolge gut, und
— 130 —
da wir reichlich Melonen mitgenommen hatten, brauchten wir
nicht ausschließlich von dem gräßlichen „conejo" zu leben. Am
meisten vermißt haben wir den Wald und das Wasser in jeg-
licher Form : zum Kochen, Trinken und Waschen. Oft gab es
meilenweit keine Quelle, und mehrfach haben wir Wasser aus
grünen Pfützen, die verdächtig genug aussahen, trinken müssen.
Auch diesmal war der Rückzug nach Almaden eine lauge und
schwierige Reise. Die Esel legten sich mit Vorliebe, wenn
wir sie gerade gut bepackt hatten, einfach um, warfen die
Steine wieder ab und mußten nun von neuem beladen und unter
beständigem Prügeln nach Hause gebracht werden. Aber es
gelang schließlich doch, und in der folgenden Nacht hat uns
kein Moskito erwecken können, und längst stand die Sonne
hoch am Himmel, als wir anderen Morgens aufwachten.
Ich übergehe die Schilderung eines Stiergefechtes in dem
elenden Nest — es bot nichts anderes als derartige Veran-
staltungen, die zwar ärmlich waren, aber umso begeisterter
bejubelt wurden, weil sie nur selten stattfanden — und er-
wähne nur kurz zwei Einladungen, die wir annehmen mußten,
und die zu denjenigen Erinnerungen gehören, von denen man
nur selten und erst nach Jahren ohne schmerzliches Unbehagen
in der Magengegend spricht. Aber der eine Gastfreund war
unser trefflicher Quintin und der andere war der Drogist des
Ortes, Don Felipe Alcazär, ein einflußreicher Mann, auf
den wir zugleich als den Besitzer der einzigen — Badewanne
in Almaden Rücksicht zu nehmen hatten. Er hat uns viele Ge-
fälligkeiten erwiesen, ist oft mit uns hinausgezogen und hat
„conejo con patatas" gekocht, hat uns sogar eine Konserven-
büchse mit Lachs mitgebracht, die uns nachher noch mehrere
Tage als Trinkgefäß gedient hat (man gewöhnt sich an alles ; wir
haben zuletzt den „Kaffee" mit leisem Geschmack nach Lachs
und — Odol gerade so gern getrunken, wie E. Fr a as in
Ägypten seinen Tee mit Petroleumgeschmack). Solchen Leuten
hieß es schon ein Opfer bringen, und so mußten wir ein Diner
von fünf Gängen mitmachen.
Eine Fundstelle in der Nähe von Alamaden zeichnete sich
dadurch aus, daß sie auf einer richtigen, guten Straße mit Wagen
und Maultieren zu erreichen war. Da gleichzeitig gerade hier die
besten Funde von ganz neuen und unbekannten Petrefakten zu
— 131 —
erwarten waren, so benützten wir jedesmal diejenigen Tage zu
einer solchen Reise, die uns zwischen den anstrengenden, mehr-
tägigen Gebirgstouren übrig blieben. Ein großer, poröser Ton-
krug enthielt gutes Wasser ; der Wagen konnte all das gesammelte
bergen ; der Kutscher konnte kochen — kurz es war ein Luxus-
fundort. Ein Berg mit flachen Abhängen, dicht mit klebrigem
Gebüsche bewachsen, überschottert von oben bis unten von aus-
gelaugten Kalksandsteinblöcken, an der Seite angeschnitten von
einem fast wasserlosen Flußtal, so sah etwa dieser Fundort
aus. Fast alle Blöcke enthielten Versteinerungen, manche in
Hülle und Fülle ; der Fluß hatte die Schichten freigelegt, und
an seinen Ufern sahen wir Schieferschichten wechseln mit petre-
faktenreichen Sandsteinbänken, die nun alle untersucht wurden.
Und bei jedem Besuch gabs neues zu finden ; immer häufiger
wurden die Versteinerungen der oberdevonischen Zeit, die in
einem flachen Meer mit sandigem Boden gelebt haben mussten,
wie es gleichzeitig nur aus Belgien und Nordamerika bekannt
ist. Wie deutlich führt ein solcher Fund vor Augen, daß all
die Meereskarteu längst vergangener Zeiten nur Stückwerk
sind, daß jede Forschungsreise sie umwerfen kann. Wie groß
ist aber auch die Freude des Sammlers, dem es vergönnt ist,
solch einen frohen Fund zu machen, von dem er schon im
fernen Land ohne Bücher und Abbildungen voraussieht, daß er
neu sein, daß er die Wissenschaft ein gutes Stück vorwärts
bringen wird.
Der letzte Sonntag in Almaden war Packtag. Der Schreiner
hatte uns sieben Kisten gebaut, und in diese wurden die Funde
verstaut, sorgfältig getrennt nach Fundorten und Schichten,
immer mit dem frohen Gedanken an das Auspacken in Frankfurt.
Der Erholung sollten die letzten Tage dienen : Cordoba, Granada,
Sevilla und auf dem Heimweg Paris haben uns allmählich wieder
mit den Freuden der Zivilisation bekannt gemacht. Doch diese
letzten Tage waren eigentlich keine geologische Reise mehr.
Nur noch ein kurzer Abstecher brachte uns gerade mit dem
Einsetzen der Regenzeit eine reiche Beute. Von Cordoba aus
gings ins Innere des Landes, und das kleine Städtchen Cabra
beherbergte uns eine Nacht. In einem alten maurischen Hause,
mit leise rieselndem Brunnen im Hofe und mit leidlich sauberer
Küche, konnte man sich nach Almaden schon wohl fühlen. Ob-
9*
— 132 —
wohl es am nächsten Tage in Strömen regnete, beschlossen wir,
in die Berge zu fahren und an einem Fundort zu sammeln, der
nach der Literatur Ammoniten und andere Versteinerungen der
jüngsten Juraepoche bergen sollte. Zu unserer Freude weideten
dort einige Ziegen, und die Hirten, kleine fixe Buben und
Mädels, halfen uns fleißig sammeln. Wir hätten lange nicht so
reichen Erfolg gehabt, wenn diese Hilfe nicht gewesen wäre.
So konnten wir die ärgsten Regenschauer in einer kleinen Hütte
abwarten, und immer wieder brachten die kleinen Gehilfen uns
Hände voll Petrefakten, die sie mit ihren Spitzbubenaugen
trotz der Nässe der Steine schnell gefunden hatten. So oft
die Sonne wieder durchblitzte, sammelten wir gemeinsam, und
als wir nach wenigen Stunden abzogen, hatten wir etwa 250
gute Ammonshörner der verschiedensten Arten und etwa 100
andere Versteinerungen gesammelt.
Damit schloß die Geologie ab; unser braver Quin tin, der
uns bis hierher begleitet hatte, fuhr in seine Heimat zurück,
und wir reisten nach Granada, um über Sevilla, Madrid, Bordeaux
und Paris die Heimfahrt anzutreten. Langsam gewöhnte sich
unser Magen wieder an die Tatsache, daß es Butter gibt, daß
sogar ein Mittagessen ohne conejo möglich ist, und langsam
traten in der Erinnerung die erlebten Unbequemlichkeiten und
kleinen Leiden vor der Freude über das Neue und Schöne zurück,
das uns die Reise nach Spanien gebracht hatte.
— 183
Die Diamanten Dentsch-Südwestafrikas.
Mit 2 Abbildungen
von
Paul Prior.
Von allen Mineralien erfreut sich der Diamant der all-
gemeinsten Wertschätzung. Durch seine auffallende Erscheinung
nötigt er auch dem mineralogisch gänzlich Unbewanderten be-
sondere Beachtung ab, und selbst dem, der gar keinen Sinn
für die seltenen Eigenschaften des prächtigen Steines hat, wird
er durch seinen hohen Handelswert imponieren. Lebhaft interes-
siert die materielle Wertschätzung dieses Steines bei dem Vor-
kommen, von dem hier die Rede sein soll, da eine unserer
Kolonien, deren Sandreichtum berüchtigt war, durch eben dieses
Vorkommen zum Märchenland geworden ist, in dem man den
kostbaren Stein nur aus dem Sande aufzulesen braucht.
Wodurch ist nun eigentlich die Sonderstellung des Dia-
manten berechtigt? Die Eigenschaft, die ihn vor allen anderen
Steinen auszeichnet, ist seine Härte. Durch sie ist er den
anderen Mineralien so überlegen, daß er trotz seines hohen
Preises in der Bohrtechnik Verwendung findet. Der Karbonat,
eine schwarze, zu Schmuck gänzlich untaugliche Varietät des
Diamanten, erzielt sogar die höchsten Preise, da er den farb-
losen Schmuckstein an Härte noch etwas übertrifft. Neben der
Härte ist das Lie htbrechungs vermögen des Diamanten
seine auffälligste Eigenschaft, die man durch kunstvollen Schliff
zu besonderer Wirkung zu bringen gelernt hat. Für den Mine-
ralogen nimmt der Diamant außerdem noch durch seine Sub-
stanz an sich eine Sonderstellung ein. Er ist kristallisierter
^ 134 —
Kohlenstoff; kein anderer Edelstein ist von so einfacher
Zusammensetzung. Alle anderen Elemente, die als solche mine-
ralisch vorkommen, können leicht als Kristalle dargestellt werden,
in derselben Form, die wir auch in der Natur finden. Anders
der Kohlenstoff, der so außerordentlich weit verbreitet ist, der
als kohlensaure Salze viele Mineralien bildet und auch keinem
einzigen organischen Gebilde mangelt. Ihn in Kristallform zu
erhalten, ist bis jetzt nur in mikroskopisch kleinen Stückchen
gelungen. Auch sein Vorkommen in der Natur als Diamant
hat der Erklärung seines Ursprungs lange Zeit die größten
Schwierigkeiten bereitet. Alle älteren Vorkommen des viel-
begehrten Steines sind sogenannte Seifen, d. h. sekundäre Ab-
lagerungen. Auch die ersten Diamantfunde in Südafrika im
Jahre 1867 und die 1869 entdeckten Lagerstätten in dem Tal
des Vaalflußes waren solche Seifen, sogenannte River-Diggings.
Erst 1870 entdeckte man bei Kimberley und Jagersfontein pri-
märe Lagerstätten, die Dry-Diggings, und nannte sie, nachdem
ihr vulkanischer Ursprung erkannt worden war. Pipes (Röhren).
Diese Lagerstätten sind von sehr verschiedener Mächtigkeit;
sie bedingen auch eine veränderte Gewinnungsmethode, da sie
sich mehr nach der Tiefe ausdehnen, während die sekundären
Lager sich flach an der Oberfläche ausbreiten. In den Pipes
sind die Diamanten in Blaugrund oder in Gelbgrund gebettet.
Daher hat man auch in Südwestafrika, wo man schon lange
gehofft hatte, ähnliche Diamantvorkommen zu entdecken, wie
sie in den benachbarten Ländern abgebaut werden, vor allen
Dingen nach Blaugrund gesucht. Bei Gibeon am großen Fisch-
fluß, bei Berseba und. neuerdings auch bei Windhuk, im ganzen
an etwa 15 Stellen, hat man in der Tat auch Blaugrund gefunden ;
leider konnten in diesen Vorkommen aber noch keine Diamanten
nachgewiesen werden. Auch in Südafrika enthalten nicht alle
Pipes den Edelstein , und in den Pipes selbst sind die Dia-
manten sehr ungleich verteilt. Die als reich geltenden de Beers-
und Kimberley-Gruben enthalten etwa 55 Karat, andere, noch
immer abbauwürdige Gruben nur etwa 14 Karat pro Tonne.
Gegenüber den reichen Schätzen, welche die südafrika-
nischen Diamantvorkommen bergen, ist die Bedeutung der an-
deren Fundorte in den Hintergrund gedrängt worden. Ganz
besonders günstig für das südafrikanische Vorkommen ist auch
— 135 —
der Umstand, daß die Pipes mehr große Steine enthalten als
die Seifen. Die größten bis jetzt anfgefundenen Diamanten
gehören ebenfalls diesem Vorkommen an, so der schwerste, der
berühmte Gull in an (so benannt nach dem damaligen chairman
der Premier Company). Er wurde am 25. Januar 1905 im
„Yellow ground" 18 Fuß unter der Oberfläche der Premier
Mine gefunden. Als Geschenk der Kolonie Transvaal in den
Besitz des Königs von England gelangt, wurde der Cullinan in
Amsterdam geschliffen und aus ihm mehrere Steine von großer
Schönheit hergestellt, von denen zwei mit 5I6V2 und 309^/i6 Karat
die größten existierenden geschliffenen Diamanten sind. Der
rohe Stein wog 3024^/4 Karat oder ^/4 Pfund. Der zweitgrößte
Stein, der Excelsior, mit einem Rohgewicht von 971^2 Karat
ist in Jagersfontein ebenfalls in einer Pipe gefunden worden.
Wie in Transvaal die Entdeckung der ersten Fundorte
Zufälligkeiten zu verdanken ist, so war es auch in unserer
Kolonie. Im Mai 1907 brachte ein „Cape-boy", der wohl schon
früher Rohdiamanten gesehen hatte, den ersten Diamanten seinem
Herren, dem Bahnmeister Stauch. Hierdurch aufmerksam
geworden, entdeckte man bald, daß diese Steine dort gar nicht
so selten sind, und es will uns heute fast unbegreiflich er-
scheinen, daß die kleinen glitzernden Dinger nicht schon früher ent-
deckt worden sind, wenn man bedenkt, daß ein Bahnbau mit den
erforderlichen Erdarbeiten durch diese Gegend geführt worden ist.
Selbstverständlich bemächtigte sich sehr bald der Bewohner
von Lüderitzbucht das Diamantfieber, und so wurden in kurzer
Zeit die kostbaren Steine durch emsige Nachforschungen an
vielen Punkten der Kolonie gefunden. Wie dies bei derartigen
Entdeckungen unvermeidlich ist, tauchte auch bald die wilde
Spekulation auf. Indessen ergriff die Regierung zeitig genug
die nötigen Maßnahmen, um derartige Auswüchse zu unter-
drücken, so daß sich heute schon die Gewinnung und Ver-
wertung der südwestafrikanischen Diamanten in ziemlich ge-
ordneten Verhältnissen vollzieht und dem Lande hieraus ein
beträchtlicher Nutzen erblühen wird. Die Erforschung der Lager-
stätten auf wissenschaftlicher Grundlage hat ebenfalls eingesetzt,
und verschiedene Versuche sind schon gemacht worden, die Vor-
gänge zu erklären, denen diese Ablagerungen ihre Entstehung
verdanken.
— m —
Die Schicht, in der Diamanten gefunden werden, ist ziemlich
dünn, nur etwa 10 — 40 cm stark, und besteht aus einem Sande,
dessen einzelne Kürner liauptsächlich Bandachat, Eisenkiesel,
Jaspis, ferner Granat, Olivin und Magneteisen sind. Ungefähr
70°/o des Sandes bestehen aus Feinsand; der Rest ist ein Kies
von etwa 2 — 6 mm Korngröße. Der Gehalt dieses Sandes an
Diamanten ist recht verschieden und wohl noch nicht genau
anzugeben, da es nicht erwiesen ist, wieviel Steine bei dem
heutigen Gewinnungsverfahren ungewonnen bleiben.
Das Gewicht der einzelnen Diamanten aus der Zeit der
ersten Funde schwankte zwischen ^3 und Vs Karat ; jetzt hat
man auch wesentlich größere Steine aufgelesen. So wurde am
11. November 1909 bei Bogenfels (27"^ 30" südlicher Breite) ein
Diamant von über 17 Karat gefunden.
Über die E n t s t e li u n g der deutsch-südwestafrikanischen
Diamantlagerstätteu sind verschiedene Theorien aufgestellt
worden. Nach Merenskis Ansicht liegt die ursprüngliche
Lagerstätte der Diamanten in einem Gebiet von Mandeldiabas,
das jetzt durch das Meer unseren Augen verborgen ist. Diese
primäre Lagerstätte wurde in der Kreidezeit denudiert ; ihre
Produkte wurden durch das Meer wegtransportiert und in
ruhigerem Wasser wieder abgesetzt. Diese Kreideschichten, in
denen der Diamant nur spärlich vorkommt, wurden seit der
Hebung des Festlandes durch Regen und Wind zerstört, und
durch den Wind wurde alsdann das Konzentrat geschaffen, das
die jetzigen abbauwürdigen Lager darstellt. Andere Theorien
führen den Ursprung der Diamanten teils auf Kimberlitvor-
kommen in der Nähe ihrer jetzigen Fundstellen zurück; teils
nehmen sie an, daß die Diamanten durch Flüsse aus dem Innern
oder durch den Wind vom Süden fOranje River) hertransportiert
seien. Lotz spricht die Ansicht aus: „Die Lüderitzbuchter
Diamantvorkommen sind ältere, z. T. wieder durch den Wind
aufbereitete und verlagerte Küsteubildungen. Die Verknüpfung
der Diamanten mit den begleitenden Feinkiesen und die
AchatgeröUe einer jüngei'en Strandterrasse lassen vielleicht
Bezielmngen zum Stromgebiet des Oranje, also zu den Vaal-
river-Diamanten zu, denen die Lüderitzbuchter Diamanten in
ihrer Beschaffenheit und ihrem Begleitgestein außerordentlich
ähneln."
— 137 --
Die Ausdehnung- des Gebietes von Südwestafrika,
auf das die bis jetzt gefundenen Diamantlager verteilt sind, ist
recht beträchtlich; die nördlichsten und südlichsten Felder liegen
etwa 450 km voneinander, die östlichsten Felder ungefähr 20 km
von der Küste entfernt. Das Gebiet, in dem sich augenblicklich
die Diamantgewinnung entwickelt hat, ist in dem wasserarmen
Küstenstreifen gelegen, der unserer Kolonie bei vielen den Ruf
vollkommenster Unfruchtbarkeit verschafft hat. Wenn hier nun
auch tatsächlich große Armut an Trinkwasser herrscht, so ist
doch überall die Möglichkeit zur Beschaffung von Brackwasser
gegeben, das in geringer Tiefe unter der Oberfläche angetroffen
wird. Dies ist von größter Wichtigkeit für den Abbau der
Diamantfelder; denn ohne Wasser wäre die Aufbereitung des
Sandes mit den größten Schwierigkeiten verknüpft. Dagegen
erfüllt das Brackwasser für den technischen Betrieb der Diamant-
aufbereitung vollständig seinen Zweck. Der Aufbereitungs-
betrieb ist, wenigstens vorläufig noch, ein sehr primitiver.
Der Sand wird gesiebt, um das feine Material von dem grob-
körnigen, diamanthaltigeu zu trennen; das grobkörnige Material
kommt sodann auf einfache Handsiebe. Durch wiederholtes
stoßweises Eintauchen der Siebe in Wasser wird ein Stauchen
des aufliegenden Sandes bewirkt und hierdurch eine sogenannte
Setzwirkung erzeugt. Durch das Setzen werden die spezifisch
schwereren Körner nach unten gebracht, d. h. es sammeln sich
Diamant (spezifisches Gewicht 3,5), Granat (spez. Gew. 3,4—4,3),
Olivin (spez. Gew. 3,2 — 3,5) und Magneteisen (spez. Gew. 4,9—5,2)
unten auf dem Siebe an, während sich die übrigen Bestandteile
des Sandes, die verschiedenen Quarzvarietäten (spez. Gew. 2,7)
darüber lagern. Die Siebe werden alsdann auf einen Tisch
umgestürzt, so daß die nach unten gesetzten Mineralien oben aufzu-
liegen kommen. Der rote Granat, der schwarze Magnetit und
der grüne Olivin bilden eine Schicht, die sich durch ihre lebhafte
Färbung scharf abhebt und als Herz bezeichnet wird. In diesem
Herz finden sich auch die Diamanten, die dann mit der Hand
ausgelesen werden.
Die Prozedur des Setzeus und Auslesens wird mit dem
Herz so oft wiederholt, bis keine Diamanten mehr in dem Material
gefunden werden. Bei der Einfachheit des ganzen Verfahrens
läßt es sich natürlich nicht vermeiden, daß noch einzelne Diamanten
— 1B8 —
in den Abgängen verbleiben und so der Gewinnung entgehen;
jedoch erleichtert der außerordentliche Glanz der Steine die
Auslese ungemein. Eine der beigegebenen Abbildungen (Fig. 1)
zeigt einen Tisch mit dem aufgeschichteten Siebinhalt während
der Auslese der Diamanten, die andere Abbildung (Fig. 2) ein
Diamantfeld bei Kolmanskop; die darauf ersichtlichen Sandhaufen
sind durch den Abbau entstanden. In der mineralogischen
Fitf. 1. Auslese der Diamanten.
Schau Sammlung unseres Museums sind südwestafrikanische
Diamanten sowohl in dem Originalsande liegend, als auch im
Herz des abgesiebten und gesetzten Sandes ausgestellt, wie sie
sich bei der Arbeit des Auslesens zeigen.
Ein unliebsamer Verlust, dessen Vermeidung bei der
Diamantengewinnung stets besondere Beachtung gefunden hat,
ist der durch Betrug entstehende. Die Art des Vorkommens
und der Gewinnungseinrichtungen in Deutsch - Südwest be-
günstigen natürlich Unterschlagungen in hohem Maße. Des-
— 139 —
halb ist eine strenge Aufsicht des Diamantenhandels in Kraft
getreten, die wohl manchem unbequem erscheint, aber bei
den örtlichen Verhältnissen unbedingt erforderlich ist. In den
südafrikanischen Diamantgruben, die man ganz anders ab-
schließen kann wie die offenen Sandfelder Südwestafrikas ,
hat man mit großem Erfolg das „compound system" eingeführt.
Bei diesem System verpflichten sich die Arbeiter auf drei Monate
Fig. 2. Diamantfeld bei Kolmanskop.
dem Grubenunternehmer. Während dieser Zeit leben sie voll-
ständig von dem Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten in
den zur Grube gehörigen Gebäulichkeiten und erhalten dort
Kleidung und Nahrung geliefert. Wird der Kontrakt nach Ablauf
von drei Monaten nicht erneuert, so werden die Arbeiter vor
ihrer Entlassung einer peinlich genauen körperlichen Unter-
suchung unterworfen. Daß von jeher alle erdenkliche List auf-
geboten wurde, um unrechtmäßig erworbene Steine in Sicher-
heit zu bringen, ist verständlich, und interessant ist es, auf
welche Schliche manche Schmuggler verfallen sind. So waren
— 140 —
1888 die Polizisten eiuem Kaffer auf den Fersen, der im Ver-
dacht des Eidibi (Idb = illicit diamond buying) stand. Der ver-
folgte Kaffer schoß plötzlich einen seiner Ochsen nieder. Er
hatte statt der Kugel Diamanten im Gewehrlauf, die er
seinem Ochsen in den Leib jagte, um sie später wiederfinden zu
können.
Die Steine, die auf den südwestafrikanischen Feldern ge-
funden werden, sind im Durchschnitt von guter Qualität.
Die meisten Stücke sind klar und von heller Farbe; gelbliche,
rötliche, grünliche und bräunliche Kristalle treten auf, daneben
aber auch in beträchtlicher Menge schöne farblose Stücke, Ihre
Kristallformeu sind die bekannten, in denen der Diamant auch
an seinen anderen Fundorten auftritt. In Bezug auf die Menge
der Steine, die von den verschiedenen Fundorten in Deutsch-
Südwestafrika zu erwarten sein wird, gehen die Schätzungen
weit auseinander. Eine einigermaßen zutreffende Schätzung
dürfte auch noch kaum möglich sein ; daß wir es aber mit sehr
beträchtlichen Mengen zu tun haben, ist wohl sicher. Die
Produktion der ersten Monate hat folgende Zahlen erreicht:
von der ersten Entdeckung bis September 1908 : 2720 Karat,
September 6644, Oktober 8621, November 10228 und Dezember
11549 Karat. Im Jahre 1909 trat die Diamantenregie in Kraft,
die seit März regelmäßig die Produktion nach Europa verschickt
und zwar ungefähr 36000 Karat in jedem Monat.
Um diesen Zahlen gegenüber einen Maßstab zu geben,
wieviel Diamanten überhaupt in den Handel kommen, sei er-
wähnt, daß 1907 Südafrika allein rund eine Tonne (5002962 Karat)
gefördert hat. Nach den Angaben von Reunert, Bergeat
und der De Beers-Gesellschaft sind aus den Kimberley-Gruben
seit 1870 ungefähr 90347 750 kg Diamanten im Werte von
2644 553 400 M. gefördert worden. Trotz dieser großen Mengen
ist der Preis der Diamanten gestiegen, und zwar betrug nach
George F. Kunz der Wert eines Karats im Mittel des Gesamt-
exportes und Gesamterlöses:
1893 M. 26.— 1898 M. 26.50 1903 M. 43.—
1894 ,. 24.— 1899 „ 28.3U 1904 „ 39.95
1895 , 25.5U 1900 „ 33,15 1905 „ 40.90
1896 „ 26.75 1901 „ 36.90 1906 „ 43.—
1897 „ 26.90 1902 „ 41.95 1907 „ 44.75
— 141 —
Die Produktion au deutscli-südvvestafrikanischeu üiamanteu
ist gegenüber der Aufnahmefähigkeit des Weltmarktes nicht
so groß, daß sie einen ungünstigen Einfluß auf den Preis
erlangen wird. An dem Erfolg dieser Industrie hat der Staat
ein großes Interesse: er erhält ein Drittel des Wertes als Ab-
gabe, was bei der jetzigen Produktion bereits eine Einnahme
von mehreren Millionen im Jahre bedeutet. Auch verursacht
die einfache Art der Diaraantgewinnung in Deutsch-Südwest-
afrika so niedere Gestehungskosten, daß aus den Funden ein
außerordentlich großer Nutzen für unsere Kolonie zu erwarten ist.
142 —
Anton Dolirn und die Zoologische Station
zu Neapel.
Von
F. W. Winter.
Am 4. Oktober vorigen Jahres hat die Seuckenbergische
Naturforschende Gesellschaft den Lorbeerkranz an der Bahre
eines Forschers niedergelegt, der seit 9. April 1892, dem 75.
Jubiläumsjahr der Gesellschaft, zu unseren korrespondierenden
Mitgliedern zählte.
An der Stätte seines ersten Wirkens in Jena, wie es
Anton Do hm gewünscht hatte, fand die erhabene Totenfeier
statt. Obwohl in vierzigjähriger Arbeit das sonnige Italien ihm
ein zweites Vaterland geworden schien, war Do hm doch ein
deutscher Geist geblieben. Zahlreiche Forscher Deutschlands und
des Auslandes waren hier in Jena zusammengekommen, um dem
Manne, dem die gesamte Naturwissenschaft so unendlichen Dank
schuldet, eine letzte Stunde zu widmen.
Anton Dohrn und die Zoologische Station in Neapel
sind eine Einheit. — Eine kurze Schilderung seines Lebens bis
zur Gründung seiner Station mag vorausgehen.
Anton Dohrn wurde am 29. Dezember 1840 in Stettin
geboren. Sein Vater, Karl August Dohrn, war Doktor der
Kechte, ein Manu von ungewöhnlicher Vielseitigkeit in Wissen-
schaft und schönen Künsten, namentlich Musik, ein begeisterter
Anhänger Goethes, der mit Vorliebe spanische Dramen C al-
der ons und schwedische Lieder ins Deutsche übersetzte, ein
anerkannter Entomolog, der selbst eine entomologische Zeitschrift
gegründet und sie redigiert hat. Auf seinen vielen Reisen lernte
— 143 —
Karl August D o h rn Italien mit seiner Fülle von Eindrücken
einer gewaltigen Geschichte kennen und bewundern. Diese reiche
Atmosphäre war die geistige Keimstätte, in der Anton Dohrn
groß wurde, das geistige Protoplasma, wo die Begeisterung für
die Welt der Gedanken erwuchs, das Bedürfnis groß wurde,
den Punkt zu finden, wo Wollen und Handeln dem Denken zu
Hilfe kommen können, wie Anton Dohrn selbst erzählt.
Es folgten die Studienjahre an den Universitäten Königs-
berg, Bonn, Jena und Berlin, wo Dohrn 1865 die Doktorats-
prüfuug mit einer Arbeit über die Entwickelung des Insekteu-
flügels ablegte. Es ist verständlich, daß seine ersten Forschungen
das Gebiet der Arthropoden betrafen, von denen ja ein kleiner
Teil die väterliche Domäne bildete. Mit einer Embryologie der
Arthropoden habilitierte sich Anton Dohrn 1868 als Privat-
dozent in Jena. Bei seinen entwickeluugsgeschichtlichen Unter-
suchungen hatte Dohrn bald herausgefunden, daß ohne Heran-
ziehen der Beobachtungen an Jugendformen auf ein Eindringen
in die Probleme des Aufbaues der Organismen nicht zu rechnen
sei. Zum Studium der lebenden Jugendformen begab sich Anton
Dohrn nach einer kleinen Exkursion an verschiedenen Küsten
Westeuropas im Herbst 1868 nach Messina, dem Mekka der
deutschen Privatdozenten, wie die Italiener scherzend sagten,
wo seit Lazzaro Spalanzanis Zeiten 1787 wiederholt zahl-
reiche Naturforscher den faunistischen Reichtum des Siziliauischen
Meeres gerühmt hatten. Hier vertiefte sich Dohrn in das
Studium der Entwickelung der Krustazeen und knüpfte vielfache
Beziehungen zu anderen Gelehiteu an ; hier wurde auch der Keim
zu mancher tiefen Freundschaft gelegt, die sich später bewähren
sollte. Bis Frühjahr 1869 verweilte Dohrn an der Messinesischeu
Straße, und nachdem er einmal erkannt hatte, welche Fülle von
Problemen das intensive Studium der marinen Organismen nach
sich zog, trug er sich mit dem Gedanken, hier ein zoologisches
Laboratorium zu errichten. Solche Unternehmungen waren schon
früher in kleinen Anfängen verschiedentlich augebahnt worden, und
heute noch steht in Portovenere an der Halbinsel bei La Spezia
das Haus Spalanzanis, das einst ein kleines Laboratorium des
italienischen Forschers enthielt, die älteste zoologische Station.
Auch Carl Vogt hatte schon in den sechziger Jahren die
Absicht, ein großes zoologisches Laboratorium an dem herrlichen
— 144 —
PiiDkt Miramare in der nördlichen Adria zu errichten; die
eingeleiteten Verhandluugeu mit dem damaligen Kaiser von
Österreich zerschlugen sich indessen.
Verschiedene Buchten der westitalienischen Küste wurden
von Anton Dohrn auf seiner Rückreise besucht; der Aufent-
halt in Deutschland mit seinen jungen Freunden und Anhängern
und nicht zum wenigsten mit seinem Vater bot reichlich Ge-
legenheit über die tief empfundenen Eindrücke sich auszu-
sprechen. Und nachdem Dohrn in Hamburg und Berlin die
Seewasseraquarien besichtigt hatte, kam ihm eines Tages, —
er erzählt es selbst — als er im Februar 1870 in der Post-
kutsche von Apolda nach Jena fuhr, der Gedanke, eine marine
zoologische Arbeitsstätte, verbunden mit einem Schauaquarium
für Forscher und Publikum, an Italiens Küste zu errichten.
Eins jener großen Produkte einer Zeit, in der die Wogen der
geistigen Hochflut bei uns besonders brandeten und die deutschen
Heere siegreich gegen Westen vordrangen.
Für die Stätte hatte sich Anton Dohrn auf Grund
von Informationen und eigener Erfahrung bald entschieden : es
sollte der herrlichste Punkt an dem faunistisch reichen Golf
der Bella Napoli sein.
Hier beginnt Anton Dohrns großes Lebenswerk. Die Art
und Weise, wie er seine großen Pläne zielbewußt verfolgte, seine
ungewöhnliche Energie, sowie die diplomatischen B'ähigkeiten,
ohne die es ihm oft nicht möglich gewesen wäre, vorwärts zu
kommen, dies alles zwingt uns hohe Bewunderung ab.
Es ist leicht zu verstehen, daß das Munizip in Neapel
keineswegs geneigt war, Anton Dohrn für seine Wünsche,
die mau zunächst nicht verstand, die Mitte des herrlichen Parkes
der Villa Reale zu überlassen mit dem prächtigsten Ausblick
nach Süden auf den Golf, nach Westen auf den Posilipp, nach
Osten auf die Silhouette des Vesuvs ; eine Stätte, an der die vor-
nehme Welt Neapels allabendlich bei untergehender Sonne ihren
Korso abhielt. Mancher seiner Freunde und Verehrer stand damals
mißtrauisch und kopfschüttelnd beiseite, und es bedurfte der
Überwindung vieler Widerwärtigkeiten und des Einflusses erst
zu gewinnender Freunde, um Munizip und Regierung von der
hohen Bedeutung seiner vornehmen Aufgabe zu überzeugen und
den ersten Vertragsabschluß durchzusetzen, nach welchem das
— 145 —
Eigentumsrecht der zu erbauenden Station auf die Stadt überging
und das Nutznießuugsrecht für 30 Jahre Anton Dohrn bleiben
sollte. In den ersten Apriltagen 1872 konnte der Grundstein
zu dem Monumentalbau der Stazione Zoologica gelegt werden.
Von vornherein war sich Dohrn darüber klar, daß eine
Stätte, lediglich wissenschaftlicher Forschung dienend, ganz außer-
ordentlicher Mittel bedurfte; er verknüpfte deshalb die rein wissen-
schaftliche Arbeitsstätte mit dem öffentlichen Schauaquarium.
Die Einnahmen aus den Aquarien sollten einen Teil der Kosten
des wissenschaftlichen Betriebs decken. Dieser Umstand mußte
bei der Auswahl des Platzes berücksichtigt werden. Freilich
verlangte die Stadt dagegen hier ein monumentales Gebäude, so daß
die Kosten über die ursprünglich vorgesehenen weit hinausgingen.
Aber Anton Dohrn hatte keineswegs die Absicht, sein Unter-
nehmen auf beschränkter Basis aufzubauen ; er hatte die Not-
wendigkeit, entsprechend dem Bedürfnis, der Naturwissenschaft
eine Stätte intensivster Forschungsmöglichkeit zu schaffen,
erkannt und hat dieser großen Forderung, getreu seinem
wissenschaftlichen Denken, Rechnung getragen. Dies war die
hohe Aufgabe, die er sich gestellt hatte! So entstand der vor-
nehm-einfache, majestätische Bau mit einem Kostenaufwand für
Bau und innere Einrichtung von 369136,11 Frs. (I. Jahresbericht
der Zoologischen Station 1876).
Im September 1873 konnte der erste Forscher, der jetzige
Geheimrat Waldeyer in Berlin, seine Tätigkeit beginnen; die
Aquarien wurden gerade eingerichtet. Als zweiter folgte von
Februar bis Juni 1874 Francis Balfour. Der Zuzug zu der
Station war überraschend ; 1874 arbeiteten bereits 30 Biologen
verschiedenster Nationalität an dem neuen Institut. Das
Aquarium ergab schon im ersten Jahre seiner Eröffuung eine
Einnahme von mehr als 20000 Frs. Um das Interesse für die
Station zu wecken und ihre Einnahmen zu vermehren , ver-
schickte man schon frühzeitig konserviertes Material. In der
ersten Versandliste finden wir eine uns angehende Notiz;
am 2. April 1873 steht an zwölfter Stelle die Bemerkung
„Senckenbergisches Museum Frankfurt a. M. alle Klassen", eine
Bemerkung, die sich am 2. Juni 1875 wiederholt.
Die so prächtig angelegte Aufgabe wuchs indessen unter
der Hand dergestalt riesenhaft, daß die Einnahmen des Aqua-
10
— 146 —
liums ducli nur einen kleinen Teil der Unterhaltungskosten
des großen Unternehmens deckten. Um die notwendigen pe-
kuniären Mittel für die Aufrechterhaltung des wissenschaftlichen
Betriebs der Station zu erlangen, griff Anton Do hm zur
weiteren Ausgestaltung seiner schon früher angebahnten Wege,
der Vermehrung der jährlichen Subventionen durch erhöhte
Vergebung von Arbeitsplätzen an die verschiedenen europäischen
Regierungen. Das Bedürfnis nach Erlangung eines Arbeitstisches
machte sich mehr und mehr bemerklich, und so verdoppelten die
italienische und die deutsche Regierung bald ihre gemieteten
Tische. Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt und
Hamburg, das Kgl. Sächsische Hausministeriuni, die holländische
Regierung, die Universitäten Cambridge und Straßburg, die
British Association, die Berliner Akademie der Wissenschaften,
sie alle hatte Anton Do hm nach und nach dauernd oder
vorübergehend für sich gewonnen. 1877 betrug die Zahl der
jährlich gemieteten Arbeitstische 26, und da ein großer Teil der
Inhaber den Tisch mit M. 1500 jährlich zahlte, so wurden die
Einnahmen wesentlich erhöht.
Seit dieser Zeit ist ihre Zahl ständig gewachsen. Aber
das große Unternehmen verschlang doch zu reichlich Mittel durch
die vielen Bedarfsartikel an Reagenzien und Instrumenten, die
in liberalster Weise zum Arbeiten seitens der Station gestellt
werden, durch die zahlreichen Beamten, durch die Bibliothek,
welche die Arbeitsmöglichkeit wesentlich erleichterte, aber um-
somehr pekuniäre Lasten brachten, und so wies das Budget des
Institutes oft ein Defizit auf, obgleich Dohrn in uneigennützigster
Weise seine eigenen Mittel weiter und weiter hereinzog und
auch seine Gemahlin „lieber die Tische der Gelehrten gut
gedeckt wünschte, als den häuslichen". So war es in den
ersten Jahren oft ein heißes Ringen um die Existenz von
Anton D 0 h r n s großartiger Schöpfung. Und Männer wie
Helmholtz, Du Bois-Reymond, nicht zum wenigsten
Charles Darwin, Werner und William Siemens, Karl
Ernst von Baer, Huxley, Francis Balfour, Carl
Theodor von Siebold, Carl Vogt, Carl Ludwig,
Theodor Billroth und viele andere Freunde Dohrns machten
ihren Einfluß zur Förderung des Unternehmens geltend. Mit
besonderem Interesse nahmen regen, wohlwollenden Anteil an
— 147 —
dem Gedeiheu der zoologischen Station der König nud die Königin
von Italien, viele Fürsten, sowie drei den t sehe Kaiser. Und
Kaiser Wilhelm I. hat wiederholt in kritischen Zeiten aus
seiner Tasche große Zuwendungen gemacht. Bald konnte Anton
Dohrn einen Wunsch in Erfüllung bringen, der für die Be-
wegungsfreiheit auf dem Golf und zum Einbringen von reich-
lichem Tiermaterial von großer Wichtigkeit war, und für den er
immer mit unermüdlichem Eifer gearbeitet hatte: die Anschafiung
eines für die Spezialzwecke der Fischerei eingerichteten Dampfers.
Infolge einer Eingabe au die Akademie der Wissenschaften zu
Berlin und mit Unterstützung des Unterrichtsministeriums wurden
Anton Dohrn endlich die Mittel zur Beschaffung eines solchen
zur Verfügung gestellt. Am 21. Mai 1877 langte der nach
Dohrn s besonderen Angaben auf der Thornj^croft- Werft in
London gebaute Stahldampfer „Johannes Müller" wohlbehalten
in Neapel an. Gleichzeitig mit diesem äußeren, für die Station
nach verschiedenen Richtungen großen Vorteil konnte Dohrn
in seinem zweiten Bericht über die Station (1876 — 1878) einen
weiteren, wichtigen Erfolg verzeichnen: die Verlängerung des
Vertrags mit der Stadt Neapel auf 90 Jahre.
Langsam aber stetig schritt so Anton Dohrn von Erfolg
zu Erfolg, beständig bestrebt, den Wirkungskreis der Station zu
größerer Leistungsfähigkeit zu erweitern und die Mittel hierzu
zu erlangen.
Die wiederholten Gesuche an die deutsche Regierung um
Zuschüsse zu den Betriebskosten der zoologischen Station führten
endlich zum Ziel. Das Auswärtige Amt ordnete eine Unter-
suchung der Station seitens des kaiserlichen Botschafters in
Rom au und stellte auf dessen Bericht hin weitere Mittel zur
Verfügung. Dieses Gutachten war aber von noch größerer Be-
deutung, als nämlich jene Petition der Professoren Helmholtz,
VirchowundDu Bois-Rey mond, begleitet von den Worten
„es hat die Zoologische Station in Neapel die Wissenschaften vom
tierischen Leben in ein neues Stadium der Entwickelung empor-
gehoben," an die deutsche Reichsregierung ging, mit der Forderung,
der Zoologischen Station in Neapel einen jährlichen Zuschuß von
M. 30000— zu gewähren. Diese Petition, eine Auszeichnung,
die der Station gewissermaßen „ein Ritterschlag" war, fand,
unterstützt vom Fürsten Otto von Bismarck, wohlwollende
10*
— 148 —
Aufnahme bei der Aufstellung des Reichshauslialtsetats 1879.
Der jährliche Zuschuß wurde später auf M. 40000 — eihöht.
Wenn auch trotz der neuen Einnahme die Station anfangs
noch wegen Begleichung alter Verpflichtungen immerhin äußerst
sparsam wirtschaften mußte, so trat sie doch frühzeitig „als
Zentralgebiet für die biologische Erforschung des Mittelmeeres"
als publizierendes Institut in eine neue Aera ein. Ein Zentral-
organ, als Sammelstelle der Literatur, in Gestalt des Zoologischen
Jahresberichts, übernahm bereitwilligst Victor Car us, bis ihn
1882 Paul Mayer in der Redaktion ablöste.
Um öffentlich Rechenschaft abzulegen — wie es Anton
Dohrn immer gehalten hatte — über das, was geleistet und
erreicht wurde, dazu sollten zwei nebeneinander herlaufende
Zeitschriften dienen. Gestreng dem gestellten Programm sollte
in umfassender Weise zusammengetragen werden, was auch
immer „zum Feststellen und Begreifen des organischen Lebens
im Mittelmeer dienen kann."
Anton Dohrn legte sein Unternehmen auf großer Basis
in großen Zügen an. Unter dem Titel „Fauna und Flora des
Golfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabsclinitte" werden
kleinere Gruppen monographisch bearbeitet in vorbildlicher
Weise und so erschöpfend als irgend möglich, ferner mit Illu-
strationen versehen, die aufs sorgfältigste dem Leben in den
Aquarien abgelauscht sind, so daß bis zu einem gewissen Grade
das konservierte Objekt entbehrt werden kann. Ein naturwissen-
schaftliches Inventar für ein bestimmtes Gebiet ist hier in groß-
artiger Weise angelegt und wird so zusammengetragen. Eine der
ersten Monographien ist diejenige Anton Dohrns über Pycno-
goniden. Neben dieser Publikationsreihe, die bis jetzt 32 Mono-
graphien aufweist, auf deren Besitz die Bibliotheken mit be-
rechtigtem Stolz blicken, gehen die ,. Mitteilungen" einher, die
zugleich ein Repertorium für Mittelmeei'kunde darstellen. Sie
sollten kleinere Arbeiten und Ergebnisse bringen, wie sie in
einem solchen Großbetrieb wissenschaftlicher Tätigkeit in Fülle
abfallen; eine Sammelstelle sollte solchen Arbeiten geboten sein.
Heute zeigen die Mitteilungen die stattliche Reihe von 19 Bänden
mit Arbeiten von hoher wissenschaftlicher Bedeutung. Daneben
enthalten sie die Jahresberichte über die geschichtliche Eut-
wickelung, das allmähliche Werden der Station, von dem Leiter
— 149 —
selbst geschrieben. Sie reden eine schöne Sprache von der reichen
Gedankenwelt des Verfassers und seinen besten Absichten für die
Forscher und ihre Wissenschaft, aber auch von dem heißen, nie
verzagenden Ringen nach den gesteckten Zielen. Als Krone zieren
die „Mitteilungen^ jene Ergebnisse eines vornehmen Gebietes der
Forschung, das sich Anton Dohrn an der wissenschaftlichen
Zentrale am Mittelmeer selbst vorbehielt, seine „Studien zur Ur-
geschichte des Wirbeltierkörpers" . Einen gewissen Vorläufer haben
diese Studien in Anton Dohrn s „genealogischen Skizzen", „Der
Ursprung der Wirbeltiere und das Princip des Funktions-
wechsels", 1875. In 25 Einzeluntersuchungen, die zusammen
einige Bände der Mitteilungen repräsentieren, erstrecken sie sich
vom 3. bis 18. Band derselben von 1882 bis 1908, an sich die
umfassende Lebensarbeit eines tiefen, großen Forschers dar-
stellend. Die histogenetischen Probleme des Kopfes und Aufbaus
der Spinalnerven, die Metamerie des Kopfes und die Neuromerie
des Gehirns werden an hunderttausenden von Schnitten der
Embryonen von Haien und Rochen entwickelungsgeschichtlich
behandelt.
Es kann nicht im Bereich der hier gespannten Grenzen
liegen, in die Forschungen Anton Do h ms in der stillen Stube
einzutreten gegenüber der im Vordergrunde stehenden, impulsiven
Tätigkeit nach außen zu Gunsten der Station und ihrer welt-
umfassenden Bedeutung. Es mag genügen, zu betonen, daß die
Ergebnisse seiner Forschung grundlegende sind für alle Zeiten,
berufen, für die Entstehung, sowie den Bau des Kopfes des
höheren Wirbeltiers in fundamentaler Weise aufklärend zu wirken.
Es spricht für die Größe Anton Dohrns, daß er auch
in der Beschränkung sich als Meister zeigte und beharrlich mehr
als 30 Jahre lang sich in ein Gebiet und das schwierigste ver-
tiefte, das, eng begrenzt, um so intensiver bepflügt wurde.
Nach Ende der 80er Jahre ging die Zoologische Station
schnell immer größerer Blüte entgegen. Die zahlreichen Publi-
kationen, die Erweiterung der Regierungsverträge zur Vermehrung
der Arbeitstische, der gesteigerte Versand des konservierten
Materials, das technisch höchst vollendet war und für die Schau-
sammlungeu vieler Museen diente, dies alles sprach dafür, daß
eine geniale Anlage, glänzend geleitet, sich glänzend bewährt
hatte. Im ersten Jahrzehnt der Stationstätigkeit hatte sich die
^ 150 —
Zahl der Forscher, die in den Mauern des Instituts gearbeitet
hatten, auf nahezu 300 belaufen. Von Jahr zu Jahr nahm sie
zu, und bald machte sich der Platzmangel geltend. Auch der
Ausspruch Dohrns, den er 1872 in den preußischen Jahr-
büchern in freudiger Hoffnung niedergelegt: die Zoologische
Station in Neapel mache hoffentlich den ermutigenden Anfang
zur Herstellung eines Netzes zoologischer Stationen über die
ganze Erde, ist berechtigt gewesen: wir zählen heute an marinen
Stationen über fünfzig, die über dem ganzen Erdball verteilt sind.
In den Jahren 1886 bis 1892 geschahen die ersten großen
baulichen Erweiterungen in der Station, durch Höherlegung des
Daches und durch Errichtung eines zweiten Gebäudes neben dem
ersten. Ganz anders wie vor 15 Jahren stellten Stadt und
Regierung bereitwilligst einen Platz von 400 qm für einen Bau
im gleichen Stil zur Verfügung und unterstützten das Zustande-
kommen durch erhebliche Mittel. Hatte die Tätigkeit der
Station sich bis dahin mehr auf den Gebieten der Morphologie
und der Biologie bewegt, so konnte nunmehr die Erforschung
des feineren Baues der tierischen Zelle und ihrer Funktionen mehr
in den Kreis der Betrachtung gezogen werden, durch erhöhte
Heranziehung der Phj'siologie und der physiologischen Chemie in
den eigens dazu eingerichten Laboratorien. Zugleich wurde auch
der Botanik eine selbständige Institutsabteilung eingeräumt.
Am 14. April 1897 konnte die Zoologische Station zu
Neapel das 25 jährige Jubiläum ihres Bestehens feiern. Die Feier
gestaltete sich zu einem B'est, an welchem die Kulturvölker aller
Nationen, Männer in den höchsten Stellungen, hohe Staats-
beamte und gekrönte Häupter warmen Anteil nahmen. Ein
Beweis von dem hohen wissenschaftlichen Wert und der Be-
deutung, welche die Station als internationales geistiges Band
um die verschiedenen Völker schlingt, konnte nicht geeigneter
erbracht werden, als durch eine mit begeisterten Begrüßungs-
worten eingeleitete Adresse an den Leiter der Zoologischen
Station. Mehr als 1900 Namen von Gelehrten und wissenschaft-
lichen Korporationen aller Länder waren unterzeichnet. In
feiernden Worten sprachen Vertreter der Wissenschaften und
der Regierung Anton Do hm ihre Anerkennung und ihren
Dank aus für die Großtat, die er in ernster Arbeit in einem
Vierteljahrhundert zustande gebracht hat.
— 151 --
Ira Jahre 1906 konnte der dritte Bau der Zoologischen
Station auf der Ostseite des ersten Gebäudes im gleichen Stil
wie die früheren bezogen werden. Das neue Gebäude besitzt
Arbeitsräume für physiologische Zwecke im großen Stil. Die
Resultate, die aus diesem Zweig des Unternehmens einst hervor-
gehen werden, lassen sich heute nicht übersehen; aber der
Stab von Gelehrten unter Leitung seines dritten Sohnes, Rein-
hard Dohrn, die alle bestrebt sind, den Manen Anton Dohrns
getreu in dessen Sinne und Geiste weiter zu arbeiten, lassen
mit freudiger Zuversicht erwarten, daß die so aufsteigende Ent-
wickelung eine ununterbrochene bleibt.
Wollte man die Frage aufwerfen, welche Bedeutung hat
die Zoologische Station gehabt, so können wir keine andere
Antwort darauf geben, als die : es gibt kein biologisches Gebiet,
das nicht durch die Arbeiten der Zoologischen Station in einer
nicht abzuschätzenden Weise gefördert wurde.
Wir Deutsche aber sind stolz darauf, daß Anton Dohrn
ein deutscher Forscher gewesen und daß seine internationale
Großtat eine deutsche ist.
— 152 —
Ludwig Becker
geb. 4. I. 1837 zu Darmstadt, gest. 22. XI. 1909 zuWandsbek.
Von
Friedrich Kinkelin.
Ludwig Becker war nicht etwa durch die korrespon-
dierende Mitgliedschaft nur lose mit unserer Gesellschaft ver-
bunden ; er ist ein t a t k r ä f t i g e r F ü r d e r e r unseres Museums
gewesen und hat durch eigene Sammeltätigkeit in den ver-
schiedenen Gegenden Deutschlands, wohin er als Bauleiter berufen
war, mit größtem Eifer und Erfolg au der Vervollständigung
unserer geologisch-paläontologischen Sammlung mitgearbeitet. Das
Andenken des tüchtigen und jovialen Mannes, der uns älteren
ein lieber, treuer Freund gewesen ist, soll unvergessen bleiben !
Vorbildlich möge sein verdienstlichesWir ken allen
Frankfurtern sein, denen Beruf oder Erholungsreisen die
Möglichkeit zum Sammeln gewähren, die das Geschick hinaus-
führt in fremde Ländei' und Zonen, wo sich ihnen reiche Ge-
legenheit bietet, durch eigene Sammeltätigkeit der Wissenschaft
zu dienen und unserem Museum zu nützenl
Nach Absülvierung der Technischen Schule seiner Vater-
stadt war Becker zunächst beim Bau der Hessischen Ludwigs-
bahn Frankfurt -Mainz -Darmstadt beschäftigt und leitete als
Sektionsingenieur den Bau der Strecke Bingen-Alzey. Später
baute er als führender Ingenieur bayerische Bahnen. Im Jahre 1872
wurde er als Direktor der Internationalen Baugesellschaft nach
Frankfurt berufen. 1877 trat er unserer Gesellschaft bei und
wurde bereits im folgenden Jahre zum arbeitenden Mit-
glied ernannt. In dieser Eigenschaft war er uns nicht
— 153 —
nur als Berater in baulichen Angelegenheiten recht nützlich;
er brachte auch auf vielen sonntäglichen Exkursionen, die wir
gemeinsam unternommen haben, den diluvialen Bildungen unserer
Landschaft großes Interesse entgegen und führte dem Museum
aus hiesigen Baugruben manche Säugetierreste von hohem Lokal-
wert zu.
Infolge seiner Übersiedelung nach Hamburg trat Becker
1885 in die Reihe der korrespondierenden Mitglieder
über. Er betätigte aber nach wie vor seine treue Anhänglich-
keit an unser Museum durch reiche und wertvolle Zuwendungen
aus den verschiedenen Stätten seiner beruflichen Wirksamkeit.
1885 — 1889 baute er den Barkenhafen mit Zollanschluß und die
großen Lagerhäuser am Haupthafeu in Hamburg ; 1889 — 1893
führte er beim Bau des Nord- Ostsee-Kanals die Strecke Levensau-
Achterwehr aus. Von dort aus sandte er reichliche Auf Samm-
lungen von interessanten Fossilien aus den glazialen Schutt-
anhäufungen unserem Museum. In den Jahren 1893 — 1896
führte er die Kanalisation der Fulda mit sieben Schleusen aus
und wurde hierfür dekoriert.
1896 ging Becker im Auftrag der Deutschen Bank (South
African Contracting Association) in Berlin als Direktor für alle
von letzterer geplanten, weitausschauenden Unternehmungen
nach Südafrika. Durch Trazierung von Eisenbahnen und die
Ermittelung von Bezugsquellen für die notwendigen Baumaterialien
war er veranlaßt, weite Reisen ins Innere des Landes zu unter-
nehmen. Doch bald machte der Ausbruch des Burenkriegs
dem großzügig augelegten Unternehmen, das aus Hoch- und
Tief bauten bestehen sollte, ein jähes Ende und damit auch dem von
uns geplanten Samraelu südafrikanischer Fossilien und Gesteine.
Während der gezwungenen Muße in Johannisburg wandte
Becker sein Interesse dem Studium eines bedeutsamen Problems
— der Ermittelung der Ursache von Ebbe und Flut — zu und
setzte nach Hamburg zurückgekehrt, wo er in den letzten Jahren
als Aufsichtsrat bei der Leitung des Erweiteriings- und Neu-
baues der Lübecker Maschinenfabrik tätig war, diese Studien
fort. Das Resultat derselben, seine Gezeiten theorie, hat
er am 14. März 1906 im Naturwissenschaftlichen Verein zu
Hamburg vor die Öffentlichkeit gebracht (Verhandlungen d. Natur-
wiss. Vereins, Hamburg, 1906, S. LX— LXIV).
— 154 —
Hiernach sind kosmische Verhältnisse von keinem Einfluß
auf den Verlauf der Gezeiten ; vielmehr ist es die Revolution
der Erde um die Sonne, deren Einfluß, durch die Rotation der
Erde um ihre Polachse bald vermehrt, bald verringert, Ebbe
und Flut bedingen soll. Auch die topographische Gestaltung
von Meeresufer und Meeresboden scheinen von Bedeutung zu
sein. Leider hat Becker die ausführliche Abhandlung über
seine Gezeitentheorie wohl zum größten Teil, aber nicht ganz
druckfertig zum Abschluß gebracht. Sein Manuskript ist der
Kaiserl. Seewarte in Hamburg übergeben worden.
— 155
Besprecliuiigen.
I. Neue Veröffeutliclmugeu der Gesellschaft.
Abliandlungeu der Senckenbergischen Natiirforschendeu Ge-
sellschaft in Frankfurt a. M. Band 31, Heft 1, Seite 1 — 19.
„Riechball nen, Septum und Thalamus bei Didelplm
marmpialis'- von Dr. Paul Roth ig. Mit 2 Tafeln und 12
Abbildungen im Text (zunächst nur als Sonderabdruck er-
schienen). 4*^. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesell-
schaft) 1909. Preis broschiert M. 5,50.
Die Beutelratte, deren Gehirn R ö t h i g untersucht hat, ist für
ihre Lebensweise wesentlich auf den Geruch- und den Oralsinn angewiesen.
Dementsprechend sind die Riechlappen und die dem Oralsinn dienenden Lobi
parolfactorii ganz enorm entwickelt. Es war deshalb, zumal die übrigen
Gehirnteile relativ klein sind, eine verlockende Aufgabe, hier die Riech- und
Oralsinnbahnen einmal genau zu studieren und ein Gehirn, an dem die ent-
sprechenden Zentren und Bahnen so kräftig ausgebildet sind, mit den anderen
Säugergehirnen zu vergleichen, welche die reiche Sammlung des Neurolo-
gischen Instituts besitzt. In der Tat ist es Röthig gelungen, eine
große Anzahl von Kernen und Verbindungen, über die man bisher nicht völlig
ins klare hatte kommen können, an diesem überaus günstigen Objekt genau
festzustellen. Wir können sie jetzt bei allen anderen Säugern, auch bei solchen,
wo sie schlecht entwickelt sind, leicht wiederfioden, und uns so ein viel voll-
kommeneres Bild von dem Mechanismus des Riechens und Schnauzentastens
machen, als es bisher möglich gewesen ist. Zahlreiche Schemata und zwei
treffliche Winter sehe Tafeln erleichtern das Verständnis und das Nacharbeiten.
Das gleiche Gehirn hat der Verfasser auch zur genaueren Untersuchung
der Kerne des Seehügels und ihrer Verbindungen benützt, die man gleich-
falls noch nicht genau genug kennt, weil sie hauptsächlich an dem außer-
ordentlich kompliziert gebauten Gehirn des Menschen studiert worden. Auch
hier ist es Röthig vielfach gelungen, unbekanntes klar zu stellen. So
haben wir jetzt wenigstens für ein niedriges Säugetier eine vollständige
Kenntnis dieses wichtigen Gehirnteils. L. Edinger.
— 156 —
Abhandlungen der Senckenbergischen Natiirforschenden Ge-
sellschaft in Frankfurt a. M. Band 32. „Festschrift zum
siebenzigsten Geburtstag von Wilhelm Kobelt am 20. Fe-
bruar 1910". VII u. 463 S. mit einem Porträt, 28 Tafeln
und 51 Abbildungen im Text. 4°. Frankfurt a. M. (Selbst-
verlag der Gesellschaft) 1910. Preis broschiert M. 75. — .
Den 32. Band ihrer „Abhandlungen" bringt die Gesellschaft dem lang-
jährigen Sektionär der konchyologischen Abteilung des Museums, Proi. W. Ko-
be 1 1 in Schwanlieim, als Festschrift zu seinem 70. Geburtstag dar. Der stattliche
Band enthält malakologische Studien von Schülern, Freunden und Verehrern
des Jubilars und als besonderen Schmuck auch eine größere Arbeit von ihm selbst.
Ein Teil der Abhandlungen ist systematisch-morphologischer
Art. So liefert der bekannte Zephalopodenforscher W. E. H oy le eine sehr
brauchbare Zusammenstellung der Gattungen und Arten der zweikiemigen
Kopffüßer. P. Pallary beschreibt morphologisch die nordwestafrikanischen
Spezies der Gattung Alhea. Über eigentümliche Formunterschiede der Ge-
häuse männlicher und weiblicher Heliciniden, ferner über zwei neue Arten
von Acme und eine neue VitreJki aus Steiermark berichtet A. Wagner.
F. Borcherdings Beitrag „Monographie der auf der Sandwichinsel Kauai
lebenden Molluskengattung CareJia'^ enthält die Originaldiagnosen und Ab-
bildungen aller bisher bekannten Arten. W. A. Lindholm beschreibt eine
neue Betinelhi, B. Iwbelti, aus der Krim, die alle übrigen südrussischen
Hyalinien an Größe übertrifft. Die anatomische Untersuchung dieser Hya-
linia (Betinella) Jcobelti ergab P. Hesse einige bemerkenswerte Resultate.
Nach J. Thieles Untersuchungen an Hydrocena cattaroensis durchbohrt
bei dieser Form der Enddarm zwar nicht die Herzkammer, doch liegt die
Aorta dem Enddarm auf, was an die primitiven Verhältnisse der nahe verwandten
Neritiden erinnert. Andererseits gibt sich im Bau des Geschlechts- und Respira-
tionsapparats zu erkennen, daß die Hydroceniden primitiver als die Neritiden sind.
Mehrere Forscher haben ihr Material von tier geographischen
Gesichtspunkten aus bearbeitet. So vor allem Kobelt selbst : sein Beitrag,
der die Molluskenausbeute der v. Er 1 an g er sehen Reise in Nordostafrika
behandelt und unter anderem 50 neue Arten schildert, liefert in seinem
zweiten Teil ein Verzeichnis der aus Ostafrika, Madagaskar, Mauritius.
Bourbon, Sokotra, Abd-el-gouri und von den Seychellen bekannten Binnen-
konchylien, das Museen und Sammlern als Besitz- und Desideratenliste sehr
willkommen sein wird. In seiner Schrift „Die Binnenkonchylien von Deutsch-
Südwestafrika und ihre Beziehungen zur Molluskenfauna des Kaplandes"
teilt 0. Boettger die Diagnosen von 9 neuen Arten und einigen Varietäten
mit. Da es infolge des Vorkommens der Mollusken in jungen Sedimenten,
trockenen Flußbetten usw. oft unmöglich war, zu entscheiden, ob die be-
treffenden Arten zu den noch heute dort lebenden zu zählen seien oder nicht,
hat Boettger von der Trennung des Materials in lebende, subfossile und
fossile Formen ganz abgesehen. Von drei Arten weist er nach, daß sie ein-
geschleppt sind. H. V. J h e r i n g kommt durch das Studium der Najaden-
- 157 —
faunen des Rio Paraguay, des Rio Parana und des Rio San Francisco zu
interessanten Resultaten über die Beziehungen dieser Flüsse zueinander. In
einer zweiten Arbeit teilt er nach Beschreibung einiger neuen Arten einen
Bestimmungsschlüssel der südamerilüanischen Formen des Genus Helicigona
mit und schließt mit Betrachtungen über die Beziehungen der altweltlichen
zu den amerikanischen Heliciden. F. Haas vergleicht die Najadenfauna des
Uberrheins mit denen der benachbarten Flußgebiete und findet dabei die
Kobalt sehe Ansicht über die Entwickelungsgeschichte des Rheingebietes
vollauf bestätigt. Hierher gehört auch D. Geyers Studie „Die Mollusken-
fauna der schwäbischen Alb". Der Verfasser schildert zunächst eingehend
die biologischen Verhältnisse der Alb und beschreibt sodann die Verteilung
der Schnecken auf die einzelnen biologischen Bezirke (Täler, Abhänge u. dergl.),
während ein letzter, geographischer Teil die Schneckenfauna der Alb auf
ihre Herkunft untersucht. In einer sehr interessanten Arbeit „Zur Natur-
geschichte der Campylaea plialerata"' stellt P. Ehr mann für die genannte
Form, die übrigens nach Maßgabe der Anatomie mit Arianta ar6»sio?-?<)H nächst-
verwandt ist, die ganze horizontale Verbreitung fest. Ihre lokalen Ver-
änderungen in den einzelnen Teilen ihres Heimatgebietes wie auch ihre Lebens-
verhältnisse werden eingehend dargestellt. Ähnliche Ziele verfolgt H. Simroths
Beitrag „Nacktschneckenstudien in den Südalpen ". Er folgert aus der gegen-
wärtigen horizontalen und vertikalen Verbreitung der Limaeiden, daß diese Familie
älter als die Alpen ist, und daß ihr Schöpfungszentrum in den Ostalpen liegt.
Besonders bemerkenswert ist Simroths Angabe über einen Fall von echter
Mimikry : eine große Nacktschnecke, Limax maximus, ahmt die Aspisviper nach.
Erfreulicherweise ist auch die Entwickelungsmechanik in dem
Festband vertreten. H. Rolle berichtet über einige abnorme Landschnecken,
K. Schmalz über abnorme Gehäuse von Land- und Süßwassergastropoden
und über die Ursachen ihrer Entstehung. Zuchtversuche mit Campylaea
cimjulata haben K. Kunkel gezeigt, daß hier der Albinismus erblich ist.
Außerdem enthält seine Schrift interessante Beobachtungen über die Eier,
die Embryonalentwickelung, die Fortpflanzung und Lebensdauer der Campyläen.
Endlich hat C. F. J i c k e 1 i , der Verfasser des bemerkenswerten Buches
„Über die Unvollkommenheit des Stoffwechsels als Entwickelungsprinzip" den
Nachweis versucht, daß der gleiche Faktor auch am Werden und Vergehen
der Schneckenschalen in erster Linie beteiligt ist. Die Unvollkommenheit
des Stoffwechsels belastet die Individuen von Generation zu Generation mehr
und mehr und zwingt sie endlich zur Rückbildung. Auf diese Anschauung
gestützt, erklärt der Verfasser die Schalenrückbildung bei den verschiedenen
Molluskenklassen, die durch Selektion, wie er sagt, nicht zu deuten ist.
Eine besonders feine Ehrung des Jubilars stellt schließlich ein frisch
geschriebener Artikel des Frankfurter Volkswirtschaftlers A. Ph. Stein über
„Sozialpolitik und Heimat" dar. Was Stein hier als Pflicht des Gebildeten
schildert : soziale Heimarbeit, das hat K o b e 1 1 in seinem Kreise, in Schwan-
heim und in der „Provinz Groß-Frankfurt", wie er sie nennt, sein Leben lang
mit ebensoviel Eifer als Erfolg getan.
Die Ausstattung des Werkes, dem ein Porträt des Jubilars beigegeben
ist, ist eine vornehm würdige. F. Haas.
— 158 —
II. Neue Bücher.
Vorgeschichte vom Untergrund und von der Lebe-
welt des Frankfurter Stadtgebietes. Eine geo-
logische Skizze von Prof. Dr. Friedrich Kinkelin,
Dozent und Sektionär der Geologie und Paläontologie am
Senckenbergischen Museum in Frankfurt a. M. VIII u.
96 S. mit 9 Tafeln. 8". Frankfurt a. M. (J. Rosenheim) 1909.
Preis broschiert M. 2.40.
In den einleitenden Abschnitren dieses Buches, das für viele unserer
Mitglieder von großem Interesse sein wird, zeigt der Verfasser, wie der
Frankfurter Stadtbezirk (vor den Eingemeindungen im Jahre 1895) in West
und Ost durch zwei Verwerfungen , die als vertikale Bewegungen nachbarlicher
Schollen gegeneinander aufzufassen sind, natürlich begrenzt ist. Auch wird
die Art und Weise eingehend beschrieben, in der sich Tier- und Pflanzen-
reste ungezählte Jahrtausende im Boden erhalten können.
Namentlich die in den letzten 25 Jahren im Stadtgebiet und in seiner
Nachbarschaft ausgeführten T i e f b a u t e n haben es ermöglicht, ein zuver-
lässiges Bild vom Boden und von der ehemaligen Lebewelt Frankfurts zu
geben. Von diesen sind die geologisch wichtigsten : die Braunkohlenwerke,
die Kanalisation des Mains — besonders die Schleusenbauten — , die Her-
stellung des Westhafens, die Bohrungen und Grabungen im Interesse der
Wassergewinnung (im Unterwald, Hattersheimer Feld, unteren Niddatal und
in Sachsenhausen), die Ausräumung von drei großen Wasserbehältern, die
Kanalisation der Stadt, auch die Aushebung des Offenbacher Hafens und
schließlich die des Oslhafens. Diese Geologie des Frankfurter Stadt-
gebietes ist in den* folgenden Abschnitten des Buches in einer auch dem
Laien verständlichen Weise zusammengefaßt. Zahlreiche Abbildungen von
Petrefakten, Schnitte und Profile, sowie eine Karte der Verbreitung der
alluvialen Moore in unserer Gegend sind dem Text beigegeben.
Die Landschaft, in deren Mitte Frankfurt liegt, ist größtenteils von
Absätzen in Meeren oder Seen erfüllt, die in der Tertiärzeit erfolgt
sind. Sie ist im Westen und Osten von zwei alten, stark abgetragenen
Gebirgen, vom Taunus und Vorspessart, begrenzt und hat als Unterlage
rötliche Sandsteine, das sogen. Rotliegende, das geologisch gesprochen nahezu
vom Alter der Steinkohle ist.
Senkungen zwischen den beiden Gebirgen lassen zu Beginn der Mittel-
oligozänzeit in unsere Landschaft von Süden und bald auch von Norden her
das Meer eindringen, in dem eine mannigfaltige Tierwelt — Seekühe, Fische,
Krebse, Mollusken u. a. — lebt. Das subtropische Klima jener Zeit spiegelt
sich in einer reichen, auf zartem Tonmergel eingebetteten Flora wieder.
Spätere Wandlungen machen die rheinische Meeresstraße zu einem brackischen
Becken; da und dort schließen sich auch die Wasser zu Süßwasser-
Seen, deren Absätze u. a. die Reste uralter Paarzeher bergen. (Auch pracht-
volle, in Eisenkies umgewandelte Schalen von Weichtieren sind bei dem Bau
— 159 —
des Offenbacher Hafens gefunden worden.) Das Klima behält trotz beträcht-
licher Schwankungen seinen subtropischen Charakter bis in die Zeit hinein
bei, in der die Letten und Kalkschichten entstanden sind, auf denen unsere
Stadt erbaut ist. Viel reicher als heute ist zu dieser Zeit die Welt der
Wirbeltiere, besonders der Säuger, Reptilien und Fische. Aber auch Schalen
von Muscheln, Schneckchen und Muschelkrebsen liegen in ungeheurer Menge
jeduch in geringer Mannigfaltigkeit, in diesen Ablagerungen, die der Geolog
Oberoligozän und Untermiozän nennt.
Daß im brackischen Wasser auch kalkabsondernde Algen in großer
Menge lebten, hat man in den Stöcken bewundern können, die im Westen
der Stadt (Niederräder Schleuse etc.) den geschichteten Letten durchsetzen.
Einen Einblick in Bewegungen, die im Untergrund Frankfurts vorgegangen
sind und wohl auch noch vorgehen, hat die Baugrube des Westhafens gestattet.
in der sich infolge solcher Bewegungen die Letten und Mergel in weiten
flachen Mulden und Sätteln gelegt zeigen. In Verbindung mit der Schilderung
der Lagerungs weise und Folge der Schichten im Westhafengebiet wird auch
der Entstehung der Grindbrunnen (kalte Schwefelquellen) gedacht.
Ganz eigenartig ist die Bildung von Hohlräumen im kalkigen Mergel
des Frankfurter Gebietes (gegenüber der Sachsenhäuser Warte, links der
Darmstädter Landstraße). Diese Hohlräume sind zum Teil von unregel-
mäßiger Form und mit diluvialem Sand erfüllt ; zum Teil zeigen sie eine
ausgesprochene Gewölbebildung und sind im Letten gleichsam' durch Kalk-
mauern abgeschlossen und völlig leer.
Von nun an bis zur Eiszeit liegt die seither weit von Wasser bedeckte
Gegend trocken wie heute, nur durchflössen von einem mächtige GeröUe
mit sich führenden Strom, an dessen Ufer Mastodonten, die Ahnen unserer
heutigen Elefanten, weiden.
Erst bei dem Herannahen der Eiszeit wird die rheinmainische Land-
schaft wieder zu einem See, in dem sich die Abwässer der Alpen und der
mittelrheinischen Gebirge sammeln. Das Klima kühlt sich bedeutend ab.
Dies ist aus der — noch immer mannigfaltigen — Flora zu erkennen ,
die hauptsächlich an der westlichen Grenze Frankfurts bei Aushebung der
Klärbeckenbaugrube in einem in Sand und Ton eingebetteten Braunkohlen-
flözchen zutage getreten ist. Viele Formen dieser untergegangenen Flora
finden wir heute nur noch in weit entfernten Weltteilen, manche sind ganz
ausgestorben; aber eine ziemlich beträchtliche Zahl von ihnen hat sich, mehr
oder weniger verändert, in späteren Zeiten wieder in unserer Landschaft
angesiedelt. Trotz der Mannigfaltigkeit dieser Flora, die demnach noch
tertiären Charakter hat, scheint die Jahreswärme — nach Maßgabe der eine
höhere Wärme, als sie heute im Untermaintal herrscht, heischenden Pflanzen —
die jetzige Jahresisotherme nur um 0,5" übertroffen zu haben. Im Westen
Frankfurts zog sich der Ostrand des Oberpliozänsees hin. Durch ihre Kalk-
losigkeit unterscheiden sich die Absätze dieses Sees — ein Grund, weshalb
sich fast keine tierischen Beste in ihnen erhalten haben — von fast allen
älteren tertiären Sedimenten.
Besonders lebendig haben sich im Untermaintal die unterirdischen
Gewalten während der Pliozänzeit geäußert, indem Lavaströme, die inzwischen
— 160 —
zu Basalt erstarrt sind, auf Spalten emporstiegen, sie erfüllten und sich da
und dort noch weiter ausbreiteten.
Mit dem Eintritt der Eiszeit schwindet in unserer Landschaft die
oberpliozäne Flora bis auf wenige Bäume , die ein kaltes Klima ertragen
können. Der Main beginnt sich eine Rinne zu graben ; er erweitert und
vertieft sie mehr und mehr und setzt in seinem Bette auch aus seinem Ober-
lauf stammende Trümmer ab. Auf Eisschollen trägt er mächtige Blöcke
abwärts. Bis zu einer Höhe von 150 m trifft man Main sand aus der
ältesten Zeit des diluvialen Flusses ; die jüngsten diluvialen Mainsande sind
es, in denen die heutige Mainrinne liegt. So haben sich die Fluten des
Stroms im Laufe der Zeit nicht nur ein weites (bis 6 km) sondern auch tiefes
Tal (BO m) ausgeräumt.
Während der Aufschüttung der Mainsande, die in drei Stufen erfolgt
ist, erfährt die Fauna sehr beträchtliche Änderungen. Spiegelt sich in den
Resten der wunderbaren Säugetierwelt, die besonders in den Mosbacher Sauden
liegen (früheste Zwischeneiszeit), mindestens ein Klima wieder, wie es heute
um das Mittehueer herrscht, so tritt in der mittleren Mainterrasse eine Fauna
auf, der das Rentier beigesellt ist. Zahlreicher sind die Rentierfunde in der
letzten Zwischeneiszeit, als Mitteldeutschland zu einer Steppe wird, in
der fast nur von der Luft — von Wind und Sturm — bewegte Absätze
(Löß) zustande kommen.
Im jüngsten Mainabsatz felilen nun alle die großen Dickhäuter und
Wiederkäuer (Mammut, Rhinozeros, Bison, Riesenhirsch u. a.j, die zuvor unsere
Landschaft belebten ; das Ren aber ist nach dem Norden verzogen. In großer
Menge liegen hingegen in diesen Absätzen die Geweihe des Edelhirschs.
An die Stelle der Steppe ist der Wald getreten. In dem Bau von Ein-
bäumen verrät sich nun auch die Existenz des Menschen am Untermain.
In der frühen Alluvialzeit bilden sich in den verlassenen Stromstrecken
Moore. Sie weisen uns den Weg, den damals Main und Nidda eingehalten
haben. Das größte Tier aus dieser Zeit, dessen Reste uns überliefert sind,
ist der Urochs {Bos pHmigenius Boj.); weit und breit scheint sich auch der
Biber an den Flußufern angesiedelt zu haben. Auch menschliche Skeletteile
liegen im Enkheiraer Moor begraben. Mit dem oberflächlichen Aulehm schließen
die geologischen (lebilde in unserer Landschaft ab ; er ist der Absatz von
jüngeren Überschwemmungen.
Im letzten Abschnitt des Buches bringt ein Prolildurchschnitt durch
die Sohle, auf der sich der Main bewegt, — von Dietesheim bis über Flörs-
heim — die vielfachen Schichtenstörungen in diesem geologisch noch dem
Rheingraben zugehörigen Gebiet zur Darstellung.
Die meisten fossilen Dokumente der beschriebenen Vorgeschichte vom
Untergrund des Frankfurter Stadtgebietes birgt das Senckenbergische Museum.
Die besterhaltenen unter diesen Tier- und Ptianzenresten sind in der geo-
lügisch-paläontologischenSchausaramlung ausgestellt.
A. Knnl)l(U(cli .
— 161 —
Neues aus der Schausammlung.
Das indische Nashorn.
Mit 7 Abbildungen.
Dem indischen Nashorn, Rhinoceros unicornis L., geht es
wie allen Riesen der Tierwelt: sein Wohnbezirk wird ständig
kleiner, und sein Geschlecht wird durch die modernen Hand-
feuerwaffen immer mehr dezimiert. Heute lebt es in größeren
Mengen nur noch in Nepal, dem Maharadscha als jagdbares Wild
vorbehalten. Auch nach Europa ist es zu allen Zeiten weit
seltener als das afrikanische Nashorn gelangt; 61 v. Chr. wurde
es zum ersten Male von Pompe jus den Römern bei Tier-
kämpfen vorgeführt, und erst 1503 kam wieder ein Exemplar nach
Portugal: es ist von Dürer verewigt worden, der es allerdings
nur aus einer Zeichnung kennen gelernt hat. Selbst in den
letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts, als Tierhandel und
Tierimport unter Jamrachs und Hagenbecks zielbewußter
Leitung in so ungeahnter Weise aufblühten, blieb das indische
Nashorn eine kostbare Rarität auf dem Markt, und es ist zu
erwarten, daß es auch in Zukunft immer seltener zu uns ge-
langen wird. x4.ugenblicklich leben nur noch zwei Vertreter
der Art in Europa, das eine Tier in Antwerpen, das andere in
London.
Von dem zweihörnigen afrikanischen Nashorn ist das ein-
hörnige indische schon äußerlich ganz wesentlich verschieden.
Während die dicke Haut des afrikanischen Nashorns sich bis
auf wenige, nicht stark hervortretende Falten dem Körper an-
schließt, ist beim indischen Nashorn die Haut in einen Panzer
verwandelt, der durch gewaltige Falten in ganz bestimmte
Schilder geteilt ist. Da in diesen Falten die Haut verhältnis-
11
— 162 —
mäßig dünn ist, kann hier eine Bewegung der Hautmassen statt-
finden. Die Haut der einzelnen Schilder ist wieder durch netz-
artige Zeichnungen und kleine polygonale Felder, die sich buckel-
artig erheben, in äußerst feiner Weise modelliert.
Das Wesen des Nashorns ist im allgemeinen weder in der
Wildnis noch in der Gefangenschaft ein gutmütiges. Zu trauen
ist ihm niemals, und so plump es in der Ruhe erscheint, so
Fig. 1. Gipsabguß des irischen Kadavers.
gewandt zeigt sich das gereizte Tier im Angriff. Über seine
Lebensweise in der freien Wildbahn sind wir auch heute noch
nicht in allen Einzelheiten unterrichtet, besonders nicht über
die des indischen Nashorns, da die Beobachtung mit großen
Schwierigkeiten verknüpft ist. So viel scheint jedoch festzustehen,
daß die Nashörner ungesellige Tiere sind, die wohl nur die
Brunst für kurze Zeit vereinigt. Bei Tage meist schlafend, be-
nutzen sie die Stunden der Nacht und des frühen Morgens, um
gestärkt durch ein Schlammbad Äsung zu suchen.
Zärtliche Mütter sind aber die Nashornweibchen ; wer das
— 163 —
Junge erbeuten will, muß die Alte erlegen. Es ist der einzige
Weg, dieser Tiere für die zoologischen Gärten habhaft zu wer-
den; denn bei ihrer ungeheuren Kraft ist es ausgeschlossen,
andere als ganz junge Exemplare einzufangen und zu trans-
portieren. Da nun aber die Aufzucht dieser Kleinen mit großen
Schwierigkeiten verknüpft ist und weite Wege bis zu der Küste
zurückgelegt werden müssen, versteht man den hohen Preis,
Fig. 2. Provisorische Zusammensetzung des Skeletts.
der auch für das verhältnismäßig noch leicht zu erlangende
afrikanische Nashorn in Europa gezahlt werden muß.
Die Farbe der Tiere erscheint in der Wildnis meist dunkler,
als sie in Wirklichkeit ist. Das indische Nashorn ist hellgrau,
das afrikanische gelbbraun; aber die dicke Schlammschicht, mit
der sich die Tiere, wie man glaubt, zum Schutz gegen Blut-
sauger bedecken, läßt sie wesentlich dunkler erscheinen.
Unser Nashorn, ein weibliches Exemplar, ist, wie Noll*)
*) Noll, „Die Rhinocerosarten". Der Zoologische Garten, 14. Jahrg.,
S. 47. Frankfurt a. M. 1873.
11*
— 164 —
berichtet, zusammen mit einem Männchen am 19. September 1872,
etwa drei Jahre alt, für den Preis von 8000 Talern vom Ber-
liner Zoologischen Garten erworben worden. Es war damals
2,80 m lang und 1,33 m hoch. Die Hoffnungen, daß dieses Paar
sich fortpflanzen würde, erfüllten sich nicht, und so wurde schließ-
lich das weibliche Tier am 10. April 1896 an den hiesigen
Zoologischen Garten verkauft. Es gedieh ausgezeichnet, bis im
Fig. 3. Anfertigung des Tonmodells.
Winter 1907/08 schwere Krankheitszeichen (Blutung aus den
Genitalorganen) auftraten. Da es trotz sorgsamer Pflege all-
mählich immer mehr abnahm, wurden alle Vorbereitungen ge-
troffen, das Tier zu töten, sobald an seinem bevorstehenden Ab-
leben nicht mehr zu zweifeln sein würde; denn seine wertvolle
Decke sollte der Wissenschaft erhalten bleiben.
Am 24. August 1909 war dieser Zeitpunkt gekommen. Das
Nashorn war vormittags in seinem Auslaufkäfig zusammen-
gebrochen und schien sich nicht mehr erheben zu können. Es
wurde deshalb nachmittags zwei Uhr durch Einspritzen von 2 g
— 165 —
Skopolamin in wenigen Minuten getötet. Da unser Museum sich
entschlossen hatte, den Kadaver zu erwerben, wurde sofort mit
der Präparation begonnen. So war es möglich, mit allem Raf-
finement vorzugehen, dessen sich die moderne Präparationskunst
bedient, um als Endresultat ein Objekt zu erhalten, das nicht nur
im allgemeinen die Gestalt eines Nashorns wiedergibt, sondern
auch in allen Einzelheiten dem Individuum entspricht. Wie hierbei
Fig. 4. Tonmodell, halb im Gipsmantel.
vorgegangen wurde, sei in Wort und Bild geschildert, um zu zeigen,
wie solche Schaustücke entstehen, die durch ihren wissenschaft-
lichen und künstlerischen Wert in gleicher Weise bedeutend sind.
Gleich nach der Tötung wurde das Tier auf die Seite ge-
legt und mit dem Abformen in Gips begonnen. Es war ein
schweres Stück Arbeit. Der Abguß einer Seite des Tieres ge-
nügte ; er konnte aber wegen der Größe des Objekts nur stück-
weise vorgenommen werden, wobei auf das Abformen der gewal-
tigen Hautfalten besondere Sorgfalt verwandt werden mußte,
weil gerade ihre exakte Wiedergabe für die spätere Präparation
— 166 —
von größter Wichtigkeit war. Endlich war das Werk vollbracht :
numeriert lagen die einzelnen Stücke der Form wohlgelungen
nebeneinander.
Nun wurden die Maße vervollständigt, mit deren Notierung
schon während des Abgießens begonnen worden war. Es ergab
sich unter anderem, daß das Tier eine Gesamtlänge von 3,25 ra
und eine Höhe von 1,68 m erreicht hatte.
Fig. 5. Tonmodell, ganz im öipsmantel.
Hierauf begann der zweite und schwierigste Teil der Prä-
paration, das Abbalgen. Mit vereinten Kräften ging es flott
ans Werk; galt es doch, schnell zu arbeiten, denn es war keine
Zeit zu verlieren, wenn das Fell noch vor der Nacht geborgen
sein sollte, und dies war nötig, da bei der warmen Witterung
die Decke unter dem gewaltigen Druck des Kadavers sicher
gelitten haben würde. Alles ging gut; nur das Abhäuten des
Kopfes bot an der Ansatzstelle des Hornes ungeahnte Schwie-
rigkeiten. Kurz entschlossen löste man den Kopf im Zusammen-
hang mit dem Fell vom Rumpfe los, und noch am Abend konnten
— 167 —
Fell und Kopf nach dem Museum geschafft werden. Dort wurde
zunächst das Fell in ein AA asserbad gelegt, um es von Schmutz
und Staub zu befreien, und schon bei sinkendem Licht wurden
noch Abgüsse der Muskulatur der Vorder- und Hinterbeine, der
Schulter und Hüfte genommen.
Am frühen Morgen des nächsten Tages kamen die Ana-
tomen zu ihrem Recht ; es begann die Zergliederung des Tieres.
Fig. 6. Zusammensetzen der einzelnen Fornistücke.
Durch Stricke wurde es in Rückenlage fixiert, so daß die Ob-
duktion ohne allzu große Schwierigkeiten vorgenommen werden
konnte. Es fand sich eine gewaltige Geschwulst der Gebär-
mutter, deren genaue Untersuchung in der Senckenbergischen
Anatomie für das krankhaft vergrößerte Organ ein Gewicht von
1 Zentner ergab. Es lag ein Fibromyom des Uterus und ein
Krebs der Uterusschleimhaut vor. Erwähnt sei aber, daß der
Tod des Tieres in erster Linie wohl durch Altersschwäche bedingt
gewesen ist ; denn auch das eingangs erwähnte männliche Nas-
horn in Berlin, das gleichzeitig mit unserem Tier nach Europa
— 168 —
gekommen war, ist vierzehn Tage später verstorben. Die Lebens-
dauer des Nashorns in der Gefangenschaft scheint demnach nur
etwa vierzig Jahre zu betragen.
Nach Bergung alles dessen, was für die wissenschaftliche
Bearbeitung von Wert war, wurde mit dem Abfleischen der
Knochen begonnen. Schon am Abend konnte das ganze Skelett,
in einzelne Teile zerlegt, nach dem Museum verbracht werden,
wo es alsbald in die Mazerationsbehälter wanderte.
Inzwischen hatte aber auch im Museum die Bearbeitung
des Felles begonnen. An Ketten und Flaschenzügen mußte das
15 Zentner schwere Fell bewegt werden, und es galt nun, es
so herzurichten, daß es sich einer Form anschmiegen konnte,
die das Modell des Tieres darstellen würde, d. h. es mußte von
dem Unterhautzellgewebe herausgeschnitten werden, was nur
irgend herausgeschnitten werden konnte. Nur wenn das Fell
dünn genug war, konnten Alaun und Salz durchdringen und
das Fell für alle Zeiten vor dem Verderben schützen. Nur dann
konnte es später möglich sein, die Haut über das anzufertigende
Modell des Tieres zu ziehen. Drei Wochen lang wurde Tag
für Tag diese schwierige und anstrengende Arbeit vorgenommen.
Neun Zentner sind auf diese Weise heruntergeschnitten und
geschabt worden. Nun konnte das Fell dem Gerbungsprozeß
überlassen und zur Herstellung des Modells geschritten werden.
Während man früher bekanntlich die Tiere „stopfte" und
sich mit den wenig naturgetreuen Präparaten begnügte, die auf
solche AVeise hergestellt waren, beansprucht man heutzutage,
daß auch das tote und präparierte Tier uns ein naturwahres
Abbild des Lebens gibt. Dies läßt sich nur dadurch erreichen,
daß zunächst ein genaues Modell des Tieres in natürlicher Größe
hergestellt und daß alsdann über dieses Modell das präparierte
Fell gespannt wird. Sobald es sich der Form anschmiegt, muß
ein Stück entstehen, das in allen Einzelheiten den anatomischen
Eigentümlichkeiten des lebenden Tieres entspricht.
Da mußte nun zunächst das Gipsnegativ — ein solches
war ja der im Zoologischen Garten gewonnene Abguß — zu-
sammengesetzt werden, um durch Ausguß desselben als Modell
für alle weiteren Arbeiten ein Positiv zu erhalten, wie es uns
Fig. 1 zeigt. In wunderbarer Schärfe treten hier alle Felde-
rungen und Zeichnungen der Haut des lebenden Tieres hervor,
be
— 170 —
so daß danach eine bis ins kleinste gehende Kontrolle bei der
weiteren Arbeit möglich war.
Die Unterlage für ein anatomisch richtiges Modell mußte
das Skelett abgeben. Inzwischen war nun auch die Mazeration
und Präparation der Knochen soweit vorgeschritten, daß die
Skeletteile getrocknet und provisorisch, wie es Fig. 2 zeigt,
zusammengesetzt werden konnten. Auf Fig. 3 sehen wir, wie
auch der Leib des Tieres nach innen durch Holz faßdauben-
ähnlich abgedeckt worden ist, und wie nun unter beständiger
Anlehnung an den Gipsabguß begonnen wurde, über dieses
Skelett das Tier vollständig in Ton zu modellieren.
Doch dies durfte nicht die bleibende Form sein, über die
später das Fell kommen sollte; denn sie enthielt in ihrem
Innern noch das wertvolle Skelett, dessen besondere Aufstellung
für später in Aussicht genommen ist, und Ton ist auch kein
geeignetes Material zur Herstellung einer leichten und dauer-
haften Form. So mußte also von diesem Modell zunächst ein
neuer Abguß genommen werden.
Auf Fig. 4 sehen wir das halbe Tonmodell im Gipsmantel,
und Fig. 5 zeigt uns eine Seite desselben ganz und gar in Gips
gehüllt. Natürlich mußte der Abguß aus einzelnen Formstücken
zusammengesetzt werden. 21 solcher Teilstücke waren hierzu
nötig. Nach ihrer Abnahme wurde das Toumodell auseinander-
gebrochen, um das Skelett wieder zu gewinnen, dessen feinere
Präparation noch nicht beendet war. Jetzt galt es, die einzelnen
Stücke der Gipsform Seite für Seite aneinanderzusetzen und
durch Ausguß der ganzen Form das endgültige Positiv, eins
von der rechten und eins von der linken Seite, zu gewinnen.
Fig. 6 zeigt uns, wie man angefangen hat, auf einer Lage
von nassem Sand die Formstücke zusammenzusetzen, die dann
noch gut verbunden werden mußten, bevor sie definitiv aus-
gegossen werden konnten. Durch ein besonderes Verfahren ist
es gelungen, die endgültige Form nur 3 cm dick zu gestalten,
so daß die miteinander verbundenen Hälften, d. h. das voll-
ständige Modell, so leicht wurden, daß sie ein starker Mann
wenigstens anheben konnte.
Spannende Augenblicke waren es, als nun die geschmeidige
Haut wie ein Handschuh über die gewaltige Form gestülpt wurde.
Würde alles genau passen? Ein einfaches schematisches Arbeiten,
— 171 —
das sich sklavisch nach dem Abguß hätte richten können, war
nicht möglich gewesen; denn da das Tier lange krank und sehr
abgemagert war, hing ihm die Haut in seinen letzten Lebens-
tagen in großen Lappen um den abgefallenen Körper. Dies
mußte bei der Herstellung des Tonmodells berücksichtigt werden,
und gar manche abgemagerte Stelle war nach photographischen
Aufnahmen des lebenden Tieres aus früheren Jahren auszu-
gleichen, um die Spuren des langen Siechtums zu verwischen.
Aber alles war gut geraten; das Werk war gelungen.
Als die Haut auf das mit Leim bestrichene Modell übergezogen,
vernäht und mit vielen tausend kleinen Nägeln befestigt war,
stand das Tier in voller Lebenswahrheit vor uns (Fig. 7).
Sieben Monate harter Arbeit hat es erfordert, um unsei'
Nashorn wieder aufleben zu lassen. Mit Stolz sehen wir es
jetzt neben dem Elefanten und dem Flußpferd als eins der
gewaltigsten und schönsten Schaustücke in unserem Lichthof
E. Marx und A. Koch.
Der afrikanische Elefant.
Mit 9 Abbildungen.
Früher, als wir gehofft, ist unser Wunsch, die Gruppe der
Dickhäuter durch hervorragende Exemplare in unserem Museum
vertreten zu sehen, in Erfüllung gegangen. Über das Fluß-
pferd wurde im letzten Heft berichtet, das Rhinozeros ist vor-
stehend erwähnt; hier soll das größte und bedeutendste neue
Schaustück, der afrikanische Elefant gewürdigt werden.
Wiederum ist es der eifrige Förderer unserer Sammlungen,
Rudolf von Goldschmidt-Rothschild, dem wir diesen
gewaltigen Vertreter der afrikanischen Tierwelt verdanken. Im
belgischen Kongogebiet ist der Riese erlegt worden ; Rowland
Ward in London, der Schöpfer so mancher hervorragender
Schaustücke der Dermoplastik, hat ihn präpariert. Mag es
schon erhebliche Schwierigkeiten verursacht haben, die Haut
eines solchen Riesen aus dem Innern Afrikas nach Europa zu
transportieren, so stellten sich der Überführung des fertigen
Schaustücks von London nach Frankfurt noch weit größere
Hindernisse in den Weg. Ein Transport auf der Eisenbahn war
172 —
aiisgescblossen, und so mußte der Elefant, in einer 4 m hohen
und über 7 m langen Kiste sorgfältig verpackt, nachdem er
auf einem Frachtschiff nach Rotterdam überführt worden war,
auf einem der großen Mainkähne der Firma Altschüler & Co.
verladen werden. Doch für solch umfangreiche Güter waren
die Luken nicht vorgesehen, und deshalb konnte die weit dar-
über hinausragende Kiste nur durch wasserdichte Tücher gegen
Fig. 1. Im Hafen.
Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M.
die Unbilden der Witterung geschützt werden. Nach zwölf-
tägiger Fahrt kam sie glücklich in Frankfurt an. Um die nahe-
zu 90 Zentner schwere Last an Land zu bringen, bedurfte es
des riesigen Portalkrahnens im Hafen, und eine große Zu-
schauermenge umstand die Verladestelle, um den Koloß in den
Lüften schweben zu sehen. Doch war es eigentlich eine Ent-
täuschung, konstatieren zu müssen, daß sich der ganze Vorgang
mit solch selbstverständlicher Ruhe und Sicherheit abspielte,
als ob es nur gegolten hätte, wenige Kilo aus dem Schiff zu
heben. Auch die zwei kräftigen Pferde schienen die Last nicht
— 173 —
ungewöhnlich zu finden, denn in ungestümer Hast nahmen sie
die erste scharfe Ecke, und schon kam die Kiste in unliebsame
Berührung mit einem Güterschuppen. Aber es lief günstig ab;
nur eine geknickte Dachrinne warnte vor weiterer Übereilung.
Sodann schien alles gut zu gehen, bis ein eiserner Steg den
bedenklich schwankenden Wagen mit seiner hohen Last umzu-
werfen drohte. Obwohl die Kiste streifte, passierte sie glücklich.
Fig. 2. Beim Auskrahnen.
Aufnahme von Carl Xeithold in Frankfurt a. M.
Das Schwanken der unsanft in Bewegung gesetzten Telephon-
drähte am Bahnübergang brachte uns nicht mehr aus unserer
Ruhe, und so langte das wertvolle Gut nach ungefähr drei-
viertelstündiger Fahrt unbeschädigt vor dem Museum an. Ein
halbes Dutzend Zimmerleute mit Balken und Winden stand
schon bereit. Doch nahm es 12 Stunden in Anspruch, bis der
Elefant aus seinem überaus widerstandsfähigen Gefängnis be-
freit und an seineu Aufstellungsort verbracht war. Unser Bau-
meister hatte beim Abmessen des Portals entschieden eine
glückliche Hand, denn auch hier konnte der Elefant gerade
~ 174 —
hindurch transportiert werden, ohne anzustreifen. Noch war er
sorgfältig in Strohmatten verpackt, nur die mächtigen Stoß-
zähne ragten frei hervor. Aber bald fielen auch diese Hüllen,
und vor uns stand er in seiner imponierenden Größe, ein Bild
der Stärke, ein unangreifbarer Herrscher der Tierwelt.
Die Zoologie bezeichnet den afrikanischen Elefanten als
Elephas afncanus Blumenbach. Doch die große Ausdehnung
Fig. 3. Eine bedenkliche Belastungsprobe.
Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M.
Afrikas, die verschiedenen khmatischen Zonen und die ab-
weichenden Lebensbedingungen haben mit der Zeit eine Reihe
von Unterarten herausgebildet, die namentlich an der ver-
schiedenen Gestalt der Ohren zu unterscheiden sind. Die größten
Ohren besitzt die nahezu ausgerottete Abart im Kaplande,
E. a. capeiisis. Mehr von ovaler Gestalt, aber auch noch von
bedeutender Größe sind die Ohren des westafrikanischen Ver-
treters, E. a. cyclotis. Der Sudanelefant, E. a. oxyotis, zu dem
wohl auch unser Exemplar zu zählen ist, fällt durch die be-
deutend kleineren Ohren auf, die halbkreisförmig abgerundet
— 175 —
sind, nach vorn und unten jedoch eine deutlich ausgeprägte
Spitze aufweisen. Die ostafrikanische Unterart, E. a. knocken-
haueri, besitzt noch kleinere Ohren von deutlich dreieckiger
Form. Im Kongogebiet findet man eine Zwergforra, E. a. putnilo,
die kaum über 2 m HiJhe erreicht.
Früher über ganz Afrika verbreitet ist der Elefant jetzt
nur noch südlich vom Tsadsee anzutreffen. In Südafrika soll
Fig. 4. Ein kritischer Augenblick.
Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M.
er noch in wenigen Exemplaren vorhanden sein ; namentlich ist
er auch aus allen Küstengegenden mit Ausnahme von Kamerun
vollständig verschwunden.
Der Elefant ist der einzige noch lebende Vertreter der
Rüsseltiere (Proboscidea) , wenn wir nicht das Mammut, Elephas
jjritnigenius, auch noch zu den rezenten Formen rechnen wollen.
Mastodon und Dinotherkim waren ihre Vorläufer. Nach den
paläontologischen Funden zu schließen, müssen namentlich die
drei letztgenannten Vertreter der Familie früher eine weite
Verbreitung gehabt und vor allem auch in der Frankfurter
— 176 —
Gegend — im Mainzer Becken — in großer Menge gelebt
haben, wie dies schon die reichen Funde, die sich in unserem
Museum befinden, zur Genüge beweisen.
Betrachten wir unser Schaustück etwas eingehender, so
fällt uns vor allem die ungeheuere Größe dieses Exemplars in
die Augen. Bei einer Schulterhöhe von 3,28 m, einer Länge
von der Rüsselspitze bis zum Schwanzende gemessen von 7 m
Fig. 5. Beim Öffnen der Kiste.
Aufnahme von Carl Neitliold in Frankiuvt a. M.
und einem Leibesumfang von 5,40 m stellt es wohl das größte
auf dem Kontinent befindliche Exemplar dar. Das Gewicht des
lebenden Tieres mag über 100 Zentner betragen haben. Ein
Vergleich mit der darunter aufgestellten Spitzmaus läßt uns
erst so recht die enorme Größendifferenz zwischen diesen ex-
tremen Vertretern der Säugetiere erkennen. Die rissige ge-
felderte Haut ist nur an wenigen Stellen in mächtige Falten
gelegt. Von dem rotwollenen Pelz, den das Mammut getragen,
oder von dem feineren, aber dichten Haarkleid des neugeborenen
Elefanten ist hier nichts wahrzunehmen. Aber immerhin finden
— 177 —
sich noch viele Haare über die ganze Oberfläche zerstreut, die
nur am Ende des Schwanzes als dicke Borsten eine ziemlich
lange Quaste bilden. Der Rüssel, also die verlängerte Nase
des Tieres, erreicht die stattliche Länge von 2,80 m. Seine
ungemein vielseitige Verwendung ist durch ein reiches und
kompliziertes Muskelsystem ermöglicht. Auf der Vorderseite ist
die Haut des Rüssels in zahlreiche Falten gelegt, die eine
Fig. 6. Vor dem Portal des Museums.
Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M.
für diese Art charakteristische Ringelung hervorrufen. Er
endigt in zwei beweglichen Fortsätzen, die ein äußerst ge-
schicktes Greiforgan darstellen. Der verhältnismäßig kleine Kopf
zeigt eine auffallend abgerundete Stirn. An die kleine Ohröffnung
schließen sich die Ohrmuscheln an, deren größter Durchmesser
1,20 m, deren kleinster 0,90 m beträgt. Sobald das Tier in
Aufregung versetzt wird, stellt es die Ohren auf, so daß sie
senkrecht vom Körper abstehen und sich in der Nackengegend
nahezu berühren. Der Hals ist kurz und gedrungen, die
Schultergegend auffallend hoch, der Rücken steil abfallend.
12
• — 178 —
Der gewaltige Rumpf wird von vier mächtigen säulenförmigen
Beinen getragen, von denen uns am lebenden Tier namentlich
die hinteren Extremitäten bei der Bewegung auffallen, da hier
im Gegensatz zu den meisten anderen Tieren das Knie frei aus
der Muskelmasse hervortritt. Während wir am Skelett vorn
und hinten fünf wohlgegliederte Zehen antreffen, ist am lebenden
Tier hiervon nichts wahrzunehmen, denn die Haut überzieht die
Fig. 7. In dem Portal des Museums.
Aufnalime von Carl Neithold in Frankfurt a. M.
Zehen vollständig gleichmäßig; nur die am Vorderfuß in der
Vierzahl, am Hinterfuß in der Dreizahl vorhandenen platten,
nagelartig nur die äußerste Zehenspitze umschließenden Hufe
weisen auf eine innere Gliederung hin. In der Nähe der
Vorderbeine befinden sich zwei Brustwarzen.
Am meisten imponieren uns die langen Stoßzähne, die
1,90 m aus dem Oberkiefer hervorragen, von denen jedoch noch
ein bedeutendes Stück als hohle Wurzel in den sogenannten
Zahnbüchsen eingeschlossen ist. Die hohle Wurzel nimmt z. B.
beim indischen Elefanten ^'5— V4, beim abessinischen V* — ^3,
— 179 —
bei der Zambesiform sogar Vs — V2 der Gesamtlänge des Stoß-
zahns ein; beim Mammut dagegen betrug sie nur Vs— Vs. Der
größte bis jetzt exportierte Zahn wies eine Länge von 3,27 m
bei einem Gewicht von 94 kg auf. Das Gewicht der Stoßzähne
unseres Exemplares beträgt 73 kg. Schmelz und Zement fehlen,
und so stellen sie in ihrer gleichmäßigen, nicht zu großen Härte
das geschätzte Elfenbein dar. Stetig fortwachsend können sie
Fig. 8. Ankunft im Lichthof.
Aufnahme von Carl Xeithold in Frankfurt a. M.
bei einer längeren Lebensdauer ihres Trägers eine Länge von
über 3 m erreichen. Bei dem asiatischen Elefanten sind sie
lange nicht in derselben Stärke ausgebildet wie bei dem
afrikanischen Vertreter der Gattung; das Weibchen weist ge-
wöhnlich überhaupt keine Stoßzähne auf, und es gibt auch
viele Männchen, bei denen sie zeitlebens nicht mehr zur Aus-
bildung kommen.
Die Stoßzähne des Elefanten haben sich aus Schneidezähnen
entwickelt und zwar bei unseren rezenten Arten aus den
Schneidezähnen des Oberkiefers, während der Unterkiefer keine
12*
— 180 —
Schneidezähne aufweist. Auch unter den Vorfahren der heutigen
Elefanten finden sich Arten, bei denen nur im Oberkiefer Stoß-
zähne zur Entwickelung gekommen sind, z, B. beim Mammut.
Ein großer Teil der Mastodonarten trug dagegen sowohl im
Oberkiefer als auch im Unterkiefer Stoßzähne, während bei
Dinotherium nur im Unterkiefer zwei gewaltige, nach unten und
innen gebogene Stoßzähne vorhanden waren.
Abnorm ist auch das übrige Gebiß ; Eckzähne fehlen, und
gewöhnlich linden v/ir in jeder Kieferhälfte nur einen Backen-
zahn, manchmal vor demselben noch das Rudiment eines abge-
nützten zweiten, der jedoch schließlich von dem nachgewachsenen
Zahn aus dem Kiefer hinausgedrängt wird. Demnach liegt hier
ein kontinuierlicher Zahnwechsel vor: sobald ein Backenzahn
abgenützt ist, wird er durch einen neuen ersetzt. So konnten
bis zu sechs einander folgende Backenzähne konstatiert werden.
Die Oberfläche eines solchen Zahns weist rautenförmige Leisten,
die sogenannten Schmelzfalten, auf, die zwischen und neben
sich weichere, tiefer liegende Partien einschließen. Bei dem
asiatischen Elefanten stehen diese Schmelzleisten viel dichter
als bei der afrikanischen Art, so daß die einzelnen Leisten
nahezu parallel zu einander verlaufen. Ihr Aussehen nähert
sich hierdurch der Zahnbildung des Mammut. Beim jungen
Zahn sind die einzelnen Platten, von der harten Schmelzschicht
vollständig überzogen, nebeneinander gelagert; durch die fort-
schreitende Abnutzung verschwindet allmählich die obere Kante,
und an ihrer Stelle treten zwei gesonderte Schmelzlinien auf,
die, je weiter die Abnutzung vor sich geht, um so weiter aus-
einander rücken. Aus der Zahl der Schmelzplatten kann man am
besten das Alter der Backenzähne feststellen : beim ersten Zahn
treten drei, beim zweiten sechs, beim dritten und vierten sieben,
beim fünften acht und beim sechsten zehn solcher Platten auf.
Außer der erwähnten Verschiedenheit in der Gestaltung
der Backenzähne unterscheiden sich die beiden rezenten Elefanten-
arten durch die Mächtigkeit der Stoßzähne, die Form des
Kopfes, die Größe der Ohren und die Gestalt des Rüssels, sowie
durch das Profil des Rückens und durch die Zahl der Hufe.
Die Stoßzähne des asiatischen Elefanten bleiben an Länge weit
hinter denjenigen des afrikanischen zurück. Die Seitenpartien
seines Kopfes treten infolge mächtiger Knochenauftreibungen
rt
^
Pi
pa
CO
f^
be.
Si
— 182 —
als gewaltige Stirnhöcker hervor, während die Stirn des
afrikanischen Elefanten gleichmäßig gewölbt ist; auch sind seine
Ohren bedeutend kleiner. Bei dem asiatischen Elefanten hat
der Rüssel an der Oberseite seiner Spitze eine ziemlich große
fingerförmige Verlängerung; bei der afrikanischen Art zeigt die
Rüsselspitze an der Ober- und Unterseite derartige, gleich
große, aber kleinere Fortsätze. Bei dem asiatischen Elefanten
ist der ganze Rücken annähernd gleich hoch; bei dem afrikanischen
stellt die Schulterhöhe weitaus die höchste Partie dar. Schließlich
finden wir bei der ersten Art am Vorderfuß fünf, am Hinterfuß
vier Hufe, bei der afrikanischen Form dagegen nur vier und
drei Hufe.
Bei dem großen Nahrungsbedürfnis des Elefanten ist es
selbstverständlich, daß er ein ungebetener Gast in der Nähe
der Ansiedlungen ist, in denen er gewaltige Verwüstungen an-
richten kann. Doch in den Urwäldern Afrikas findet er an
Früchten, Baumzweigen und Blättern nie versagende Vorräte,
und selbst in den Steppen, wo er nur auf Baumrinde oder
Knollen und Wurzeln angewiesen ist, die er mit seinen mäch-
tigen Stoßzähnen aus der Erde herauspflügt, findet er noch
vortrefflich sein Fortkommen. Er ist aber durchaus nicht auf
die heißeste Region angewiesen, obwohl ihm brennende Hitze
mehr zuzusagen scheint als z. B. dem sumatranischen Vertreter,
der sich tagsüber in den dichten, schattigen Busch zurückzieht.
In Afrika geht er zu gewissen Zeiten, z. B. in den Bergländern
des Kilimandjaro, bis zu einer Höhe von 2700 und 3000 m
hinauf. Auch in Abessinien kann man ihn noch in 2400 m
Meereshöhe antreffen. Er unterniaimt oft weite Wanderungen,
bewegt sich, sobald Gefahr droht, in seinem Paßschritt sehr rasch
vorwärts und ist sogar im Erklettern felsiger ^Abhänge äußerst
geschickt.
Der afrikanische Elefant ist wohl ebenso klug wie sein
asiatischer Verwandter, aber keineswegs so gutmütig wie dieser.
Es sprechen viele Gründe dafür, daß schon Hannibal seinen
Sieg über die Römer mit afrikanischen Elefanten errangen hat.
Sicherlich verwandten ihn die Römer bei ihren Tierkämpfen.
Dann ist es fast zwei Jahrtausende lang überhaupt nicht mehr
gelungen, ihn lebend nach Europa zu bringen. Heutzutage ist
er jedoch in vielen zoologischen Gärten vertreten.
— 183 —
Er lebt gewöhnlich gesellig in Herden von zwanzig bis
zu mehreren Hundert Stück, die Weibchen immer an Zahl über-
wiegend. Nur alte Männchen scheinen sich manchmal als förm-
liche Einsiedler abzusondern. Von Menschen und Tieren ge-
fürchtet, konnte er sich so in der günstigsten Weise vermehren,
denn obwohl das Weibchen nach einer Tragzeit von 2OV2 Monaten
nur ein Junges zur Welt bringt, gleicht sich dieser geringe
Zuwachs durch eine mehr als 100jährige Lebensdauer wieder aus.
Begnügten sich früher die Eingeborenen damit, unseren
Riesen in großen Fallgruben zu fangen oder durch vergiftete
Fallspeere zu tüten, so gingen sie, als auch für sie das Elfen-
bein zu einem lohnenden Handelsartikel wurde, zur Massentütung
über. Indem große Steppengegenden an verschiedenen Stellen
in Brand gesetzt wurden, fanden die eingeschlossenen Elefanten
durch Feuer und Rauch und durch die Speere der Eingeborenen,
die von den geängstigten, matten Tieren keine Gefahr mehr
zu befürchten hatten, zu Hunderten ihren Tod. Interessanter
ist die Jagd einiger Nubierstämme, bei der mehrere berittene
Jäger das gefährliche Wild zu stellen suchen, während ein
einzelner das Tier von hinten anschleicht, um ihm mit einem
Hiebe seines breiten Schwertes die Achillessehne durchzuhauen,
so daß der Koloß wie vom Blitz getroffen zusammenstürzt. Die
modernen Feuerwaffen der berufsmäßigen Elefantenjäger und
der Sportsleute scheinen jedoch sein Schicksal vollends besiegelt
zu haben. Wie uns die Statistik lehrt, wird von den 1 200000 kg
Elfenbein, die jährlich zur Verarbeitung kommen, etwa ein
Drittel aus den fossilen Zähnen des Mammut gewonnen, ganz
unbedeutende Mengen liefert der asiatische Elefant ; 800 000 kg
werden dagegen schon seit Jahrzehnten Jahr für Jahr aus
Afrika exportiert, und wenn man bedenkt, daß diese Menge
jährlich etwa 65 000 Elefanten das Leben kostet, kann es uns
nicht wundern, wenn dieser interessante Vertreter der Tierwelt
bald nur noch in Museen anzutreffen sein wird. Mit um so
größerer Freude begrüßen wir es deshalb, daß uns durch die
verständnisvolle Fürsorge unseres Gönners ein solch vorzügliches
Exemplar überwiesen worden ist. Denn nur zu bald wird die
Zeit verstrichen sein, in der es überhaupt noch möglich sein
dürfte, derartig riesige Vertreter dieser Art zu erlegen.
E. Wolf.
— 184 —
Der Rieseualk.
(Mit 2 Abbildungen.)
In den Museen beginnt neben den Vertretern der gegen-
wärtig lebenden Fauna und den versteinerten Resten vorzeit-
licher Geschöpfe eine neue Kategorie von Objekten mehr und
mehr in die Erscheinung zu treten : Bälge, Skelette und sonstige
Präparate von Arten, die in historischer Zeit erloschen
sind. Noch ist ihre Zahl gering, aber sie wächst unaufhaltsam;
denn die menschliche Kultur führt einen vernichtenden Krieg
gegen die Tierwelt. Wie lange wird es noch dauern, bis Elch
und Luchs, Steinbock, Wisent und Bison, Beutelwolf und See-
otter, Bartgeier, Kiwi, Brückenechse und viele andere, schon
jetzt schwer bedrängte Arten endgültig verschwinden? Durch
eifrige Schonung, zu der man sich aufzuraffen beginnt, wird der
Untergang verzögert, aber nicht verhindert werden. Die Pflicht
der Museen aber wird es sein, als unentbehrliches Material für
künftige Forschung von den erlöschenden Formen zu bewah-
ren, was sich nur irgend bewahren läßt.
Diese Aufgabe ist keineswegs immer leicht. Arten erlöschen,
ehe man die Gefahr bemerkt, und wird sie bemerkt, so sind die
Tiere oft schon so selten geworden, daß Präparate von ihnen
kaum mehr zu erhalten sind. Hier heißt es also für ein Museum,
das auch in dieser Hinsicht an erster Stelle stehen will, gut
aufpassen, rasch zugreifen und wegen der Kosten nicht allzu
ängstlich sein. Je länger man zögert, um so teurer wird das
Objekt, und ist der Untergang einer Spezies erst einmal
perfekt, sind alle vorhandenen Reste in festen Händen, dann
glückt es nur noch äußerst selten, eines Stückes habhaft zu
werden.
Am schlimmsten steht es in dieser Hinsicht natürlich mit
denjenigen Tieren, deren Erlöschen schon längere Zeit zurück-
liegt. Wie ging man damals mit den kostbaren Objekten um!
Dronte und Solitär, die flugunfähigen, plumpen Riesentauben
von Mauritius und Rodriguez, sind Ende des 17. Jahrhunderts
ausgestorben, und außer Bildern und ein paar kümmerlichen
Fragmenten besitzt die Wissenschaft nichts von ihnen. Der
letzte existierende Drontebalg, der sich im Oxforder Museum
befand, wurde 1755 verbrannt, weil die Motten hineingekommen
— 185 —
waren ; heute würde jede Feder ein Kleinod sein. Und wie hat
man sich durch den Untergaug der Arten überrumpeln lassen!
Das Quagga starb so unvermutet aus, daß nur ganz wenige
Museen — gleichsam durch Zufall — sich mit brauchbaren
Stücken versehen hatten, obwohl das Tier in unseren zoologi-
schen Gärten lauge genug das häufigste Zebra war und die
Buren Südafrikas gewohnheitsmäßig sein Fell zu Kornsäcken be-
nützten. Im Senckenbergischen Museum befindet sich ein Stück;
aber wir haben gute Gründe, es oben im gnädig verhüllenden
Dunkel der „wissenschaftlichen Sammlung" stehen zu lassen.
Um so erfreulicher ist es, daß unser Museum von einer
anderen, höchst interessanten und vielbegehrten Art, deren
Untergang in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts fiel,
nicht nur einen gestopften Balg sondern auch ein tadelloses
Skelett besitzt: vom Riesen- oder Brill enalk, Plautus im-
penitis L.
Die Riesenalke waren nordische Meeresvögel aus der Ver-
wandtschaft der Lummen, speziell dem Tordalk nahestehend,
aber viel größer als dieser, etwa so groß wie eine Gans. Ihr
Federkleid war unten schneeweiß, am Rücken, Hals und Kopf
dunkel braunschwarz ; ein großer ovaler weißer Fleck vor jedem
Auge gab dem Vogel ein Ansehen, als wenn er eine Brille trüge;
ein weißer schmaler Randstreifen zierte die Flügel. Wie beim
Tordalk war der schwarze Schnabel hoch und seitlich stark
zusammengedrückt und trug eine Anzahl schräg verlaufender
Furchen. Die Schwimmfüße saßen weit hinten am Rumpf, so
daß der Vogel nach Art der antarktischen Pinguine mit beinahe
senkrecht gehaltenem Leibe stand und nur mit kurzen Schrittcheu,
aufrecht wie ein Mensch, einhertrippeln konnte. Bei weitem
das Aufialleudsie waren die im Verhältnis zu einem so großen
und schweren Vogel winzigen Flügel, deren Länge nicht mehr
als 17 — 20 cm betrug. Daß sie zum Flug in der Luft gänzlich
untauglich waren, ist selbstverständlich. Dagegen haben sie
dem schwimmenden Vogel als Ruder vorzügliche Dienste geleistet ;
denn der Riesenalk schwamm — auch hierin spricht sich voll-
kommene Übereinstimmung mit den Pinguinen aus — mit Hilfe
seiner Flügel, als wenn er durchs Wasser flöge. Und wie voll-
endet er dieses, sein wahres Element zu beherrschen wußte,
ist uns von alten Seefahrern, die ihn darin gesehen haben.
Unser Riesenalkskelett.
Unser Riesenalk nach der Umstopfung.
— 188 —
geschildert worden. Die Beute, die das fischreiche Meer den
Vögeln lieferte, verdauten sie am Land in beschaulicher Ruhe,
scharenweise auf den felsigen Klippen stehend. Dort legte auch
das Weibchen sein einziges, 120 bis 130 mm langes, kreisel-
artig geformtes, auf grünlichem Grunde braun geflecktes Ei ohne
besondere Sorgfalt auf den moosigen Boden.
Der Wohlgeschmack dieser großen Eier war einer der
Gründe für den Untergang der Art. In grauer Vorzeit be-
wohnten die Riesenalke, wie aus einzelnen Knochenfunden
geschlossen werden kann, ein weites Gebiet, das sich von
Grönland und Neufundland im Norden und Westen bis Norwegen,
Dänemark und England nach Osten und Süden erstreckt hat.
Aber die Menschen machten eifrig Jagd auf die fetten Vögel
und ihre Eier, — findet man doch auf Irland öfters Knochen
von Riesenalken in „Kitchen middens", den vorhistorischen
Küchenabfällen — so sank ihre Zahl und verengte sich ihr
Wohngebiet, und gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts
lebten sie in einiger Häufigkeit nur noch auf ein paar Klippen
bei Island und Neufundland. Um 1830 herum galten sie bereits
als selten, und 1844 ist das letzte lebende Stück, von dem
man weiß, auf Island erschlagen worden. Die damals ver-
breitete Ansicht, daß man im höhereu Norden noch viele von
ihnen antreffen werde, fand keine Bestätigung. Die Art ist
erloschen.
Das Schicksal der schönen und auffallenden Vogelform
rief eine ganze Literatur hervor; wir kennen jetzt dank der
rastlosen Bemühungen von Steenstrup, W. Blasius, Bid-
well u. a. jedes einzelne in den Sammlungen befindliche
Stück und von den meisten auch die Geschichte. Es sind im
ganzen nur 80 Bälge vorhanden, 20 in Deutschland und einer
davon im Senckenbergischen Museum. Freilich war unser
Exemplar bisher keine Augenweide. Sein Gefieder war zer-
zaust und blutig, an einigen Stellen infolge ausgeschwitzten
Fettes schmutzigbraun statt weiß, und der gewaltsam auf die
Brust herabgebogene Kopf gab ihm ein jämmerliches und un-
natürliches Ansehen. Aber unter den geschickten Händen unserer
Konservatoren Adam und August Koch ist der Alk, wie ein
Phönix aus der Asche, neu erstanden. Mit Pfeifeuerde, Benzin,
Persil und Wasserstoffsuperoxyd ist alles Fett und Blut aus
— 189 —
dem Gefieder herausgewaschen worden, so daß seine Brust
jetzt wieder glänzt wie frischgefallener Schnee. Die ganze
Haut wurde vorsichtig erweicht, aufgetrennt und umgewendet
und dann in anmutiger Haltung neu präpariert Jetzt kann
unser Stück den schönsten überhaupt vorhandenen beigezählt
werden.
Dunkel ist die Herkunft unseres Riesenalkes. In dem
von Hartert 1891 angefertigten Katalog unserer Vogel-
sammlung steht die Notiz „getauscht von Prof. Fries in
Stockholm im November 1837". Da aber in den alten Tausch-
listen und Protokollen hierüber kein Wort zu finden ist, dürfte
der Angabe H arter ts nur eine Vermutung und unbestimmte
Äußerung des früheren Präparators Er ekel zugrunde liegen.
Dennoch wird sie ungefähr das Richtige treffen. Im Jahre
1831 sind auf der Insel Eldey bei Island zwei Dutzend
Riesenalke getötet, in einer ganz besonderen Weise — nämlich
durch einen Längsschnitt unter dem rechten Flügel — abgebalgt
und größtenteils nach Kopenhagen verkauft worden. Da unser
Stück auf die gleiche Art präpariert worden ist, stammt es
wahrscheinlich von Eldey und mag über Kopenhagen und Stock-
holm nach Frankfurt gekommen sein.
Begreiflicherweise stehen Riesenalkbälge sehr hoch im
Preis. Schon 1869 hat Wilh. Schlüter in Halle nach Mit-
teilung des jetzigen Inhabers der Firma Herrn Schlüter jr.
einen Balg für 1500 Dollar an das Museum in Washington
verkauft. Den jetzigen Geldwert aber schätzt Herr Schlüter
auf nicht weniger als 20000 Mark. Sicher ist, daß wir unser
Stück auch für diese Summe nicht hergeben würden.
Noch spärlicher als Bälge sind vollständige Skelette des
Riesenalkes — es sind im ganzen nicht mehr als 23 — in den
Museen vertreten. Frisch aus dem Kadaver herauspräparierte
Skelette gibt es überhaupt nur zwei : in Paris und im Londoner
College of Surgeons. Alle übrigen hat die Funksinsel bei Neu-
fundland geliefert. Hier muß eine starke Kolonie der Vögel ge-
wohnt haben ; denn unter dem torfigen Boden, oft mehrere Fuß
tief, sind zahlreiche, durch die Einwirkung des Humus tiefbraun
gefärbte Einzelknochen, ferner auch eine kleine Anzahl mumi-
fizierter Körper und nahezu kompletter Skelette gefunden worden.
In einem Falle war eine Wurzel durch den ganzen Wirbelkanal
— 190 —
hindurch gewachsen und hielt so die losen Wirbel zusammen.
Aus Einzelknochen hat man eine Reihe vollständiger Skelette
künstlich zusammengesetzt, an den übrigen das Fehlende er-
gänzen können.
Von dort stammt auch das tadellose, nur wenig ergänzte
Skelett, das kürzlich der Senckenbergischen Gesellschaft von
Ch. Girtanner in Ciarens für den Preis von M. 2850 ange-
boten wurde, — in Anbetracht der Schönheit des Stückes ein
recht geringer Preis — und es ist sehr erfreulich, daß die Ver-
waltung sich rasch entschlossen hat, die Summe vorläufig zu
bewilligen, ehe noch ein großmütiger Spender (auf den wir aber
immer noch hoffen) dafür gefunden war. Unser prächtiges Stück
läßt erkennen, daß die durch gleiche Lebensart bestimmte Ähnlich-
keit („Konvergenz") zwischen Riesenalk und Pinguin sich auch
auf das Innere erstreckt. Wie die Pinguine besaß der Riesenalk
einen hohen Brustbeinkamm, der sonst als Ansatzfläche der
Brustmuskulatur nur flugbegabten Vögeln zukommt, bei fluglosen
aber — Strauß, Kiwi, Eulenpapagei u. a. — durch Rückbildung
verschwindet. Daß dieser Kamm bei Riesenalk und Pinguin
trotz ihrer Flugunfähigkeit erhalten geblieben ist, erklärt sich
durch den Gebrauch der Flügel als Ruderorgan : zu ihrer Be-
wegung im Wasser dienen die gleichen Muskeln und sind dieselben
Ansatzflächen erforderlich wie bei den Fliegern. Auch die Ab-
flachung des ganzen Arm- und Handskeletts, die bei den Pinguinen
so auffallend ist, findet sich angedeutet.
Leider besitzt unser Museum kein Ei des Riesenalkes,
nur eine Nachbildung. Von den 72 in der Welt vorhandenen
echten Eiern hat England sich weitaus den Löwenanteil —
nicht weniger als 49 — gesichert, vor allem auch durch den
Eifer privater Sammler. Ganz Deutschland besitzt nur fünf.
Die Summen, die für Riesenalkeier bezahlt werden, sind freilich
schon jetzt enorm ; erzielten doch die letzten Stücke, die ihren
Besitzer gewechselt haben, Preise zwischen 4000 und 6000 M.
Dennoch erscheint es fast als eine wissenschaftliche Ehrenpflicht
des Senckenbergischen Museums, die nächste sich etwa bietende
Gelegenheit zum Erwerb eines solchen Eies und damit zur
völligen Komplettierung seines Besitzes an Riesenalkresten un-
gesäumt zu ergreifen.
0. zur Strassen.
— 191 —
Ein fossiler Hai.
Mit einer Abbildung.
Die lithographischen Plattenkalke des oberen Jura von
Solnhofen und Eichstätt in Bayern, Nusplingeu in Württemberg
und einigen wenigen anderen Orten sind bekannt wegen der
Fülle prachtvoll erhaltener Fossilien, die sie bergen. Es gibt
kaum eine zweite Schicht auf der Erde, in der die zartesten
Tiere der Vorzeit in gleicher Vollständigkeit erhalten sind.
Die dünnsten Insektenflügel mit ihrem Geäder und die äußerst
feine Flughaut des Pterodactylus hinterließen scharfe Abdrücke
in den Plattenkalken; ja selbst die zartesten aller Tiere, die
Medusen, sind so ausgezeichnet erhalten geblieben, daß mau
ihre Reste recht gut in das System der jetzt lebenden Quallen
einzureihen vermag. Gerade dieser Umstand ermöglicht die
Vergleichung der damaligen Fauna mit der heutigen, und diese
hat gezeigt, daß zahlreiche Meerestiere der Jurazeit kaum
verändert noch in den heutigen Meeren leben.
Ganz eigenartige Lebensbedingungen herrschten zu jener
Zeit in den genannten Gegenden. Mächtige Korallenriffe wuchsen
aus dem tiefen klaren Meerwasser empor, und zwischen ihnen
hatten sich stille Lagunen gebildet, in denen nur ein ungemein
feiner Kalkschlamm zur Ablagerung kam, genau so wie in den
ruhigen Wasserbecken, die heute von einem Atoll umkränzt
werden. Nur bei Stürmen brachen die Meeresfluten in die
Lagunen herein; aber bald wurden sie wieder abgeschnitten,
und die tropische Sonne trocknete das Wasser schnell ein.
Jeder Einbruch des Meeres brachte Schwärme von Quallen und
Tintenfischen, Krebsen, Fischen und anderen Meerestieren mit
sich, und der weiche Kalkschlamm bewahrte ihre Reste aufs
sorgfältigste. Vom nahen Festland trieb der Wind Blätter,
Zweige und viele Insekten auf den klebrigen Schlick, und nun
flatterten und hüpften die Flugsaurier und der Ärchaeopterix
heran, um die allenthalben reich vorhandene Beute zu erhaschen.
Wie ein großes Buch hat der Plattenkalk alle Zeichen des Lebens
aufbewahrt, das in jenen Lagunen geherrscht hat; die Fährte
des Urvogels, die letzten hastigen Bewegungen des Limulus,
der dem drohenden Verderben zu entrinnen suchte, sie sind
deutlich zu erkennen. Und doch ist uns dieses reiche Tierleben
Co
Q
5'
0
- 193 —
nur zum Teil bekannt geworden : denn von sehr vielen, nament-
lich den großen Formen sind nur ganz wenige oder gar nur
Einzelexemplare gefunden worden, die der Zufall in die flache
Lagune verschlagen hat, in der sie verendet sind.
Zu diesen Tieren gehört auch ein Hai Sqiiatina alifera
(Münster) von breitem flachem Körper, mit mächtigen, nach
außen gerichteten Brust- und Bauchflossen. Sein nächster Ver-
wandter, der Meerengel {Squatina angelus) lebt noch heute in
Menge im Atlantischen Ozean und besonders im Mittelmeer auf
dem Meeresgrund, wo er sich von Schollen und Eochen nährt.
Die beiden durch Millionen von Jahren getrennten Arten unter-
scheiden sich nur durch das etwas stärker verknöcherte Skelett
der Juraform.
Das prachtvolle Stück unseres Museums ist eins der zahl-
reichen Geschenke unseres korrespondierenden Mitglieds A. v.
G winner in Berlin. Es wurde bei Nusplingen in einem jetzt
verfallenen Steinbruch gefunden, und seine Erwerbung ist schon
deshalb mit großer Freude zu begrüßen, weil weitere Exemplare
von der früher hervorragenden Fundstelle nicht zu erwarten
sind. Außerdem aber ist die Erhaltung des Stückes geradezu
glänzend. Selbst die dreieckige Rückenflosse ist deutlich zu
erkennen; der Hautsaum, der sich auf dem langen Schwanz
hinzieht, ist körperlich erhalten, und die zahllosen kleinen
Chagrinkörnchen in der rauhen Haut sind schon mit bloßem Auge
sichtbar. Unser Museum hat mit diesem Stücke einen der
schönsten, bisher überhaupt bekannten fossilen Haie erhalten.
F. Drevermann.
194 —
Lehrtätigkeit im Winterhalbjahr 11)09/10.
I. Zoologie.
In den Monaten Oktober bis Dezember wurde von Prof.
Dr. M. Flesch ein Vortragszyklus von 13 Stunden über
die Entwickelungsgeschichte des Menschen gehalten. Zunächst
wurden Zellteilung und Befruchtung behandelt. Es wurden die
neueren Feststelluugeu über die Geschlechtsbestimraung bei
niederen Tieren besprochen, besonders die Untersuchungen aus
der jüngsten Zeit über den Einfluß, den die Zahl der Chromo-
somen bei einigen Insekten auf die Entstehung des Geschlechts
ausübt. Daß ein Mehr an Chromosomen weibliche Sprößlinge be-
wirkt, steht im Einklang mit den Tatsachen, daß anderwärts
aus unbefruchteten Eiern Männchen, aus befruchteten Eiern
Weibchen ausschlüpfen, und daß experimentell bei Kaninchen
durch reichlichere Ernährung ein Überschuß au weiblichen Jungen
gegenüber den Ergebnissen bei Unterernährung bewirkt ward.
Ferner wurde auf die Forschungen L o e b s hingewiesen, dem es
gelungen ist, lediglich durch chemische Beeinflussung der Eier
niederer Tiere lebensfähige Embryonen zu entwickeln, ohne daß
eine Befruchtung vorausgegangen war. Weitere Vorträge be-
handelten die Bildung der primitiven und sekundären Keim-
blätter, der Primitivrinue und des Canalis neurentericus, ferner
die Organentwickelung unter besonderer Berücksichtigung des
Nervensystems und der Sinneswerkzeuge und schließlich die
Bildung der Sexualorgane und der Eihülleu beim Menschen und
in der Wirbeltierreihe.
An Demonstrationsmaterial standen in erster Linie mikrosko-
pische Präparate des Vortragenden, besonders Schnitte aus frühen
Stadien der Embryonalentwickelung des Hühnchens und der Katze,
sowie Präparate und Wachsmodelle aus der Lehr- und Schau-
samnilung des Museums zur Verfügung. Auch waren dem Vor-
tragenden von dem Dr. Senckenbergischen anatomischen Institut
— 195 —
weitere Modelle und von Prof. Edinger einige Präparate aus der
Entwickelung des Gehirns leihweise überlassen worden. Diaposi-
tive aus der Sammlung des Ausschusses für Volksvorlesungen und
epidiaskopische Vorführungen von Abbildungen ergänzten das
reiche Anschauungsmaterial zu möglichster Vollständigkeit.
Vom Januar bis März hielt Prof. zur Strassen die an-
gekündigten Vorlesungen. Montags und Mittwochs las er
über die Naturgeschichte der Vögel. Er gab zunächst eine all-
gemeine Schilderung der Vogelklassen, wobei nicht nur auf Bau
und Entwickelung, sondern vor allem auch auf physiologische
und psychologische Verhältnisse Wert gelegt wurde. Hierbei be-
nutzte der Vortragende anatomische Präparate, Modelle und
Bilder, die zum Teil neu gekauft, zum Teil eigens für diesen
Zweck im Museum angefertigt worden waren. Im zweiten Teil
der Vorlesungen wurden die wichtigsten einheimischen und aus-
ländischen Vogelarten nach G a d o w s System besprochen und
unter Verwendung der Schausammlung in natura vorgeführt.
Donnerstags las Prof. zur Strassen über den gegenwär-
tigen Stand der Abstammungslehre. Hier wurden die Gründe für
die Annahme einer stammesgeschichtlichen Entwickelung und die
verschiedenen Möglichkeiten, sie mechanistisch zu begreifen, dar-
gelegt. Darwins Zuchtwahlhypothese wurde mit einigen neue-
ren Korrekturen und Zusätzen als zureichende Erklärung an-
erkannt. Auch füi" diese Vorlesungen stand eine Anzahl neuer
Bilder, von freiwilligen Hilfskräften hergestellt, zur Verfügung.
Beide Kollegien waren gat besucht, das über Abstammungslehre
so stark, daß es im Festsaal abgehalten werden mußte.
II. Botanik.
Prof. M ö b i u s behandelte in seinen Vorlesungen das
Thema „Spezielle Pflanzengeographie oder Beschreibung der
Pflanzenwelt der verschiedenen Länder". In 39 Stunden wurden
die pflanzengeographischen Gebiete der Erde geschildert: zu-
nächst das arktische Gebiet, dann die Gebiete der alten Welt,
Australiens, Amerikas von Norden nach Süden und zuletzt das
antarktische Gebiet. Es handelte sich natürlich nicht nur um
das Aussehen der Vegetation in diesen verschiedenen Gegenden,
sondern auch um die Bestandteile der Flora, deren Unterschiede
und Beziehungen von und zu den Floren anderer Gebiete und
13*
— 196 —
vor allem auch um die Abhängigkeit der Pflanzenwelt von den
klimatischen und anderen äußeren Verhältnissen ihres Landes.
Früher war der Dozent zur Unterstützung des mündlichen
Vortrages auf AVandtafeln, aufgelegte und herumgereichte Ab-
bildungen und Präparate angewiesen; diesmal konnte neben
diesen Hilfsmitteln auch das Epidiaskop verwendet werden.
So wurden am Schluß jeder Stunde etwa 20 Projektionen vor-
geführt: Vegetationsbilder, Abbildungen einzelner Pflanzen, ge-
trocknete Pflanzen, kartographische Darstellungen, Tabellen und
dergl. Die Vorlesung war von 43 Hörern und Hörerinnen besucht.
Praktische Übungen wurden nicht abgehalten; doch
war einzelnen Herren Gelegenheit geboten, auch im Winter-
halbjahr mikroskopisch zu arbeiten.
Der Kursus über Pflanzenbiologie für die Frauenschule
wurde fortgesetzt und beendigt. In 20 Vorlesungen wurden die Be-
ziehungen der Pflanzen zu einander und zu den Tieren, die verschie-
denen Arten der Vermehrung und Reproduktion, die Bestäubung
und die Verbreitung der Früchte durchgenommen, und mit einem
Blick auf den Stammbaum der Pflanzen wurde der Kurs geschlossen.
TU. Mineralogie, Geologie uud Paläontologie.
Im geologisch-mineralogischen Seminar, das Prof. Schauf
gemeinsam mit Dr. Dr ever mann abhielt, wurden wichtige
Neuerscheinungen aus der Literatur von den Leitern und Teil-
nehmern besprochen. An neun Abenden fanden die verschie-
densten Seiten der Wissenschaft Berücksichtigung, und oft zeigte
eine rege Diskussion den Wunsch, tiefer in die behandelten
Fragen einzudringen. Es nahmen 25 Hörer teil, darunter 17
Lehrer und 8 Lehrerinnen.
Die Vorlesungen Dr. Drevermanns über die Entwicke-
lung der Wirbeltiere im Laufe der Erdgeschichte wurden Donners-
tags von 7 — 8 Uhr im kleinen Hörsaal abgehalten und von
73 Hörern und Hörerinnen besucht. Es wurden die Fische,
Amphibien, Reptilien und Vögel der Vorzeit unter Zugrunde-
legung des Sammluugsmaterials durchgesprochen, wobei zahl-
reiche Lichtbilder zur Ergänzung der Lücken dienten. Die
Vorlesung findet ihre Fortsetzung im laufenden Sommerhalbjahr,
in dem die Entwickelung der Säugetiere in ähnlicher Weise
vorgetragen wird.
— 197 —
IV. Wisseuschaftliche Sitzungen.
1. Sitzung am 16. Oktober 1909.
Prol Dr. 0. zur Strassen, Leipzig:
„Psj^chologie der Insekten."
In Fragen der Tierpsychologie haben von jeher nächst den
Wirbeltieren die Insekten die Hauptrolle gespielt, da sie durch
Häufigkeit und Schönheit das menschliche Interesse auf sich
zogen und in ihrem Verhalten in der Tat mehr als andere
Wirbellose merkwürdig sind. Dabei wurde und wird noch
manchmal der Fehler begangen, menschliche Bewußtseinsvor-
gänge und psychische Leistungen ohne genügende Kritik auf
die Insekten zu übertragen. In dieser Hinsicht verlangt viel-
mehr das „Prinzip der Sparsamkeit" die größte Vorsicht. Die
inneren Vorgänge, die unser eigenes Verhalten bewirken, stellen
eine ganze Stufenleiter von steigender Kompliziertheit dar, die
mit unbewußten, den physiko- chemischen Prozessen ähnlichen,
ja im Prinzip auf solche zurückführbaren Leistungen beginnt
und bis zum bewußten intelligenten Denken emporsteigt. Es
dürfen nun innere Vorgänge einer bestimmten Komplikations-
stufe nur dann beim Tiere angenommen werden, wenn das
Verhalten des Tieres nicht schon durch einfachere erklärt
werden kann.
Auf der niedersten Stufe stehen die vollkommen ange-
borenen, unbewußten Bewegungen unserer inneren Organe (Darm,
Herz) und die ebenso unbewußten, durch äußere Reize ausge-
lösten Reflexe, wie die Iriskontraktion auf Lichtreiz. Derartige
Vorgänge genügen, um beim Insekt die Lauf-, Flug-. Freß-
bewegung usw. an sich zu erklären, desgleichen die zweckmäßige
Auslösung solcher Bewegungen durch den Reiz einer Berührung,
Belichtung des Auges, Geruch der Nahrung und ähnliches. Sehr
oft sind nun die Bewegungen der Insekten zweckmäßig gerichtet.
Überwinternde Räupchen kriechen auf das Licht zu und gelangen
so an die Zweigenden, wo sie Nahrung finden ; Schmetterlinge
fliegen zu duftenden Blüten, Aasinsekten zum Aas; die Männchen
finden auf enorme Distanz ihre Weibchen. Solche Richtungs-
bewegungen (Tropismen) sind als besondere Art des Reflexes
leicht zu erklären. Auch der menschliche Säugling findet die
Brust der Mutter.
— 198 —
Wenn angeborene zweckmäßige Bewegungen der Insekten
nicht durch einfachen Reiz (Druck, Geruch usw.) ausgehest wer-
den, sondern durch eine bestimmt geordnete Kombi-
nation von Reizen, die von einer „Form" ausgehen, wie dies
z. B. bei den kunstvollen Bauten der Insekten geschieht,
so könnte mau denken, hierzu sei eine bewußte „Vorstellung"
der betreffenden Form unentbehrlich. Dies trifft aber nicht zu.
Beim Menschen wird das Vorhandensein und die Wirksamkeit
unbewußter „Vorstellungen" angenommen. Also kann auch
beim Insekt die „Form" als eine entsprechend geordnete und
in sich verknüpfte Gruppe physiologischer, d. h. unbewußter
Reizvorgänge wirken, was sparsamer ist. Übrigens sind die Reize,
die das angeborene Verhalten der Insekten bestimmen, oft andere,
als man nach menschlicher Analogie vermuten möchte. Ameisen
„erkennen" Freund und Feind lediglich nach dem Geruch, ebenso
ihren Weg. wobei sie durch einen „Formgeruch" für die Richtung
der Fährte reizbar sind. Bienen und Hummeln werden beim
Heimweg durch optisch eingeprägte Landschaftsbilder geleitet,
wobei aber das Bild des Zieles selbst keine Rolle spielt.
Äußerst wertvoll für die Insekten ist ihre Fähigkeit, je nach
den Umständen ihr Veihalten zweckmäßig zu modifizieren.
Die Räupchen, die dem Lichte folgend an die Zweigspitzen ge-
langt sind, wandern vom Lichte fort, sobald die Futterquelle
erschöpft ist; die Bienen ändern ihr Verhalten weitgehend, je
nachdem eine Königin im Stock vorhanden ist oder nicht. Vom
menschlichen Standpunkte aus könnte man hierin den Beweis
einer Intelligenz erblicken wollen. Allein die genannten und zahl-
reiche andere Fälle von zweckmäßiger Verhalteusmodifikatiou
sind vollkommen angeboren. Sie können darum nur mit den
unbewußt-zweckmäßigen Modilikationen im Verhalten etwa un-
seres Herzens verglichen werden, das je nach Temperatur usw.
seine Tätigkeit regelt.
Aus Reflexen und ihren angeborenen Modifikationen setzen
sich alle, auch die kompliziertesten „Instinkte" der Insekten
zusammen. Somit ist dieser weitaus größte und wichtigste An-
teil ihres Verhaltens relativ sparsam erklärt. Aber manche In-
sekten besitzen nachgewiesenermaßen auch die Fähigkeit, ihr
Verhalten auf eine nicht angeborene Weise zweckmäßig zu
modifizieren: sie lernen aus Erfahrung. NachForel lernte
— 199 —
ein Schwimmkäfer, zur Fütterung an die Oberfläche zu kommen.
Hummeln befliegen an einem Tage nur Blüten einer bestimmten
Art, die sich als honigreich erwiesen hat. Bienen lernten die
Stunden kennen, zu denen auf Foreis Veranda Konfitüren zu
stehen pflegten. Nach v. Büttel besuchen Bienen, die in Fen-
stern Nahrung gefunden haben, danach auch fremde Fenster.
Was mann berichtet, daß die blutrote Raubameise (Formica
sangiimea) lernte, die sonst geduldeten Dina?-da- Gäste (kleine
Käferchen aus der Familie der Staphyliniden) zu fangen und
zu fressen. Dies sind erstaunliche Leistungen, jedoch nicht „in-
telligente". Zu ihrer Erklärung genügt vielmehr die Annahme,
daß die Insekten der „Assoziation" von Sinneseindrücken mit
Bewegungen fähig sind. Assoziationen geschehen auch im Men-
schen ohne intelligentes Zutun „von selbst", sogar unbewußt.
Fälle eigentlicher Intelligenz bei Insekten sind unbekannt. Was
als solche berichtet wurde, beruht auf falscher Deutung. Künst-
lich gestellten kleinen Aufgaben gegenüber versagen auch höchste
Insekten.
2. Sitzung am 23. Oktober 1909.
Prof. Dr. K. Escherich, Tharandt:
„Über Termiten."
Die Termiten sind in den Tropen als furchtbare Schädlinge
überall bekannt, die, in Massen auftretend, Holz, Papier, Leder,
Kleider, Pflanzen usw. zerstören. Man kann den von ihnen
angerichteten Schaden jährlich auf viele Millionen schätzen.
Gewöhnlich werden die Termiten „weiße Ameisen" genannt;
dies ist aber nicht ganz gerechtfertigt, da sie mit den echten
Ameisen verwandtschaftlich nichts zu tun haben, sondern in
die nächste Nähe der Küchenschaben zu stellen sind. Biologisch
zeigen sie allerdings viel Übereinstimmung mit den Ameisen.
Sie leben in Staaten, in denen die Arbeitsteilung in weitgehendem
Maße durchgeführt ist; es gibt Geschlechtstiere, Arbeiter und
Soldaten. Letztere können wieder in verschiedenen Formen und
Größen auftreten und dienen entweder zur Verteidigung nach
außen oder zur Aufrechterhaltuug der Ordnung im Innern, Die
Arbeiter haben es völlig in der Hand, die Individuenzahl der
einzelnen Kasten nach Bedarf zu regulieren; wie sie dies
machen, ist größtenteils noch ein Rätsel.
— 200 —
Höclist interessant ist die Koloniegründung der Termiten,
die wie bei den Ameisen durch das Ausschwärmen der geflügelten
Individuen eingeleitet wird. Zu Tausenden, ja zu Hundert-
tausenden, verlassen die letzteren ihren Bau, um sich in die
Lüfte zu erheben und eine Zeitlang sich dort zu tummeln. Doch
bald hat dieses Vergnügen ein Ende. Erschöpft fallen sie auf
den Boden herab, um ihn nie wieder zu verlassen, da sie sich
jetzt ihrer Flügel entledigen. Zuerst wimmelt alles regellos
durcheinander; allmählich jedoch kommt etwas (3rdnung in die
Gesellschaft, indem die Tierchen sich zu Paaren ordnen und so,
das Weibchen voraus, das Männchen dicht hinterdrein, nach
allen Richtungen auseinander laufen („Liebesspaziergang"), bis
sie einen passenden Platz zur Gründung eines neuen Heims ge-
funden haben. Dann gräbt sich das Pärchen, Rücken gegen
Rücken gekehrt, gemeinsam in die Erde ein. So verbleiben sie
vier bis fünf Monate; es ist dies eine Art Brautzeit, eine Er-
scheinung, wie sie im Tierreich einzig dasteht. Erst nach dieser
Zeit findet die Hochzeit statt, da erst dann die Geschlechtsorgane
voll entwickelt sind. Nun dauert es ein Jahr, bis junge Brut
vorhanden ist, die den Eltern zur Seite steht. Es ist leicht er-
klärlich, daß der größte Teil der ausschwärmenden Termiten
verloren geht, da ihnen Vögel, Schlangen, Eidechsen, Spinnen
und Ameisen eifrig nachstellen.
Die kunstvollen Termitenbauten zeigen nach Größe (6 — 7 ra
Höhe) , B'orm , Konstruktion und Härte des Materials große
Mannigfaltigkeit. Im Innern der Bauten, die von Höhlen und
Gängen durchzogen sind, ist auch das königliche Gemach, in
dem die mit einem etwa 10 cm langen Hinterleib aus-
gestattete Königin täglich gegen 20 000 Eier legt. Die Nahrung,
die, wie erwähnt, aus allem besteht, was zernagt werden kann,
wird von den meist augenlosen und lichtscheuen Termiten größten-
teils auf Gängen in der Erde geholt; auch werden Vorräte an-
gelegt. Man hat in den Kammern auch schwammartige Gebilde
aus fein verarbeitetem Holz gefunden, auf denen Pilze wachsen,
die als konzentrierte eiweißhaltige Nahrung namentlich den Lar-
ven gegeben werden.
Untereinander sind sich die Termiten feindlich ge-
sinnt; trotzdem leben verschiedene Arten, aber durch Scheide-
wände getrennt, in einem Bau, die kleineren Arten, um bei
— 201 —
größeren zu stehlen, sogar als Pilzdiebe. Als Termitengäste
finden sich Käfer, Käferlarven und Fliegen, die sich allmählich
dem Termitenleben anpassen und geduldet werden, weil sie
Sekrete absondern, die den Wirten behagen. Merkwürdig ist,
daß sich alle diese Gäste durch dicke Bäuche auszeichnen, also
gut genährt sind. Auch Schlangen und Eidechsen kommen
in den Bauten vor ; Eidechsen legen ihre Eier hinein, Vögel
nisten darin.
In manchen Gegenden werden die Termiten roh, geröstet
oder gebacken gegessen; auch finden ihre Bauten zum Brot-
backen oder als Hochöfen Verwendung.
3. Sitzung am 30. Oktober 1909.
R. Volk, Vorstand der biologischen Elbe-Untersuchungen,
Hamburg :
„Biologisches aus der Unte reibe, insbesondere die
Beziehungen des Planktons zur Selbstreinigung des
Stromes bei Hamburg."
Die fauuistische Durchforschung des Niederelbe-Gebietes
war von der Direktion des Naturhistorischen Museums zu
Hamburg schon seit langem geplant, und der Vortragende selbst
hatte bereits im Sommer 1898 versuchsweise Beobachtungs- und
Fangfahrten auf dem Strom und in den Häfen unternommen,
als im Frühjahr 1899 die Staatsbehörde den Auftrag erteilte,
mit diesen faunistischen Studien auch solche über die Einwirkung
der Sielwässer von Hamburg und Altona auf die Eibtiere zu
verbinden.
Da aber Tier- und Pflanzenleben aufs innigste mit einander
verknüpft sind und sich in gegenseitiger Abhängigkeit von
einander abspielen, mußte auch die Eibflora, insbesondere die
Mikroflora, in den Kreis dieser Untersuchungen einbezogen
werden. Weil ferner Wohl und Wehe aller Wasserbewohner
von der Beschaffenheit ihres Lebenselementes abhängig ist,
waren auch chemische Wasseranalysen auszuführen.
Eine Eigentümlichkeit des Eibwassers von Magdeburg
abwärts ist sein hoher Gehalt an Chloriden. Dieser Salzgehalt
entstammt der Wasserhaltung der Mansfelder Gruben und den
Mutterlaugen der Kaliindustrie des Saalegebietes ; er regelt sich
nach dem jeweiligen Betriebe dieser Montanindustrie und der
— 202 —
Menge der atmosphärisclieu Niederschläge (bei Hamburg wurden
bis zu 698 Milligr. Chlor im Liter Eibwasser gefunden). Er-
höhter Salzgehalt aus der Nordsee kommt aber niemals bis
Hamburg; er läßt sich selbst bei Hochwasserstand nur bis
etwa 50 Kilometer unterhalb der Stadt nachweisen.
Mit der Einrichtung eines Laboratoriums und der Leitung
des Unternehmens wurde der Vortragende beauftragt ; die syste-
matische Bearbeitung des gesammelten Materials übernahm eine
größere Anzahl von Spezialforschern. Die Vielgestaltigkeit und
große Ausdehnung des Arbeitsgebietes, die sich heute auf rund
180 Kilometer von Süßwasser oberhalb der Stadt durch alle
Grade der Salinität im Brackwasser bis zum hohen Salzgehalt
der Nordsee erstreckt, bereitete besondere Schwierigkeit, zumal
das ganze Gebiet unter der tief eingreif enden Wirkung der Ge-
zeiten steht. Es mußten zur Aufklärung der biologischen Ver-
hältnisse und zur Lösung der von der Behörde gestellten Auf-
gaben eigene Methoden ausgearbeitet und dazu auch neue
Apparate konstruiert werden, zumal Erfahrungen über derartige
Stromuntersuchungen noch gänzlich fehlten.
Die Methoden richten sich im großen und ganzen nach
Art und Lebensverhältnissen der Wasserbewohner. Diese scheiden
sich in zwei große Gruppen, in Bewohner des Ufers und Grundes
und solche, die schwebend oder schwimmend das freie Wasser
bevölkern. Die Gesamtheit der im Süßwasser meist mikroskopisch
kleinen Schwebewesen, die weniger durch eigene Kraft wie die
Fische schwimmen, sondern vielmehr durch geringes spezifisches
Gewicht, innere Reibung des Wassers oder mancherlei mechanische
Vorrichtungen ihres Körpers schweben, hat Hensen „Auftrieb"
oder „Plankton" genannt.
Unter den Wassertieren und -ptianzen gibt es solche, die
nur im reinsten Wasser gedeihen, andere, die in mäßig ver-
schmutztem Wasser ihr Fortkommen finden, und wieder andere,
die zu ihrer Existenz ein stark mit fäulnisfähigen Stoffen ver-
unreinigtes Wasser nötig haben. Da man aber zuweilen im
E-einwasser durch Zufall dahin verschlagene Abwasserorganismen
findet und andererseits auch Reinwasserbewohner einige Zeit in
mehr oder weniger verschmutztem Wasser leben können, mußte
neben der Feststellung der Formen auch deren Mengenbe-
stimmung angestrebt, d. h. es mußten qualitative und quantitative
— 203 —
biologische Analysen ausgeführt und dabei ganz besonders auf
charakteristische Lebensgenossenschaften, Biocönosen, geachtet
werden. Weil sich in jenem Gebiet eine brauchbare Mengen-
bestimmung der Ufer- und Grundbewohner nicht erzielen ließ,
wandte der Vortragende nach dieser Richtung hin seine Auf-
merksamkeit besonders dem Plankton zu. Nur die aus wöchent-
lichen Fangfahrten jahrelang durchgeführten quantitativen
Planktonbestimmungen aus dem „Reinwasser" verglichen mit
solchen aus der Abwasserregion konnten zu sicheren Schlüssen
und zur Aufklärung über Einwirkung des Planktons bei den
Selbstreinigungsvorgängen führen.
Die Unbrauchbarkeit der sogenannten „quantitativen"
Planktonnetze zur Ermittelung des Planktongehalts im Wasser
hatte der Redner bereits im Sommer 1893 erkannt. Darum
konstruierte er für seine Zwecke eine „Planktonpumpe", die
aus jeder beliebigen Tiefe des Stromes genau gemessene Wasser-
mengen mit ihrem vollen Planktongehalt zur Untersuchung
bringt. Im Laboratorium werden die mit Formalin fixierten
Organismen durch Sedimentierung vom Wasser getrennt und
dann, mit Quittenschleim sehr genau gemischt, auf ein be-
stimmtes Gewicht gebracht. Von diesem Quittenschleimgemenge,
das eine erkennbare Entmischung durch Absetzung der Or-
ganismen verhütet, werden Stichproben auf Objektträgern mit
der Analysenwage gewogen und dann die Mengen der ver-
schiedenen Planktobionten unter dem Mikroskop ausgezählt.
Die Zählungsergebnisse, stets auf einen Raummeter Wasser be-
rechnet, liefern dann die angestrebten Vergleichszahlen. Zu den
Qualitativfängen werden die bekannten Netze aus feinster
Müllergaze verwandt. Neu eingeführt hat der Vortragende
ferner noch qualitative Streckenfänge, die in ununterbrochener
Kette von 5 zu 5 Kilometern in Einzelproben vom gleichen
Tage ein Bild der Verteilung der Planktonorganismen auf der
ganzen Strecke bis zur Nordsee liefern. Mit jedem dieser Fänge
wird eine Wasserprobe zur Salzbestimmung entnommen.
Außer ihrem abnormen Salzgehalt bringt die Elbe aus
ihrem Oberlauf, neben ihrem gewöhnlichen Gehalt an organischen
Stoffen, zur Zeit der Zuckerkampagne noch außergewöhnliche
Mengen fäulnisfähiger Substanz, die den Abwässern von mehr
als 300 Zuckerfabriken entstammen. Selbstverständlich erhält
— 204 —
das Eibwasser dann noch durch die Effluvien der ausgedehnten
Sielnetze von Hamburg, Altona und Wandsbek eine weitere
Anreicherung von Abwasserbestandteilen. Doch bewirkt hier
das Einsetzen der Flut eine so energische Verdünnung und Ver-
teilung in der gewaltigen Wasserraasse des Stromes, daß diese
Anreicherung nur in größerer Nähe der Sielmündungen und
während der Ebbe auch unterhalb derselben nachweisbar ist.
Wie die Untersuchungen gezeigt haben, werden diese Abwässer
von dem Strom nicht nur ohne Schädigung seiner Bewohner
verdaut; sondern sie führen überdies noch zu einer gewaltigen
Vermehrung der Lebewesen, indem eine hochgradige Wieder-
belebung toter organischer Stoffe stattfindet, die als ein Teil
der Selbstreinigung angesehen werden muß.
Diese Selbstreinigung besteht in dem Zusammenwirken
einer Reihe von physikalischen, chemischen und biologischen
Vorgängen, durch die Fremdkörper, besonders organische fäul-
nisfähige Stoffe, die das Wasser aufgenommen hatte, wieder
aus diesem ausgeschieden werden. Die biologische und zum
Teil auch die chemische Reinigung werden durch die Lebens-
prozesse von Bakterien eingeleitet (seßhafte Abwasserpilze
spielen bei Hamburg keine nennensw^erte Rolle) und vielfach
bis zur Mineralisierung und Vergasung der Fäulnisstoffe fort-
geführt. Erst bei einer gewissen Verdünnung setzt die Wirkung
der Planktonalgen ein, von denen bis über 80 Milliarden im
Raummeter Hafenwasser gefunden wurden. Einerseits assimi-
lieren sie Kohlensäure unter Entwickelung von freiem Sauerstoff',
wodurch sie zu Durchlüftern des Wassers werden, und anderer-
seits absorbieren sie gelöste organische Substanz. Auch Proto-
zoen sind befähigt, organische Substanz zu absorbieren ; sie
fressen aber auch Bakterien, darunter Erzeuger von Infektions-
krankheiten, andere Protozoen, Planktonalgeu und selbst kleine
Metazoen. Die Metazoen des Planktons, Rädertiere, Kruster usw.,
ernähren sich von denselben Organismen. Unter ihnen sind die
Kopepoden der Unterelbe wahre Mastschweinchen, Omnivoren,
die neben Lebewesen auch noch Detritus verschlingen und sich
im Siel Wasserbereich in kaum glaublicher Weise vermehren.
Auch die Bodenfauna ist im Sielwassergebiet eine überreiche,
besonders an Mollusken und Würmern (Tubificiden) ; sie sind in
ihrer Masse gewaltige Detritusvertilger. Selbst die winzigen
— 205 —
Planktonkruster, von denen im Durchschnitt eine Eurytemora
0,064, eine Bosmina gar nur 0,0084 Milligr. wiegen, bewirken
Erstaunliches durch ihr Massenvorkommen. Durch Kombination
von Zähl- und Gewichtsanalysen wurden z. B. in 315000 Raum-
meter Wasser des Indiahafens 30000 Kilogr. Bosminen und an
einem anderen Tag in 12 Millionen Raummeter Wasser unter-
halb der Städte 4 800000 Kilogr. Eurytemoren (volle Ladung
eines fünfmastigen Seeschiffes) festgestellt, während an denselben
Tagen im „ Reinwasser " noch keine 2 Zentigramme Bosminen im
Raummeter und Eurytemoren überhaupt nicht gefangen wurden.
Aus alledem erkennen wir eine weitgehende Inkarnation
von Sielwasserbestandteilen, eine Wiederbelebung von Stoff-
wechselresten unseres eigenen Lebensprozesses und von Abfällen
unseres Haushaltes. Da nun aber alle hier genannten Wasser-
organismen, seien sie Schwebewesen oder Grundbewohner, von
größter Wichtigkeit als Fischnahrung sind, so erkennen wir
ferner, daß die Dungstoffe, die wir durch die Siele in den Strom
schicken, statt sie auf den Acker zu fahren, wirtschaftlich
durchaus nicht verloren sind. Wenn auch nicht in Gestalt von
Feldfrüchten und Mastvieh, gelangen sie doch zum großen Teil
als wertvolles Fischtleisch wieder in unseren Besitz; denn in
der Tat gehört die Niederelbe zu den fischreichsten Gewässern
Deutschlands.
Ausdrücklich aber warnt der Redner davor, von dem günsti-
gen Abbau organischer Abwässer bei Hamburg Schlüsse auf die
Entwässerung volkreicher Uferstädte im Binnenlande zu ziehen,
weil dort der überaus wichtige Einfluß der Gezeiten gänzlich fehlt.
Der Vortrag wurde durch Karten und eine größere Anzahl
von Lichtbildern erläutert. Unter diesen befanden sich Mikro-
photogramme von Eiborganismen bis zu 8200facher Linearver-
größerung auf den Originalplatten, Erzeugnisse der Mikro-
photographie, die der Vortragende mit Hilfe Ze iß scher Apo-
chromate erzielt hat.
4. Sitzung am 6. November 1909.
Privatdozent Dr. K. Deninger, Freiburg i. B, :
„Ergebnisse seiner Reise nach den Molukken."
Die Expedition, die der Vortragende im Herbst 1906 nach
der Molukkeninsel Buru unternommen hat, war durch eine
— 206 —
Nachricht veranlaßt, die ilim durch einen Freund und Kollegen,
Dr. Wanner, zugegangen war. Während seiner Reise inNieder-
ländisch-Indien hatte Wann er von Eingeborenen gehört, daß
auf jener Insel merkwürdige primitive Menschen leben sollten.
Obwohl diese interessante Nachricht sehr bestimmt klang, war
sich der Vortragende darüber klar, daß er in dieser Frage keines-
wegs mit einem sicheren Erfolg rechnen durfte, daß er vielmehr
bestrebt sein mußte, einen möglichen Mißerfolg durch ander-
weitige Forschungsergebnisse auszugleichen.
Mit Ausrüstung und Proviant für ein halbes Jahr versehen,
landete der Vortragende in Tifu auf Buru. Die Insel Buru,
eine der größten Molukkeninseln mit einem Längendurchmesser
von 140 Kilometern, ist sehr gebirgig und fast ganz mit Urwald
bedeckt. Streckenweise ist der Wald durch hohes Savanneugras
unterbrochen, während nur ganz unbedeutende Flächen von den
Eingeborenen in Kultur genommen sind. Die höchsten Erhebungen
mit dem Kapalamatang, der sich als stolzer Gipfel von 2800 m
direkt am Meere erhebt, liegen in der Landschaft Fogi im Nord-
westen der Insel. Dies war auch das Gebiet, dem zunächst die
Untersuchungen des Vortragenden galten, da von dort die Nach-
richten über die „Waldmenscheu" ausgegangen waren.
Zunächst wurden die geologischen Verhältnisse dieses Ge-
bietes eingehend untersucht. Die Westhälfte von Buru stellt ein
vorherrschend aus mesozoischen Kalksteinen aufgebautes, stark
gefaltetes Gebirge dar, dessen Erforschung wegen der dichten
Waldbedeckung große Schwierigkeiten bereitet. Allgemeineres
Interesse gewinnt jedoch die Geologie der Molukken dadurch,
daß in den letzten Jahren in diesem entlegenen Gebiet Versteine-
rungen gefunden wurden, die in überraschender Weise mit sol-
chen aus anderen Weltgegenden, namentlich aus der europäischen
Juraformation, übereinstimmen. Vielfach ist auch die Ähnlich-
keit des umschließenden Gesteins so groß, daß es an dem ein-
zelnen Stück nicht möglich ist, festzustellen, ob es aus Schwaben
oder von den Molukken stammt.
Nach den gebräuchlichen Anschauungen über Leitfossilien
stellt man unbedenklich Ablagerungen mit ähnlichem Fossilinhalt
zeitlich einander gleich. Die Beobachtungen im Gelände, die der
Vortragende über die Aufeinanderfolge der verschiedenen fossil-
führenden Schichten auf Buru anstellen konnte, scheinen indessen
— 207 —
dafür zu sprechen, daß die Schichtenfolge in den Molukken eine
andere ist wie in Europa, so daß vielleicht die Anschauung der
Geologie über die Bedeutung der Leitfossilien in ihrer jetzigen
Ausdehnung einer Revision bedarf. Sollte diese Auffassung sich
bestätigen, so würde dies auch für die Stammesgeschichte der
Organismen von großer Bedeutung sein.
Besonderes Interesse bietet die Insel Buru auch vom tier-
geographischen Standpunkt aus, weil sich in den Molukken das
Verbreitungsgebiet der Beuteltiere mit dem höherer Säugetiere
berührt. Von letzteren kommen eine Hirschart, Wildschweine,
der Hirscheber (Babirusa), Zibethkatzen und Mäuse vor, während
die Beuteltiere durch einen kleinen Kletterbeutler (Kuskus) ver-
treten sind. Da verschiedene dieser Formen durch den Menschen
eingeführt sein können, ist es von Wichtigkeit, daß der auf Buru
vorkommende Hirscheber von der auf Celebes lebenden Form
stark abweicht und somit als ursprünglicher Bewohner der Insel
angesprochen werden darf.
Wie die Tierwelt stellen auch die Menschen eine Mischung
von westlichen malayischen und östlichen papuanischen Elementen
dar. Die Küstenbewohner sind zumeist Mohammedaner, und nur
im Südwesten der Insel ist die Landschaft Masarete bis weit in
das Innere christlich. Hier ist durch tüchtige Missionare, die
die Bevölkerung zur Ordnung und Arbeit erzogen haben, viel
geleistet worden. Bei der übrigen Bevölkerung herrscht ein
Geisterglaube wie bei allen malaj'ischen Völkern, hier zumeist
verbunden mit einem Schädelkult, einer Verehrung der Schädel
der verstorbenen Angehörigen. Kopf jagd wird nirgends betrieben,
und nur im Süden der Insel werden von den bergbewohnenden
Alfuren in seltenen Fällen Küstenleute zu religiösen Zwecken
erschlagen.
Die Nachforschungen nach den Waldmeuschen stellten sich
als sehr schwierig heraus. Monatelanges Umherstreifen hat kei-
nen positiven Anhalt dafür gebracht, daß diese „Orangutan"
oder „Gebba boho" (böse Menschen), wie sie bezeichnet werden,
reale Wesen sind. Sie sollen sich durch starke Behaarung, kräf-
tiges Gebiß, Mangel einer verständlichen Sprache, Fehleu aller
Werkzeuge und anderes mehr auszeichnen. Endlich ist es dem
Vortragenden gelungen, in der Landschaft Masarete in Höhlen
Skelette aufzufinden, die von solchen Waldmenschen herrühren
— 208 —
sollen. Die im anatomischeu Institut der Universität Freiburg aus-
geführten Untersuchungen haben ergeben, daß sich darunter tat-
sächlich Angehörige einer von der übrigen Bevölkerung ver-
schiedenen Rasse befinden. Sie zeigen Verwandtschaft mit den
Weddas von Ceylon, die eine der am tiefsten stehenden lebenden
Menschenrassen sind. Mit ihnen in Beziehung stehende Völker
sind bisher in Malakka, Sumatra und Celebes nachgewiesen
worden, so daß das Vorkommnis auf Buru nur den am weitesten
nach Osten vorgeschobenen Posten darstellt, wo sich Angehörige
dieser Rasse zwischen den vordringenden übrigen Völkern noch
erhalten haben. Wie anderwärts sind sie auch in Buru einem
baldigen Verschwinden ausgesetzt. Die vordringende Kultur ist
der schlimmste Feind alles ursprünglichen Volkslebens, und die
anthropologische und ethnographische Erforschung der durch sie
bedrohten Gebiete ist deshalb eine der dringendsten Forderungen
der Wissenschaft.
5. Sitzung am 13. November 1909.
Dr. H. Schubotz. Berlin :
„Zoologische Ergebnisse und Beobachtungen wäh-
rend der Zentralafrika-Expedition des Herzogs
Adolf Friedrich zu Mecklenburg."
Der Vortragende gibt einleitend eine kurze Übersicht über
die Reiseroute und die Ziele der Expedition des Herzogs, an
der er als Zoolog teilgenommen hat. Ihr Arbeitsgebiet lag zu
beiden Seiten des zentralafrikanischen Grabens in seiner Aus-
dehnung vom Kiwu-See bis zum Albert-See. Die Bedeutung
dieser geologisch sehr merkwürdigen Erdspalte in tier- und
pflanzengeographischer Hinsicht galt es insbesondere aufzuklären.
Zu diesem Zweck wurden umfangreiche, jetzt dem Berliner
Zoologischen Museum überwiesene Sammluugen, die sich auf
alle Stämme des Tierreiches erstreckt haben, in der Nordwest-
ecke des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets, auf der Graben-
solile selbst zwischen Kiwu- und Albert-See und im nördlichen
Teile des zentralafrikanischen (Kongo-) Urwaldes angelegt. Der
afrikanischen Süßwasserfauna wurde besondere Aufmerksamkeit
gewidmet. Sie erwies sich, namentlich in Bezug auf das Plankton,
auffällig artenarm bei einem sehr großen Individuenreichtum.
Im Kiwu-See fehlen beispielsweise Cladoceren (Flohkrebse) ganz.
— 209 —
Auch Schwämme, Moostierchen, ja selbst Muscheln scheinen in
diesem landschaftlich sehr schönen, geologisch offenbar jungen
zentralafrikanischen See nicht vorzukommen. Fische sind zwar
reichlich in ihm vorhanden; aber auch sie beschränken sich
auf die verhältnismäßig geringe Zahl von zehn Arten. Der
Albert -See und der Albert - Eduard - See, die sich in vielen
Punkten ähneln, weisen etwas reichere faunistische Verhältnisse
als der Kiwu-See auf. Die zentralafrikanischen Hochgebirge,
die Virunga -Vulkane am Nordende des Kiwu-Sees und der
Ruwenzori, wurden bis zu einer Höhe von mehr als 4000 Metern
bestiegen. Dabei ergab sich eine auffallende Übereinstimmung
der räumlich weit entfernten, durch den Albert-See und die
tiefliegende Rutschuru- Ebene voneinander getrennten Gebirge
in faunistischer Hinsicht. Von allgemeinerem Interesse ist die
Feststellung, daß der Elefant sich bei seinen Wanderungen bis
nahe an die Schneegrenze verläuft. Wenig unterhalb des Gipfels
des 4500 Meter hohen Karissimbi, des höchsten der Virunga-
Vulkane, in einer sehr unwirtlichen Region, in der nur noch
Senecios (baumartige Kräuter) und Alchemillen gedeihen, fand
der Vortragende frische Elefantenfährten. Von höheren Tieren
wurden in dieser Region nur noch einige Vögel beobachtet und
zwar die stahlblau gefärbte Nectarinia johnstoni, einer der
kleinsten und dabei farbenprächtigsten Vertreter der afrikanischen
Ornis, die nahe unter dem Gipfel des Muhawura -Vulkans und
am Ulimbi im Ruwenzori-Gebirgsstock auf einer von ihr be-
sonders bevorzugten Schaftlobelie vorkommt. Dem großen zentral-
afrikanischen Urwald ist naturgemäß eine ganze Anzahl Arten
eigentümlich; indessen finden sich sogenannte „ westafrikanische "
Formen auch in den Wäldern östlich des Grabens bis an den
Viktoria-See und noch über diesen hinaus. Andererseits nimmt
die dem östlichen Steppengebiet eigentümliche Fauna von Osten
nach Westen an Artenzahl ab, so daß der Schluß nahe liegt, Äqua-
torialafrika sei in früherer Zeit viel weiter nach Westen hin vom Ur-
wald bedeckt gewesen, als es heute der Fall ist. Die in den relativ
kleinen Urwaldparzellen Ostafrikas vorkommenden westlichen For-
men wären danach als Relikte eines früheren Zustandes aufzufassen.
Interessante Mitteilungen macht der Vortragende schließlich
über die Möglichkeit der Domestikation afrikanischer Wildarten.
Hieraus sei hervorgehoben, daß der Kongostaat in jüngster Zeit
14
— 210 —
erfolgreiche Versuche gemacht hat, den afrikanischen Elefanten
zu zähmen. In einer Station des Uelle-Distrikts befindet sich
zurzeit eine Herde von etwa 30 Stück, allerdings durchweg
jungen Tieren, von denen einige schon zu Feldarbeiten verwendet
werden. Diese Zähmuugsversuche sind von großer wirtschaft-
licher Bedeutung, weil der Elefant nicht empfänglich für die
verheerenden Viehseuchen ist, denen in Afrika sowohl Rinder
als Pferde in ungeheurer Zahl zum Opfer fallen.
6. Sitzung am 20. November 1909.
Dozent Dr. L. Grünhut, Wiesbaden:
„Die Beziehungen zwischen physikalischer Chemie
und Biologie."
Physikalisch-chemische Anschauungen sind zuerst von medi-
zinischer Seite zur Erforschung der Vorgänge am lebenden
Organismus herangezogen worden, und zwar wurden zunächst
Fragen der menschlichen Physiologie bearbeitet wie die Probleme
der Entstehung bestimmter Sekrete und Exkrete, des Ablaufs
bestimmter physiologischer Vorgänge u. dgl. Nachdem durch
diese Arbeiten eine gesicherte Grundlage gewonnen war, konnte
hierauf nun auch die Erörterung allgemeinerer Phänomene auf-
gebaut werden, so daß, weit über die Fragen der menschlichen
Physiologie hinausgehend, heute die gesamte Biologie in wesent-
lichen Punkten physikalisch-chemisch beeinflußt ist. Vier Ab-
schnitte der physikalischen Chemie sind es, die nützliche Fun-
damente der Biologie geworden sind und zweifellos in Zukunft
noch eine erhöhte Bedeutung gewinnen werden. Es sind die
klare Fassung des Begriffs vom osmotischen Druck und die
Möglichkeit seiner exakten Messung, die Theorie der elektro-
lytischen Dissoziation, die präzisereu Vorstellungen über die
Beschaffenheit der Kolloide und endlich die Wiederbelebung der
Beschäftigung mit dem Problem der Katalyse.
An einer Anzahl vortrefflich gewählter Beispiele erläutert
der Vortragende die Bedeutung dieser vier Momente für die
Biologie. So werden die Beziehungen des osmotischen Drucks
des Milieus, in dem ein Wesen lebt, zu dem osmotischen Druck
seiner Körperfiüssigkeit besprochen. Es werden die Beziehungen
der Junenpioteide zu Leben und Tod der Zelle erörtert, Be-
ziehungen, für deren Aufklärung Jonentheorie und Kolloidchemie
- 211 —
die gleiche Bedeutung besitzen, und bei denen vielleicht auch
die Katalyse eine gewisse Rolle spielt. Ein ähnliches Zusammen-
wirken mehrerer Faktoren ergibt sich weiter bei den bemerkens-
werten Forschungen von Jacques Loeb über die künstliche
Parthenogenese, als deren Resultat feststeht, daß Seeigeleier
beim Verbringen in gewisse Salzlösungen sich zu teilen beginnen
und zu Larven entwickeln, ohne daß vorher eine Befruchtung
erfolgt ist. Wesentlich bestimmend für diese Erscheinung ist
die Art und die osmotische Konzentration der in der Salzlösung
vorhandenen Jonen. Vom Standpunkt der Kolloidchemie wird
ferner eine Reihe von Erfahrungen über die Beeinflussung des
Lebensvorganges durch minimale Spuren fremder Substanzen
erörtert, und schließlich werden die Fermentwirkungen zu den
katalytischen Erscheinungen in Beziehung gebracht.
7. Sitzung am 27. November 1909.
Dr. E. Strauß:
,,Tierische Farbstoffe."
Bei der großen Mannigfaltigkeit der im Tierreich vor-
kommenden Farbstoffe können nur einzelne Vertreter dieser
Körperklasse besprochen werden, und zwar wählt der Vor-
tragende hauptsächlich diejenigen aus, denen eine allgemeine
biologische Bedeutung zukommt. Substanzielle Farben finden
sich normalerweise in den Körperflüssigkeiten kreisend, als Se-
krete besonderer Drüsen und als Ablagerungen in den Geweben.
Das pathologische Auftreten gewisser Farbsubstanzen kann als
spezieller Fall der letzteren Art des Vorkommens aufgefaßt werden.
Die wichtigsten Farbstoffe der ersten Gruppe sind die
Blutfarbstoffe. Ihre Aufgabe ist es, als Überträger des ein-
geatmeten Sauerstoffs in den Geweben Oxydationen im weitesten
Umfang einzuleiten. Die im Tierreich verbreitetste Art von Blut-
farbstoff ist das Hämatin, ein an einen Eiweißkörper, das Globin,
gebundener eisenhaltiger Komplex. Die Verbindung beider Stoffe,
das Hämoglobin, gibt dem Wirbeltierblut seine rote Farbe. Bei
den niedrigsten Formen, beim Lanzettfisch und bei der Jugend-
form des Aals, scheint es jedoch zu fehlen. In Bezug auf seine
Verbreitung bei wirbellosen Tieren herrscht offenbar eine große
Regellosigkeit. Es spielt z. B. bei den Würmern eine wichtige
Rolle ; bei Schnecken und Muscheln findet es sich nur in wenigen
14*
— 212 —
Arten, und während es bei den Krebsen sehr verbreitet ist,
fehlt es wieder fast vollständig bei den Insekten. Bei jenen
Tieren nun, bei denen das Hämoglobin vermißt wird, scheint
die respiratorische Tätigkeit von anderen Farbstoffen übernommen
zu werden, so bei einigen Würmern von dem Chlorocruoriu und
dem Hämerythriu, bei den Mollusken und Krustazeen von dem
Hämocj-anin, einem blauen Farbstoff, der an Stelle des Eisens
Kupfer enthält. Im Blute einiger Muscheln finden sich auch
farblose respiratorische Stoffe, sogenannte Achroglobine, die
Mangan enthalten. Eine für die Entstehung der tierischen Farb-
stoffe überhaupt höchst wichtige Erscheinung bietet das Insekten-
blut. Diese fast farblose sogenannte Hämolyraphe wird nämlich
an der Luft unter Einwirkung eines oxydierenden Fermentes
schwarz gefärbt, ein Vorgang, den man als Melanose bezeichnet.
Eingehende Untersuchungen haben auch eine auffallende Ver-
wandtschaft zwischen dem Blutfarbstoff' der Tiere und dem Blatt-
grün der Pflanzen ergeben, obwohl zwischen beiden ein wichtiger
funktioneller Unterschied vorhanden ist, indem das eisenhaltige
Hämoglobin analytisch, das Magnesium enthaltende Chlorophyll
synthetisch wirkt. Über Bildung und Zerfall des Hämoglobins im
Tierkörper sind wir noch recht spärlich unterrichtet. Bekannt ist
als Umwandlungsprodukt des Hämatins der in der Leber gebildete
Gallenfarbstoff, das eisenfreie Bilirubin, das, leicht oxydierbar, in
alkalischer Lösung an der Luft in das grüne Biliverdin übergeht.
Von sekretorischen Farbstoffen verdienen die Purpursäfte
einiger Meeresschnecken {Äplysia, Purpura u. a.) und das schwarz-
braune Drüsensekret des Tintenfischs (Sepia), das Sepia-Melanin,
wegen ihrer technischen Verwendung besondere Erwähnung.
Die größte Anzahl verschiedener Substanzen, aber auch
die größte Unklarheit in chemischer Hinsicht, bieten die Fär-
bungen der tierischen Gewebe. Hier sei nur kurz erwähnt, daß
sich möglicherweise in den Tegumenten grüner Insekten Chloro-
phyll findet, daß bei einer Reihe wirbelloser Tiere sogenannte
Lipochrome (fettlösliche Farbstoffe) auftreten, zu denen die blauen
und roten Farbstoffe des Krebspanzers zu zählen sind, und daß
die weißen Farbstoffe in den Flügeln des Kohlweißlings der
Harnsäurereihe angehören. Dies sind nur einige Beispiele aus
der Fülle von Substanzen, von denen zumeist weiter nichts zu
nennen ist als der Name. Der einzige bis jetzt genauer studierte
— 213 —
Gewebsfarbstoff niederer Tiere ist die Cochenille, das pracht-
volle rote Pigment einer Pflanzeulaus {Coccus cacti) ^ dem die
Karminsäure zugrunde liegt. Die weiteste Verbreitung als Ge-
websfarbstoffe der Wirbeltiere besitzen die sogenannten Melanine,
braune oder schwarze, meist schwefelhaltige Substanzen, die
sicher Eiweißabkömmlinge sind und die Färbung der Haare, der
Haut, der Horngebilde, des Auges usw. bedingen. Sie bilden
auch die schwarzen Pigmentkörner mancher Geschwülste (Mela-
nosarkome). Ihre chemische Konstitution ist noch fast völlig
unaufgeklärt. Während man früher annahm, daß sie Zersetzungs-
produkte des Blutfarbstoffes seien, glaubt man jetzt, mit einiger
Sicherheit behaupten zu dürfen, daß sie in den Zellen selbst
entstehen und zwar unter der Einwirkung von Fermenten auf
bestimmte, vom Zellkern ausgehende Chromogensubstanzen.
Wahrscheinlich bilden für die Entstehung aller oder doch der
meisten Farbstoffe des Organismus die chromogenen Gruppen
der Eiweißmoleküle den Ausgangspunkt.
8. Sitzung am 4. Dezember 1909.
Oberlehrer Dr. R. Richter:
„Die Entstehung desRheintalsvon der Quelle bis Mainz."
Die Talbildung ist erst auffällig spät zum Gegenstand
wissenschaftlicher Forschung gemacht worden. Als man über
den Gebirgsbau längst gute Vorstellungen hatte, bestanden über
sie noch ganz unhaltbare Auffassungen, obgleich die Talbildung
auf den Charakter vieler Gebirge keinen geringeren Einfluß
ausübt, als es die gebirgsbildenden Vorgänge selbst tun. In
letzter Linie war es erst die Untersuchung der schweizerischen
Täler und vor allem des Rheintals durch Rütimeyer, die die
Täler allgemein als Werke des fließenden Wassers erkennen lehrte.
Die talbildende Kraft ist überall dieselbe. Wenn trotzdem
die Täler, selbst die einzelnen Strecken unseres Rheintals, ver-
schiedene Formen annehmen können, so wissen wir heute, daß
hierbei eine ganz bestimmte Gesetzmäßigkeit obwaltet. So sind
alle Längstäler rasch zur Reife gelangt und zeigen ruhige,
ausgeglichene Formen, während die Quertäler noch im Kampf
mit dem größeren Gesteinswiderstand stehen und sich mit ihren
Engen und Fällen alle Merkmale der Jugend bewahrt haben.
Andere Talstrecken sind wirklich jugendliche Bildungen, die der
— 214 —
Rhein erst später begonnen und bis heute noch nicht bis zur
Reife der älteren, zu ihren Gunsten verlassenen Talstrecken
fertig gestellt hat. Endlich hat auch die Eiszeit die von Glet-
schern durchströmten Talstrecken umgestaltet und in den Jugend-
zustand der unausgeglichenen Gegensätze zurückversetzt.
Aus solchen Elementen, die bei aller Verschiedenheit das
eine gemeinsam haben, daß es vom Wasser selbst ausgeräumte
Hohlformen sind, setzt sich das Rheintal von der Quelle bis
Basel zusammen. Die Hohlform von Basel bis Mainz dagegen ist
nicht vom Rhein geschaffen , überhaupt nicht oberflächlich aus-
geräumt worden. Ihr Boden, ein schmaler Streifen der Erdkruste,
ist vielmehr in die Tiefe versenkt worden, und der Rhein hat
diese Hohlform schon offen vorgefunden. Es handelt sich also
hier gar nicht um ein Tal im eigentlichen Sinne, vielmehr ist
dieser Begriff auf die vom Rhein geschaffene Rinne am Boden
des Grabens einzuschränken. Das Rheintal hat sich also aus
sehr verschieden gebauten Stücken nach und nach zusammen-
gefügt, und seine Geschichte ist wohl zu unterscheiden von der
Geschichte des Rheinlaufes.
9. Sitzung am 11. Dezember 1909.
Prof. Dr. E. Kaiser, Gießen:
„Die Entstehung des Rheintals von Mainz bis Köln."
Unter Benützung einer Reihe von Tafeln und von sehr
instruktiven Lichtbildern schildert der Vortragende in großen
Umrissen die Entstehungsgeschichte des Rheinischen Schiefer-
gebirges und bespricht sodann eingehender die Talbildung.
Zu Ende des Miozäns oder zu Beginn des Pliozäns war das
ganze Gebiet des jetzigen Rheintals von Mainz bis Köln ein
flacher Schild, der nur wenig über den Meeresspiegel hervor-
ragte. Eine gleichmäßige Emporhebung des Gebirges oder ein
Absinken der vorlagerndeu Teile bedingte zusammen mit den
allgemeineren Erscheinungen der Vergletscherung Nord- und
Süddeutschlands ein gleichmäßiges und allmähliches Einschneiden
des Tals. Dieses Einschneiden erfolgte aber nicht auf einmal
sondern in Intervallen, in denen Zeiten der Talvertiefung mit
solchen der Aufschüttung von Kies und Sand in den bisherigen
Hohlformen des Tals miteinander wechselten. Dadurch wurde
ein terrassenförmiger Bau der Talflanken bedingt. Die einzelnen
— 215 —
Talstufen lassen sich auf weite Strecken verfolgen und sind mit
besonderen Namen belegt worden. Es zeigt sich, daß ähnliche
Talstufen auch im Gebiet des oberen Rheintals auftreten, und
daß bei der Entstehung einzelner von ihnen ein Zusammenfallen
mit bestimmten Zeiten der diluvialen Vergletscherung zu ver-
folgen ist. Die Zahl der Stufen innerhalb des Rheinischen Schiefer-
gebirges scheint von Norden nach Süden zuzunehmen. Während
man in der Gegend von Köln nur drei Stufen deutlich von-
einander unterscheiden kann, ist ihre Zahl oberhalb Koblenz
am Rhein und an der Mosel scheinbar sehr viel größer, und
gegen den Südrand des Rheinischen Schiefergebirges in der
Gegend von Bingen scheint eine größere Zahl von einzelnen
Terrassen am Gehänge aufzutreten. Dabei sind die gleichalt-
rigen Terrassen in den anstoßenden Teilen des Oberrheintals
in einem sehr viel tieferen Niveau abgesetzt, so daß in diesem
Gebiet besondere tektonische Bewegungen angenommen werden
müssen, die ein Absinken des Oberrheintals auch noch in jung-
diluvialer Zeit bedingt haben. Damit steht eine relative Empor-
hebung des Rheinischen Schiefergebirges selbst in Zusammen-
hang und zwar in der Weise, daß sein südlicher Teil stärker,
dabei aber nicht gleichmäßig sondern in Zwischenpausen ge-
hoben worden ist. Hiermit hängt auch die größere Zahl der
Terrassen im Süden zusammen.
Auf vulkanische Erscheinungen der Tertiärzeit sind die
Kuppen zurückzuführen, die zu den Seiten des Rheintals die
Hochfläche des Schiefergebirges überragen. Auf vulkanische
Erscheinungen der Diluvialzeit deuten Schlackenkegel, Lava-
ströme und Bimssteinüberschüttungen hin, die namentlich in
der weiteren Umgebung des Laacher-See-Gebietes auftreten.
Abgesehen von diesen jungen vulkanischen Aufschüttungen
ist die Talbildung innerhalb des Rheinischen Schiefergebirges,
also etwa von Bingen bis Linz, allein ein Werk der Erosion,
des Einschneidens des Flusses. Die Widerstandskraft der ver-
schiedenartigen Gesteine zeigt sich nur in der Form der Tal-
hänge, in der Enge und Weite des Tals. Erst weiter draußen,
von Linz an rheinabwärts, tritt der Rhein in das Gebiet der
Niederrheinischen Bucht und ist hier von dem tektonischen Ein-
brüche derselben abhängig. Er verändert aber auch hier wieder
durch Erosion seine Lage und die Form der Aufschüttung.
— 216 —
Der Mensch hat den größten Teil der Talentwickelung des
Rheins auch hier mitangeseheu, zum Teil in primitivstem Natur-
zustand, unter wechselnden klimatischen Verhältnissen und von
den mannigfachsten Naturerscheinungen bedroht.
10. Sitzung am 8. Januar 1910.
Prof. Dr. R. Goldschraidt, München:
„Das Problem der Geschlechtsbestimmung."
Unter Hinweis auf die in dem Problem selbst liegenden
Schwierigkeiten erwähnt der Vortragende kurz die zahllosen,
vergeblichen Versuche zu seiner Lösung. Wie in der gesamten
Biologie können auch hier nur exakte Beobachtung und ein-
wandfreies Experiment zum Ziel führen. Der Ausgangspunkt
des Organismus ist die Eizelle. Nun wirft sich sofort die Frage
auf: ist das Geschlecht des zukünftigen Individuums schon im
unbefruchteten Ei festgelegt, wird es erst durch die Befruchtung
bestimmt, oder ist auch noch eine nachträgliche Geschlechts-
bestimmung des befruchteten Eies möglich? Außerordentlich
zahlreiche Beobachtungen und die sorgfältigsten Experimente
haben seither zu keinem sicheren Entscheid geführt; vielmehr
lassen sich für die Berechtigung der Annahme sämtlicher drei
Möglichkeiten gewisse Gründe anführen, wenn auch die Hypothese
einer nachträglichen Bestimmung des Geschlechts auf den
schwächsten Füßen steht.
In neuester Zeit hat mau das schwierige Problem durch
eine sorgfältige Anahse der Eigenschaften der Geschlechtszellen
selbst zu klären gesucht. Unter dem Einfluß der modernen
Vererbungsforschung, die in dem Mendelschen Bastardierungs-
gesetz gipfelt, ist man dazu gekommen, „Männlichkeit" und
„Weiblichkeit" als zwei Elementareigenschaften der Geschlechts-
zellen und die Fortpflanzung als eine Bastardierung zu betrachten,
wobei das Ergebnis der Befruchtung in Bezug auf das Geschlecht
den gleichen Gesetzen unterliegen muß, w^ie sie für die Bastar-
dierung überhaupt gelten. Im Gegensatz zu dieser Anschauung, die
qualitative Verschiedenheiten in den Geschlechtszellen annimmt,
stehen Vorstellungen, die aus den zellulären Untersuchungen
abgeleitet werden. Sie scheinen zu zeigen, daß ein Quantitäts-
unterschied in der chemisch wichtigsten Substanz der Zelle,
dem Chromatin, über die Frage „männlich oder weiblich" ent-
— 217 —
scheidet, und zwar in dem Sinne, daß das gewissermaßen besser
ausgestattete Laboratorium zu einem Weibchen, das weniger
gut eingerichtete zu einem Männchen führt.
Mit einem bedeutungsvollen Ausblick auf die praktischen
Konsequenzen der Lösung des Problems der Geschlechtsbe-
stimmung schließt der Redner seinen interessanten Vortrag.
11. Sitzung am 15. Januar 1910.
Dr. R. Kahn :
„Über schlagende Wetter."
Die erschreckende Anzahl von Menschenleben, die alljähr-
lich in den Kohlengruben den schlagenden Wettern zum
Opfer fällt, rechtfertigt das große Interesse, das diesen Erschei-
nungen allgemein entgegengebracht wird. „Schlagende Wetter"
sind ein besonderer Fall der in der Chemie unter dem Namen
„Knallgasexplosionen" bekannten Erscheinung. Solche Explo-
sionen treten immer ein, wenn ein brennbares Gas mit einem
Gase, das die Verbrennung zu unterhalten imstande ist, in be-
stimmten Verhältnissen innig gemengt einer Entzündung unterliegt.
In den Kohlenbergwerken ist natürlich genügend Luft vorhanden,
um den zu einer solchen Verbrennung notwendigen Sauerstoff zu
liefern. Das brennbare Gas entsteht aber bei dem langsamen Zer-
setzungsprozeß, dem die Kohle bei ihrer Umwandlung aus Holz in
Anthrazit, die älteste bekannte Form der Steinkohle, unterliegt.
Das Gas, das sich hauptsächlich in den Kohlengruben findet,
ist ziemlich einheitlicher Natur und wird Gruben- oder Sumpf-
gas genannt, da es auch häufig in Sümpfen entsteht, in denen
sich Holz unter Luftabschluß zersetzt. Es besteht vorwiegend
aus dem niedrigsten Kohlenwasserstoff, den die Chemiker Methan
nennen. Dieses Gas verbrennt angezündet ruhig an der Luft
mit schwach leuchtender Flamme, mit Luft oder Sauerstoff ge-
mengt aber unter heftiger Detonation.
Die verheerende Wirkung der schlagenden Wetter ist
größtenteils in der kolossalen Hitze zu suchen, mit der die
Verbrennung vor sich geht, so daß alles, was sich im unmittel-
baren Gebiet der Explosion befindet, verbrennen muß. Daß die
Wirkungen gewöhnlich noch viel weiter greifen, ja öfters das
ganze Bergwerk umfassen, liegt zum Teil daran, daß durch die
Wärmeentwickelung eine plötzliche und außerordentlich starke
— 218 —
Ausdehnung der Luft stattfindet, die solche Gewalt ausüben kann,
daß Menschen direkt weggeschleudert, an die Wandungen ge-
worfen, zermalmt und erdrückt werden. Findet die sich aus-
breitende Luft, wie es in den engen Gängen und Winkeln der
Bergwerke fast immer der Fall ist. Widerstände, die sie am
raschen Entweichen nach außen hindern, so wird die Gewalt
ihres Stoßes die Holz- und Eisenstützen einreißen, durch die
die Stollen und Gänge gesichert sind, ja das Gebirge selbst kann
unter ihrem Druck zum Einsturz gelangen.
Man hat natürlich eine Reihe von Mitteln erdacht, um vor
den schlagenden Wettern zu warnen und ihre Entzündung zu
verhüten. Hauptsächlich kommt ausgiebige Berieselung der be-
drohten Felder mit Wasser in Betracht, wodurch der feine
Kohlenstaub aus der Luft niedergeschlagen wird, so daß bei
Eintritt einer Explosion die Flamme keine weitere Nahrung
finden kann. Denn in der Regel sind die schlagenden Wetter
mit einer Reihe darauf folgender „Kohlenstaubexplosionen'' ver-
knüpft, die häufig die Ursache der großen Ausdehnung der
Explosionen bilden. Gute Dienste können der auf der hohen Dif-
fusionsgeschwindigkeit des Grubengases beruhende An sei Ische
Gasindikator und die verschiedenen Formen der Grubenlampen
leisten. Daß diese Apparate indessen oft versagen, hat seine
Ursache in der Unvollkommenheit alles Menschenwerks und in
den besonders ungünstigen Bedingungen, die derartige empfind-
liche Instrumente im Innern der Kohlengruben finden.
Wenn die kolossalen Mengen Grubengas, die täglich den
Kohlenflözen entströmen, aufgefangen werden könnten, so würde
man durch ihre Verbrennung enorme Kraftleistungen vollbringen
können. Man könnte Gasmaschinen mit ihnen treiben und Erze
mit ihrer Hilfe verhütten. Auch als Ballongas wäre das Gruben-
gas verwendbar, da es viel leichter als Luft ist. Vielleicht mag es
einer fernen Zukunft gelingen, die schlagenden Wetter zu bändigen
und sie zugleich unseren Kulturzwecken dienstbar zu machen.
12. Sitzung am 22. Januar 1910.
Prof. Dr. G. Greim, Darmstadt:
„Die Zirkulation der Ozeane."
Von der besonderen Eigenart der Meeresströmungen aus-
gehend, die sich von den auf dem Festland vorhandenen Strö-
— 219 —
miingen wesentlich unterscheiden, erwähnt der Vortragende die
in dieser Eigenart begründeten Methoden zur Untersuchung der
Oberflächeuströmungen, um sodann die Theorien zur Erklärung
der Strömungen genauer zu erörtern. Bis vor kurzem galt,
zwar von manchen Seiten widersprochen, doch bei den meisten
Ozeanographen fast allgemein anerkannt, die von Zoeppritz
1878 genauer begründete Wind- (Trift-) theorie, die den Wind
(oder besser die großen Systeme in der Zirkulation der Atmo-
sphäre) als Ursache für die Entstehung der Meeresströmungen
ansieht. Zoeppritz hatte die Fortpflanzung der Impulse der
Atmosphärenbewegung, die natürlich nur auf die Oberfläche
wirken können, in die Tiefen des Wassers sehr plausibel gemacht
und durch Rechnungen gestützt. Dieser Theorie trat in den
letzten Jahren eine andere gegenüber, die unter Führung Nansens
von einer Reihe hauptsächlich nordischer Forscher auf die Ver-
hältnisse in den Nordmeeren und die Ergebnisse ihrer Unter-
suchung gestützt und experimentell und rechnerisch verfolgt
wurde. Sie verneint die Atmosphärenbewegungen als Ursachen
der großen Meeresströmungen und erklärt die Zirkulation der
Ozeane für einen von der Atmosphäre unabhängigen, selb-
ständigen Kreisprozeß der Wärme, in dem die warmen Wasser
der tropischen Meere und die Eisschmelze in den arktischen
Gewässern die Hauptfaktoren sind. Durch die Eisschmelze
werden danach in erster Linie die Strömungen erzeugt und die
Wärme dadurch in Bewegung verwandelt. Über beide Theorien
hat sich neuerdings unser deutscher Ozeanograph Krümmel
geäußert, der insofern einen vermittelnden Standpunkt einnimmt,
als er rät, vorläufig überhaupt nicht von Ursachen, sondern
von Konstituenten der großen Strömungen in den Ozeanen zu
sprechen.
13. Sitzung am 29. Januar 1910.
Prof. Dr. H. Sachs:
„Die Reaktionsfähigkeit des Organismus gegenüber
artfremden Stoffen."
Der unermeßlichen Mannigfaltigkeit äußerer Formen, denen
wir in der belebten Welt begegnen, steht in weiten Grenzen
eine merkwürdige Monotonie gegenüber, wenn man den Aufbau
der einzelnen Organe und Gewebe sowie ihre Anordnung verfolgt
— 220 —
oder mit den Hilfsmitteln der Chemie ihre Bausteine analysiert.
Obwohl man bei rationeller Betrachtungsweise aus zahlreichen
naheliegenden Gründen bereits annehmen mußte, daß mit den
auffälligen Ähnlichkeiten auch tiefgreifende Differenzen gepaart
sind, ist es doch erst dem letzten Jahrzehnt vorbehalten ge-
blieben, die Mittel und Wege aufzufinden, durch die es mit
Sicherheit gelingt, die Gewebsbestandteile verschiedener Tierarten
zu differenzieren.
Die hierzu dienenden Methoden beruhen auf der Reaktions-
fähigkeit des Organismus gegenüber artfremden Stoffen. Der
Teil der biologischen Wissenschaften, der sich mit dem Studium
dieser Reaktionen beschäftigt, die Immunitätsforschung, trägt
ihren Namen heute nicht mehr ganz zu Recht. Ursprünglich
hatte man nämlich diese Reaktionsfähigkeit des Organismus bei
der Einverleibung von krankheitserregenden Bakterien oder
ihren giftigen Stoffwechselprodukten entdeckt. Man hatte fest-
gestellt, daß der Organismus, falls es nicht zum tödlichen
Ausgang kommt, eine Immunität zurückbehält, die ihm gegenüber
dem erneuten Eindringen der gleichen Krankheitsursache einen
Schutz verleiht, und daß die Blutflüssigkeit (das Blutserum)
dabei eine neue Eigenschaft gewinnt, die es befähigt, auf die
Bakterien oder ihre Gifte so einzuwirken, daß sie ihre krankheits-
erregende Funktion einbüßen. Man nennt daher solche Sera
(Antisera) „Immunsera". Mit der Zeit hat sich aber immer
allgemeiner ergeben, daß die nämliche Reaktion sfähigkeit des
Organismus nicht nur gegenüber schädlichen Agentien besteht,
sondern gegenüber artfremden Stoffen im allgemeinsten Sinne.
Werden z. B. einem Kaninchen menschliche Eiweißbestand-
teile, etwa Blutserum, eingespritzt, so erfolgen im Kaninchen-
organismus tiefgreifende Umwälzungen, die wir daran erkennen,
daß das Kaninchenblutserum neue Eigenschaften annimmt. Diese
Eigenschaften können wir in sinnfälliger Weise nachweisen.
Mischt man nämlich ein derart gewonnenes „Anti" -serum mit
einer Lösung von menschlichem Eiweiß, so entsteht ein Nieder-
schlag, der beim Mischen des gleichen Antiserums mit einer
andersartigen Eiweißart (etwa Pferdeserum) ausbleibt. Man
nennt diesen Vorgang Präcipitation und die im Antiserum ent-
haltenen wirksamen Stoffe Präcipitine. Ein anderes Verfahren,
das die besondere Beschafi'enheit des Antiserums zum sichtbaren
— 221 —
Ausdruck bringt, beruht auf dem Prinzip der sogenannten
„Komplementbindung". Die beim Zusammentreffen einer eiweiß-
haltigen Flüssigkeit mit dem entsprechenden Antiserum erfolgende
Reaktion führt nämlich zu einem Produkt, das die Fähigkeit
besitzt, gewisse blutzerstörende Stoffe, die Komplemente genannt
werden, zu binden. Man erkennt also die stattgehabte Wirkung
daraus, daß schließlich die Zerstörung (Hämolyse) von roten
Blutkörperchen ausbleibt, während sie dann, wenn die eine der
beiden erforderlichen Komponenten fehlt, eintritt.
Das Gemeinsame beider Methoden, die von dem Vortragenden
demonstriert werden, ist die Spezifität der Wirkung. Hierdurch
unterscheiden sich die in den Antisera enthaltenen Reagenzien,
die „Antikörper", von allen anderen bekannten Stoffen. Daher
gelingt es, mit diesen Stoffen, die uns die Reaktionsfähigkeit
des Organismus an die Hand gibt, die Differenzen in der Kon-
stitution der Materie verschiedener Arten, die man früher nicht
nachweisen konnte, mit Sicherheit aufzudecken. Andererseits
ist daraus eine erfolgreiche Methode entstanden, um die Ver-
wandtschaft im Tierreich zu verfolgen und neues Material im
Sinne der Deszendeuzlehre aufzufinden.
Die Reagenzien, welche die Antikörper darstellen, haben
aber auch eine vielseitige praktische Bedeutung. So sind sie
mit größtem Erfolg der gerichtlichen Praxis nutzbar gemacht
worden, indem es auf die geschilderte Weise gelingt, die Herkunft
von Blutspuren zu bestimmen. Das Verfahren kommt ferner
auch in der Fleischbeschau und zum Nachweis von Fleisch- und
Wurstverfälschungen (Pferdefleisch) zur Anwendung. Auch zu
zahlreichen anderen Zwecken (Honigverfälschungen, Unter-
scheidung verschiedener Milcharten, Nachweis von Blut in
blutsaugenden Insekten usw.) ist die Methode herangezogen
worden.
Obwohl man das Studium der Reaktionen des Organismus,
die zu dem Auftreten der Antikörper im Blutserum führen,
allgemein als Immunitätsforschung bezeichnet, ist diese Bezeich-
nung für die hier behandelten Reaktionen, wie schon anfangs
erörtert, nur in einem stark übertragenen Sinne zu verstehen.
Ja, bei geeigneter Versuchsanordnung tritt sogar, wie die Er-
fahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, mit großer Regel-
mäßigkeit eine Zustandsänderung im Organismus ein, die das
_ 222 —
Gegenteil von Immunität darstellt. Die mit artfremdem uu-
giftigem Material vorbehandelten Tiere werden nämlich „schutzlos"
gegenüber der sonst für sie gefahrlosen Einverleibung des gleichen
Materials, indem sie nunmehr mit den schwersten Krankheits-
erscheinungen reagieren. Man hat die derart veränderte Re-
aktionsfähigkeit des Organismus „Anaph3iaxie'' genannt. Da
auch die Anapli3'laxie spezifisch ist, hat man sie ebenso wie
die Antikörper zu praktisch -diagnostischen Zwecken heran-
gezogen.
Man kann also in diesem Fall nicht mehr von Immunisierung
und Immunität sprechen. Wenn trotzdem nach Einverleibung
artfremder Stoffe, gleichgültig ob es sich um Bakterien oder
völlig uugiftiges Material handelt, Reaktionsprodukte im Blut-
serum, die Antikörper, entstehen, die im Reagensglas prinzipiell
gleichartig wirken, so ergibt sich, daß die Entstehung von
Immunsera, die wir zu Heil- oder Schutzzwecken verwenden
(wie das Diphtherieserum), nur den Spezialfall eines allgemeinen
biologischen Grundgesetzes darstellt, das in der Reaktionsfähigkeit
des Organismus gegenüber artfremden Stoffen begründet ist.
14. Sitzung am 5. Februar 1910.
F. W. Winter:
„Neuere Untersuchungen über Biologie und Fort-
pflanzung der Foraminiferen. ein Bild aus der
Kleinleb e weit."
Die Gruppe von Organismen, die der Vortragende bespricht,
ist ein Seitenzweig des Stammes der Einzelligen, der an dessen
Basis entsprungen ist und sich selbständig weiter entwickelt
hat. Bei dem hohen Wert, den diese schalentragenden kleinen
Organismen für die Zusammensetzung unserer Erdkruste gehabt
haben und durch ihr massenhaftes Auftreten auch für die Bil-
dung der Sedimente und den Aufbau unserer Korallenbänke
und vieler geologischer Ablagerungen heute noch besitzen, ver-
lohnt es sich wohl, sich in das Studium ihrer Gestalt, ihrer
Lebensweise und ihrer Fortpflanzung zu vertiefen. Es über-
rascht bei näherer Betrachtung, wie hier vielfach Gehäuseformen
auftreten, die äußerlich den Schalen der verschiedensten Or-
ganismen aus höhereu Tiergruppen ähnlich, „konvergent" sind.
Wurmröhren aus Sand gebildet oder die Röhren der Köcher-
— 223 —
fliegenlarven gleichen auffällig den Gehäuseröhren , die Fora-
miuiferen aus Saud aufbauen. Die langgezogenen, spitzkegeligen,
kalkigen Schalen dieser Organismen erinnern an manche Schnecken-
und Belemnitenschalen ; spiral aufgerollt, ähneln sie dagegen ge-
wissen Wurmschaleu, von denen sie sich zum Teil äußerlich
nur bei genauer Untersuchung unterscheiden lassen. Wenn solche
Röhren durch Querwände in einzelne Kammern geteilt sind,
erscheinen Schalenformen, die ausgestorbenen kleinen Ammoniten-
schalen so ähnlich sind, daß die Wissenschaft eine Zeitlang
beide Gruppen zusammenfaßte. Diese Konvergenz der gleichen
Reaktionen auf gleiche äußere Faktoren zeigt sich weiter bei
den vollständig freischwebenden Formen, die je nach ihrem
Gewicht und der Beschaffenheit des Meerwassers wie viele
andere planktonische Organismen verschieden starke Schwebe-
strahlen ausbilden.
Die Bedeutung der Foraminiferen für die Geologie und
Paläontologie ist schon lange bekannt. Schon in den frühesten
Zeiten der Erdgeschichte, in denen lebende Organismen auf-
treten, finden sich Vertreter der Gruppe, die nun in allen marinen
Ablagerungen angetroffen wird. Eine der Perioden ihrer Haupt-
entwickelung fällt in die Kreidezeit, wie die Zusammensetzung
der hoch aufgetürmten Gebirge jener Schichten zeigt; ihre
Bezeichnung „Kreidetierchen" ist diesem Vorkommen entnommen.
Eine weitere, ganz plötzliche Eutwickeluug zeigt ein Seitenzweig
der Foraminiferen, die Nummuliten, zu einer Zeit, als die Haupt-
entwickelung der Säugetiere im Früheozän begann. Während
die heutigen Formen höchstens bis zu Zentimetergröße heran-
wachsen, besaßen die Nummuliten Talergroße. Das Nummuliten-
gebiet, auf das wir jetzt in den Mittelmeerläudern überall bis
in hohe Erhebungen hinauf stoßen, zeigt seine westlichen Spuren
in Amerika und erstreckt sich nach Osten an dem Südrande
Asiens hin bis nach Java. Während die Nummuliten durch ge-
waltige Bodenerhebungen rasch untergehen, schreiten die Ab-
lagerungen der Hochseeforaminiferen seit der Kreideformation
unabänderlich und gleichartig weiter; besonders ist hieran die
Gattung Globigerina beteiligt, die sich bei zunehmender Kammer-
zahl unter Auflösung der übrigen Kammern in eine einzige
Kugelschale, Orbidma, umwandelt und in ungeheurer Zahl heute
noch alle wärmeren Meere bewohnt. Hier haben hauptsächlich
— 224 —
die modernen Tiefsee-Expeditionen aufklärend gewirkt und ge-
zeigt, daß der Boden des Meeres ein getreues Abbild seiner
an der Obertläche lebenden schalentragenden Organismen ist.
In größerer Tiefe lösen sich die Globigeriuenschalen, die beim
Sinken immer dünner werden, schließlich mit anderem Material
zu einem grauen Kalkschlamm auf, den wir vielfach auf unserer
Erde antreffen.
Das Studium der Fortpflanzung dieser Organismen erklärt
die Möglichkeit ihrer massenhaften Entwickelung. Im Durch-
schnitt betrachtet zeigen sich die Foraminiferen einerseits als
Formen, die mit einer kleinen Aufangskammer beginnen, anderer-
seits als solche mit einer großen Anfangskammer. Von außen
gesehen sind die Schalen gleich. Die kleinkammerigen Formen
zerfallen nach Ende des Wachstums unter Verlust der Schalen
in über hundert Teilstücke, die der Aufangskammer der groß-
kammerigen Formen entsprechen und zu solchen heranwachsen.
Ist dies geschehen, so bilden die großkammerigen in Form von
Gameten die Geschlechtsprodukte, von denen sich zwei zu einer
amöbenähnlichen Zelle vereinigen, die sich mit einer Hülle um-
gibt und so die erste Kammer der kleinkammerigen Formen dar-
stellt. Von Interesse sind im besonderen die Verhältnisse des Kerns,
der wie bei allen Organismen auch hier aus einem absterbenden
Ernährungschromatin und einem Fortpflanzungschromatin be-
steht. Das letztere läßt aus sich das erstere wieder hervor-
gehen. Sehr merkwürdig ist, daß viele Foraminiferen Parasiten
enthalten, von denen gewisse kommensale Algen außerordentlich
häufig in einer einzigen Foraminifere vorkommen, bis über
hunderttausend, obwohl das Wirtstier nur 2—3 Millimeter groß ist.
Daß eine einzige Zelle an sich allerdings unschädliche Parasiten
in solcher Menge enthält, steht einzig da. Die kommensalen
Algen, die außerhalb des Wirtstieres eine andere Lebensweise
führen, vererben sich bei der Zerfallsteilung, so daß die durch
diese Fortpflanzung hervorgegangenen Jugendformen hierdurch
infiziert werden.
15. Sitzung am 12. Februar 1910.
Prof. Dr. M. Möbius:
„Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis."
(Siehe diesen Bericht, Heft 1 u. 2 S. 76.)
— 225 —
16. Sitzung am 19. Februar 1910.
Prof. Dr. W. Sc häuf:
„Über den Odenwald."
Während sich die Vorträge vom 4. und 11. Dezember 1909
mit dem Rheingraben und der Entstehung des Rheindurchbruches
beschäftigten, bittet der Redner die Versammlung, ihm heute auf
einem Ausflug in eins der Glieder des oberrheinischen Gebirgs-
systems, in den Odenwald, zu folgen. Das alte Faltengebirge
hat durch Abtragung, Auflagerung von Schichtgesteinen, Ein-
bruch des Rheingrabens, damit in Verbindung stehende Ver-
werfungen und weitere Abhobelung seinen heutigen Charakter
erhalten. Am Bau des „kristallinen" Odenwalds beteiligen sich
außer Eruptivgesteinen (Granit, Gabbro, Diorit) Reste der auf-
gefalteten Schichten, die durch den Einfluß der Granite usw. in
„kristalline" Schiefer übergeführt worden sind. Ein Teil der
sogenannten „Gneiße" ist aber durch Gebirgsdruck während der
Erstarrung geschieferter Granit. Granite und ihre Verwandten
sind aus Schmelzmassen hervorgegangen, die bei ihren Ausbruchs-
versuchen in der Tiefe stecken blieben; Quarzporphyre, Mela-
phyre, Basalte dagegen haben sich über die Erdoberfläche er-
gossen, und wir treSen sie heute als Decken oder Kanalaus-
füllungen an. Staubstürme haben während einer Trockeuperiode
der Diluvialzeit die Täler mit Löß angefüllt und die Berge bis
zu bedeutenden Höhen damit bedeckt.
17. Sitzung am 26. Februar 1910.
Dr. F. D r e V e r m a n n ;
„Eine geologische Forschungsreise in die Sierra
More na."
(Siehe diesen Bericht, Heft 1 u. 2 S. 123.)
18. Sitzung am 5. März 1910.
Dr. K. Priem el:
„Über den wissenschaftlichen Wert der Pflege und
Schaustellung lebender Tiere."
Zunächst tritt der Redner der Meinung entgegen , daß
Beobachtungen an gefangengehaltenen Tieren, sofern sie bei
einer richtigen, möglichst naturgemäßen Haltungsweise angestellt
15
— 226 —
werden, Schlüsse auf deren Freileben nicht zulassen, und führt
als Beispiel die Zuchtversuche an, die Dr. Heinroth-Berlin mit
empfindlichen, wenig bekannten deutschen Vögeln im Zimmer
vorgenommen hat. Die Zucht des Ziegenmelkers (Caprinmkjiis
europaeus) wird in Lichtbildern vorgeführt. Auch der heutige
Stand der Vivarienkunde wird eingehend besprochen; sie geht
von dem Grundsatz aus, den gefangenen Tieren so weit als
möglich die gleichen Lebensbedingungen zu bieten, wie sie in
der Natur gegeben sind, die Tiere also gewissermaßen in einem
nachgeahmten Naturausschnitt zu pflegen. Die Bedeutung des
Vivariums als Hilfsmittel der biologischen Forschung wird durch
Beispiele aus der Entwickelungsmechanik , der Vererbungs-
forschung und der Tierpsychologie dargelegt. Auch auf den
hohen pädagogischen Wert des Vivariums wird hingewiesen und
die Anlegung von Schul-Aquarien und -Terrarien zur Ergänzung
des naturwissenschaftlichen Unterrichts empfohlen.
Der zweite Teil des Vortrages behandelt die wissenschaft-
liche Bedeutung der zoologischen Gärten und Tierparks. Nach
der Ansicht des Redners sollen bei der Anlegung eines zoo-
logischen Gartens, der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit machen
will, im großen und ganzen systematische Grundsätze leitend
sein; andererseits sollen überall da, wo es ungezwungen möglich
ist, die Gehege „biologisch eingerichtet", also den Lebens-
bedingungen ihrer Bewohner angepaßt sein. Das Bestreben,
den gefangeneu Tieren im zoologischen Garten soweit als möglich
natürliche Verhältnisse zu bieten, ist jedoch keineswegs neu, wie
in den letzten Jahren oft behauptet worden ist. Eingehend
verbreitet sich der Vortragende über die Aufgaben der zoo-
logischen Gärten als Volksbildungsstätten und als wissenschaft-
liche Institute und führt an zahlreichen interessanten Beispielen
aus, wie ein richtig zusammengesetzter Bestand lebender Tiere mög-
lichst nutzbringend für die Wissenschaft verwendet werden kann.
Dem vielfach falsch verstandenen Begriff „Akklimatisation"
werden längere Ausführungen gewidmet. Als völlig „akklimati-
siert" betrachtet der Keduer nur solche fremdläudischeu Tiere,
die sicii in unseren Breiten in freier Wildbahn ohne Zutun des
Menschen durch eigene Nahrungssuche selbst erhalten, wie z. B.
von alters her den ursprünglich ostasiatischen Jagdfasan und neuer-
dings den sardiuisch-korsikanischen Mufflon. Als „in beschränktem
— 227 —
Maße akklimatisationsfähig" kann z. B. der afrikanische Strauß
gelten, der, wenn er in unserem Klima zur Fortpflanzung
schreiten soll, sich in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis
zum Menschen befindet, von dem er Pflege und Nahrung erhält.
Der größte Teil der Tiere in den zoologischen Gärten ist nicht als
„akklimatisiert", sondern als „eingewöhnt" zu bezeichnen, da
ihnen außer einer oft recht komplizierten Ernährungsweise zum
dauernden Wohlbefinden auch unbedingt bestimmte Temperaturen
geboten werden müssen, trotz aller, neuerdings so häufig auf-
gestellten gegenteiligen Behauptungen. Versuche in den zoo-
logischen Gärten geben den besten Aufschluß, welche fremd-
ländischen Tiere sich für eine rationelle Domestikation durch
den Menschen aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten und
welche sich für das Leben in freier Wildbahu zur Ergänzung
unseres Wildbestandes eignen. Voreiliges Aussetzen fremd-
ländischer Tiere kann zu einer schweren Plage werden. Da
man durch Akklimatisation fremdländischer Tiere gewissermaßen
Fälschungen vornimmt, zu denen der Rückgang unseres heimischen
Wildbestandes allerdings nötigt, ist es im höchsten Grade zu
wünschen , daß die heimische Natur wenigstens in genügend
großen Reservaten, in sog. Naturschutzparks, in unverfälschter
Reinheit erhalten werden möge.
Weiter behandelt der Redner die Wichtigkeit der zoo-
logischen Gärten als Lieferanten von frischem , häufig mit
wichtigen biologischen Notierungen versehenem Material für
anatomische, histologische und embryologische Studien. Enge
Zusammenarbeit der Gärten mit zoologischen Museen und Labora-
torien ist in jeder Beziehung zu erstreben. Beobachtungen über
Wachstumsverhältnisse besonders größerer Tiere, über Balz-
und Begattungsvorgänge, über Bastardierungen u. a. m. sind in
den zoologischen Gärten leicht anzustellen. Auch manche Frage
der zoologischen Systematik ist in den zoologischen Gärten geklärt
worden; denn lediglich aus der dauernden Beobachtung des
gefangenen Tieres lassen sich jahreszeitliche Neufärbungen,
Jugend- und definitive Kleider erkennen.
Der Redner schließt seine interessanten Ausführungen mit
dem Wunsche, daß ein gleich gutes Verhältnis der zoologischen
Gärten mit den naturwissenschaftlichen und medizinischen In-
stituten wie hier in Frankfurt auch in anderen Städten Platz
15*
— 228 —
greif eu möge, und mit einer kurzen Vbersicht über die während
des letzten Jahres im hiesigen Zoologischen Garten ausgeführten
wissenschaftlichen Arbeiten.
19. Sitzung am 12. März 1910.
Dr. E. Wolf:
„Die Inseln der Süd see und ihre Bewohner."
Der Vortragende hat sich im verflossenen Jahr im Auftrag
der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft als Zoolog
an der Hanseatischen Südsee-Expedition beteiligt. Die Reise
führte von Singapore aus über die Molukken nach den Palau-
Inseln, Neu-Guinea und dem Bismarck- Archipel, die als deutsche
Besitzungen besonders eingehend untersucht wurden : von hier
aus erstreckte sie sich über die Neu-Hebriden, Fidji- und Tonga-
Inseln, Samoa, Cook- und Austral-Inseln und Tahiti bis zu den
Niedrigen Inseln (Paumotus) und berührte auf dem Rückwege
nochmals Samoa, sowie die S. Cruz-Gruppe, die Salomonen, West-
Karolinen und Philippinen, um schließlich wieder in Singapore
zu endigen. Die geologischen Verhältnisse dieser Gebiete werden
eingehend erörtert ; der Vulkanismus und die Tätigkeit der
Korallen spielen beim Aufbau dieser Inselgruppen die Hauptrolle.
Zahlreiche Beobachtungen, die auf der Reise gemacht wurden,
geben der Theorie Darwins von der Entstehung der Korallen-
riffe eine neue Stütze. Fauna und Flora lassen im westlichen
Teil der durchforschten Gebiete an Üppigkeit und Schönheit
nichts zu wünschen übrig, während der äußerste Osten als sehr
arm an Tieren und Pflanzen angesprochen werden muß. Immer-
hin sind gerade die deutschen Gebiete, namentlich auch Samoa,
im allgemeinen sehr fruchtbar, so daß die Arbeit der Ansiedler
nach einigen Jahren reich belohnt wird.
Die Bewohner der Südsee-Inseln kann man als Melanesier,
Mikronesier und Pol3'nesier auseinander halten, die sich in der
Hautfarbe, dem Haarwuchs, der Sprache, in Sitten und Gebräuchen
deutlich unterscheiden. Von den Tausenden von Inseln ist bis
jetzt nur ein kleiner Teil der Kultur zugänglich gemacht worden,
so daß hier noch weite Gebiete vorhanden sind, in denen uns
Land und Leute in voller Naturwüchsigkeit entgegentreten.
229 —
Aus dem Leben unserer Zuckmücken
(Cliironomiden).
Mit 8 Abbildungen
von
P. Sack.
Bei einem Spaziergang, den man an einem scliönen, sonnigen
Sommertag in die Umgebung Frankfurts, etwa nach der Königs-
wiese, nach Wilhelmsbad oder nach den sumpfigen Wiesen des
Niddatals unternimmt, fallen stets größere oder kleinere Schwärme
von Mücken auf, die im Sonnenschein ihren Reigen aufführen.
Über Wiesengräben tanzen Scharen langbeiniger Tipuliden und
zarter Limnobien; an Büschen, die recht stark von der Sonne
beschienen werden, schweben Tausende von plumpen schwarzen
oder ziegelroten Haarmücken (Bibioniden), und über sonnigen
Wegen schwärmen an schwülen Tagen winzige, nur 1 — 2 mm
große Kribbel mucken oder Simuliden. Die großen dichten Schwär-
me aber, die hauptsächlich in den Strahlen der Abendsonne
„geigen" und durch ihren stoßweise auf- und abwiegenden Flug
auffallen, bestehen aus Zuckmücken oder Chironomiden. Es sind
fast ausschließlich die mit mächtigen Federbüschen geschmückten
Männchen, die sich zum Hochzeitstiuge zusammenfinden, während
die trägen schmucklosen Weibchen in der Nähe an Baumstämmen,
auf Blättern oder au Grashalmen des Gemahles harren. Nach
einer Reihe von Regentagen kann die Zahl der ausgeschlüpften,
hochzeitsfähigen Männchen eine ungeheure werden, so daß sich
unter besonders günstigen Bedingungen turmhohe Säulen bilden
können, wie von einwandfreien Biologen wiederholt beobachtet
— 230 —
worden ist. Schöne geschlossene Mückenschwärrae werden im
Volke als Verkünder guten Wetters angesehen und daher von
alt und jung freudig begrüßt.
Die Zuckmücken sind den Stechmücken (Culiciden) sehr
ähnlich und müssen wohl auch als deren nächste Verwandte
angesehen werden. Gleich diesen besitzen die Männchen piusel-
oder büschelförmige Fühler (Fig. 1 u. 2), die die Träger eines
außerordentlich scharfen Geruchsinnes sind und den Tieren das
Fig. 1. Chironomus spec. .^, (Dorsalansichtj. Vergr. A^>-A.
Aufsuchen der Weibchen ermöglichen. Diese können einen
Kopfschmuck leicht entbehren, da weder die Sorge um Nahrung
noch um die Nachkommenschaft eine feinere Ausbildung der Sinne
erfordert; sie tragen daher nur schlichte geißeiförmige Fühler.
Auch in ihrer ganzen Tracht stimmen die Chironomiden mit den
Culiciden so überein, daß beide Familien für den Laien nur
schwer voneinander zu unterscheiden sind. Der kurze, auffallend
hoch gewölbte Mittelleib (Thorax) und der schlanke achtringelige
Hinterleib machen die meisten Arten beider Gruppen zum Ver-
wechseln ähnlich. Die Chironomiden kann man daran erkennen,
daß sie im Sitzen nur auf den beiden letzten Beinpaaren ruhen,
dabei die Vorderbeine über den Kopf emporstrecken und damit
— 231 —
ohne Unterlaß zuckende Bewegungen ausführen (Fig. 2). Die
Stechmücken dagegen stützen sich auf die beiden vorderen Bein-
paare und strecken die Hinterbeine in die Höhe. Für die toten
Tiere liefern die Flügel das beste Unterscheidungsmerkmal.
Während sie bei den Chironomiden nur ein sehr blasses zartes
Geäder zeigen, besitzen die Culicidenflügel sehr kräftige Adern,
die durch die reihenweise augeordneten Schuppen noch besonders
auffallen (Fig. 3).
Fig. 2. Chirononms S JQ sitzender Stellung'. Vergr. 4x1.
Fig. 3. Culex, Flügel. Vergr. 8x1.
Unsere einheimischen Chironomiden sind zum größten Teil
recht harmlose Tieie, da ihr Rüssel meist sehr kurz oder rudi-
mentär und zum Stechen ungeeignet ist. Eine Ausnahme bilden
nur die kleinen Ceratopogonarten, die stets einen etwas ver-
längerten Rüssel haben und gelegentlich recht lästig werden
können. Wer im EMihsommer auf dem Lande bei offenem
Fenster schläft, wird häufig durch ein Kribbeln und Jucken
auf der Haut , besonders im Gesicht und an den Händen ,
im Schlafe gestört werden. Die Ruhestörer sind am Morgen
an den oberen Fensterscheiben zu finden. Es sind winzig kleine,
oft nur 1 mm große Mücken aus der Gattung Ceratopogon, die
nachts von einer benachbarten Wiese durch die offenen Fenster
in die Wohnräume gekommen sind. Da diese Tiere mit ihrem
kurzen Rüssel nicht tief stechen können, sind die Folgen des
— 232 —
Stiches meist nach kurzer Zeit wieder verschwundeu. In den
wärmeren Ländern gibt es aber unter den Chironoraiden auch
echte Blutsauger, die wegen ihrer Blutgier eine Plage für Men-
schen und Tiere sind. Manche Ceratopogonarten sind dort
mehr gefürchtet als die Moskitos (Culiciden), da sie infolge
ihrer Kleinheit durch die feinmaschigen Moskitonetze schlüp-
fen, so daß man sich gegen diese Quälgeister überhaupt
nicht schützen kann. Berüchtigt ist der in Italien lebende
Myctei'otiipiis Noe.
Die Larven und Puppen der Chironomideu leben fast alle
im Wasser. Daher trifft man auch die entwickelten Tiere im
Freien vorwiegend in der Nähe von Gewässern an. Da die
meisten das helle Licht scheuen, sieht man nur wenige in der
Sonnenhitze fliegen und kann sie deshalb am besten in den
Morgen- und Mittagstunden in ihren Verstecken aufsuchen. In
feuchten Gebüschen findet man den großen CJtironomus plumostis
und seine Verwandten, ferner den durch eine Flügelbiude aus-
gezeichneten Ch. flexills und den grün und schwarz gebänderten
Ch. pedeUus, der ebenso wie der hellgrüne Ch. rindis abends
nach dem Lichte fliegt und oft in unglaublicher Zahl unter der
Lampe auf dem Tische gefunden wird. Auf der Unterseite von
Blättern, namentlich in der Nähe kleiner Tümpel, trifft man die
sammetschwarz und zitronengelb gebänderten Cricotopusarten ;
an Sumpfrändern streift man Arten der Gattung Tanypus, die
durch ihre schwarz-weiß geringelten Beine und ihre gescheckten
Flügel auffallen. An Grashalmen sitzen meist die kleinen ein-
farbigen (schwarzen oder braunen) Camptocladiusarten {aterrimus
und byssus), die dann beim Schöpfen massenhaft in das Netz
geraten. Über Waldbächen schwebt im Spätherbst eine unserer
kleinsten Mücken, Coryoneura atra, die massenhaft von den
Fischen, namentlich von den jungen Forellen, weggeschnappt
werden. Die größeren Arten werden in Unzahl von insekten-
fressenden Vögeln verzehrt und von Fröschen erbeutet, und da
die Zuckmücken zuweilen in unglaublicher Menge vorkommen,
so ist es leicht begreiflich, daß viele Fische und Frösche zu
gewissen Zeiten sich fast ausschließlich von Chironomideu
ernähren. Die Zuckmücken sind demnach als Nahrung für
kleine Nutztiere von nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher
Bedeutung.
— 233 —
In viel höherem Maße gilt dies aber für die Larven und
Puppen dieser Insekten, deren Entwickelung für jeden Natur-
freund recht viel Interessantes und Merkwürdiges bietet. Nur
verhältnismäßig wenig Cliironomidenlarven leben außerhalb des
Wassers. Die Larven der schwarzen Camptocladiusarten hat
man z. B. im Dung und in faulendem Laube gefanden. Einige
Ceratopogonarten leben als Larven bei Ameisen. Auch unter
der Rinde abgestorbener Äste, in verwesenden Pilzen, im Moose
und in feuchter Erde trifft man die charakteristischen Larven
von Zuckmücken an; eine Art (Ceralopogo)i resinicola) lebt
sogar im flüssigen Harze unserer Kiefer. Die bei weitem über-
wiegende Zahl der Arten bewohnt jedoch das Wasser. Fast
in keiner Wasseransammlung, sei sie noch so klein, fehlen die
Chironomiden. Jeder Teich, jed^r Bach, der kleinste Wasser-
tümpel, ja jede Pfütze in der Umgebung Frankfurts enthält
solche Larven. Die Schlammbänke des Luderbaches und des
Metzgerbruches wimmeln oft von diesen Geschöpfen; in den
Wiesengräben bei Ginnheira und Seckbach ist der Grund zu-
weilen wie eine Bienenwabe von den Gängen dieser Larven
durchlöchert. Die Algenpolster in den Enkheimer Sümpfen und
im südlichen Teile des Buchrainweihers sind oft dicht mit ihnen
besetzt. Und da mehrere Generationen während eines Jahres zur
Entwickelung kommen, trifft mau sie im Februar ebenso häufig
wie in den Sommermonaten. Unglaublich geradezu ist die Menge,
in der sie vorkommen können. Thumm berichtet, daß er ein-
mal aus 12 Liter Bodenschlamm fast 3 Liter reine Mückeularven
aussieben konnte. Dabei ist ihr Vorkommen nicht etwa auf
die Ebene beschränkt ; in den Wasseransammlungen der uns
umgebenden Mittelgebirge, vor allem in denen des Vogelsberges,
fehlen sie ebensowenig wie in den Alpenseen, wo sie noch in
einer Höhe von 2000 m in Menge gefunden werden.
Daß die fetten, nur schwach chitinisierten Larven der
Zuckmückeu für unsere Wassertiere ein recht willkommener
Leckerbissen sind, ist längst bekannt ; aber erst in neuerer Zeit
hat man die Bedeutung der Chironomiden als Fischnahrung richtig
erkannt. S3'stematische Untersuchungen des Mageninhaltes haben
gezeigt, daß über die Hälfte unserer deutscheu Nutzfische sich aus-
schließlich oder fast ausschließlich von Chironomuslarven nährt.
Für viele Hj'drobiologen ist daher die Quantität der im Grund-
— 234 —
schlämm vorkommenden Zackmückenlarven geradezu ein Grad-
messer für die Nutzfähigkeit des betreffenden Gewässers.
In den letzten Jahren hat man auch gelernt, die C'hirono-
midenlarven als Nahrung für Aquarienfische zu verwenden.
Seitdem einzelne Handlungen diese Tiere das ganze Jahr über
lebend versenden, hat dieses billige „lebende Fischfutter" die
Daphnien zum großen Teil verdrängt, da diese nur einen Teil
des Jahres über in genügender Menge zu erhalten sind. In
dem Aquarium unseres Zoologischen Gartens kann man beobachten,
mit welcher Gier die Fische sich auf die blutroten Mückenlarven
stürzen, die ihnen als Futter gereicht werden. Auch die Aktinien
nehmen dieses Nahrungsmittel gerne an, so daß auch sie jetzt
vorwiegend damit gefüttert werden.
Es ist erstaunlich, wie lange die Mückenlarveu, die, nur
wenig befeuchtet, in kleinen Kästchen verschickt werden, am
Leben bleiben. Viele von ihnen zeigen allerdings auch in der freien
Natur ein außerordentlich zähes Leben. Einzelne Arten sind
Bewohner von Abwässern, denen durch Fäulnisvorgänge fast
aller Sauerstoff entzogen wird, und die oft einen so hohen
Chlorgehalt zeigen, daß fast alles organische Leben in ihnen
erloschen ist. Im Luderbach haben sich zwischen der Königs-
wiese und Neu-Isenburg an vielen Stellen schwarze Schlammbänke
gebildet, die beim Umrühren sehr stark nach Schwefelwasserstoff
riechen. Dort findet man das ganze Jahr hindurch gewisse
Arten von Chironomidenlarven in großer Zahl. Da sie zu Gattungen
gehören, von denen man nur pflanzenfressende Arten kennt,
kann man wohl mit Recht annehmen, daß sie fortgesetzt an
der Beseitigung der verwesenden Stoffe im Wasser arbeiten
und mithin für die Reinigung der übelriechenden Abwässer von
größter Wichtigkeit sind.
Nachdem man erkannt hat, welche wirtschaftliche Be-
deutung die Larven der Zuckmücken für die biologischen Ver-
hältnisse unserer Binnengewässer besitzen, beginnt man jetzt
auch, die Ent Wickelung dieser Tiergruppe genauer zu beobachten.
Man weiß allerdings noch herzlich wenig davon ; aber dieses
Wenige enthält so interessante Tatsachen, daß es sich wohl
verlohnt, näher auf sie einzugehen.
Die kleinen zigarrenförmigen Eier der Chironomiden werden
von den wasserbewohnenden Arten — es ist im folgenden aus-
— 235 —
schließlich von diesen die Rede — in oder unmittelbar an das
Wasser gelegt. Sie bilden entweder Schnüre, in denen die Eier
in einer oder in mehreren Reihen nebeneinander angeordnet
und durch eine gallertartige Masse miteinander verbunden
sind, oder sie werden ungeordnet in Klumpen abgesetzt. Nach
ein paar Tagen schlüpfen die kleinen wurmförmigen Larven, die
sich von den köpf- und fußlosen Maden der Fliegen dadurch
unterscheiden, daß sie einen deutlichen Kopf und ein bis zwei
Paar Fußstummel besitzen, von denen das erste Paar an dem
vordersten der zwölf Körpersegmeute, das zweite Paar am
Fig. 4. Chironoiims-Lavve. Vergr. 3x1.
letzten Körperring sitzt (Fig. 4). Am Kopfe lassen sich schon
bei schwacher Vergrößerung zwei AugenÜecken, ein Paar Fühler
und beißende Mundwerkzeuge erkennen. Ein Unterschied zwischen
Brust- und Hinterleibsringen, den die Culicidenlarven zeigen,
ist bei den Larven der Zuckmücken nicht wahrzunehmen. Sehr
deutlich ist dieser Unterschied dagegen bei den Puppen, deren
Kopf meist durch ein Paar auffallender, heller Kiemenbüschel
geziert ist (Fig. 5). Die Puppe schwimmt entweder frei umher,
oder sie hält sich in dem von der Larve verfertigten Gehäuse ver-
borgen, das sie dann erst unmittelbar vor dem Ausschlüpfen
der Imago verläßt.
Den merkwürdigen Bauten der Chironomidenlarven haben
in den letzten Jahren die Biologen ihre Aufmerksamkeit mehr
und mehr zugewendet, nachdem hauptsächlich Thienemann*)
darauf hingewiesen hat, daß, von den Trichopteren abgesehen,
keine Insektengruppe eine solche Mannigfaltigkeit von Bautypen
aufweist wie die Larven der Zuckmücken. Aber nicht alle
Arten bauen Gehäuse ; den räuberischen Tanypusarten, die sich
vorwiegend von kleinen Krustern und Würmern nähren, wäre
*) Thienemann „Die Metamorphose der Chironomiden". Zeitschr. f.
wissensch. Insektenbiologie. 4. Bd., S. 95. 1908. — „Die Bauten der Chirono-
miden''. Zeitschr. f. d. Ausbau der Entwickelungslehre. 3. Bd., S. 1. 1909.
— 236 —
ein Kücher bei der Jagd nur hinderlich. Diese Larven besitzen
ebensowenig wie die fleischfressenden Trichopteren ein Gehäuse.
Nur diejenigen Formen, die sich von Detritus oder von Pflanzen
nähren, bauen zum Schutze ihres weichen Körpers ein Gespinst.
Den Baustoff liefern zwei Spinndrüsen, die in der Mundhöhle
Fig. 5. Chrrononms-I'\iT^i>e. Vergr. 6x1.
münden und ein dickflüssiges klebriges Sekret absondern, dessen
chemische Zusammensetzung man noch nicht kennt. Bei der
Berührung mit Wasser erhärtet dieses Drüsensekret, so daß die
Larve aus den entstandenen Fäden ein regelrechtes Gespinst
herstellen kann, das oft noch durch die Aufnahme von Fremd-
körpern, wie Sandkörnchen oder Diatomeenschalen, verstärkt
wird. Das Sekret scheint nicht bei allen Arten von derselben
chemischen Beschaffenheit zu sein. Bei einer kleinen Gruppe
von Zuckmücken erhärtet es nämlich nicht vollständig, sondern
quillt zu einer gallei'tartigen Masse auf, die keiu festes Gehäuse
bildet.
Dem verschiedenartigen Baumaterial entsprechend ist auch
die Form der Gehäuse eine verschiedene; die Gallertgehäuse
weichen in ihrem Bau von den Gespinstgehäusen nicht unbe-
deutend ab. Die einfachste Form der Gehäuse ist eine an beiden
Enden offene, überall gleichweite Röhre, die entweder ihrer
ganzen Länge nach auf einer Unterlage angeheftet oder so in
den Schlamm eingebettet ist, daß nur die beiden aufwärts ge-
bogenen Enden etwas über dem Boden liegen (Fig. 6). In solchen
— 237 —
Röhren leben z. B. die bekannten roten Mückenlarven aus der
Gattung Chironomiis. In den langsam fließenden Gewässern sind
die Bauten so angelegt, daß der Wasserstrom durch die Rühre hin-
durch fließt. Durch fortwährendes Schwingen des Körpers können
Fig. 6. Längsschnitt durch ein Larvengehäuse
von Chironomus. Natürliche Grijße.
die Larven aber auch einen künstlichen Strom erzeugen, der
ihnen frisches Atemwasser und neue Nahrung zuführt. Das
Gewebe dieser Röhren ist so locker, daß die Larve die Röhre
jederzeit erweitern und ausbessern kann. Daher kommt es,
daß diese überall gleich weit sind. Ganz anders ist dies bei
Röhren, die ein sehi- festes Gefüge besitzen. Bei ihnen muß
Fig. 7. Larvengehäuse von Tanytarsus. Vergr. 1^2x1-
naturgemäß der Teil, den die junge Larve gebaut hat, am eng-
sten sein, so daß das Gehäuse sich ganz allmählich erweitert.
Diesen Bautypus finden wir z. B. bei den Tanytarsuslarven.
Ihre Röhren sind in der Regel nicht der ganzen Länge nach
festgewachsen, sondern am freien Ende etwas aufgebogen. Die
Wände der Röhren sind außerdem durch ein Gerüst von starken
Längsfäden, die noch über die Mündung hinausragen, und durch
eingelagerte Fremdkörper gefestigt; das ganze Gebilde sieht
deshalb einer Hydra, die ihre Tentakeln ausstreckt, nicht un-
ähnlich (Fig. 7). In den klaren Bächen des Odenwaldes und des
Vogelsberges kann man oft ganze Kolonien solcher Röhren zu-
sammen mit den Bauten der Kribbelmücken mitten in der Strö-
— 238 ~
mung au Steinen sitzen sehen. Das festsitzende Gehäuse gibt diesen
Tieren offenbar einen sicheren Halt gegeu die reißende Strömung.
Es hindert sie aber daran, bei der Nahrungssuche freiwillige
Ortsbewegungen auszuführen; die Tiere müssen vielmehr mit
dem vorlieb nehmen, was ihnen das Wasser zuführt. In stehenden
Gewässern fällt natürlich der Vorteil, den das festsitzende Haus
gewährt, weg; dagegen kann unter Umständen die freie Orts-
beweguug vorteilhaft, ja unentbehrlich sein. Hier linden wir
deshalb auch Larvenformen mit frei beweglichen Gehäusen. So
trifft mau im dichten Algengewirre der Enkheimer Sümpfe ge-
Fig. 8. Larvengehäuse von Fsectrodadius. Vergr. 3\'2><1.
legentlich Gallertröhren, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einer
Tonne besitzen und an ihrer Oberfläche ganz mit Algenfäden
besetzt sind (Fig. 8). Die Bewohner dieser Röhren (Psectro-
cladius- und Trichocladiusarten) nähren sich von den Algen,
zwischen denen sie mit Hilfe ihrer Fußstummel ganz geschickt
umherklettern, wobei sie nach Art der Trichopterenlarven das
Gehäuse stets mit sich herumschleppen.
Die kleine Gruppe der blattminieren den Chironomidenlarven
bedarf natürlich keines besonderen Köchers ; die zähe Oberhaut
der Blätter, in denen sie leben, bietet ihnen genügend Schutz
gegen Feinde. Bis jetzt kennt man nur wenige Formen. Die
Blätter des Laichkrautes (Poiamogetoti natans), das in den Ab-
wässern der Nied nicht selten vorkommt und an einzelnen
Stellen die ganze Oberfläche des Wassers bedeckt, zeigen oft
recht merkwürdige Fraßgänge, die von kleinen grünen Chiro-
nomidenlarven {Cricotopus brevipalpis) verursacht werden. Die
junge Larve dringt von der Unterseite in das Blatt und frißt
sich allmählich in raäanderartigen Windungen durch das Mesophyll
des Blattes, wobei die Oberhaut sorgfältig geschont wird. Auch
die Längsrippen des Blattes werden nicht durchgefressen. Da-
her können mehrere Larven nebeneinander in demselben Blatte
— 239 —
miniereD und dieses ganz und gar zerfressen. Eine zweite
Cliironomidenlarve (Tamjtarsus stratiotis) wurde in der Wasser-
aloe (Stratioies aloides) gefunden. Die Minen haben die Form
langgestreckter Höhlen, die mit ihrer Längsachse parallel zur
Blattachse gerichtet und mit kleinen blutroten Larven besetzt
sind. Auch aus den Blättern der Wasserschwertlilien und aus
Sargcmium ramosmn, sowie aus den Blattstielen der Wasser-
rosen sind minierende Chironomidenlarven bekannt geworden.
Jedenfalls aber ist damit die Zahl der blattminierenden Zuck-
mücken bei weitem nicht erschöpft; denn wie bereits oben
erwähnt wurde, ist die Kenntnis dieser biologisch so interessanten
Larven bis jetzt überhaupt nur eine sehr lückenhafte. Nur
von etwa ö^o aller beschriebenen Chironomiden ist die Eut-
wickelung genau bekannt: von vielen Larven weiß man nicht
einmal, zu welcher Gattung sie gehören. In jüngster Zeit hat
sich nun Dr. A. Thienemann in Münster in Westfalen ein-
gehender mit dem Studium dieser Tiergruppe befaßt und bereits
für eine Reihe von Arten die Entwickelung festgestellt. Aber
in der richtigen Erkenntnis, daß nur das Zusammenarbeiten
vieler in absehbarer Zeit ein befriedigendes Ergebnis liefern
kann, hat er sich in einem Aufrufe*) an alle Biologen mit der
Bitte um Unterstützung gewendet. Yor allem gilt es, die
Metamorphose unserer einheimischen Chironomiden durch Zucht
festzustellen, und dies ist nicht schwer, wenn sich viele in die
Arbeit teilen ; denn die Aufzucht der Zuckmücken ist eine
verhältnismäßig recht einfache Sache. Die Larven findet man
ja überall im Wasser und meist in großer Zahl. Da aber oft
mehrere Arten zusammen leben, muß man natürlich zunächst
die einzelnen Arten, die sich meist durch Form, Farbe und
Größe sehr gut unterscheiden, voneinander trennen. Einen Teil
der Larven wird man durch Übergießen mit kochendem Wasser
und Überführen in Alkohol konservieren, die übrigen aber in
ein Zuchtglas bringen. Recht gut eignen sich hierzu niedrige
Einmachgläser, die so weit sein müssen, daß man bequem mit
der Hand hineinfassen kann. Am besten gedeihen die Tiere,
wenn man in das Glas etwas von dem einoetragenen Schlamm
*) Thienemann „ Die Metamorphose der Chironomiden (Zuckmücken).
Eine Bitte um Mitarbeit.'' Verhandl. d. Naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande
u. Westfalens. 65. Jahrg., 1908.
~ 240 —
bringt und diesen mit einer etwa 5 cm hohen Wasserschicht
bedeckt. Einige Wasserpflanzen verhüten das Faulen des
Wassers. Man hat dann die Gläser nur noch mit einem Gaze-
oder Mullstück zuzubinden und vor allzu starker Erwärmung
zu schützen ; im übrigen kann man die Zucht sich selbst über-
lassen. Bald werden sich auch die Puppen zeigen, von denen
man gleichfalls mehrere in Alkohol konserviert. Männchen und
Weibchen einer Art schlüpfen oft zu verschiedenen Zeiten aus:
man wird daher die Zucht so lauge fortsetzen, bis man von
jedem Geschlecht mehrere ausgefärbte Stücke erhalten hat, die
man dann ebenso wie Gehäuse und Puppenhüllen in Alkohol
konserviert. Entomologen werden wohl stets eine Anzahl Tiere
nadeln, um sie trocken aufzubewahren. Damit ist für gewöhnlich
eine Zucht beendet, denn die Entwickelung aus dem Ei wird
nur in den seltensten Fällen gelingen. Für die wissenschaftliche
Verarbeitung solcher Zuchtergebnisse ist natürlich eine genaue
Buchführung nötig. Sie soll in Form kurzer Notizen Angaben
über Fundort, Datum des Einsetzens in das Zuchtglas, Farbe
der Larve, Geliäusebilduug und das Datum des Ausschlüpfens
der Mücke enthalten.
Diese einfachen Zuchtversuche, die jedem Laien Gelegenheit
zu wissenschaftlicher Betätigung geben, können dem Naturfreund
ebensoviel Vergnügen bereiten wie die oft recht schwierige
und langweilige Aufzucht exotischer Aciuarientiere. Für die
wissenschaftliche Erforschung unserer einheimischen Süßwasser-
fauna aber wäre es von größter Bedeutung, wenn recht viele
Einzelbeobachtungen eine systematische Durchforschung unserer
Chironomidenfauua ermöglichten. Die Senckenbergische Natur-
forschende Gesellschaft wird gern die Bestimmung und wissen-
schaftliche Bearbeitung: von solchem Material vermitteln.
— 241
Neues aus der Scliausammlung.
Im Grröuläudischeu Eismeer.
Zur Erläuterung der „Arktischen Gruppe".
Mit 8 Abbildungen.
Nachstehende Schilderung soll kurz erklären, wie unsere
arktische Gruppe entstanden ist, und wo die darin ausgestellten
Stücke erlegt worden sind. Eine kurze Beschreibung meines
Jagdausflugs nach Ostgrönland habe ich in der Zeitschrift
„Wild und Hund" vom 11. Juni 1909 veröffentlicht. In den fol-
genden Zeilen möchte ich versuchen, einen arktischen Sommer-
monat zu schilderu, wie ihn Kunstmaler Nebel in dem Bilde,
das uns jetzt die fertige Koje zeigt, vortrefflich wiederzugeben
verstanden hat (Fig. 1 und 2). Als ich im Frühjahr 1908 den
leider allzufrüh verstorbenen Prof. Römer im Museum auf-
suchte, um ihm meinen Reiseplan mitzuteilen, war er es, der
schon damals den Gedanken angeregt hat, in unserem Museum
eine arktische Gruppe als Gegenstück zu der ostafrikanischen
aufzustellen, vorausgesetzt, daß es mir gelingen sollte, das nötige
Tiermaterial zu erlegen und in präparierbarem Zustande zu-
rückzubringen. Prof. Römer selbst ist auf Tiefseeforschungen
im hohen Norden gewesen und hat mir noch manchen guten
Rat mit auf die Reise gegeben.
So geschah es, daß ich am 21. Juni 1908 von dem kleinen
norwegischen Hafenstädtchen Tromsö aus meine Fahrt nach
der Küste Ostgrönlands antrat. Nach fürchterlichem Sturm,
wobei unser Segelschiff, das für das Eismeer noch eine kleine
Hilfsmaschine führte, stark aus dem vorgeschriebenen Nord-
westkurs getrieben wurde, kam erst am fünften Tage nach
16
^
o
S
— 244 —
unserer Abfahrt von Tromsü das Treibeis in Sicht. Das Meer
wurde ruhiger, sobald wir uns dem Eise näherten, und schon
am folgenden Tage war es spiegelglatt. Die Sonne schien präch-
tig, und weiß glitzernd gaben die schneebedeckten Eisschollen
ihren strahlenden Schein wieder.
Wie oft bin ich gefragt worden, ob es nicht recht kalt
„dort oben" gewesen sei; ich kann darauf nur antworten, daß
ich Kälte nicht empfunden habe. Während der Sommermonate
geht ja bekanntlich im hohen Norden die Sonne nicht unter
und erwärmt die Luft ununterbrochen, wenn nicht gerade Nebel
oder Schneewehen von kurzer Dauer auftreten. Von den sechs
Wochen, die ich im Eismeer gekreuzt habe, waren nur drei bis
vier Tage ungünstig, der Nebel so dicht, daß unser SchiS an
einer Eisscholle verankert werden mußte und an ein Jagen
nicht zu denken war. Freilich war es unter solchen Umständen
draußen sehr ungemütlich ; doch gegen diese feuchte Kälte konnte
man sich durch warme Kleidung schützen, auch ließ sich unser
kleiner Schiffssalon recht gut heizen.
Ende Juli war ich bereits wieder im Hafen von Tromsö.
Aber ich hörte von einer Expedition, die im Jahre vorher bis
gegen den 25. August im Eise nahe der Grönlandküste kreuzte
und, durch Nebel festgehalten, langsam von den Eisschollen
eingeschlossen wurde, bis sich endlich, kurz vor dem Beginn
der ewigen Nacht des arktischen Winters, das Eis noch einmal
teilte und der wackere Kapitän das offene Meer zu erreichen
vermochte.
Wenn heute unser Blick auf die sonnige Sommerlandschaft
der arktischen Koje fällt, will es uns kaum glaublich scheinen,
daß es nicht immer gelingt, die Küste Grönlands zu erreichen.
Und doch ist dies oft genug der Fall, und die Rückkehr von
dort ist manchmal mit noch größeren Schwierigkeiten verbunden
als die Hinfahrt. Manche Stunde habe ich auf dem Festland
an der Küste Ostgrönlands verbracht, doch lange durfte man
nie ausbleiben ; immer mußte das Schiff zwischen den Eisschollen
hin und her kreuzen, um das Eingeschlossenwerden zu vermei-
den. Treibende Eismassen können auch dem auf dem Lande
Weilenden gar leicht den Rückweg zum Schiff abschneiden.
Auf meiner Expedition habe ich eine ganze Anzahl
Eisbären erlegt (Fig. 8), auch zwei Junge lebend gefangen
— 245 —
und mitgebracht. Sie sind in unserem Zoologischen Garten
untergebracht worden und haben sich inzwischen prächtig weiter-
entwickelt.
Was das Tiermaterial unserer Koje anbelangt, so ist von
den Robben die große Klappmütze, Cystophora cristata Erxl.,
die zahlreich nur noch in der Danemark-Straße zwischen der
Westküste Islands und der Südostküste Grönlands vorkommt,
durch ein recht gutes Exemplar vertreten (Fig. 1). Es ist ein
erwachsenes altes Männchen, das unweit der Insel Jan Mayen
Fig. 3. Eisbär auf einer Scholle treibend.
ungefähr auf 74" nördlicher Breite und 15 '^ westlicher Länge
erbeutet wurde. Es lag auf einem mächtigen Eisblock, als sich
das Schiff näherte, und sicherte bereits, als ich ihm die tötliche
Kugel gab.
Die Klappmütze nährt sich hauptsächlich von Fischen,
und ihre starken Raubtierzähne und kräftigen Kieferladen
zeigen deutlich, daß sie sich auch großer Exemplare bemäch-
tigen kann. Die eigentümliche Kappe mit ihrem samtartigen
Überzug, der die Art ihren Namen verdankt, sitzt über der
Nase und dient dazu, Luft einzunehmen, damit das Tier beim
Tauchen in die Tiefe (manchmal bis zu 300 m) lange genug
mit Sauerstoff versorgt bleibt. Bei jugendlichen Individuen ist
— 246 —
die Kappe noch nicht entwickelt; auch weichen die Jungen
während der ersten drei Jahre ihres Lebens in der Färbung
von den erwachsenen Tieren wesentlich ab. Sie sind gelblich-
grau gefärbt mit einem schwärzlichen Streifen auf dem Rücken,
während das Fell der erwachsenen Klappmütze zahlreiche gelb-
schwarze Flecken aufweist (Fig. 1). Die jungen Tiere sind wegen
des Specks und des weichen Fells besonders gesucht. Sie sind
auch viel leichter zu erlegen als die Erwachsenen, die mit der Zeit
vorsichtiger geworden sind und selten etwas Fremdes wie ein
Schiff oder Ruderboot an sich herankommen lassen, ohne rasch
in der Meerestiefe zu verschwinden. Die jungen Tiere dagegen
erkennen in ihrem jugendlichen Leichtsinn oftmals zu spät das
Raubtier „Mensch "^ und machen gar keinen Versuch, der drohen-
den Gefahr zu entrinnen.
Die Jagd auf alle Seehunde hat ihren besonderen Reiz;
— die Annäherung ist schwierig und kann nur unter Be-
rücksichtigung des Windes und bei Vermeidung möglichst
jeden Geräusches geschehen ; gut treffen muß man auch —
doch entbehrt sie meist jeglicher Gefahr, wie ich dies später
bei meinem Zusammentreffen mit Walrossen empfunden habe.
Wie zäh und wild jedoch die Klappmütze unter Umständen
sein kann, beweist mir ein Erlebnis, das einer der Matrosen
meiner Besatzung aus seinen Erfahrungen erzählt hat. Das Tier
wurde von dem Matrosen eines Fangschift'es schwer angeschossen,
und als dieser sich anschickte, seine Beute mittels eines kräftigen
Stockes vom Eise in das Ruderboot zu befördern, fuhr die
Robbe plötzlich mit letzter Kraft auf und riß dem Matrosen
mit ihren starken Fängen die Eingeweide aus dem Leibe, worauf
derselbe alsbald verstarb.
Am nächsten in der Größe kommt der Klappmütze die
Grönländische Bartrobbe, Phoca harhata Fabr., die gleich-
falls bis zu 3 m Länge erreicht. Ihr graubraunes Fell ist sehr
gesucht, und besonders der Speck wird bewertet. Ich habe mehrere
Exemplare dieser Art erlegt, eins davon ist in unserer Koje aus-
gestellt (Fig. 4 und 5). Die Bartrobben leben nie in allzu großer
Entfernung von der Küste, wohl weil sie dort am leichtesten ihre
Nahrung an kleinen Fischen finden. Bei schönem Wetter sieht
man sie gelegentlich auf Eisschollen gelagert sich sonnen. Eine
solche Situation muß der Jäger ausnützen, um sich seine Beute
247
durch einen Kopfschuß zu sicliern ; sonst, wenn auch schwer
getroffen, rutscht sie vom Rand des Eises ins Wasser und ver-
sinkt. Auf diese Weise sind aucli mir einige schöne Exemplare
verloren gegangen. Überhaupt ist es ein recht unsicheres
Schießen aus schwankendem Boote und weiter Entfernung, wenn
man keinen größeren Zielpunkt hat als den Kopf der Bart-
robbe. Oft sieht man auch die Robben im Wasser schwimmen,
Fig. 4. Arktische Gruppe: Grönländische Bartrobbe.
zeitweilig mit dem Kopfe untertauchend und dann in weiter
Entfernung unverhofft wieder über der Wasserfläche erscheinend.
Ich habe diese Tiere immer nur einzeln gesehen, während die
anderen Seehunde gewöhnlich in größerer Anzahl auftreten und
namentlich die Walrosse nur in Herden vorzukommen pflegen.
Für meinen Geschmack ist die schönste Seehundsart der ge-
fleckte „Snad", wie er allgemein von den Norwegern genannt
wird, oder die Ringel rob be, Phoca foetida Fabr. (Fig. 1). Der
Snad dient besonders den Eisbären als Nahrung. Er lebt unter
den großen Eisschollen, die sich auf Kilometer hinaus, nur durch
kleine Rinnen unterbrochen, auf dem Meere hinstrecken. Die
— 248 —
Oberfläche einer solchen endlosen Eismasse ist von zahllosen
Eis- und Schneehügeln bedeckt und insbesondere voll kleiner
Löcher, durch die der Snad auftaucht, um Luft zu schöpfen
oder um auf das Eis zu gelangen und dort ausgestreckt sich
der Sonne zu erfreuen. Dies ist jedoch oft sein Verderben;
denn der Bär lauert vor solchen Löchern auf das plötzliche
Auftauchen des nichts ahnenden Seehundes und erfaßt ihn mit
seinen Zähnen oder Pranken. Auch von den Robben Jägern wird
diesen Tieren wegen ihres schönen Fells eifrig nachgestellt.
Der Riese der nordischen Tierwelt ist nicht, wie viel-
fach geglaubt wird, der Eisbär sondern das Walroß, Triche-
chus rosmarns L., das sich hin und wieder noch in größeren
Herden vorfindet, wenn auch seine Existenz durch die zahl-
reichen Fangschiffe immer mehr bedroht wird. Eines Tages
kreuzten wir auf 75*^ nördlicher Breite und 14° westlicher
Länge ganz nahe der Küste entlaug und waren bei der
Claverings Bay angelangt, als der Kapitän mit aufgeregter
Miene in meine Kabine stürzte und meldete, er habe Walrosse
gesehen. Als ich mit dem Fernglas in der Hand auf Deck
eilte und den Horizont in der Richtung der Bai, wo nach den
Angaben des Kapitäns die Walrosse liegen sollten, nach allen
Richtungen hin musterte, konnte ich nichts von den Tieren
entdecken, wie sehr ich auch den flachen Küsteurand und die
dahinter liegenden E'elsklippen abspähte. Nur einige braune
Felsmassen sah ich nahe am Wasser, wo der Küstensaum sich
im Meere verläuft. Die Küste war an dieser Stelle ziemlich
eisfrei, nur einige größere Schollen trieben umher. Als der
Kapitän immer erregter nach der Stelle hinwies, wo die Fels-
massen lagen, erkannte ich schließlich diese Gebilde, die ich
vorher für Felsen gehalten hatte, als eine Herde mächtiger
Walrosse. Das Schiff wurde sofort gestoppt und zwei Boote
ausgelassen; laugsam ruderten meine Leute der etwa 1 Va km
entfernt liegenden Herde zu. Je näher wir kamen, um so laut-
loser wurden die Ruderschläge ; fast unhörbar tauchten die
Riemen ins Wasser. Ein Gefühl von Machtlosigkeit überkam
mich, als ich mich auf 150 m vierzehn dieser Kolosse gegen-
über sah. Sie lagen eng beieinander und schienen zu schlafen,
ein Bild der Ruhe und des E'riedens, bis plötzlich ein starker
Bulle uns bemerkte und sofort durch einen mächtigen Trompeten-
Fig. 5. Arktische Gruppe, rechte Seite.
Walroß und Bartrobbe, Lummen und Krabbentaucher.
— 250 —
stoß die ganze Herde in Bewegung brachte. Doch in diesem
Augenblick hatte ich bereits geschossen, und des Mächtigen
Haupt, der eben noch den Warnungsruf ausgestoßen hatte, sank
nach vorn, und seine Hauer gruben sich in den weichen Sand.
Jetzt hieß es schießen ; das Wasser spritzte hoch empor, als
die auf dem Lande so unbeholfenen Tiere das Meer erreichten.
Rings um unsere Boote tauchte Kopf auf Kopf auf, mit den
langen weißen Hauern und dem wilden Blick, und immer wieder
Fig. (j. JJer Verfasser mit dem erlegten Walruß.
gaben die wutschnaubenden Tiere ihrem Zorn über die Störung
ihres friedlichen Zusammenseins in trompetenartigen Tönen
Ausdruck. Was mich jedoch besonders wunderte, war, daß
keins der Walrosse unsere Boote angriff, daß sie sich vielmehr
eiligst zur Flucht wandten, wohl durch das Schießen und den
Verlust ihres Anführers erschreckt und entmutigt. Schneller,
als ich imstande bin, die Lage zu beschreiben, hatte ich zwei
der in nächster Nähe meines Bootes auftauchenden Tiere er-
legt ; doch gab ich bald die Verfolgung der nach allen Richtungen
hin flüchtenden Herde auf.
— 251 —
24 Stunden verbrachten wir an der Stelle, wo die bei-
den gesunkenen Walrosse mit großer Mühe ans Land gezogen
wurden (Fig. 6). Obwohl ich dem Kapitän und der Besatzung
des Schiffes ganz besonders ans Herz legte, die Häute gut
einzusalzen und recht sorgfältig mit Alaun einzureiben , ist
doch nur einer der Kolosse leidlich unversehrt zurückgebracht
worden, und dieses Exemplar ist der Stolz unserer Koje. Die
Fig. 7. Arktische Gruppe: Lummen.
Decken der anderen Tiere erwiesen sich leider als unbrauchbar.
An denjenigen Stellen, au denen sie nicht genügend mit Salz
und Alaun eingerieben worden waren, sind sie gefault und wie
ein von Motten zerfressener Teppich auseinander gefallen. Die
Sonne brannte freilich in vollster Kraft, und es ist nicht zu
verwundern, daß damals bei der Riesenarbeit — dem Abziehen
der Walroßhäute und dem Abspecken dieser kolossalen Decken
— die Mannschaft nicht gewissenhaft genug eingesalzen hat.
Immerhin war es mir eine große Befriedigung, wenigstens eins der
Walrosse unserem Museum erhalten zu haben.
— 252 —
An manchen Tagen, an denen wenig jagdbares Wild zu
sehen war, habe ich auch einige Vögel erbeutet. Am zahl-
reichsten ist die B ü r g e r m e i s t e r m ö V e , Lariis gJaucus
Brunn, die unserer Move ähnelt. Eine interessante Jagd gab
es bei Gelegenheit einer Landung auf der Sabineninsel, wo
Tausende von Eissturmvögeln, Fulmarus glacialis L., ihre
Brutstätten haben. Wir erklommen einen steilen Felsen, dessen
Wände senkrecht in das Meer abfallen. Ein Ruderboot mußte
FlL^ 8. Der Verfasser niic dem erlegten Muschusochseii.
tief unten die Felswand umfahren, und während wir hoch oben
standen, flogen die durch die Störung, die das Ruderboot
verursachte, erregten Vögel auf, so daß wir manches gute
Exemplar erlegen konnten. Die geschossenen Möven wurden
sodann von dem Boote aufgelesen. Auch einige Eiderenten,
Somatcria nwUissima L., kamen zur Strecke ; doch sind diese
Vögel besonders vorsichtig und deshalb schwierig zu erlegen.
Je mehr man sich dem Lande nähert, um so zahlreicher um-
fliegen die verschiedenartigsten Vögel das Schiff, verfolgen es
stundenlang; und stürzen mit Gier auf die Abfälle, die ins Meei-
— 253 —
geworfen werden. Kaum daß man einen Seehund erlegt hat
und sich entfernt, den Kadaver auf dem Eise zurücklassend, so
sieht man schon in kurzer Zeit die schneeweiße Elfenbein-
möve, Pagophila eburnea (Phipps), wegen ihres lichten Gefieders
kaum vom Eis zu unterscheiden, sich gierig dem Aase nähern.
Gelegentlich kann man auch einen Raubfalken, Hierofalco candi-
cans Gmel, sehen; doch gelang es mir nicht, ein Stück zu erlegen.
An der Küste Grönlands selbst habe ich einige Schwalben-
möven, Xema sahhiei Sab., erbeutet; sie haben ihre Brut-
stätten an den steilen Felswänden der Küste ebenso wie der
Seepapagei, Fratercula ardica (L.), und die zahllosen Alken,
Älca torda L., T eis ten, Cepphus gnjUe L., und L um men,
JJria lomvia (L.), von denen die letzteren zum Brüten bis nach
Helgoland herabziehen (Fig. 1, 5 und 7).
Der von mir besuchte Teil Grönlands ist unbewohnt, da
wegen des Polarstromes die Küste vom Eisgürtel nie ganz frei
wird. Eskimos leben nur an der West- und Südküste und an
der Nordostküste bis zum 70. Breitengrad.
Das einzige jagdbare Wild des Festlandes ist der Moschus-
ochs, Ovibos moschatus Blainville, von dem ich auch ein Exem-
plar erlegt habe (Fig. 8). Er lebt auf den öden Bergen, die
im Sommer von etwas spärlichem Gras, von Moos und verein-
zelten Blumen bewachsen sind. Doch mit dem Beginn des
langen Winters schwindet auch dieses ewige Einerlei der Vege-
tation, und es ist mir ein Rätsel geblieben, wie diese stattlichen
Tiere während des langen Winters ihr Dasein fristen.
Wer nach dem Lesen dieser kurzen Schilderung die ark-
tische Gruppe in unserem Museum betrachtet, wird es empfinden,
welch eigener Reiz in dieser schimmernden Eismeerlandschaft
liegt : ein mächtiger Zauber, der alle, die dort gewesen, wieder
hinlockt, ebenso wie die Buschsteppe Afrikas mit ihrem Tro-
penzauber jeden umfangen hält, der einmal davon ergriffen
worden ist.
R. von Goldschmidt-Bothschild.
— 254 —
Geschenke aus der Ausbeute der ersten Deutschen
Tiefsee-Expedition.
Mit 6 Abbildungen.
Von der seitens des Reiclisamts des Innern im Jahre 1898/99
ausgesandten ersten Deutschen Tiefsee-Expeditiou ^) ist durch
ihren Leiter, Geh. Rat Prof. Dr. Carl Chun in Leipzig, unserem
Museum vor einiger Zeit eine Auswahl der heimgebrachten Tief-
seeorgauismen, soweit ihre Bearbeitung schon in den „Wis-
senschaftlichen Ergebnissen" vorliegt, überwiesen worden. Die
geschenkten Objekte stellen für unser Museum eine solche Be-
reicherung an auserlesenen und seltenen Stücken dar, daß es an-
gebracht ist. wenigstens die Hauptschaustücke mit einigen Worten
zu charakterisieren.
Es sind 1918 hundert Jahre, seitdem bei einer Lotung
in der Bafiinsbai Sir John Ross rein zufällig aus 1500 m Tiefe
einen Schlangenstern emporbrachte und damit zum ersten Male
in gewichtiger Weise der damals herrschenden Ansicht von dem
Fehlen jeglicher Lebewesen in tieferen ozeanischen Wassermassen
Abbruch tat. Wenn auch einige Forscher später gelegentlich
den Nachweis erbracht haben, daß in mehreren hundert Metern
der Boden des Meeres eine reiche Lebewelt enthält, so setzt
doch die systematische Erschließung der abj'ssaleu Gründe des
Meeres erst mit der Legung der submarinen Kabel ein, die,
aus tausenden von Metern zur Reparatur gehoben, sich reich
besetzt mit Organismen fanden, teils mit fremdartigen Lebewesen,
teils mit solchen, deren Verwandten längst geologisch eingebettet
sind. Rasch trat eine ungeahnte Begeisterung für die marine
Forschung ein, und seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts
mehren sich größere und kleinere Expeditionen von Forschern
vieler Nationen und hochgesinnter Privater. Bald galt es nicht
mehr, den Boden des Meeres abzudredgen, sondern die ganzen
Wassermassen vertikal zu durchfischen. Heute wissen wir. daß
das gewaltige Gebiet, das Dreiviertel unseres Planeten bedeckt,
und dessen größte Tiefe 9644 m beträgt, nicht azoisch sondern
überrall belebt ist. Den tiefsten Dredgezug führte Alexander
^) F. W. Winter , „Einiges über die Deutsche Tiefsee-Expedition".
Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1900, S. 45.
Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1900.
— 255 —
Agassiz aus: in über 7000 m konnten lebende Seesterne nach-
gewiesen werden. Es ist nicht das geringste Verdienst der
Deutschen Tiefsee-Expedition, gezeigt zu haben, daß auch eine
reiche und vielfältig geartete pelagische Fauna in größeren
Tiefen, tausende von Metern über dem Boden, lebt. Dank der
bevorzugten Verwendung großer Vertikalnetze, die von dem
Leiter der Expedition auf Grund seiner früheren Erfahrungen
besonders zweckmäßig konstruiert waren und eine gute Er-
haltung der heraufgezogenen Organismen sicherten, ist die Aus-
beute gerade dieser in mittleren Tiefen schwebenden Lebewelt
eine besonders reiche und wertvolle geworden.
Das uns bis jetzt überwiesene Material besteht vorzugs-
weise aus Schwämmen und Fischen.
Unter den sessilen Formen der Tiefsee sind es vorwiegend
die Glasschwämme [Hexactinellidae), deren duftig zarte,
zierlich gebaute Kieselgerüste schon von Anbeginn der Forschung
immer wieder das Erstaunen der Zoologen erweckten. Lange
dünne Glasfäden, die zu kleineren oder größeren Schöpfen ver-
einigt im Bodenschlamm wurzeln, verfilzen sich dicht aber
gesetzmäßig zu einem engmaschigen Netzwerk, das, durch
modifizierte und mikroskopisch kleine Nadelgebilde gestützt und
vom Weichkörper umspannt, den Schwamm aufbaut. Immer
aber sind die Grundformen der Nadeln, wenn auch noch so
mannigfaltig ausgebildet, Sechsstrahler, denen die Gruppe ihren
Namen verdankt. Unter den Hexactiuelliden aus 362 — 4990 m
Tiefe war es der Expedition vorbehalten, nicht nur von bereits
bekannten Formen ungleich mächtigere und außerordentlich gut
erhaltene Exemplare zu erbeuten, sondern auch Vertreter ganz
neuer Familien aufzufinden. Wir führen einige der selten
schönen Exemplare an, die jetzt in unseren Besitz gelangt sind.
Aus der Unterordnung der Ämphidiscophora^ ausgezeichnet
durch zierliche, mikroskopisch kleine Doppelanker, verdienen
besondere Beachtung je ein prächtiges Exemplar der verwandten
Formen Pheronema raphanus F. E. Schulze und Platylistrum
platessa F. E. Seh. Sie gehören zu den schönsten der Aus-
beute. Pheronema besitzt eine gedrungene rettigartige Ge-
stalt, deren Breitendurchmesser ungefähr der Höhe von 15 cm
entspricht. Von der Basis geht ein mächtiges, leicht verfilztes
Nadelbüschel von etwas geringerer Breite zur Bodenverankerung
~ 256 —
ab, während das obere Ende mit der quergestellten Siebplatte
abschließt, die peripher von fünf bis sechs Büscheln linear an-
geordneter Marginalnadelschöpfe von IV2— 2 cm Höhe eingefaßt
ist. Unser unverletztes Exemplar stammt von der Südwest-
küste der Nikobaren aus 805 m. Bei dem ebenso schönen,
in Eig. 1 abgebildeten Exemplar aus 863 m bei Sansibar,
dem Genus Flatj/listrtim mit der Schöpflöffelgestalt zugehörig
— daher der Name — , steht die Siebplatte vertikal, und der
Nadelschopf bildet die Verlängerung des Stieles. Eine wahre
Überraschung bot die neue Gattung Monorhaphis F. E. Schulze,
gleichfalls ein Amphidiscophore, deren annähernd zylindrischer
Körper der Länge nach durchzogen wird von einer etwas exzen-
trisch gelegenen „Pfahhiadel" von einer Größe, wie man sie nicht
im entferntesten erwarten würde. Die beiden sich laugsam ver-
jüngenden Enden der Nadel ragen über den Schwaramkörper
hinaus; von dem unteren Ende nimmt man an, daß es tief in
den Meeresboden eingegraben ist. Begreiflicherweise erreichten
die gefischten Schwämme mit ihren gebrechlichen Nadeln fast
niemals ganz unversehrt die Oberfläche; doch messen die längsten
Pfahlnadel-Bruchstücke von M. chuni, wie die Art zu Ehren
des Expeditionsleiters genannt wurde, bis 70 cm bei einem Durch-
messer von 0,6 — 8,5 mm, und bei der nahestehenden M. dives
ist eine Nadel von 1,50 m erhalten, die nur 4,5 mm Dicke zeigt.
Die Rekonstruktionen lassen vermuten, daß die Pfahlnadelu über
3 m lang werden, der Schwamm selbst 1,50 m hoch. Fig. 2 zeigt
das uns überwiesene Stück: das obere Ende eines Schwammes
mit der Pfahlnadel und den sie umgebenden Komitalien, den
schwächeren Begleitnadeln. Das Gitternetz g, das die großen
inneren Lakunen ähnlich einer Siebplatte gegen die sogenannten
Nischen, große modiflzierte Osculaöffnungen, abschließt, kommt
neben den eigentlichen Osculis 0 deutlich zum Ausdruck. Weiter
sind wir in den glücklichen Besitz einer 80 cm langen und etwa
4 mm dicken Pfahlnadel von M. dives gekommen : ein Schau-
stück, das neben so manchen anderen, die uns jetzt zuge-
gangen sind, außer dem Berliner Museum kein anderes Museum
der Welt aufweist. In unserer Schausammlung werden diese
Schenkungen durch wohlgelungene, früher erworbene Photo-
graphien ergänzt: die des größten gefundenen Schwammbruch-
stückes, das das spiralige Wachstum um die 70 cm lange Nadel
Fig. 1. PJati/listruin. pla-
tessa F. E. Schulze, An-
sicht auf die Siebplatte
^5 n. Gr.).
Fig. 2. Monorhaphis
cliuni F. E. Schulze, obe-
rer Teil, seitlich geöffnet
C/ö n. Gr.) g = Gitternetz,
0 = Oscula.
— 258 —
zeigt, ferner durch die Photographie einer kräftigen Glasnadel,
die von einer Amphihelia umwachsen ist, wodurch der Eindruck
erweckt wird, die Nadel sei die zentrale Ausscheidung der stark-
kalkigen weißen Koralle.
Südwestlich von der Insel Groß-Nikobar aus 296 und
362 m sind von der Expedition sechs Exemplare der dem vor-
erwähnten Schwämme nahestehenden SempereUa cucumis F. E.
Schulze gedredgt worden, wovon uns eins überwiesen ist, das
neben der guten Abbildung in unserem Hexactinellidenschranke,
nach dem einzig existierenden vollständigen Exemplar von 62 cm
Höhe aus den „Ergebnissen", uns ein deutliches Bild dieses
prächtigen Glasschwammes abgibt.
Wir übergehen die interessanten neuartigen Vertreter
gestielter Polypen, sowie schöner Gorgoniden und er-
wähnen von den am Boden lebenden Formen der Tiefsee aus
der Gruppe der kurzschwänzigeu Krebse (Brachyuren) drei
schöne Vertreter, die jetzt in unserem Besitz sind. Zwei Geryon
afflnis Milne Edwards u. Bouvier, im Leben stark rot gefärbt, ent-
stammen einer von der Expedition aufgefundenen Untiefe von
936 m im südatlautischen Ozean, zur Erinnerung an den Expe-
ditionsdampfer „Valdivia-Bank" genannt, 8 Breitengrade von der
Walfischbai entfernt. Die neue Spezies hertivigi Doflein des Genus
Scyramathia, von der zahlreiche männliche und weibliche Indi-
viduen vorliegen, ist in 300 bis 500 m auf der Agulhas-Bank sehr
verbreitet, und was schließlich die uns überwiesene Platymaia
wyvüle-thomsoni Miers betrifft, so handelt es sich wohl um die
interessanteste der uns bekannten Tiefsee-Krabben. Die außer-
ordentlich hochbeinig gestelzte Form zeichnet sich durch Scheren-
finger aus, die messerartig schmal und nach innen gebogen sind ;
aber vor allem imponieren uns die furchtbaren Waffen des Tieres
in Gestalt langer dornartiger Stacheln, die mehrreihig an den
vorderen Extremitäten sitzen und dem erbeuteten Opfer ein
Entrinnen unmöglich machen.
Nicht unwesentlich tragen bei zur Charakterisierung der
auf dem Boden oder wenig darüber lebenden benthonischen
Lebewelt neben anderen noch nicht in unserem Besitz befind-
lichen Formen die meisten Arten der Macruren, jene auffallend
langgeschwänzten Fische, die vorwiegend in dem warmen
Gürtel weitverbreitete Tiefseefische darstellen. Der dicke Kopf
— 259 —
mit einem kurzen Körper wirkt fremdartig durch die gewaltig
vergrößerten Augen; das gelegentlich weit unterständige quer-
gestellte Maul mit einem stark verlängerten Rostrum zum Auf-
wühlen des Schlammes, auf dem die Fische leben, läßt auf eine
ähnliche Lebensweise schließen, wie sie unsere Acipenseriden
führen, was auch der Mageninhalt, bestehend aus Echinodermen-
resten, kleinen Schnecken, Foraminiferenschalen u. a., verrät.
Zufolge ihrer Lebensweise fangen sich die Macruren fast aus-
schließlich in dem Trawl, auch gelangen sie leicht in die Netze.
Unsere Expedition brachte 205 Exemplare in 16 Arten an die
Oberfläche, von denen 10 Arten aus Tiefen von 178, 465, 628
und 900 — 1134 m in unser Museum gekommen sind. Fünf Arten
kommen der Hauptgattung Macrurus zu, die übrigen den Sub-
genera Coelorhi/nchus, Whjstaconums und Malacocephalus. Die
Exemplare sind meist sehr gut erhalten; dasjenige von Malaco-
cephalus laevis (Lowe) besitzt eine Länge von 40 cm. Unsere Schau-
sammlung enthält, beiläufig bemerkt, einen schönen Macrurus
von etwa 70 cm Länge, rupestris Gunner, aus dem unteren
Litoral, der von Prof. Römer 1904 bei der Insel Alvaerströmmen
mit der Grundangel erbeutet worden ist.
Neben diesen Macruren sind uns weiter einige Vertreter
aus verschiedenen Familien und Unterordnungen übermittelt, so
daß jetzt die Hauptrepräsentanten der benthonischen Tiefen-
fischfauna unserer Sammlung einverleibt sind. Sie entstammen
Tiefen um 1000 m und sind meist dem nordwestlichen indischen
Ozean entnommen. Es seien hervorgehoben Bathygadus longi-
filis Goode u. Bean, dessen erster Strahl der Rücken-, Brust-
und Bauchflossen zu einem laugen dünnen Faden ausgezogen
ist; die dunkelblaue Färbung der Bauchseite, der Kiemen und
des Maules kontrastiert auffällig gegen das grünlich schillernde
Auge. Ferner Bathygadus melanobranchus Vaillant von der deutsch-
ostafrikanischen Küste, noch erheblich dunkler gefärbt mit tief-
schwarzen Kiemen ; seine Überführung aus 1289 m an die Ober-
fläche ging so rasch vonstatten, daß durch die plötzliche Druck-
verminderung bei unserem Exemplar der Magen weit in den
gewaltigen Rachen vorgepreßt worden ist. Eine ähnliche Tinten-
farbe, aber noch mehr nach blau über den ganzen Körper
ziehend, zeigen Lampogrammus ?iiger Alcock aus 1024 m bei
den Nikobaren und die neue Art Aleposomus lividus A. Brauer,
17*
— 260 —
von der nur fünf Exemplare heimgebracht wurden. Diese Form
erhebt sich schon weit über den Boden und tritt in die pela-
gische Lebensweise ein.
Eine ähnliche Teilung der Lebensweise hat unter der
Gruppe der Pediculaten stattgefunden , die sich teils in den
Schlamm einwühlen, teils aber eine bathypelagische und pela-
gische Lebensweise angenommen haben. Zu den Pediculaten
zählen höchst merkwürdige Formen : es isolieren sich bei einigen
die ersten Strahlen der Rückenflosse und rücken nach der
Schnauze zu vor, um Funktionen als Lockaugeln anzunehmen.
Das knopfförmige Ende kann außerdem noch ein Leuchtorgan
und Tastfäden enthalten. Die Herkunft eines solchen Tentakels
und seines Endorgans verrät jedoch der an der Spitze des
Tentakels sich aufsplitternde Nerv, der weit hinten als dorsaler
Ast eines Spinalnerven entspringt. Von den interessantesten
dieser Familien, den Ceratiiden, konnte die Expedition kein
Exemplar abgeben, da von den einzelnen Arten höchstens zwei
Tiere gefangen wurden. Um so freudiger begrüßen wir es, daß
uns von den übrigen vier Familien der Pediculaten Vertreter
überwiesen worden sind : zunächst ein neuer Lophius quinquera-
diatus A. Brauer; diese Gattung kann gewissermaßen als
die Stammform der verschiedenen Pediculaten -Familien ange-
sehen werden. Weiter gehören hierher Aceratias, der Vertreter
einer Familie, bei der der Tentakel zwar wieder verschwunden,
seine Rudimente aber innerlich noch nachzuweisen sind ; ferner
die Antennariiden, repräsentiert durch C/immax pictus Lowe
und die Malthiden mit der vielseitig interessanten Form Haliemetus
ruber Alcock, die im Leben eine schöne rosa Färbung zeigt.
Diese beiden Familien besitzen Tentakel höchst merkwürdiger
Gestalt; bei Chaimax ist das Organ troddelartig, bei dem ab-
geplatteten Haliemetus ist es flach und liegt in einer Nische.
Ehe wir in einige Bemerkungen über die rein pelagischen
Fische eintreten, wollen wir zwei Arten derjenigen Formen
berücksichtigen, die voraussichtlich eine große vertikale Ver-
breitung besitzen und gelegentlich benthonisch sich finden, wenn
sie auch bis jetzt selten erbeutet wurden. Zunächst das un-
versehrte prächtige Exemplar von Avocettina infans (Günther)
von 30 cm Länge, das mit dem bis 8070 m hinuutergesenkten
Vertikalnetz zwischen Sierra Leone und Kamerun gefischt
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- 262 -
wurde, zuzuzählen den bandartigen Kemtchthyidae, Formen, die
bei 2 cm Höhe und 60 cm Länge nur wenige Millimeter Dicke
erreichen. Der Körper verjüngt sich gleichmäßig bis zur faden-
dünnen Schwanzspitze, die Brustflossen sind klein, Bauchflossen
fehlen, die Rückenflosse, die mit der Afterflosse in die Schwanz-
flosse ohne Unterbrechung übergeht, besitzt 325 — 340 Flossen-
strahlen, die Afterflosse 240—260. Langgezogen, wie der ganze
Fisch, stellen sich auch die Kiefer dar (Fig. 3); beide ziehen
sich fadenartig aus und gleichen divergierenden, sehr elastischen
Spangen. Ihre Innenseiten sind mit scharfen, nach hinten ge-
richteten, in rhombischen Feldern angeordneten Zähnchen besetzt,
ebenso die knopffürmigen Enden ; vergrößert erscheinen die
Innenseiten der Kiefer wie kreuzweise aufgeschlagene E'eilen.
Der funktionelle Wert dieser Widerhaken für den Nahrungs-
erwerb leuchtet ohne weiteres ein.
Die andere Art, die noch erwähnt sein mag, Neoscopelus
macrolepidotus Johnson (Fig. 4), gehört zu einer großen Gruppe
von Leuchtflschen, den Scopeliden, die eine fast durchaus pela-
gische Lebensweise führen. Neben der prachtvollen Färbung
im Leben — rote Flossen, grüne Augen, zart rosavioletter
Körper mit silberglänzenden großen Schuppen — fallen vor
allem auf die ventralen und lateralen, auf starkpigmentiertem
Hintergrund hell aufblitzenden großen Leuchtorgaue, deren
Leuchtwirkung durch einen mächtigen silberglänzenden Reflektor
erhöht wird. In Reihen ziehen sie sich auf Bauch und Seiten
hin bis auf den Isthmus und seltsamerweise auch auf die Unter-
seite der Zunge (Fig. 5), eine Erscheinung, die für sich steht.
Weitaus die interessantesten Formen kommen den unend-
lichen Wassermassen des Pelagials zu, dem größten belebten
Raumgebiet unserer Erde.
Durch die erwähnte reichliche Verwendung der großen
Vertikalnetze hat die Kenntnis auch der dem Boden vollständig
fremden Fische der Tiefsee eine überraschende Erweiterung
erfahren. Diese mehr oder weniger bathypelagisch lebenden
Fische zeichnen sich vielfach aus durch die hohe Zahl von Leucht-
organen und die oft gewaltige Vergrößerung der Augen, deren
schrittweise zu verfolgende Ummodelung zu der höchst aberranten
gestreckten Form der „Teleskopaugen" führt, eine Umwandlung,
die konvergent nicht nur bei verschiedenen Familien der Fische
— 2G3 —
sondern auch in anderen Tiergruppen ganz unabhängig wieder-
kehrt, z. B. bei Zephalopoden. Dabei verlagert sich die Linse
des Auges mehr und mehr rostrad oder dorsad, gleichzeitig
tritt eine Verlängerung des Augapfels und unter Umständen auch
eine funktionelle Teilung der Netzhaut ein. Ausgebildete Tele-
skopaugen können rein nach vorn oder nach oben gerichtet sein.
Die Befunde der Expedition haben hier ganz neuartige Familien
zu unserer Kenntnis gebracht. Unser Museum ist in den Besitz
von drei Arten der Gattung Argyropelecus gekommen, die zum
teil die Träger typischer, dorsad gerichteter Teleskopaugen sind.
A. affin/s (Garman), bei den Chagos-Iuseln im indischen Ozean
aus 1900 m gehoben, zeigt die dorsale Ausbildung, während
sein Verwandter olfersi (Cuvier) aus 2200 m des südlichen in-
dischen Ozeans nur die dorsale Verschiebung der Linse erkennen
läßt, ein fertiges Teleskopaug-e also noch nicht besitzt. Eine
Form, die ebenfalls auf einer Zwischenstufe dieser Bildungsrich-
tung steht, zeigt uns ein kleines Exemplar aus dem südatlan-
tischen Ozean, Dissomma anale A. Brauer.
Von Fischen mit Leuchtorganen besitzen wir nun eine
stattliche Reihe in Vertretern der Stomiatiden, Sternoptychiden
und Scopeliden. Während aus dem Formenkreis der Stomiatiden
die Repräsentanten meist einzeln erbeutet wurden — wir sind
nur im Besitz eines Cliaidiodus slouaei Bloch u. Schneider ge-
kommen — , sind die Sternoptychiden an Individuenzahl und
die Scopeliden an Artenzahl sehr reich vorhanden. Von ersteren
besitzen wir ein größeres Exemplar von Sternoptijx diaplmna
Herrmann ; ebenso wie sein schon genannter naher Verwandter
Argyropelecus zeichnet sich diese Form durch beilförmige Gestalt,
prächtigen Silberglauz und außerordentlich große Leuchtorgane
aus, die aus mehreren zusammengelegten Leuchtdrüsen aufgebaut
sind. Unter allen Tiefseefischen ist die hierher gehörige Gattung
Cydotlione mit ihren sieben zum Teil kosmopolitischen Arten
wohl die verbreitetste ; auf der Valdivia-Expedition wurden etwa
2000 Stücke erbeutet. Jede Art ist unserem Museum in mehreren
Exemplaren zugekommen. Von der ebenso bedeutenden Familie
der Scopeliden haben wir den prächtigen Neoscopelus schon ange-
führt, den Verwandten der umfassenden Hauptgattung M/yc/o/^/mw.
Von den 31 von der Expedition heimgebrachten Arten der ins-
gesamt 52 Spezies der Untergattungen Myctophum^ Lampadeiia,
— 264 —
JDiaphns und Lawpanycies sind uns die überwiesenen deshalb
besonders interessant, weil es sich hier um Fische handelt,
deren Einordnung in das System sich bei großer äußerlicher
Ähnlichkeit wesentlich auf die Konstanz der Leuclitorgane,
deren Stelhing zu einander, das Auftreten von Leuchtplatten
und Leuchtschuppen als Artcharaktere stützt.
Diese Andeutungen über die pelagischen Fische wären
indessen unvollständig, wenn wir die merkwürdigen Funde der
Expedition mit der ansprechenden Bezeichnung „Stielaugeufische"
übergehen wollten. Hier handelt es sich um Larven, die in
älteren Stadien Leuchtorgane zeigen. Brauer hat diesen Jiigend-
formen den Namen Stißophthahmis paradoxus g%gt\)Q\\\ vermutlich
kommen sie Stomiatiden zu. Das unserem Exemplar entsprechende
Stadium ist in Fig. 6 abgebildet.
Vergegenwärtigen wir uns die Art der Bedingungen, unter
denen pelagische und benthonische Organismen leben, so sind
sie wohl eigen und fremdartig. Sie sind indessen, namentlich in
dem Pelagial. erheblich gleichmäßiger als diejenigen der uns
umgebenden Organismenwelt. Wir lernen daher verstehen, daß
an den Tiefseeorganismen, wohin wir auch blicken, immer wieder
konvergente Anpassungen der Organe, vor allem der Sinnes-
apparate, auftreten und zu einem Grade der Vollkommenheit
gelangen, die die übrige Lebewelt nicht erreicht. Die hoch-
gradige Adaption an eigenartige Bedingungen ist es, die den
Tiefseeorganismen und Dämmerungsformen die fremdaiiige Ge-
stalt gibt. Trotz der großen Fortschritte auf diesem Gebiet
der Forschung sind wir jedoch auch heute noch weit davon
entfernt, ihre Biologie restlos zu erkennen.
Wenn wir jetzt den Besuchern unseres Museums und den
Hörern unserer Vorlesungen von diesen so abseits stehenden
Naturobjekten prächtige Exemplare vor Augen führen können,
so verdanken wir dies dem Geschenk der Deutschen Tiefsee-
Exp edit ion. Daß durch diesen köstlichen Schatz eine empfind-
liche Lücke unserer Sammlung ausgefüllt worden ist, wollen
wir gern und dankbar hervorheben.
F. ir. Winter.
— 265 —
Fossile Wespennester
Mit einer Abbildung
von
Anton Handlirsch (Wien).
Im Oberoligozän von Flörsheim wurden zusammen mit
Landschnecken, Insektenlarven, Eidechseneiern und Säugetier-
resten einige Gebilde gefunden, die auf den ersten Blick eine
auffallende Ähnlichkeit mit den bekannten kugelförmigen Lehra-
Fossile Wespennester aus Flörsheim (natürliche Größe).
nestern der solitären Vespiden aus der Gattung Eumenes zeigen.
Friese, der diese Objekte gesehen, hat keinen Augenblick an
ihrer Eumenidennatur gezweifelt.
Nachdem jedoch einige Paläontologen, denen diese Gebilde
vorgelegt wurden, meinten, es sei doch möglich, daß es sich um
Spongien handle, und nachdem ich selbst ein äußerlich ganz ähn-
liches miozänes Fossil gefunden habe, das dem Bryozoon CeUepora
— 266 —
rjlohdaris (det. TIi. Fuchs) angehitrt. liabe ich eine chemische
und mikroskopische Untersuchung der fraglichen Gebilde vor-
genommen, durch die nun wohl alle Zweifel behoben werden.
Es sind Hohlkugeln von 18—22 mm Durchmesser und
2 — 3 mm Wandstärke. Sie tragen an der oberen Seite das
charakteristische Flugloch und bestehen aus Lehm, in dem Kalk-
sandkörnchen eingebettet sind. An manchen Stellen sind in der
Wand kleine Hohlräume sichtbar. Von geformten Hartgebilden
(Kalk- oder Kieselnadeln) ist keine Spur zu finden, und das
Material entspricht vollkoramem jenem rezenter £'?</«enes-Nester.
Nach der Größe der Nester zu schließen, muß die Wespe
zwei- bis dreimal so groß gewesen sein wie die heute in Mittel-
europa verbreitete E. pomiformis; so große Arten leben jetzt
nur in heißen Ländern. Ich schlage für die oligozäne Art von
Flörsheim den Namen Eiauenes römeri m. vor, zur Erinnerung
an Prof. Dr. F. Römer, der mir diese interessanten Objekte
vor längerer Zeit zur Untersuchung vorgelegt hat.
— 267
Die Darstellung der Tiere in der antiken
Kunst.
Vortrag bei der Jahresfeier am 29. Mai 1910.
Mit 11 Abbildungen
von
Julius Ziehen.
„Wenn Sie, hochverehrte Anwesende, bei den Betrachtungen,
die Ihnen im folgenden vorgeführt werden sollen, nicht ganz
auf Ihre Rechnung kommen, so müssen Sie darüber zum Teil
mit dem verehrten Vorstande unserer Gesellschaft abrechnen;
denn er ist schuld daran, daß sich in diesen der Naturforschuug
gewidmeten Räumen an dem heutigen festlichen Tage die Wissen-
schaft der Kunst- und Kulturgeschichte eindrängt und
Gehör erbittet für eine Reihe von Erörterungen, bei denen sie
zwar vorwiegend der empfangende Teil ist, aber vielleicht doch
auch ihrerseits einiges zu geben vermag. Nur wenn letzteres
wirklich der Fall ist, darf der Eindringling es wagen, hier zu
erscheinen; sehen wir zu, was er zu bieten hat!
Von den Tierdarstellungen der antiken Kunst ^) soll
hier die Rede sein ; denn auf dieses engere Gebiet der Kunst-
und Kulturgeschichte wollen wir unser Thema von vornherein
beschränken und nur in gelegentlichen Seitenblicken auch Kunst-
werke aus anderen Kulturepochen heranziehen. Was kann Ihnen,
den Naturforschern und Freunden der Naturforschung, eine
solche Betrachtung bieten, da doch Ihr Interesse den Natur-
objekten selbst gewidmet ist und die Art der künstlerischen
Wiedergabe der Objekte für Sie an dieser Stelle kein unmittel-
— 268 —
bares Interesse haben kann? Lassen Sie uns die Antwort auf
diese Frage nicht in langen theoretischen Erörterungen suchen,
sondern sie lieber gleich dadurch geben, daß wir aus einigen prak-
tischen Beispielen die leitenden Gesichtspunkte gewinnen.
Kein von Künstlerhand illustriertes antikes Lehrbuch der
Zoologie hat unseres Wissens jemals bestanden ; auch ist es
mehr als zweifelhaft, ob die zoologischen Werke des Aristoteles,
des Meisters der antiken Tierforschuug, des Begründers der
noch heute festgehaltenen Tierklassiflkation, überhaupt in illu-
strierten Ausgaben, wie etwa die des Ptlanzenbuches von Dios-
korides, existiert haben. Aber wenn auf antiken Bildwerken
wie dem berühmten „Nilmosaik" von Präneste (Fig. 1 — 3j^)
den einzelnen Tierbildern die Namen der Tiere beigeschriebeu
sind, so war dafür sicherlich unter anderem auch ein gewisser
Lehrzweck maßgebend, und die Freude an der künstlerischen
Darstellung der Tiere ist im Altertum ganz allgemein gewesen.
Es würde eine erstaunlich reichhaltige Sammlung geben, wollte
man die Schätze der Autikensammluugen, die sich auf die Tier-
welt beziehen, übersichtlich zusammenstellen zu einer ,, Sala
degli animali" großen Stiles, von der der Eaum des vatikanischen
Museums, der diesen Namen trägt ^j, nur eine sehr bescheidene
Teilvorstellung geben kann. Auch große Künstlernamen, die
Gegenstücke zu den großen Namen der Neuzeit, eines Rubens,
P 0 1 1 e r , C u 3^ p , R i e d i u g e r , B a r y e , würden in diesem Saale
vertreten sein, sie freilich nur als Namen, denn die sonst so
identifikationsfrohe und identifikatiousfähige Kunstarchäologie
hat auf dem Gebiete der Zurückführung erhaltener Bildwerke
auf berühmte Originale, was die Tierdarstelluug anbetrifft, bis
jetzt noch recht wenig sichere Ergebnisse zeitigen können^).
Freude an der \A'iedergabe der charakteristischen Tier-
formen und eine oft bewundernswerte Kunst der Tierbeobachtuug
würde das erste sein, was wir festzustellen haben ; wir finden
beide in reichem Maße au den köstlicii uaturwahren Köpfen
eines Kamels und eines Esels in der eben genannten Sala
degli animali des Vatikans und sehen mit gleichem Verständnis
für die Naturformen auch den Gesamtkörper der Tiere wieder-
gegeben in Werken wie der schönen Windhundgruppe der-
selben Sammlung (Fig. 4), der sich eine ganze Reihe gleich
269
vortrefflicher Windhundskulpturen mit den verschiedensten Mo-
tiven aus anderen Antikenmuseen anreihen ließe. Nur eine
scharfe Naturbeobachtung, von einer genauen Kenntnis des
Tierkörpers und seiner Struktur unterstützt, vermag Werke von
Fig. 1. Mosaik im Palazzo Barberini zu Palestrina. Nach Pieralisi (s. Anm. 2).
so ruhiger Sicherheit der Naturwiedergabe hinzustellen; es ge-
sellt sich dazu eine Kenntnis der „Tierseele", die auch der
humoristischen Seite des Tierlebens gerecht zu werden imstande
ist: in der Sala degli auimali ist die Gruppe eines Mutter-
schweines mit 12 Ferkeln zu finden, die mit köstlichem Behagen
das Familienidyll der Rüsseltiere festgehalten hat, und jede
genauere Betrachtung größerer Antikeusammlungen zeigt deutlich,
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— 272 —
in wie weitem Umfang Grolokunst und Kunsthandwerk sich mit
glücklichen Schöpfungen auf dem Gebiete der TierdarsteUung
betätigt haben '").
Erwähnen wir wenigstens noch einige Meisterwerke. Als
ein wundervolles Zeugnis solcher Kunst der Tierbeobachtung
mag zunächst der bekannte ßronzewidder des Museums von
Palermo genannt sein. Goethe fand ihn „einen Phrixus und
eine Helle zu tragen würdig"' und rechnete ihn aus diesem
Gefühl heraus der „mythologischen Familie" zu; aber die un-
bestreitbare Großzügigkeit der Formgebung schließt nicht aus,
daß Körperbau und Sinnesart des Tieres mit vollendeter Natur-
wahrheit wiedergegeben sind. Alles ist an dem Kunstwerke
wohl erwogen, die Haltung der Beine, die Art der Wiedergabe
des Pelzes, die mit verhältnismäßig wenigen treffsicheren Strichen
das Zusammenkleben der einzelnen Partien des Wollhaares zum
Ausdruck bringt, und nicht in letzter Linie die Öffnung des
Maules, das sich zum Blöken anschickt. Die Volksmeinung
fand gerade dieses letztgenannte Motiv der Darstellung offenbar
besonders bezeichnend: der Widder soll, mit einem Gegenstück
am Hafeneingang von S3'rakus aufgestellt, durch sein Blöken
die Stärke des Windes angegeben haben ; in Wirklichkeit diente
dieses Bildwerk wohl als Brunnenfigur.
Stellen wir dem Palermitaner Bronzewidder gleich ein
zweites Tierbild zur Seite, das dem Bereiche der großen Kunst
angehört und sich mit dem Widderbilde in bezug auf Groß-
zügigkeit wie Naturtreue der Formgebung wohl messen kann:
es ist die Statue eines Ebers (Fig. 5), in mehreren Repliken
eines offenbar beliebten Originals auf uns gekommen, von denen
die Statue des Florentinischen Museums, wie es scheint, die
beste ist. Auch hier dieselbe Treffsicherheit in der Auffassung
des Wesentlichen der Naturformen, dazu die glückliche Beob-
achtung eines charakteristischen Bewegungsmotivs, und wir
dürfen dem Origiualwerk, von dem wir ja nur die Kopien vor
uns haben, gewiß eine noch weit feinere Wiedergabe der Details
der Körperformen zuschreiben. Auch ein Haupivorzug des Bild-
werkes wird in dem Original noch mehr hervorgetreten sein,
als es bei den Kopien der Fall ist : ich meine die sichere An-
deutung der gewaltigen Kraft, die in dem ruhenden Tierkörper
latent enthalten ist '■).
— 273 —
Ob sich solchen Werken gegenüber wohl wirklich das
scharfe Verdikt aufrecht erhalten läßt, das vor einiger Zeit von
beachtenswerter Seite über die Tierplastik des Altertums aus-
gesprochen ^vorden ist? In einem sehr lehrreichen Aufsatz, den
Fig. 4. Windhundgruppe ira Vatikan. Nach Photographie.
Friedrich Fuchs über „Moderne Tierplastik" vor kurzem in
Velliagen und Klasings Monatsheften hat erscheinen lassen ''),
ist ein rascher Überblick über die Tierdarstellung des Altertums
in dem Resultat zusammengefaßt, „daß der Antike das Organ
für die selbständige Lebendigkeit der Lebewesen gefehlt hat.
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— 275 —
Das lag an der Weltanschauung." Mir scheint dieses Urteil
selbst ebenso anfechtbar wie seine Begründung; die letztere
schon darum, weil schon durch die Beziehung der Tiere zu dem
Götterkultus das Altertum mehr als irgend eine spätere Epoche
der Geschichte mit der Tierwelt in beständige unmittelbare
Berührung kam und dabei Gelegenheit fand, die Formen und
die Lebensäußerungen der Tiere von immer neuen Seiten kennen
zu lernen.
Es gibt allerdings eine Gruppe von Tierdarstellungen, für
die das vorhin erwähnte harte Urteil über die Tierbildnerei des
Altertums bis zu einem gewissen Grade zutrifft. Mit der Dar-
stellung der See tier e sieht es, wenn man die naturwissen-
schaftliche Seite in Betracht zieht, in der antiken Kunst
nicht eben günstig aus; phantastische Seetiere — Seelöwen,
Seestiere, Seepanther und dergl. mehr — haben die Künstler
des Altertums mit wundervollem Schwung der Formgebung und
immer neuer Fülle sinnreicher Motive zur Darstellung gebracht ;
aber die wirklichen Seetiere haben sie in merkwürdig weit-
gehendem Maße stilisiert. Sehen wir ab von dem Wappentier
auf den Münzen der „Robbenstadt" Phoköa, so bleibt kaum
eine nach zoologischer Naturtreue strebende und sie erreichende
Darstellung eines Seetieres in der antiken Denkmälerwelt übrig ;
insbesondere sind die überaus zahlreichen Delphindarstellungen
der antiken Kunst meist ebenso graziös wie unrealistisch. Auch
die wunderlichen Gestalten des Elefanten und noch mehr des
Nashorns hat ein gewisser Mangel an Impressionismus in der
antiken Kunst nur selten wirklich naturgetreu wiederzugeben
vermocht ; einige vortreffliche Münzbilder von Elefanten müssen
dabei als rühmliche Ausnahmen erwähnt werden ^).
Wir wissen von den meisten der bisher betrachteten Tier-
flguren nicht, welchem Zweck sie ursprünglich gedient haben,
ob sie freie Schöpfungen eines künstlerischen Interesses an der
Naturform gewesen sind oder bestimmten Aufträgen ihre Ent-
stehung verdankten; jedenfalls aber hat die antike Kunst mehr
als die Kunst irgend einer späteren Kulturepoche immer aufs
neue die vielseitigsten Impulse zur Darstellung von Tieren
empfangen, die nachhaltigsten einerseits durch die bereits vor-
her erwähnten Kultbeziehuugen der Tiere und andererseits —
iiuf einem besonderen Einzelgebiete — durch die Sitte oder
18*
— 276 —
Unsitte, die der Widmung von Reiterdeukmälern oder von Qua-
drigen im Altertum einen für unseren Geschmack unbegreiflichen
Umfang gab. Sehr vielfach — so gewiß bei dem Pferde der
Marc -Aurel- Statue des Kapitols — ist anzunehmen, daß ein
bestimmtes Tier mit allen seinen individuellen Eigentümlichkeiten
von dem Künstler dargestellt ist; der Verfasser des Cicerone
hat das eben erwähnte Kaiserpferd „an sich ein widerliches
Tier" genannt, der Kunstleistung als solcher läßt er mit Recht
alle Ehre widerfahren.
Eins dieser Bildwerke mag hier besonders erwähnt sein,
sowohl wegen seiner Schönheit an sich als auch deshalb, weil
es auf einen der großen Tierbildner des Altertums stilistisch
zurückgeführt werden darf: das große ßronzepferd im Kon-
servatorenpalast zu Rom zeigt in seiner ganzen Formgebung
die Spuren einer Meisterhand, deren Original werk gewiß getrost
dem berühmten Pferdekopf des Partheuongiebels an die Seite
gestellt zu werden verdiente. Es ist Lysippos, der Lieblings-
künstler Alexanders des Großen, auf den aller Wahrschein-
lichkeit nach das Original der meisterhaft durchgeführten Pferde-
figur zurückgeht. Der Künstler hat, wie hier gleich miterwähnt
sein mag, seinen königlichen Gönner wiederholt, unter anderem
auch einmal auf der Löwenjagd, dargestellt; ein Nachklang der
letzteren Komposition findet sich vielleicht auf einem leider
stark zerstörten Relief im Louvre zu Paris'').
Leicht ließe sich den oben erwähnten Tierfiguren aus dem
Bereich der großen Plastik eine Masse von Werken der Klein-
kunst anreihen, die uns die verschiedensten Tierarten in mehr
oder weniger naturgetreuer Nachbildung zeigen; fast jede größere
Antikensammlung enthält in ihren Bronzebeständen ein reich-
haltiges, vom zoologisch-tiergeschichtlichen Standpunkt aus aber
noch wenig durchforschtes Material. Am meisten zu Ehren ist
von allen diesen Tierbronzen die kleine Figur einer Kuh ge-
kommen, die sich im Cabinet des medailles zu Paris befindet:
sie soll auf die berühmte Kuh des Myron von Athen zurück-
gehen und trägt allerdings entschieden den Stempel eines Meister-
werkes an sich^"); doch dürfen wir ihr, was frische Naturauf-
fassung anbelangt, mehr als ein Bildwerk anreihen, wie es unter
anderen die Bronze-Menagerie des Britischen Museums au antiken
Fundstücken bietet ^^).
277
Naturgemäß begegnen uns unter den Kleinbronzen auch
am ehesten Darstellungen von niederen Tieren und Tieren unter-
geordneter Art ; die S k o r p i o n e n b r o n z e n , die aus Karthago
nach Paris und London gekommen sind, mögen als ein Beispiel
hier wenigstens kurz erwähnt sein, und es mag daran gleich
ein Hinweis angeschlossen werden auf die schier unabsehbare
Reihe antiker Bildwerke, auf denen Tiere aller Art — nicht in
letzter Linie die Vogel weit — uns in ornamentaler oder sinn-
bildlicher Verwendung entgegentreten. Wir müßten zurückgehen
i'F ^
ä/f/tmj^^:-:
Fig. 6. Römische Meerkatze. Relief im Museum zu Kopenhagen.
Nach Arndt-Amelung (s. Anm. 5).
bis auf die kretisch-mykenische Kunst mit ihren Schmetter-
lingen, Tintenfischen, fliegenden Fischen, wenn wir
einen auch nur annähernd vollzähligen Überblick über die Fülle
der Erscheinungen bieten wollten. Die zoologische Forschung
hat für einige Gruppen dieser Tierdenkmäler — vor allem für
die Vogelwelt — noch fast alles zu leisten; sie muß dabei
natürlich um so behutsamer vorgehen, je weiter sie in das Ge-
biet der ornamentalen Verwendung des Tieres — den Bereich
von Büchern wie M. P. Verneuils „L'animal dans la deco-
ration" — vordringt ^^).
Wir verdanken dieser Kunst der Tierdarstellung aber nicht
nur einen Kunstgenuß, sondern in vielen Fällen auch eine
— 278 —
naturwissenschaftliche Belehrung, deren Wert durch die Treue
und Zuverlässigkeit dieser antiken Tierbilder durchaus gesichert
ist. Es treten uns nämlich in diesen Kunstwerken gelegentlich
Tierrassen bezw. Tierforraen entgegen, die uns ohne sie unbe-
kannt oder wenigstens nicht ausreichend bezeugt sein würden,
und man darf wohl sagen, daß für die rassenge schicht-
liche Forschung noch uugehobene Schätze gerade in diesen
Kunstwerken zu finden sind, die der Altertumsforscher in dieser
Richtung naturgemäß nur unvollkommen zu verwerten weiß, er
müßte denn wie der hochverdiente Hauptvertreter dieses For-
schungsgebietes Otto Keller in jahrelanger Bemühung auch
die nötige naturwissenschaftliche Fachkenntnis dazu erworben
haben ^^). Vorsicht bei der Verwendung der Bildwerke ist hier
vor allem insofern geboten, als die älteren Antikensammlungen
in bezug auf Ergänzung an Tiertorsen und Zusammensetzung
der Reste von verschiedenen Figuren das Unglaublichste ge-
leistet haben und darum manche Tierabnormität bei genauerem
Zusehen rasch in Wegfall kommt.
Ich muß mir leider versagen, in diesem Zusammenhange
näher einzugehen auf das w^ite und schwierige Gebiet rassen-
geschichtlicher Probleme, das uns durch die antiken Pferde -
dar Stellungen erschlossen wird. Sie alle kennen schon oder
werden gewiß mit großem Interesse die fesselnden „Plaudereien
über ein Pferd des Phidias" lesen, in denen der feinsinnige
Viktor Cherbuliez, auch als Verfasser eines guten Buches
über „Die Kunst und die Natur" um unser ganzes heutiges
Betrachtungsgebiet verdient, die Pferderasse der Parthenon-
skulpturen zum Ausgangspunkt hippologischer und sportlicher
Betrachtungen in novellistischem Gewände gemacht hat. Die
wissenschaftliche Bearbeitung des ga'nzen umfangreichen Ma-
terials über das Altertum hinaus hat in neuerer Zeit vor allem
R. Schoenebeck an der Hand eines reichen Apparates von
Abbildungen sehr gefördert; es fehlt, so weit ich sehe, vor allem
an eiuer eingehenden kritischen und erläuternden Behandlung
des literarischen Quellenmaterials.
Ein nicht ganz leichtes Problem der rassengeschichtlichen
Forschung stellt uns die wundervolle Figur des sog. Molosser-
hundes, von der sich je ein Exemplar im Vatikan und in den
Uffizien zu Florenz befindet, die aber schwerlich mit Collignou
— 279 —
auf ein Original des Lj^sipp zurückzuführen ist. Ein echter
Molosserhund ist in dem prachtvoll wiedergegebenen Tiere
keinesfalls zu erkennen ; denn die echte Molosserrasse, von der
eiu lebensvoll dargestelltes Exemplar unter dem Stuhle der
Torloniaschen Olympias- Statue erscheint, stimmt mit unseren
Bullenbeißern in allen wesentlichen Zügen überein, während wir
in dem Florentiner Bildwerk und seinen Gegenstücken eine
andere Hunderasse vor uns haben. 0. Keller hat jedenfalls
recht, wenn er mit dem statuarischen Typus den einer Mamer-
tiuermünze von Messana zusammenstellt und Spuren der in
beiden Brüllen dargestellten Rasse in Sizilien nachweisen zu
können glaubt. Zu einem positiven, sicheren Ergebnis über die
Herkunft und Weiterentwicklung der Rasse ist leider zur Zeit
noch nicht zu gelangen ^^).
Mit einer Fülle interessanter Tierkreuzungen macht uns
auch die Betrachtung der Kunstdarstellung katzen artiger
Tiere bekannt. Die naturwissenschaftliche Kritik muß auch
auf diesem Gebiete der Altertumsforschung noch sehr unter die
Arme greifen ; aber einige klare Resultate sind wohl schon jetzt
gewonnen : ein pompejanisches Mosaik zeigt uns z. B. ein katzen-
artiges Tier (Fig. 7), das ohne Zweifel mit Recht als Kreuzung
des Sumpfluchses mit der Falbkatze bezeichnet wird und
so den Darstellungen des Sumpf luchses selbst (Fig. 8) in inter-
essanter Weise zur Seite tritt. Ebenso erhalten wir den Ein-
druck mannigfacher Tierkreuzungen, wenn wir die Masse antiker
„Panther"- Darstellungen nebeneinander halten; wenigstens
halte ich es für unzweifelhaft, daß die großen Veischiedenheiten
dieser Darstellungen zum guten Teil nicht auf Küustlerlaune
oder Künstlerkönneu zurückgehen, sondern daß auch verschie-
dene Rassen uud Kreuzungsergebnisse zugrunde liegen. Eine
kleine Gruppe der Pantherdarstellungen des Altertums ist aus
der übrigen Masse der Bildwerke von vornherein deutlich aus-
zuscheiden, indem sie den afrikanischen oder den indischen
Gepard darstellt ^^).
Fast noch unklarer ist die Sachlage in bezug auf die
rassengeschichtliche Forschung für die antiken Darstellungen
des Hirsches und seiner Verwandten. Der Damhirsch ist
im europäischen Altertum stets eine importierte Rarität ge-
blieben, wenn anders wir mit Recht annehmen, daß mit dem als
— 280 —
„dama" bezeichueteu Tier der autikeu Schriftsteller eine Auti-
lopenart gemeint ist, und wenn wir den Denkmälern Glauben
schenken, auf denen der Damhirsch nur innerhalb des asia-
tischen Denkmälerkreises erscheint. Der Künstler, dem wir die
wundervolle Bronzegruppe des Herkules mit dem heiligen Hirsche
der Diana zu Palermo verdanken, gibt uns das Bild des
Hirsches ^^), der in den westlichen Mittelmeerländern offenbar
allein verbreitet gewesen ist; doch zeigen die autiken Denk-
mäler auch in ihren Darstellungen dieses Hirsches im einzelnen
- Fig. 7. Luchskatze. Pompejanisches Mosaik im Museum zu Neapel.
Nach Photographie.
große Verschiedenheiten der Formgebung, die nicht allein auf
Stilrichtung und künstlerisches Können zurückzuführen sind.
Auch hier kann nur eine eingehende Untersuchung an der Hand
der Originale oder genauer photographischer Reproduktionen
über das Gebiet bloßer Vermutungen hinaushelfen.
Eine ganze Reihe interessanter tiergeschichtlicher Fragen
knüpft sich auch au die Darstellungen der Rinder in der
antiken Kunst, und zwar interessieren uns hier weniger die
Verschiedenheiten der Rassen, wie sie sich in der Form
des Kopfes oder der Horner kundgeben, sondern in erster Linie
die Frage, wie weit sich auf den Bildwerken noch Spuren
der wilden Rinderarten nachvi^eisen lassen, die einst in Europa
281
bis weit hinein in die südlichen Halbinseln verbreitet gewesen
sein müssen.
Die uenere Forschung hat ja den großen Fortschritt ge-
macht, den geschichtlichen Kern mehr als einer Sage anzuer-
kennen, die von Ungeheuern der Heldenzeit zu erzählen weiß.
Wir lächeln nicht mehr stolz von oben herab, wenn die Skylla
des Od Jessens auf eine besonders große Krakenart der ältesten
Zeiten zurückgeführt und wenn in den Lindwurm- und Drachen-
sagen der unbewußte Nachklang der Eindrücke erkannt wird,
Fig. 8. Sumpflachs. Pompejanisches Mosaik im Museum zu Neapel.
Nach Photographie.
die die ausgestorbenen Riesensaurier der Vorwelt auf längst
dahingegangene Generationen ausgeübt haben. So darf es denn
heute als ausgemacht gelten, daß den Sagen von dem Stier-
kampf des Herakles und des Theseus wohl die Erinnerung
an eine Wildstierrasse zu Grunde liegt, die dereinst auf dem
griechischen Boden gehaust haben mag und bereits in der vor-
geschichtlichen Zeit ausgestorben ist. Begreiflicherweise haben
die Verfertiger der überaus zahlreichen Kunstdarstellungen der
Herakles- und der Theseustat tiergeschichtliche Betrachtungen
dieser Art nicht angestellt ; aber es ist bemerkenswert, daß sie
sich kaum bemüht haben, in der Darstellung des marathonischeu
und des kretischen Stieres auch nur annähernd etwas von be-
— 282 —
sonderer Furchtbarkeit der Formen zum Ausdruck zu bringen.
Die Größenverhältnisse des Tieres sind gegenüber denen des
Zuchtstieres wohl gelegentlich gesteigert, und seine Wildheit ist
durch die Art seines Dahinstürmens angedeutet; aber der Kreis der
den Künstlern vertrauten Tierrasse ist weder durch phantastische
Zutaten noch durch Verwendung älterer Darstellungen wirklicher
Wildstiere verlassen. Und doch hat die griechische Kunst wenig-
stens in ihren Anfängen Darstellungen solcher Wildstiere ohne
Zweifel hervorgebracht: wir haben einen Beweis dafür in den
Reliefs der berühmten Goldbecher von Vaphio, die uns zeigen, wie
eine Reihe mächtiger Stiere in ausgespannten Netzen eingefangen
und sodann — vielleicht in den Wildpai-k eines Herrschers —
eingebracht wird. Die Bäume, unter denen diese Szenen vor sich
gehen, sind allerdings wahrscheinlich Palmen und weisen so auf
eine orientalische Herkunft der Darstellung hin; doch haben wir
keinen Grund zu bezweifeln, daß ähnliche Wildstiere auch auf dem
Boden Griechenlands und seiner Inseln vorgekommen sein mögen.
Die beiden Sagen, von denen wir ausgegangen sind , sprechen
jedenfalls sehr entschieden zugunsten dieser Annahme "}.
Und dieser rassengeschichtlichen Belehrung treten wert-
volle Aufschlüsse über die Geschichte der Tierwelt und ihrer
geographischen Verbreitung zur Seite. Vorsichtige Verwendung
der Denkmäler ist dabei allerdings naturgemäß geboten ; denn
sehr viele Tierdarstellungen auf antiken Denkmälern erklären
sich durch den ungeheueren Tierimport, von dem wir später
noch zu reden haben werden, andere aber durch die Nach-
ahmung von Werken fremder Kunstkreise, so vor allem des
ägyptisch -assyrischen sow^ohl in der älteren griechischen wie z.T.
auch in der hellenistisch - römischen Kunst. Zum Beispiel sind
dieViverre einer mykenischen Dolchklinge und der Serval eines
altkretischen Wandbildes ohne Zweifel nicht als Zeugnisse des
Vorkommens dieser Tiere in Hellas oder auf der griechischen
Inselwelt zu betrachten, und auch das mehrfach erörterte Pro-
blem der Bildwerke des sogenannten „mykenischen Schafes"
mit seinen dem Halse fast anliegenden Zackelhörnern wird wohl
so zu beurteilen sein, daß die Modelle ausländischer, nicht
griechischer Kunstübung in ihnen zu erkennen sind '^).
Pausanias, der Perieget, sah zu Delphi den ehernen
Kopf eines Wisent, den ein thrakischer Häuptling nach Delphi
— 283 — •
als Weihgeschenk gestiftet hatte. Das Werk ist nicht auf uns
gekommen, aber die Notiz an sich von großem Interesse. Sie
bestätigt aufs beste die aus anderen Umständen vermutungs-
weise erschlossene Annahme, daß der Wisent im Altertum ziem-
lich weit in die Balkanhalbinsel hinein verbreitet gewesen ist.
Von dem Auerochsen mag ebenfalls anzunehmen sein, daß
er früher weit verbreitet gewesen ist — sein Vorkommen auf
einem Relief mit Elefant und Panthern in der Sala degli animali
(No. 109 Taf. 31 bei Am e lung) beruht allerdings so gut wie
sicher auf moderner Ergänzung ^^).
Unmittelbare tiergeographische Schlußfolgerungen gestatten
uns dagegen z. B. die Darstellungen des Zebus, die uns auf
antiken Münzen und Reliefs ziemlich zahlreich erhalten sind.
Das Tier ist nach Ausweis dieser Denkmäler im Altertum bis
nach Vorderasien und dem östlichen Teil des griechischen Insel-
meeres hin ganz allgemein als Haustier verwendet worden; es
erscheint als Opfertier auf der berühmten Homerapotheose des
Archelaos von Priene, die wir jetzt dank Watzingers
scharfsinnigen Forschungen ziemlich genau, auf etwa 210 n. Chr.,
datieren können, und ist auch seiner Verwendung für Münz-
typen nach im Altertum weit nach Westen vorgedrungen ^"j.
Auch für die Verbreitung des Bären ist aus den antiken
Bildwerken vielleicht einige Belehrung zu gewinnen. Ein Relief
aus Vienne in Südfrankreich stellt uns dar, wie Meister Petz sich
an einen Weinstock herangemacht hat, von wo ihn der Weinbergs-
besitzer mit einem Stein zu vertreiben sucht. Es wird wohl ein
Genrebild aus dem Leben der Gegend sein, das da in handwerks-
mäßiger Ausführung festgehalten ist, und vielleicht entstammt
auch die — künstlerisch unbedeutende — Gruppe eines Bären,
der einen Stier überfallen hat, in der Sala degli animali nicht
sowohl der Arena, von der wir später hören werden, als vielmehr
den Eindrücken, die das Landleben nicht nur in den Alpen-
gegenden sondern in fast allen Gebirgsgegenden Mittel- und Süd-
europas genugsam bieten mochte. Die schöne Bronzefigur eines
Bären, die von dem Schloßberge zu Muri in das Berner Museum
gekommen ist, kann sehr wohl das Werk eines nordischen Pro-
vinzialkünstlers gewesen sein, und die eherne Bärin am Münster
zu Aachen, die die alte Münstersage zu einer Wölfin umge-
deutet hat, braucht keineswegs aus Italien zu stammen^*).
— 284 -
Ein Problem der Tiergeographie des Altertums, bei dessen
Lösung die Denkmäler jedenfalls mitzusprechen haben, will ich
hier wenigstens noch kurz streifen: war der Löwe in geschicht-
licher Zeit noch in Griechenland zu finden? Die Heraklessage
fixiert das Tier in Nemea und dürfte für die vorgeschichtliche
Zeit eine gewisse Bew'eiskraft haben. Aus historischen Zeiten
sind uns mehrere Zeugnisse erhalten, die für das wenn auch
vereinzelte Vorkommen des Tieres im Norden der Balkanhalb-
insel sprechen, und ich halte es nicht für rätlich, diese Berichte
kurzweg ins Gebiet der Fabeleien zu verweisen. Die Kunst-
darstellungen des Löwen in der Zeit bis etwa herab auf Augustus
zeigen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine starke Stili-
sierung, die mit auf mangelnde Autopsie zurückzuführen sein
dürfte ; erst die römische Kaiserzeit mit ihren Venationen (s. u.)
machte die Kenntnis der wirklichen Formen des Tieres wieder
ziemlich allgemein — ein Verlauf, dessen Einfluß selbst in so
ungeschickten Produkten der provinzialen Handwerkskunst wie
etwa den Löwenfiguren des Antikenmuseums zu Regensburg
sich geltend macht ^^).
Wir haben bisher fast ausschließlich von den Tier formen
gesprochen ; es ist Zeit, daß wir uns dem zweiten Teile unserer
Betrachtung zuwenden und fragen, was uns die antiken Kunst-
denkmäler von dem Tierleben zu erzählen wissen.
Betrachten wir zunächst die Tiere im friedlichen Verhältnis
zu ihrer Umgebung; der Landschaftssinn der antiken Völker,
der nicht selten allzu gering veranschlagt worden ist, ist in
der griechisch-römischen Kunst genug zum Ausdruck gekommen,
um uns eine ganze Reihe von Gemälden und Mosaiken zu liefern,
die das Tier im Rahmen seiner Umgebung zeigen.
Es ist die hellenistische Kunst, die zunächst in ihren
malerischen Reliefs, den sogenannten „Relief bildern", alte
Darstellungsgegenstände der altägyptischen Kunst mit den Mit-
teln griechischer Formgebung wieder aufleben läßt. Mit sehr viel
Sinn für das Charakteristische der Erscheinung, aber z. T. in
starker Gebundenheit des Stils — namentlich in bezug auf die
räumlichen Verhältnisse — hatten die Bildhauer und Maler
der Pharaonenzeit das Tierleben des Nillandes und der an-
grenzenden Wüstengebiete in sachlich sehr interessanten, künst-
— 285 —
lerisch überraschend geschickten Darstellungen festgehalten.
Sie wissen, wie vielfach diese altägyptischen Urkunden der
Tiergeschichte von Brehm und anderen Gelehrten mit Glück
haben verwendet werden können. Im alexandrinischen Zeitalter
fand dies Vorgehen der Künstler und Kunsthandwerker des
Pharaonenreiches eifrige Nachahmung, und eine ganze Reihe
von glücklichen Darstellungen zahmer wie wilder Tiere ist uns
aus dem hellenischen Kunstkreise erhalten. Theodor Schrei-
bers Sammlung der hellenistischen Reliefbilder^^) bietet in vor-
trefflichen Reproduktionen, zu denen auch die modernen Zutaten
überall kenntlich gemacht sind, zahlreiche Beispiele von z. T.
nicht geringem Kuustwert.
Und mehr noch natürlich als die Reliefplastik konnte auf
diesem Gebiete die Malerei zu naturgetreuen, das Bild der
Wirklichkeit annähernd erschöpfenden Darstellungen gelangen.
Fehlen uns auch die großen Originalwerke, so können wir doch
aus ihren Nachklängen in der kampanischen Wandmalerei und
aus den erhaltenen Mosaikgeraälden in Italien und anderswo
von dem vielseitigen Reichtum der Motive wie auch von der
Naturwahrheit dieser hellenistischen Tier- und Landschaftsbilder
eine ausreichende Vorstellung gewinnen. Ein pompejanisches
Mosaik ist darum interessant, weil es uns die Tierwelt des
Nils mit naivem Vollständigkeitsbedürfnis ohne allzuviel Rück-
sicht auf die relativen Größenmaße der Tiere vorführt: der
Ichneumon erscheint seiner Hauptfeindin, der Aspisschlange,
gegenüber; ein Krokodil schließt die Szene nach rechts ab;
Wasser Vögel beleben die Oberfläche des mit Schilf be-
wachsenen Flusses. Und ganz ähnlich stellt ein Wandbild von
Pompeji die Tierwelt des inneren Afrika in halb lehrhaftem
Nebeneinander dar; mehr noch als Elefant, Schlange,
Schakal, Rind und die sonstigen Tiere dieses Bildes verdient
die Säbel an tilope Beachtung, deren Körperbau auch in dem
handwerksmäßigen Bilde nicht übel getroffen ist-^j.
Einen Höhepunkt in dieser Entwickelung des antiken
Landschaftsbildes mit Tierstaffage bezeichnet das berühmte
Mosaik von Präneste, auf das wir zu Anfang schon einmal kurz
hingewiesen haben (Fig. 1 — 3). Wie ein wunderbares Mittel-
ding von Idyll und Lehrgedicht in Farben stellt es sich dem
Auge dar, und wenn wir das eigenartige Werk vom zoologischen
d5'
CG
— 287 —
Standpunkte aus betrachten, so tritt uns sofort eine Fülle von
Problemen entgegen, die allerdings bei dem Mangel einer zu-
verlässigen, echte und unechte Bestandteile des Bildwerkes
scharf scheidenden Publikation und auch bei der sichtlichen
Ungeschicklichkeit der handwerksmäßigen Arbeit mit ihren offen-
bar groben Formfehlern schwer zu lösen sind. Welche Affenart
haben wir vor uns in den als Sphinxe bezeichneten Tieren, die,
von Negern gejagt, im Hintergrunde des Bildes erscheinen
(Fig. 2)? Dies ist nur eine von den vielen Fragen, die erst
nach genauer Feststellung des wirklichen Aussehens der antiken
Mosaikteile mit Aussicht auf Erfolg erörtert werden können.
Das Bild als Ganzes mit seinem sichtlichen Trachten nach Dar-
stellung einer vielseitig belebten, auch ihrem Gesamtcharakter
nach z. T. nicht übel wiedergegebeneu Landschaft können wir
auch angesichts der bis jetzt vorliegenden mangelhaften Repro-
duktionen schon bewundern. Eine ganze Anzahl ähnlicher,
wenn auch minder umfangreicher Bildwerke läßt sich dem Mosaik
von Präneste zur Seite stellen: wir nennen nur ein Mosaik des
Museo delle Terme, das uns mit liebenswürdigem Humor das
Flußpferd und andere Lebewesen der Nilgegenden vor Augen
stellt, und die Landschaft mit Tierstaffage auf einem Mosaik
der Vatikanischen Bibliothek, die uns an eine Tränke führt,
zu der ein Löwe, ein Elefant, ein Wildschwein, ein
Hirsch und eine Hirschkuh in verschiedener Weise in Be-
ziehung gesetzt sind. Auch friedlichere Landschaften mit Tier-
staffage wie das Mosaik der Sala degli animali (No. llSaTaf. 31
bei Amelung) ließen sich der Aufzählung zugesellen; doch
können sie uns in diesem Zusammenhange weniger inter-
essieren^^).
Ob sie dem Leben abgelauscht sind, diese antiken, gewiß
recht primitiven Gegenstücke zu den Schillings-Aufnahmen,
die wir heutzutage mit Recht als neue Offenbarungen über das
Tierleben bewundern? Wir wissen urkundlich von keinem
Fromentin des Altertums, der mit Palette und Schreibtafel die
tierreichen Länder Nordafrikas bereist hätte; aber selbst die
bescheidenen Reste dieser Tier- und Landschaftsmalerei, die
auf uns gekommen sind, zwingen uns, mehr als einen antiken
Vorgänger des französischen Maler-Schriftstellers und seiner
modernen Genossen anzunehmen. Mit der Erschließung Afrikas
— 288 —
sowie der östlichen Gebiete Vorderasiens war der zoologischen
Forschung wie auch der Tiermalerei der Hellenen eine neue
Welt aufgetan. Man darf wohl sagen, daß die Künstler sich
diesen Umstand besser zunutze gemacht haben als die Gelehrten,
wenngleich ich bezüglich dieser letzteren nicht ohne weiteres
dem absprechenden Urteil zustimmen möchte, das heutzutage
über die nacharistotelische Zoologie in Geltung ist. Doch ist
systematische wissenschaftliche Forschung jedenfalls in den
Hintergrund getreten; mit die meiste Belehrung über die Tier-
welt geben uns unter den Späteren die Verfasser von Jagd-
büchern in Poesie und in Prosa.
Und dies führt uns zu einer zweiten, reich vertretenen
Klasse von Kunstdarstellungen aus dem antiken Tierleben, zu
den Jagd bil dem. Mit wundervollem Realismus und einer
Kühnheit der Konzeption, die nur einem mit den Vorgängen
durchaus vertrauten Künstlerauge möglich ist, haben schon die
assyrischen und ägyptischen Künstler und Kunsthandwerker
auch stark bewegte Jagdszenen dargestellt: es ist zum Staunen,
wie auf den Reliefbildei-n von Kujundschik und in den ägyp-
tischen Wandgemälden, man möchte sagen „Momentaufnahmen
aus dem Jagdleben" versucht werden und über alles Erwarten
gut gelingen. Und schon die älteste griechische Kunst hat sich
in gleichen Aufgaben mit kaum geringerem Glück versucht : wir
haben schon früher von den Reliefs der Goldbecher von Vaphio
gesprochen, auf denen der E^ang wilder Stiere mit einem Natura-
lismus von erstaunlicher Treffsicherheit dargestellt ist, und wollen
hier noch kurz an die oft abgebildete Klinge mit der eingelegten
Darstellung einer Löwenjagd erinnern. Im hellenistisch-
römischen Zeitalter folgte nach langer Pause dieser ersten Blüte
des Jagdbildes eine zweite, die durch vorgeschrittene Technik
der Landschaftsdarstellung ihrer Vorgängerin entschieden über-
legen ist. Soweit diese Jagdbilder sich als Reliefdarstellungen
an Sarkophagen und Grabsteinen finden, vermögen sie uns
freilich verhältnismäßig wenig zu bieten. Es fehlt ihnen eben
vor allem das landschaftliche Element und diejenige Gruppierung
der Figuren, die die Darstellung über eine konventionelle An-
deutung zu wirklicher Wiedergabe des Vorganges erhebt; um so
mehr bieten uns auch hier die Wandbilder und die Mosaiken
der hellenistischen und römischen Zeit.
— 289 —
Es würde natürlich zu weit führen, wollte ich versuchen,
Ihnen unter Mitheranziehung der antiken Jagdschriftsteller an
diesen Bildern zu zeigen, mit welchen Mitteln und auf welche
Art das edle Waidwerk im Altertum betrieben wurde. Betrachten
wir nur einige Bildwerke, die auch vom zoologischen Stand-
punkt aus unser Interesse in Anspruch nehmen. Da sehen wir
zunächst auf einem Mosaik aus Utica, jetzt im Britischen Museum
zu London (Fig. 10), ein eigenartiges Treibjagen am See- oder
Meeresstrand: ein netzartiges Gehege zieht sich um eine Anzahl
verschiedener Jagdtiere herum ; die Leute in den beiden Booten
sollen das Netz offenbar enger zusammenziehen und die Tiere
in das Wasser treiben, damit sie eine leichte Beute der Jäger
werden. Es ist recht ungeschickte, mäßige Handwerksarbeit,
die wir vor Augen haben, und doch sind wesentliche Züge in
der Erscheinungsform und in den Bewegungen der Tiere auch
in dieser bescheidenen „Kunstleistung" erstaunlich gut getroffen.
Dasselbe läßt sich bis zu einem gewissen Grade dem Fisch-
fangmosaik nachrühmen, das auf alle Perspektive verzichtet,
um die Formen der verschiedenen Fischarten in flächenhafter
Weise recht deutlich darstellen zu können ^'^).
Wir wollen hier gleich ein drittes Mosaik aus Utica an-
schließen, das uns den Fang des Hirsches mit dem Lasso vor
Augen führt. Die Bescheidenheit der Kunstleistuug reicht auch
hier immerhin aus, um die Tierart erkennen zu lassen : es ist ein
Edelhirsch und zwar wahrscheinlich der Berberhirsch, der
der nordafrikanischen Küstenlandschaft eigentümlich ist; für
den Fang mit dem Lasso ist mir sonst kein antikes Denkmal
als Beleg bekannt. Die Beliebtheit des Jagdsports im römischen
Nordafrika aber zu belegen, mögen hier noch die zahlreichen
Mosaiken des Bardo -Museums von Tunis angeführt sein, die
einen merkwürdigen Reichtum mannigfacher Tiere in den ver-
schiedensten Situationen der Jagd darstellen. Es sind die Kreise
dieser Jagdliebhaber, für die noch im 3. Jahrhundert n. Chr. der
Karthager N e m e s i a n u s in Anlehnung an ältere Vorbilder sein
Lehrgedicht von der Jagd geschrieben hat^').
Brehm hat mit Recht gelegentlich davor gewarnt, diese
antiken Berichte über eigenartige Jagdmethoden ohne weiteres
als törichte Fabeleien zu verwerfen. Soweit mir ein Urteil zu-
steht, bin ich geneigt, die Glaubwürdigkeit eines Op planus
19
— 290 —
und seiner Genossen in sehr weitgehendem Maße anzunehmen,
und scheue den Vorwurf der Leichtgläubigkeit u. a. nicht gegen-
über zunächst so wunderlichen Berichten wie denen, daß man
sich den Fang der Panther erleichterte, indem man ihnen, wie
übrigens auch den größereu Affenarten, die Tränke mit Wein
untermischte, oder daß man Glaskugeln benutzte, um die den
Jäger verfolgenden wilden Tiere irre zu machen und aufzu-
halten, oder dem, daß die Äthiopier an die Höhle des Löwen
in dicken Wollenpanzern und Helmmasken herangeschlichen seien
und das Tier durch vergebliches Ankämpfen gegen die große
Zahl der so gegen seine Bisse geschützten Angreifer schließlich
matt und unfähig zum Widerstände gemacht hätten; ein wahrer
Kern liegt gewiß allen diesen Angaben zugrunde.
Es ist ein eigenartiger Zufall, daß uns gerade eine dieser
zunächst angefochtenen Jagdgeschichten auf einer bildlichen
Darstellung aus dem Altertum wenigstens einem Hauptzuge
nach wiederbegegnet. Im Wandschmuck des Grabmals der Na~
sonen zu Rom sind zwei Jagdszenen enthalten, die eine Treib-
jagd auf Tiger und Panther darstellen; sie wirken z. T.
geradezu wie eine Illustration zu den Schilderungen der antiken
Schriftsteller, indem sie uns die Flucht der berittenen Jäger
zu bereitgehaltenen Schiffen und das Heranlocken der wilden
Tiere an besonders für die Jagd konstruierte Käfige zeigen ^^).
Ebenso überraschend ist eine Notiz des jagdkundigen
Xenophon über eine zunächst wunderliche Methode der Eber-
jagd vor einigen Jahren durch einen glücklichen Denkmalfund
unerwartet bestätigt worden. Auf dem sogenannten „lykischen
Sarkophag", der gleichzeitig mit dem berühmten „Alexander-
sarkophag" zu Sidon gefunden und von dort in den Tschinli-
Kiosk zu Konstantinopel gebracht worden ist, finden wir nämlich
deutlich und ganz der xenophontischen Schilderung entsprechend
dargestellt, wie ein Eber von einer Reihe berittener Jäger um-
stellt und mit den Lanzen bedroht wird. Es steht außer Zweifel,
daß diese Szene dem Leben entnommen ist, und dies gibt viel-
leicht auch gegenüber den Anfechtungen zu denken, die das
Relief der anderen Seite desselben Sarkophags neuerdings er-
fahren hat: vier Gespanne, von Frauen gelenkt, haben einen
Löwen (?) gestellt, der sich scheu unter den Pferden des vorderen
Wagens zu Boden duckt. Ich sehe nicht den mindesten Grund,
— 292 —
der uns zwingen könnte, hier an bloße Phantastereien eines
ungeschickten Künstlers zu glauben — eine Annahme, die zu
dem Wirklichkeitssinn, der in den Sarkophagen von Sidon sonst
zutage tritt, von vornherein nicht recht passen will -■').
Nicht alle diese Jagden haben die Tiere in der Wildnis
aufgesucht, die ihre Heimat ist; vielleicht spielt sich sogar die
Mehrzahl von ihnen in den großen Tierparks ab, die die asia-
tischen Herrscher von alters her unterhalten und die Alexander
der Große und seine Nachfolger ihnen nachgemacht haben.
Ein solcher Tierpark ist z. B. ohne Zweifel der Schauplatz der
Jagdszene, die wir auf der einen Langseite des berühmten
Alexandersarkophags von Sidon dargestellt finden. Die Kom-
position dieses Farbenreliefs ist vor kurzem von einem gelehrten
üntersucher der ganzen Denkmälerklasse bemängelt worden :
es sei bloßes Flick werk, das mit dem Bilde der Lövvenjagd die
Szene des Hirschfanges in Verbindung bringe; inhaltlich lägen
zwei getrennte Szenen vor. Ich glaube, dieses Bedenken kommt
in Wegfall, wenn man an der oben vorgeschlagenen Annahme
festhält; ich kann übrigens auch in sonstiger Beziehung die
Komposition des Reliefs nicht so wenig einheitlich fiuden, wie
es dieser Kritiker tut^*^).
Unter den Jagdbildern, die wir bisher besprochen haben,
tritt schon bei flüchtiger Betrachtung in bezug auf die Art der
Jäger und hinsichtlich des Zweckes der Jagd ein bezeichnender
Unterschied ziemlich deutlich zutage : auf den sidonischen Reliefs
ist es der Graudseigneur, der zu seinem Vergnügen im Tierpark
oder im Freien dem Waidwerk obliegt; die Jagdszenen des
Nasonengrabes und der Mosaiken von Utica schildern eine ge-
werbsmäßige Jägerei, wie sie von etwa 100 v. Chr. an in allen
Teilen des römischen Reiches in immer zunehmendem Umfange
betrieben wurde im Dienste von Veranstaltungen, die wir nun-
mehr noch mit einigen Beispielen ins Auge fassen wollen.
Das römische Altertum bezeichnete mit dem Namen „Jagd"
(venatio) auch eine E'orm der Tierbekämpfung, die, als Kultur-
erscheinung überaus traurig, unter dem Gesichtspunkt, der
uns hier beschäftigt, von größtem Interesse ist. Bekanntlich
haben in den Amphitheatern des römischen Reiches die ver-
schiedensten Arteu von Tierhetzen stattgefunden, bei denen
sowohl die Tiere gegeneinander ihre Kraft und Geschicklichkeit
— 293 —
zu messen hatten, wie auch bezahlte oder „ehrenamtliche" Tier-
kämpfer einen mehr oder minder todbringenden Jagdsport vor
den Augen des schaulustigen Publikums ausübten. Wir finden
die letztere Art der Kämpfe sowohl in einfacher Wiedergabe
des wirklichen Vorgangs dargestellt wie auch in genrehafter
Umdeutung, indem kleine Eroten oder Putten an die Stelle der
Tierkämpfer treten ; die unabsehbare Zahl der einschlägigen Denk-
mäler aber, die uns erhalten sind, zeigt deutlich genug, welche
Rolle diese Venationen im antiken Kulturleben gespielt haben.
Zoologische Raritäten bei dieser Gelegenheit dem Publikum
vorzuführen, war natürlich ein besonderer Wunsch der Fest-
veranstalter. Aus solchen Bestreben heraus wurden u. a. in den
Amphitheatern gelegentlich der Elch und der Hirscheber
(Sus babirusa) gezeigt; das Nashorn und das Nilpferd ge-
hörten zeitweise kaum noch zu den Seltenheiten ersten Ranges,
während das ,, Tigerpferd", das Zebra, wie es scheint, erst
spät und auch dann nur selten nach Rom gekommen ist und
auch die Giraffe oifenbar zu den Ausnahmeerscheinungen
gehörte. Der Ehrgeiz der Spielgeber suchte sich in der Selten-
heit wie auch in der Zahl der Tiere immer aufs neue zu über-
bieten, und wir lesen in letzterer Hinsicht von Ziffern, die an
das Unglaubliche grenzen, die zu bezweifeln wir aber nicht den
geringsten Anlaß haben. Dabei ergab sich natürlich die Not-
wendigkeit eines Handels mit wilden Tieren, dem gegenüber
alles, was unsere Tage in den Leistungen Hagenbecks und
seiner Genossen aufweisen, der Quantität nach nur ein ziemlich
bescheidenes Gegenstück darstellt. Hätte uns nur einer dieser
antiken Hagenbecke ein Memoirenbuch hinterlassen, wie wir es
von dem Führer der modernen Tiereinfuhr kürzlich erhalten
haben! Leider müssen wir uns die Niederschläge aller der
Jagderfahrungen und Tierbeobachtungen jener Leute mühsam
zusammensuchen aus den kunterbunten Sammelnotizen eines
Buches wie der oft über Gebühr gescholtenen Naturgeschichte
des Plinius, in der neben den wissenschaftlichen zoologischen
Forschungen eines Aristoteles und Theophrast auch das
Jägerlatein der Amateur- und der berufsmäßigen Jäger eine
ziemliche Rolle spielt.
Wir dürfen annehmen, daß die Käfige, deren Reste noch
an zahlreichen Amphitheatern festzustellen sind, bereits vor den
— 294 —
Spieltagen dem Besuch des Publikums zugäuglich waren ; auch
wissen wir wenigstens von einem Gemälde, das ein von einem
Kaiser des dritten nachchristlichen Jahrhunderts dem Volk ge-
gebenes Festspiel nicht nur darstellte, sondern auch durch die
Namensbeischriften der Tiere und durch Angaben über die Zahl
der vorgeführten Exemplare erläuterte. Eine Erweiterung des
tierkundlichen Horizonts, wie sie das römische Weltreich infolge
aller dieser Bestrebungen dem Publikum gebracht hat, hat die
Geschichte nur noch einmal aus späterer Zeit zu verzeichnen,
wenn sie von der Entdeckung Australiens berichtet. Leider hat
die gelehrte Forschung gefehlt, die in der Kaiserzeit alle diese
neuen Eindrücke hätte klar fassen und wissenschaftlich ver-
werten können. Der ordnende Geist eines Aristoteles hätte
reichlich zu tun gefunden; statt seiner aber finden wir nur
einen Populärschriftsteller wie den Sophisten Äliauus tätig,
der — auch dies immerhin ein Verdienst — das Wissen von
den Tieren und ihrer Eigenart in mehr oder minder anekdoten-
hafter Weise zu verallgemeinern suchte, und begegnen hin und
wieder im Zusammenhang anderweitiger Schriftstellerei den
Spuren des gewaltigen Eindrucks, den das Auftauchen immer
neuer wunderbarer Tierarten — darunter manchmal künstlich
zurechtgemachter — bei den staunenden Besuchern der Amphi-
theater erregte. Es ist uns ein klassisches Zeugnis für diese
Stimmung in einem Exkurs erhalten, den der brave Pausa-
nias seiner Beschreibung des griechischen Landes eingelegt hat
(IX 21); er glaubt, vor allzu großer Leichtgläubigkeit ebenso
sehr wie vor zu weit gehender Skepsis warnen zu sollen, und
hält der letzteren die unwahrscheinlichen Tierformen entgegen,
die er selbst gesehen oder durch die Berichte von — seiner An-
sicht nach glaubwürdigen — Augenzeugen kennen gelernt hat.
Es ist ganz natürlich, daß solche Tierzufuhr auch die
Künstler zu neuen Aufgaben führte; wir wissen von Pasiteles,
daß er zu Rom an den Schiffshäusern, wo die Tiersendungen
aus Afrika untergebracht waren, Studien an einem Löwen machte
und dabei durch Ausbrechen eines Panthers aus einem Käfig in
ernste Gefahr geriet. Doch sehr viel wichtiger als die Studien
vor dem Käfig, die auch die heutigen zoologischen Gärten den
Künstlern ermöglichen, war natürlich die immer erneute Gelegen-
heit zur Beobachtung der in freie Bewegung gesetzten und zur
— 295 —
vollen Betätigung ihres Wesens gebrachten Tiere. Daß die Künstler
diese Gunst der Verhältnisse genutzt haben, ist an sich zu er-
warten und wird uns durch eine Menge antiker Bildwerke von
mehr oder weniger künstlerischer Ausführung deutlich bewiesen.
Fassen wir einige dieser antiken Darstellungen von Tierhetzen
näher ins Auge, um sowohl die Art der Veranstaltung wie auch
den Grad der Naturbeobachtung kennen zu lernen, der den
Künstlern infolge der häufigen Wiederkehr solcher Schaugelegen-
heit mehr oder weniger in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Die Stuckreliefs eines Grabmals von Pompeji zeigen neben ande-
ren Kämpfen der Arena auch verschiedene Szenen der Venationen,
aus deren Programm uns bekanntlich in einer pompejanischen
Inschrift auch ein Bruchstück erhalten ist. Es sind nur flüch-
tige Erzeugnisse des Kunsthandwerks, die wir da vor Augen
haben; aber sie reichen vollkommen aus, um uns inhaltlich sehr
wertvolle Aufschlüsse zu geben. Etwas besser in der Komposi-
tion und Ausführung, aber weniger reich an Inhalt ist das Bild
einer Bären hetze im Zirkus, das wir auf einer Terrakotta-
platte des Museo Kircheriauo finden ; diese Platte gehörte offen-
bar einer Serie von fabrikmäßig hergestellten Reliefs an, die
zur Ausschmückung der Amphitheaterbauteu oder der Gladia-
torenkasernen verwendet worden sind^').
Weit mehr als diese bescheidenen Bruchstücke von Araphi-
theaterszenen bieten uns die Bilder eines großen Mosaiks, das,
1834 in einer antiken Villa bei Tiisculum gefunden, jetzt in der
Villa Borghese zu Rom aufbewahrt wird. Wir finden zwei Epi-
soden der Tierhetze dargestellt : in der einen treten neben Stieren
verschiedene afrikanische Tiere, ein Löwe und ein Strauß,
und außerdem — nach einer allerdings nicht sicheren Annahme —
ein Tier germanischer Herkunft, das Elen tier, auf; die andere
Episode zeigt uns eine Panther hetze großen Stils, von der
acht Tiere erhalten sind^^). Und vielleicht noch wertvoller als
dieses Mosaikbild ist für unsere Kenntnis des antiken Venations-
wesens ein Relief, das Hum an n und seine Genossen seinerzeit
in dem phrygischen Hierapolis gefunden haben ^^). Mit äußerst
lebendiger Formgebung führt uns der Verfertiger dieses Reliefs,
zu dem sich hoffentlich noch weitere Stücke finden werden, ver-
schiedene Tierkärapfe vor : ein P a n t h e r (oder eine Löwin) ist
einem Strauß an den Hals gesprungen, ein Bär ist im Be-
— 296 —
griff, einen Stier zu überwältigen; daneben sehen wir einen
vom Speer durchbohrten Bären an der tödlichen Waffe zerren,
einen anderen über einen rücklings hingestürzten Gladiator her-
fallen. Die zweite Platte bietet uns das Kuriosum eines auf
einem Stiere reitenden Bestiarius, der mit einer ganzen Anzahl
von Bären kämpft.
Wir versetzen uns in das Rheinland und finden in den
dortigen antiken Denkmälern die Spuren ganz der gleichen Vor-
liebe für Szenen aus dem Amphitheater mit seinen Tierhetzen :
Mosaikbilder wie die von Nennig könnten wir als Beleg dafür
anführen, wählen aber lieber ein neuerdings veröffentlichtes
kleines Bildwerk, das mit der unglaublichen Ungeschicklichkeit
seiner Figuren allerdings wie eine Karikatur wirkt, aber so ernst
wie nur möglich gemeint ist und inhaltlich unser Interesse wohl
beanspruchen darf : ein Glasbecher des Trierer Museums ist von
seinem Verfertiger mit Szenen aus der Arena geschmückt worden ;
wir sehen, wie ein mit köstlicher Mischung von zeichnerischem
Tatendrang und manuellem Ungeschick dargestellter Panther
einem Gladiator nachsetzt, der ihn von seinem Wagen herab
angegriffen hat. Das Bild ist dem Leben abgelauscht und als
Kulturdokument ebenso interessant, wie es als Kunstwerk wertlos
ist^^). Ein gemaltes Venationsprogramm wie das oben erwähnte
des Kaisers Gor di an us wird von der Hand wirklicher Künstler
gewiß ein wirkliches Kunstwerk geboten haben.
Und nun das Kämpfen der Tiere gegeneinander! Am
eindrucksvollsten ist wohl das pompejanische Bild des Museums
zu Neapel, auf dem der wilde Kampf eines Löwen mit einem
Panther dargestellt ist, und das ich hier einreihe, obwohl es
einer verhältnismäßig frühen Zeitepoche der kampanischen Wand-
malerei anzugehören scheint (Fig. 11). Vor allem überrascht
uns hier die Kühnheit, mit der der Maler die Tiere in verkürzter
Ansicht wiedergegeben hat; es ist dasselbe Verfahren, das wir
an dem Pferde im Mittelpunkt des berühmten Alexandermosaiks
zu bewundern haben. Der Meister des Tierkampfbildes zeigt
auch in anderer Hinsicht eine merkwürdige Sicherheit der Form-
gebung und der Charakteristik : es ist bewundernswert, mit
welcher Feinheit bis in die Einzelheiten hinein die Bewegungen
der beiden Tiere, vor allem die des unterliegenden Panthers,
zum Ausdruck gebracht sind^''). Gar viele, freilich künstlerisch
— 297 —
weniger eindrucksvolle Tierkampf bilder ließen sich diesem Meister-
werk der Beobachtung wildbewegten Lebens anreihen. Ein
Relief der Sala degli animali führt uns vor Augen, wie ein
Fig. 11. Lüwe und Panther im Kampf. Wandgemälde im Museum zu Neapul
Nach Hermann (s. Anm. 36).
Elefant sich mehrerer auf ihn gehetzter Panther erwehrt:
auf einem Mosaikbild von Westerhofen — ich wähle absichtlich
öfters Beispiele aus der Provinzialkunst, um die enorme Ver-
breitung dieser Tierbilder zu erweisen — ist ein Bär einem
— 298 —
Stier zum Kampfe gegenübergestellt und zögert mit gut wieder-
gegebenem Gemisch von Scheu und Kampf es wut eben noch, an
seinen Gegner heranzugehen. Dann finden wir wieder im Museum
des Konservatorenpalasts zu Rom eine freilich mangelhaft aus-
geführte Gruppe, die uns darstellt, wie ein Eber einen Panther
überrannt hat, der sich nun von unten her in den Hals des
Gegners eingebissen hat. Vielleicht entstammt dem Amphitheater
und seinen Eindrücken auch die großzügig erdachte Gruppe
eines von einem Löwen niedergerissenen Pferdes, die in
derselben Sammlung aufgestellt ist und mit ihrem packenden
Realismus trotz geringer Feinheit der Arbeit geradezu über-
raschend wirkt.
Nicht immer aber wurden Gegner von gleicher Art und
Kraft einander gegenübergestellt. Ein pompejanisches Wandbild,
von 0. Keller mit Unrecht als bloßes Phantasiestück beurteilt,
zeigt uns einen Tiger gegen einen Affen kämpfend; vielleicht
haben wir auch in einem Bilde gleicher Herkunft, das einen
Panther im Kampf mit einer Schlange darstellt^'), eine
Szene aus dem Amphitheater zu erkennen, obwohl sich das
natürlich nicht beweisen läßt — auch dies ein Bild von großer
Feinheit der Beobachtung und voll dramatischen Lebens. Von
der Zusammenstellung eines Bären und eines Seehundes als
Kämpferpaar wissen wir nur durch die literarische Überlieferung;
doch liegt kein Grund vor, au der Richtigkeit der Notiz zu
zweifeln. Gerade bei so eigenartiger Zusammenstellung der
Kämpferpaare bot sich den Zuschauern Gelegenheit, von der
Verschiedenheit der Tierformen und auch der Tiercharaktere
ein deutliches Bild zu gewinnen, — und dieser letztere Gewinn
stellt vielleicht eine kleine Lichtseite dar in dem sonst so ab-
stoßenden Gesamtbilde dieses massenhaften, in erster Linie der
niedrigsten Sensationslust dienenden Tierverbrauchs.
Damit könnten wir dem Kreis der antiken Bilder aus dem
Tierleben Valet sagen und unsere Betrachtungen schließen, wenn
nicht noch eine Gruppe von Bildwerken zu erwähnen wäre, an
die sich ein eigenartiges Interesse anknüpft : ich meine die
Kunstdarstellungen gezähmter Tiere aller Art, die in unserem
Antikenbestande einen überraschend großen Raum einnehmen.
Allerdings wird die große Anzahl der einschlägigen Bildwerke
sofort verständlich, wenn wir uns vor Augen halten, daß das
— 299 —
Altertum iu der Züchtung und in der Dressur der Tiere er-
staunlich viel, wahrscheinlich noch mehr als die heutige Zeit,
geleistet hat, wenn auch die literarischen Zeugnisse über diese
augewandte Tierpsychologie ziemlich dürftig sind und vor
allem von theoretischer Begründung des praktisch Geleisteten
so gut wie nichts bieten ^^).
Auch die Kunstdenkmäler wissen von dieser Tierdressur
nach den verschiedensten Seiten hin zu erzählen: die große
Anzahl der Reliefs, die den Festzug des Dionysos und seines
Gefolges darstellen, geht gewiß nicht bloß auf rein phan-
tastische Gebilde ihrer Verfertiger oder des Erfinders der
gemeinsamen Vorlage der Hauptzüge dieser Darstellungen zu-
rück. Es sind offenbar in der hellenistischen und römischen
Zeit solche Aufzüge mit gezähmten Tieren veranstaltet worden,
und aus der Annahme, daß solche Triumphzüge des Dionysos
gelegentlich in Pantomimen dargestellt wurden, erklärt sich
vielleicht auch am ehesten das tiergeographische Kuriosum,
daß auf einem Relief des lateranischen Museums unter den
asiatischen Tieren dieses Festzuges auch die Giraffe er-
scheint^'').
Dieser einen Denkmälerklasse reiht sich hier sofort eine
zweite an : auf einem Sarkophag des lateranischen Museums ist
ein Wettreiten von Eroten auf allerhand wilden Tieren in
humoristischer Weise dargestellt; es ist nicht bloße Künstler-
laune, die dieser Darstellung zugrunde liegt, vielmehr sind
auch hier die Eroten — ähnlich wie bei den Venationsszenen —
ledighch an die Stelle der Erwachsenen getreten, und das Relief
gibt im übrigen einen wirklichen Vorgang wieder, der in der
Rennbahn gar nicht selten gewesen sein mag. Ganz das gleiche
gilt von den Wettfahrten von Eroten auf Wagen, vor denen aller-
hand wilde Tiere vorgespannt sind; „parodierend" sind diese
Darstellungen nur in so weit, als sie die Putten an die Stelle
der wirklichen Wagenlenker setzen. Ein Relief des Louvre
zeigt uns zum Glück sogar in einer knappen Andeutung den
Schauplatz der Handlung, den der Verfertiger des Bildwerkes
gemeint hat: ein von Delphinfiguren gekrönter Bogen stellt die
Mittelwand des Zirkus, die Spina, dar und gibt von der Art der
Ausschmückung dieses Teiles der Rennbahn eine wenn auch
nur andeutende Vorstellung *•').
— 300 — »
Als dritte Denkmälerreihe tritt zu den beiden oben be-
sprocheneu die niclit geringe Anzahl solcher Bildwerke hinzu,
die uns Szenen aus dem Affentheater und ähnlichen Schau-
stellungen dressierter Tiere zeigen. Das bedeutendste Beispiel
dieser Reihe führt uns in das Gebiet der Mythologie hinein:
auf einem Wandgemälde aus Herculanum erscheint die im Alter-
tum weitverbreitete Gruppe des seinen Vater Anchises aus
dem Brande von Troja heraustragenden Äneas auf hundsküpfige
Aifen übertragen^'). Das Bild ist köstlich erdacht und gibt die
stillergebene Würde des Alten ebenso gut wieder wie das un-
bewußte Nebenhertrotten des vom Vater an der Hand geführten
Askanius. Daß das Bild auf parodische Aufführungen im
Tiertheater zurückgeht, kann kaum bezweifelt werden; wohl
nur der Tendenz nach gehört das herkulanische Bild in die
Richtung des ägyptischen Malers Antiphilos, der ein Neben-
buhler des Apelles gewesen sein und die sogenannte Bildart
der Grylli erfunden haben soll.
Es ist vielleicht unvorsichtig, hochverehrte Anwesende,
daß ich unsere heutigen Betrachtungen gerade mit dieser an
Spielerei erinnernden Gruppe von Tierdenkmälern geschlossen
habe, und Sie werden sich vielleicht, wenn nicht schon früher,
so doch beim Anblick dieser Äneasgruppe gefragt haben, ob
denn wirklich in diesen der ernsten naturwissenschaftlichen
Forschung gewidmeten Räumen alle diese Kuriositäten aus dem
Bereiche der Archäologie überhaupt zu erscheinen berechtigt
sind. Solchen Zweifeln gegenüber möchte ich noch einmal be-
tonen, was allein der Zweck unserer heutigen Betrachtungen
sein konnte: wir wollten an der Hand der Kunstdenkmäler
einen kurzen Einblick gewinnen in die verschiedensten Seiten
des antiken Tierlebens, wollten mit der Kulturgeschichte als
Hilfswissenschaft einige bescheidene Materialien vorführen zu
einem der schwierigsten, aber auch interessantesten Kapitel der
Tiergeschichte, das in erschöpfender Weise nur geschrieben
werden kann, wenn Zoologen und Altertumsforscher sich die
Hand reichen, — der Tiergeschichte des Altertums".
— 301 —
Anmerkung en.
^) Vergl. vor allem Otto Keller, Tiere des Altertums in naturge-
schichtlicher Beziehung (Innsbruck 1887) , und denselben, Antike Tierwelt
Bd. I. Säugetiere (Leipzig 1909) ; in beiden Werken sind unter Verwendung
eines reichhaltigen Abbildungsmaterials auch die antiken Kunstdarstellungen
der Tiere in weitem Umfang mit herangezogen. Keller hat auch zusammen
mit Imhof-Blumer eine wertvolle Publikation der Tier- und Pfianzenbilder
auf antiken Münzen und Gemmen veranstaltet.
-) Eine urkundliche genaue Publikation des Mosaiks im Palazzo Bar-
berini zu Palestrina liegt noch nicht vor; wir sind zurzeit noch vor allem
auf Pieralisi, Osservazioni sul Musaico di Palestrina (Rom 1858) angewiesen;
vergl. auch W. Engelmaun, Archäol. Zeitung 1875 S. 127 ff. und über die
ganze Denkmälergattung G i a c. L u m b r o s o , L' Egitto al tempo dei Greci
e dei Romani (Rom 1882).
^) Vergl. über sie vor allem W. A m e 1 u n g , Skulpturen des Vatika-
nischen Museums Bd. II (Berlin 1908) S. 324—101 mit Atlas Taf. 30—44.
*) Unter den Künstlern des Altertums scheinen vor allem M y r o u ,
Lysipp und P as i teles als Tierbildner berühmt gewesen zu sein; ein
besonderes Wort wie das französische „animalier" hat die griechische Sprache
für diese Kunstgattung nicht geschaffen. Über A n t i p h i 1 o s s. S. 300.
^) Der Kamelkopf bei Amelung Nr. 202 und Taf. 41; der Eselskopf
ebenda Nr. 182 c Taf. 30. Die vatikanische Windhundgruppe bei Amelung
Nr. 116 und Taf. 31; andere Windhunddarstellungen ebenda u. a. Nr. 114 und
117 (Taf. 31) und (laufend) Nr. 169 (Taf. 37). Eine andere , sehr schöne
Windhundfigur enthält die Sammlung Baracco in Rom ; vergl. Kollektion
Baracco (München 1892). — Das Mutterschwein mit den 12 Ferkeln bei
Amelung Nr. 194 (Taf. 40). Ein Aöenrelief des Kopenhagener Thorwaldsen-
museums, Arndt-Amelung, Einzelverkauf Nr. 148, stellt sehr launig eine
Fütterungsszene dar; s. auch Keller, Antike Tierwelt I. S. 4 Fig. 1 (Fig. 6).
Bequeme Zusammenstellungen über antike Tierskulpturen bietet S. Rein ach
im Repertoire de la Statuaire Grecque et Romaine, 3 Bde., Paris 1897 ff. ; s. vor
allem Band III S. 285 ff. und die Angaben des sehr ausführlichen Inhalts-
verzeichnisses. Vergl. auch R.Piper, Das Tier in der Kunst (München 1910)
S. 40ff.
^) Über den Bronzewidder von Palermo vergl. E. Heydemann,
Archäolog. Zeitung 1870 zu Taf. 25. Von der Gruppe einer Ziege, die ihr
Zicklein säugt, im Vatikan (Nr. 238 Taf. 39 bei Amelung), ist nur der Leib
des größeren Tieres mit Stammansatz antik. Das vatikanische Exemplar des
Ebers bei Amelung Nr. 206 (Taf. 41), das florentiner bei Amelung,
Führer durch die Antiken von Florenz Nr. 9. Ein schönes Eberrelief der
Madrider Antikensammlung (Nr. 337 bei Hübner, Antike Bildwerke in
Spanien) ist bei Keller, Antike Tierwelt I S. 405 Fig. 141 abgebildet; s.
auch A r n d t - A m e 1 u n a: Einzelverkauf Nr. 1699.
— 302 —
7) Jahrg. XXir (1908) S. 681 ff. Dürers Pflanzen- und Tierzeich-
nungen und ihre Bedeutung für die Naturgeschichte hat, wie hier erwähnt
sein mag, Seb. Killermann in den Studien zur deutschen Kunstgeschichte
Heft 119 (Straßburg 1910) sorgsam und mit wertvollen Ergebnissen behandelt.
Als Äußerung eines Künstlers zur Zoologie ist interessant die Vorrede
Q. Gardets zu E. Bayards Animaux d'apres nature.
*) Über die Seetiere vergleiche Keller, Antike Tierwelt I S. 4U7ff.
und die dort angeführte Fachliteratur. Die Nashorndarstellung des pompe-
janischen Reliefs Museo Borbon. XIII 22 beurteilt Keller S. 387 (mit
Fig. 135 auf S. 388) zu günstig; freilich ist sie als Versuch der Wiedergabe
der wirklichen Hautfalten dem mit bloßen Schuppen bedeckten Nashornkopf
bei Amelung, Vatikan. Museum Nr. 227 (Taf. 43) bei weitem vorzuziehen;
ob der Verfertiger des vatikanischen Kopfes nie ein Nashorn gesehen haben
kann, bleibt vielleicht besser offen.
'■>) Vergl. M. Collignon, Lysippe (Paris v. I.) S. 93 f. mit Fig. 22 auf
S. 113; Heibig, Führer durch die Antikensammlung in Rom II Nr. G09, der
mit Recht das Pferd der Reiterstatue Alexanders des Großen aus Herculanum
im Neapler Museum zum Vergleich heranzieht. — Über das von Löschcke
zuerst in seiner Bedeutung erkannte Relief des Lonvre s. Collignon S. 59f.
mit Fig. 12 auf S. 57.
"^) Vergl. Collignon, Histoire de la Sculpture Grecque Bd. I (Paris
1892) S. 475 f. mit Fig. 245.
") Vergl. H. B. Walters Catalogue of the Bronzes Greek, Roman
and Etruscan, in the British Museum (London 1899), vor allem Nr. 1751 — 1928.
Über die Tierbilder der römischen Feldzeichen, von denen der Wüstenroder
Leopard mit das beachtenswerteste ist, vergl. die Zusammenstellungen bei
A. V. Domaszewski, Religion des Römischen Heeres.
'2) Eine Kröte in Rosso antico bei Amelung Nr. 105 (Taf. 30), ein
Taschenkrebs ebenda Nr. 229 (Taf. 43). Aus dem Kreise der neueren Funde
von Kreta soll wenigstens auf die Fische der Fayenceplatte aus Knossos und
auf ein ähnliches Wandbild aus Phylakopi hingewiesen werden ; beide sind
gut abgebildet bei E. Per nice in G. Lehner ts Illustrierter Geschichte
des Kunstgewerbes Bd. I zu S. 70.
'ä) Es mag hier der Wunsch ausgesprochen werden, daß die Kataloge
der Antikensammlungen einmal von selten eines Zoologen
systematisch einer gründlichen Revision unterzogen werden
möchten, die die vielen Fragezeichen und zweifelhaften Benennungen tun-
lichst beseitigt. Die Sala degli animali enthält u. a. die plastische Wiedergabe
eines Fettschwanzschafes (Nr. 118, Taf. 31 bei Amelung): der weiße Kopf
des Tieres ist zoologisch unrichtig ; einen genau entsprechenden Kopf von
der geforderten schwarzen Farbe hat Amelung in Florenz (Nr. 129 seines
Katalogs der Florentiner Antiken) nachgewiesen.
!■*) Vergl. Keller , Antike Tierwelt I S. 113. Collignon, Lysippe
8.84 f. mit Fig. 23 auf S. 117. Über das Gesamtgebiet s. B. Beckmann,
Geschichte und Beschreibung der Rassen des Hundes, II. Bd. mit Illustration,
Braunschweig 1894. Wir bedürfen einer eingehenden, mit dem vollen antiken
Material arbeitenden Monographie für die Hunde des Altertums in ganz
— 303 —
besonderem Maße. Bemerkenswert wegen des Materials, aus dem er her-
gestellt ist, ist u. a. der Hund aus Serpentin im Konservatorenpalast (Heibig I
Nr. 575).
^^) Über den Luchs und den Sumpfluchs s. Keller, Tiere des Alter-
tums I. S. 71f. und 81 f. mit Fig. 21 und 27. Zum Panther und Gepard
vergl. Keller, Antike Tierwelt I S. 62 ff. und Tiere des klassischen Alter-
tums S. 147 ff. Schon für das Tier des Dionysos auf dem Relief des Lysikrates-
Denkmals ist die Frage aufgeworfen worden, ob der unbekannte Künstler
einen Panther oder einen Löwen hat darstellen wollen. Gelegentlich benützte
man die Naturfarbe des Steines, um auch die Färbung der Tiere wiederzu-
geben oder wenigstens anzudeuten ; eine Ibisfigur der Villa Albani in Rom
besteht aus Rosso antico (Heibig, Führer II Nr. 842 [682]). Am bedeut-
samsten ist der aus Alabaster mit eingelegtem nero antico und giallo antico
bestehende „Leopard" der Sala degli animali, Nr. 154 (Taf. 36) bei Ame-
lung (Fig. 9).
^^) Abbild, u.a. bei Colli gnon (Lysippe S. 84), der schwerlich mit
Recht an Lysipp als Schöpfer des Originals denkt (S. 76) und dem Kopisten
die Wahl eines Hirsches statt der Hindin zuzuschreiben geneigt ist.
") Die Becher von Vaphio sind außer bei Keller, Antike Tierwelt I
S. 344 Fig. 121 abgebildet u. a. bei Collignon, Sculpture Grecque I S. 47f.,
ebendort S. 53 Fig. 28 das Wandgemälde des fälschlich so genannten Stier-
bändigers aus Tiryns und S. 28 Fig. 10 der silberne Stierkopf, den S ch He-
rn a n n in Mykenä gefunden hat.
'^) Über die Viverre s. Keller, Antike Tierwelt I. S. 157 Fig 55, über
den Serval ebenda I S. 66 Fig. 17, über die Frage des mykenischen Schafes
ebenda I S. 310.
^^) Paus an., X 13, f. ; ein Exkurs über die „Bison"- Jagd ist aus un-
bekannter Quelle, vielleicht nach der Erzählung des Fremdenführers von
Delphi, beigefügt.
^°) Den Zebu behandelt eingehend Keller, Tiere des klassischen
Altertums S. 66 — 72.
"^) Vergl. Keller , Tiere des klassischen Altertums S. 106 ff. Über das
Relief von Vienne Stark, Städteleben und Altertum in Südfrankfeich S. 578.
Die Bärengruppe der Sala degli animali bei Amelung Nr. 108 (Taf. 39) ;
die Berner Bronze ist abgebildet bei J. Bachof en , Der Bär in den Religionen
des Altertums (Basel 1863) Taf. I Fig. 1. Zur Aachener Bärin s. Friederichs-
Wolters Gipsabgüsse des Berliner Museums Nr. 1702.
^^) Vergl. im allgemeinen Keller, Tiere des Altertums I S. 24ff.
Die Monographie von J. B. N o r d h o f f , Über den Gebrauch und die Bedeutung
des Löwen in der Kunst, vorzüglich in der christlichen (Münster 1864,
Freiburger Dissertation) bedarf sehr der Erneuerung. Keller ist geneigt,
auch in den Löwendarstellungen der späteren antiken Kunst im wesentlichen
die Nachahmung des altorientalisch-asiatischen Löwentypus zu erkennen ; ich
glaube nicht, daß sich diese Anschauung bei genauerer Prüfung der ein-
schlägigen Bildwerke aufrecht erhalten läßt. Über die Löwen des Regens-
burger St. ülrichsmuseums , schlechte Provinzialarbeit, s. 0 r t n e r , Das
römische Regensburg.
— 304 —
^') Th. Schreiber, Die hellenistischen Reliefbilder (Leipzig 1894),
dort vor allem Taf. 1 Säugende Löwin ; Tai. 2 Säugendes Mutterschaf ; Taf. 74
Bauer und Kuh am Brunnen ; Taf. 75 Rinderherde ; Taf. 77 Hirt, eine Ziege
melkend ; Taf. 78 Löwe, einen Stier zerfleischend ; Taf. 108 a Elefant und
Panther (s. S. 305 Anm. 36).
2*) Das Nilmosaik bei Keller, Antikes Tierleben I S. 158 Fig. 57,
das Wandbild mit den Wüstentieren ebenda I S. 293 Fig. 96.
-'") Das Mosaik der Vatikan. Bibliothek bei Hei big, Führer II 955.
t'Jber farbige Terrakottaplatten mit Nillandschaften Hei big, Führer II
S. 368 und die dort angeführte Literatur. Die vatikanische Nilstatue
(Heibig I Nr. 47) zeigt auf ihrem ßasisrelief Kämpfe zwischen Krokodilen
und Nilpferden, zwischen Krokodil und Ichneumon, außerdem Wasservögel,
darunter vielleicht den viel umfabelten Trochilos.
^*) Das Treibjagdmosaik von Utica ist farbig abgebildet bei Th. Morgan,
Romano-British Mosaic Pavements (London 1886) auf Taf. zu S. 247 ; ebenda,
gleichfalls farbig, zu S. 275 das Fischfangmosaik. Mit dieser Darstellung des
Fischfanges läßt sich am ehesten vergleichen das kleine Silberrelief bei
Th. Schreiber, Alexandrinische Toreutik (S. 325 Fig. 63), wo neben den
Fischen ein Seepolyp erscheint, der von einem Fischer mit der dreizackigen
Gabel durchbohrt wird, ferner Seekrebse und ein Seevogel (schwerlich eine
Ente, wie Schreiber annimmt).
-'•) S. Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 82 Fig. 24. Über
die Mosaiken des Bardo - Museums berichtet an der Hand des Supplement-
bandes zum Musee Alaoui A. Schulten im Archäol. Anzeiger 1909 S. 190 ff.
mit Abbildungen 1 und 2.
'-**) Abbildungen bei Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 133
Fig 30 und S. 145 P'ig. 32, doch steht meines Wissens leider nicht fest, wie
weit das Spiegelbild des Panthers, das in dem Käfig des letzteren Bildes
erscheint, auf richtiger Wiedergabe des Originals beruht. Den Bericht Allans
(Nat. anini. XIII 10) kann man jedenfalls nur den Hauptzügen nach zum Ver-
gleich heranziehen.
29) Vergl. J.W a cht 1er, Die Blütezeit der griechischen Kunst im
Spiegel def Reliefsarkophage (Leipzig 1910), der S. 59f. die Eberjagdszene
gut erörtert, dagegen in bezug auf die Längsseite mit der Löwenjagd m. E.
nicht im Recht ist.
^°) Auch hier wende ich mich gegen W a c h 1 1 e r s Ausführungen a. a. 0.
S. 91 f. Als Lockspeise für den Löwen ist der Hirsch allerdings nicht zu
denken. Die Äußerung gegen die unwaidmännische Rohheit, mit der der
Perser mit der Axt auf das geängstigte Tier losschlägt, trägt wohl ein kaum
dazu gehöriges Moment in die Interpretation des Bildwerkes hinein.
^1) Über die pompejanischen Reliefs s. Overbeck-Mau, Pompeji
(Leipzig 1884) S. 191 ff. mit Fig. 110—114 und H. Lamer, Die Römische
Kultur im Bilde (Leipzig 1910), S. 18. Die Terrakottaplatte des Museo
Kircheriano bei Hol big 11 S. 368. Als Beispiel für den Jagdsport als
integrierenden Bestandteil im Leben des vornehmen Römers mag der Sar-
kophag im vatikanischen Cortile del Belvedere Nr. 93 Taf. 7 bei A m e I u n g
antjeführt sein.
— 305 —
3^) Vergl. Hei big II S. 134 ff. und besonders W. Henzen, Expli-
catio rausivi in Villa Borghesiana asservati (Rom 1845); der letztere hat auch
ein Relief der Sammlung Torlonia mit Tierkämpfen gelehrt erläutert in Annal.
deir Instituto Archeologico XIV (1842) zu Monum. dell' Inst. Taf. XXXVIII.
33) Vergl. K. Humann, Altertümer von Hierapolis (Berlin 1898),
S. 63 ff. mit Fig. 12 und 13. Ein Stier im Kampfe mit einer Bärin (?) er-
scheint auf einem Gemälde der Brüstungsmauer des Amphitheaters von Pom-
peji, s. 0 V e r b 6 c k - M a u a. a. 0. S. 181 f. mit Fig. 105.
^^) Der römische Mosaikfußboden in Westerhofen (vergl. I. von H e f -
n e r in dem Oberbayer. Archiv Bd. XIII Heft 1) zeigt uns, wie ein Bär an
einen Stier heranschleicht. Das Mosaik von Nennig (s. Springer- Michaelis,
Handbuch der Kunstgeschichte 7 I S. 437 Abb. 768) zeigt u. a. einen vom
Bestiarius erlegten Panther, der mit der linken Vordertatze den einen Speer,
der ihn durchbohrt hat, herauszureißen sucht. Den Trierer Glasbecher hat
herausgegeben und interessant erläutert E.Krüger in den Bonner Jahr-
büchern Heft 118 (Bonn 1910) S. 353 ff. mit Taf. XXV— XXVII. Das Eich-
hörnchen auf dem Bilde ist gewiß nicht bloße Füllfigur; vergl. den Hasen
des Reliefs bei U verbeck- Mau a. a. 0. S. 192 f mit Fig. 114. Die Gruppe
des Ebers mit dem Panther bei H e 1 b i g I Nr. 558.
^^) Eine gute Wiedergabe bei P. Hermann, Denkmäler der Malerei
des Altertums (München 1906 ff.) Taf. 9.
*') Den Panther mit der Schlange hat Keller, Tiere des Altertums
S. 152 Fig. 34 abgebildet.
^^) Zur Zähmung der Tiere vergl. u. a. P. Hachet-Souplet, Dres-
sur der Tiere mit besonderer Berücksichtigung der Hunde, Affen, Pferde,
Elefanten und wilden Tiere, deutsch von Marschall von Bieber stein
(1898). Eine erschöpfende Bearbeitung des antiken Materials fehlt meines
Wissens noch.
^^) Über die Kunstdarstellungen des Dionysossiegeszuges vergl. Hel-
bigs Führer I Nr. 676 und Benndorf-Schoene, Katalog des laterani-
schen Museums (Leipzig 1867) Nr. 408. Über Eros auf dem Panther s. u. a.
Hei big I Nr. 137, auf der Bärin I Nr. 678.
*") Der lateranische Sarkophag in Benndorf-Schoenes Katalog
Nr. 421; eine Abbildung u. a. bei R. Garrucci, Monumenti del Museo La-
teranense (Rom 1861) I 2 — 4 ; Wettfahrten von Eroten auf Wagen, die mit
wilden Tieren bespannt sind, z. B. bei Reinach, Repertoire I S. 57.
•* ') Vergl. S p r i n g e r - M i c h a e 1 i s , Handbuch der Kunstgeschichte 7 I '
S. 292 f. mit Fig. 517. Exemplare der nicht travestierten Grappe finden sich
z. B. im Rheinland (Kölner Museum), siad aber auch sonst offenbar zahlreich
zu finden gewesen.
20
— 306
Robert Kocli
geb. 11. XII. 1843 zu Clausthal, gest. 27. V. 1910 zu Baden- Baden.
Mit Porträt
von
A. Libbertz.
Robert Koch ist auf Grund seiner epochemachenden
Arbeit „Die Ätiologie der Tuberkulose" am 10. März 1883 Träger
des Tiedemann-Preises und korrespondierendes Mitglied unserer
Gesellschaft geworden. Als erste von einer wissenschaftlicheu
Korporation ihm zuteil gewordene öffentliche Anerkennung wurde
diese Auszeichnung von ihm stets besonders hoch gehalten.
Zwei Jahre zuvor hatte Koch seine Methode zur Unter-
suchung von pathogenen Mikroorganismen bekannt gegeben. Die
von ihm beschriebene Kultur auf festem durchsichtigem Nähr-
boden war allen anderen Methoden der Reinkultur an Sicher-
heit und leichter Handhabung überlegen. Für die Reinzüchtung
der Tuberkelbazillen hatten indessen die bisher bewährten Nähr-
böden versagt. Da fand Koch, daß Blutserum bei längerer
Erwärmung auf 65'^ fest wird und durchsichtig bleibt. Auf
diesem Nährboden gelang es, die Stäbchen in Reinkultur zu
züchten, und durch die Wiedererzeuguug der Krankheit mit der
gewonnenen Reinkultur war die ätiologische Bedeutung der ge-
fundenen Bazillen erwiesen. Es war zum ersten Male gelungen.
den Beweis für die parasitische Natur einer menschlichen In-
fektionskrankheit, und zwar der wichtigsten von allen, voll-
ständig zu liefern.
„Meine Untersuchungen," sagte Koch, „habe ich im Inter-
esse der Gesundheitspflege unternommen, und dieser wird auch,
wie ich hoffe, der größte Nutzen daraus erwachsen". Und in
— 309 —
der Tat, von der Entdeckung Kochs datiert die neue Ära der
Gesundheitspflege, die ihre Maßnahmen auf die Erkenntnis der
Biologie der Krankheitserreger und deren Verbreitnngsweise
mit glänzendem Erfolge zu basieren vermochte. Das Vorbild
für die Bekämpfung aller anderen Krankheiten ist die von
Koch in die Wege geleitete zielbewußte Bekämpfung der Tuber-
kulose geblieben.
Mitten aus dieser so viel versprechenden Tuberkulosearbeit
wurde Koch im Jahre 1883 zur Erforschung der Cholera ab-
gerufen, die in Ägypten ausgebrochen war und Europa bedrohte.
Die Seuche war, bald nachdem die von Koch geführte Kom-
mission ihre Arbeit begonnen hatte , in Ägypten erloschen ;
aber Koch, der bereits in einigen Fällen wichtige Beobach-
tungen in den Darmausleerungen Kranker gemacht, folgte ihr
.nach Indien, ihrem Heimatlande, und fand dort ihren Erreger,
ein schraubenförmiges Stäbchen, den sogenannten Kommabazillus.
Die Studien über die Biologie des in Reinkultur gewonnenen
Mikroorganismus führten zum klaren Verständnis der Verbrei-
tungsweise dieser wegen ilires akuten Verlaufs so gefürchteten
Krankheit und damit zur Erkenntnis der zu ihrer erfolgreichen
Bekämpfung notwendigen praktischen Maßnahmen. Der kranke
Mensch ist der Träger, Vermehrer und Verbreiter der Cholera-
keime: die ersten Krankheitsfälle müssen daher rechtzeitig er-
kannt, isoliert und unschädlich gemacht werden, um eine Ver-
breitung der Krankheit wirksam zu verhüten. Die hierauf
gerichteten Vorschläge Kochs wurden von der internationalen
Sanitätskonferenz zu Dresden 1883 angenommen und bewährten
sich 1893 beim Ausbruch der Cholera in Hamburg in glänzender
Weise. Ihnen verdankt es Deutschland, daß es damals von einer
allgemeinen Epidemie verschont geblieben ist.
Nachdem die Cholerauntersuchungen zum Abschluß gelangt
waren, wandte sich Koch wieder seinen Tuberkulosestudien
zu. In jahrelangen Versuchen war er bemüht, ein Mittel zu
finden, um die außerhalb des Körpers leicht zu tötenden Para-
siten auch innerhalb des lebenden Organismus zu vernichten.
Auf dem X. internationalen Kongreß zu Berlin 1890 machte er
die Mitteilung, daß dieses Mittel von ihm gefunden sei, und bald
darauf folgte seine grundlegende Publikation über das Tuber-
kulin, mit Hilfe dessen die Tuberkulose in ihren ersten Stadien
— 310 —
nicht nur erkannt, sondern auch, wie er hoffte, geheilt werden
könne. Diese Veröffentlicliung wurde von Ärzten und Laien
mit beispiellosem Enthusiasmus aufgenommen, und überall wurden
die übertriebensten Hoffnungen an das neue Wundermittel ge-
knüpft. Die notwendig folgenden Enttäuschungen wären der
Welt erspart geblieben, hätte man sich nur an das gehalten,
was Koch versprochen hat, und wäre das Mittel nicht in zahl-
losen gänzlich ungeeigneten Fällen zur Anwendung gebracht
worden. Als nun die übertriebenen Hoffnungen sich nicht ver-
wirklichten, als sogar manche der mit Tuberkulin behandelten
Kranken infolge zu heftiger Reaktion zugrunde gingen, war
Robert Koch, der gefeierte Forscher, der Wohltäter der
Menschheit, bald einer der bestgehaßten Männer des In- und
Auslandes. Und doch hatte er recht und hat recht belialten!
Das Tuberkulin hat sich bewährt als das beste Diagnostikum.
der Tuberkulose in ihren ersten Stadien : es hat auch als Heil-
mittel gehalten, was Koch von ihm gesagt, und sich bewährt
in der Hand sorgsamer Ärzte.
Die Ungerechtigkeit der Welt hat Koch mit Gleichmut
getragen, und unentwegt hat er an der Vervollkommnung seiner
Tuberkulinpräparate weiter gearbeitet. Er erkannte, daß die
Leiber der Tiiberkelbazillen das heilende Agens darstellen, und
um sie aufzuschließen, unternahm er das gefährliche Experiment,
die scharf getrockneten lebenden Kulturen im Achatmörser zu
zerreiben. In Emulsion gebracht stellt dieses Präparat das
„neue Tuberkulin" dar.
Abermals wurden diese Studien unterbrochen. „Gerade
jetzt," schrieb mir Koch im November 1896, „wo ich mich
ausschließlich mit der Ausarbeitung des neuen Verfahrens für
die Praxis beschäftigen möchte, wird mir ein Strich durch die
Rechnung gemacht. Die Regierung der Kapkolonie hat sich
an unser Auswärtiges Amt mit dem Ersuchen gewendet, mich
zur Untersuchung der Rinderpest nach Südafrika zu senden.
Anfangs verhielt ich mich ablehnend ; aber die Sache gestaltete
sicli immer mehr zu einer Art Ehrensache, der ich mich nicht
mehr entziehen konnte, namentlich da auch politische Gründe
ins Feld geführt wurden." Am 1. Dezember 1896 traf Koch
in Kapstadt ein, und Ende März 1897 konnte er seine Unter-
suchungen in Kimberley abschließen, die zwar nicht zur Ent-
— 311 —
deckling des Erregers der Rinderpest, wohl aber zur Auffindung
eines Verfahrens geführt hatten, um die Tiere gegen die Seuche
zu immunisieren. Die Gallenimpfung wurde zum größten Segen
für Südafrika.
Inzwischen war in Bombay die Bubonenpest ausgebrochen,
und die deutsche Regierung hatte beschlossen, eine wissen-
schaftliche Mission dorthin zu entsenden ; es war selbstverständ-
lich, daß Koch zu ihrem Führer ernannt wurde. Da aber die
direkten Dampferlinien wegen der Pestquarantäne die Fahrten
eingestellt hatten, konnte Koch nur auf Umwegen über Ost-
afrika und Aden nach Bombay gelangen. So kam es, daß er
erst im Mai B(jmbay erreichte, wo, wie er in seinem Bericht
bescheiden sagte, die deutsche Pestkommission unter Führung
seines Stellvertreters Gaffky den größten Teil ihrer Arbeiten
bereits erledigt hatte. Indessen waren sehr wichtige Fragen
offen geblieben, insbesondere die Fragen der künstlichen Immuni-
tät gegen Pest und der Verwendbarkeit des von hochimmuni-
sierten Tieren gewonnenen Serums zu Schutz- und Heilzwecken.
Koch ging von Indien wieder nach Afrika zurück und zwar
nach Ostafrika zur Untersuchung einer westlich vom Viktoria-
Njansa im Sultanat Kisiba ausgebrochenen pestartigen Krankheit.
Dort bot sich ihm ein reiches Feld der Tätigkeit. Während
sein Assistent Zupitza den Herd der Seuche aufsuchte, um
das erforderliche Untersuchungsmaterial zu beschaffen, konnte
Koch sich ungestört den Studien über tropische Malaria, über
Texasfieber, über Tsetse- oder Surrakrankheit der Rinder und
über die sanitären Verhältnisse des für Besiedelungszwecke und
zur Anlage eines Sanatoriums in Aussicht genommenen Usam-
baragebirges widmen. Die Untersuchung des von Zupitza ge-
sandten Pestmaterials führte zu dem einwandfreien Ergebnis,
daß die fragliche pestartige Krankheit echte Bubonenpest war.
Auch hier wie in Indien erkannte Koch die Ratten als Haupt-
überträger der Seuche.
Vor allem war es die Malaria, die wichtigste Menschen-
krankheit der Tropen, deren Studium Koch mit gewohnter
Energie in Angriff nahm, und deren Entstehung und Verbreitung
trotz Laver ans Entdeckung in Dunkel gehüllt war. Koch
neigte sich schon damals der Ansicht zu, daß die Übertragung
der Infektionskeime durch Moskitos wahrscheinlich die einzige
— 312 —
sei. „Wohin man sich auch wendet, überall findet man ein
örtliches und zeitliches Zusammentreffen in bezug auf das Vor-
handensein der tropischen Malaria und der Moskitos." Den
Beweis für die Moskitotheorie als erster zu führen, war ihm
indessen nicht vergönnt. Der indische Militärarzt Ross war
ihm zuvorgekommen, eben als er auf Grund eigener Unter-
suchungen zu beweisenden Ergebnissen gelangt war. Die Be-
stätigung durch Koch verschaffte der Entdeckung von Ross
sogleich die weiteste Verbreitung und Anerkennung.
Ganz hervorragende Verdienste erwarb sich Koch nicht
nur um die Erkenntnis der Malaria sondern vor allem auch um
ihre Bekämpfung. Er stellte fest, daß es drei Malariaarten
gibt: die Tertiana, die Quartana und die von ihm so benannte
Tropica, deren jede durch einen wohl charakterisierten Parasiten
hervorgerufen wird. Zum Nachweis der Malariaverhältnisse einer
Gegend bewährte sich Koch die Untersuchung der Kinder, die
später in Batavia in großem Maßstabe angestellt wurde. „Wir
brauchen nur ein Blutpräparat anzufertigen", sagt Koch, „dann
finden wir die Malariaparasiten darin und haben damit den un-
umstößlichen Beweis dafür, daß der betreffende Mensch den
Infektiousstoff in sich trägt. Auch das Unscliädlichmachen der
Malariakranken ist nicht schwierig. Wir haben im Chinin ein
ausgezeichnetes Blutdesinfektionsmittel, und wir sind imstande.
mit demselben die Parasiten zu beseitigen. Werden nun alle
Parasitenträger an einem Orte von ihren Malariaparasiten be-
freit, dann ist derselbe malariafrei gemacht." Dies war das
Prinzip, nach dem Koch in Batavia, Neu-Guinea, auf den brio-
nischen Inseln und an anderen Orten erfolgreich die Malaria
bekämpfte.
In Ostafrika waren es außer der Malaria die seuchen-
artigen Rinderkrankheiten, die durch Trypanosomen verursachte
Surrakrankheit und das Texasfieber, dessen Erreger ebenfalls
ein Blutparasit, das Pt/rosot/ia bnieminiini^ ist, denen Koch seine
Studien widmete. Vom Texasfieber stellte er fest, daß es mit
der in Amerika von Smith und Kilborne sorgfältig studierten
Viehseuche übereinstimmt. Sie wird durch die Rinderzecke
übertragen, aber nicht direkt, sondern durch die Nachkommen
der infizierten Zecke. Dies war bereits von Smith behauptet
worden, aber den Beweis dafür hat erst Koch durch sein be-
— 313 —
rühmt gewordenes Experiment erbracht. In Daressalam wurden
Rinderzeeken von einem texasüeberkranken Kalbe abgenommen
und in Gläsern unter Watteverschluß aufbewahrt. Die Zecken
legten ihre Eier ab, und bald entwickelten sich daraus die
jungen Zecken. Diese brachte Koch auf einem zwei Wochen
dauernden Steppeumarsch nach W^estusambara an einen Ort, wo
niemals Texasfleber vorgekommen war, und setzte dort die
jungen Zecken auf gesunde Tiere aus. Zweiuudzwanzig Tage
später fanden sich bei der Blutuntersuchung zum ersten Male
Pyrosomeu in den roten Blutkörperchen der Versuchstiere. Durch
weitere Versuche stellte Koch fest, daß das Überstehen des
Texasfiebers in der leichtesten Form vollkommene Immunität
gegen eine Infektion mit erheblichen Mengen von Texasfieber-
blut verleiht.
Im Jahre 1908 folgte Koch noch einmal einer Einladung
der englischen Regierung nach Rhodesia in Südafrika zur Er-
forschung und Bekämpfung einer dort die Rinderherden dezi-
mierenden Seuche. Er erkannte sie als das durch einen Blut-
parasiten — Pyrosoma — erzeugte Küstenfieber. „Es war",
schrieb er mir aus Bulawayo (Rhodesia) im Oktober 1903, „eine
recht schwierige Aufgabe; die ich hier zu bewältigen hatte, und
ich bin auch jetzt eigentlich noch nicht damit fertig. Das
Schutzimpfungs verfahren, welches ich herausgefunden habe, hat
auf unserer Versuchsstation recht gute Erfolge gegeben ; aber
es fragt sich nun, wie es sich in der Praxis bewähren wird.
Auf jeden Fall hat es zwei ausgezeichnete Eigenschaften: es
ist ganz ungefährlich und kostet so gut wie nichts. Anfangs
hatte ich meine ganze Hoffnung auf Serum und Korabination
von Serum und Infektion gesetzt ; aber die Verluste sind dabei
zu groß. Jetzt lasse ich das Blut der immun gewordenen oder
auch der künstlich immunisierten Tiere, welches regelmäßig eine
geringe Anzahl von Parasiten enthält, wiederholt einspritzen.
Es folgen dann kaum merkliche Reaktionen und eine mit der
Zahl der Einspritzungen immer höher und fester werdende
Immunität. Es ist eine gewisse Ähnlichkeit mit der Malaria-
immunität. Überhaupt sind mir bei diesen und anderen zu
gleicher Zeit in Angriff' genommenen Untersuchungen, welche
sich alle auf Protozoeninfektionen beziehen, meine Kenntnisse
der Malaria außerordentlich zugute gekommen."
— 314 —
Zum weiteren Studium der Protozoenkranklieiten ging
Koch 1905 abermals nacli Ostafrika. Diesmal galten seine
Studien besonders dem afrikanischen Rekurrens , einer dem
europäischen Riickfalltieber nahestehenden Krankheit. Beide
werden, wie bekannt, durch Spirochäten verursacht. In Ost-
afrika erkrankten fast alle Europäer, welche die Karawanen-
straße benutzten, an Rekurrens, und besonders infektiös schien
die Strecke von Daressalam bis nach Morogoro zu sein. Als
Überträger der Krankheit erkannte Koch eine besondere Zecken-
art, Ornithodotus moubata. Die Übung im Päpariereu der Zecken,
die er sich bei seinen Untersuchungen über Texasfieber erwor-
ben hatte, kamen ilim hier ausgezeichnet zustatten. Er ließ
sich aus verschiedenen Ortschaften der Karawanenstraße Zecken
kommen und zerlegte sie, ihre Organe einzeln mit verdünntem
Serum auf Deckgläser ausgestrichen, jedes für sich, also den
Magen, auch den Inhalt des Magens, dann die Malpighischen
Körper, die Speicheldrüse, die Ovarien, die Ovidukte usw. Als
Koch die nach Giemsa gefärbten Präparate mikroskopisch
durchsah, fand er in einigen von diesen Zecken Spirochäten,
und was besonders merkwürdig war : sie befanden sich nur
an den Ovarien. Die Zecke lebt ausschließlich in menschlichen
Wohnungen ; sie findet sich auch regelmäßig in den Rasthäusern
der Karawauenstraße und lebt ausschließlich von Menschenblut.
Den Tag über tief in der Erde versteckt kommt sie nachts
hervor, saugt sich am schlafenden Menschen voll und geht
dann schleunigst wieder in die Erde hinein.
Kochs Forschungen wurden für die Prophylaxe auch
dieser Kranklieit maßgebend. Es genügt, daß man, namentlich
zur Nachtzeit, von den Stellen entfernt bleibt, von denen man
weiß, daß sich dort Zecken aufhalten. So schützten sich Koch
und seine ihn begleitenden Europäer auf iliren Märschen nach
Morogoro und Iringa durch diese einfache Vorsichtsmaßregel,
während die eingeborenen Diener, die mit den Trägern zu-
sammen unter Schutzdächern schliefen, an Rekurrens erkrankten.
Im August 1905 schrieb mir Koch: „Nun bin ich doch
eher zu einem Abschluß meiner Arbeiten gekommen, als ich
erwartet hatte, und ich kann an die Rückreise denken. Vorher
will ich aber noch einen Abstecher an den Viktoria -Njansa
machen, in das von der Schlafkrankheit verseuchte Gebiet. Ich muß
— 315 —
diese Reise machen, weil ich in bezug auf die Eutwickelung
der Trypanosomen in der Tsetsefliege so interessante Dinge
gefunden habe, daß ich daraufhin noch die Glossina palpalis,
die Überträgerin der Schlafkrankheit, untersuchen muß."
Diese Studien waren die Vorbereitung zu der großen Ex-
pedition Kochs zur Bekämpfung der Schlafkrankheit, die der
62jährige im nächsten Jahre (1906) ausgeführt hat. Nach
mehrmonatlichem Aufenthalt in Amani, der biologischen Ver-
suchsstation in Ostusambara, begab sich die Expedition auf die
im Viktoria-Njansa gelegenen Sese-Inseln, den schlimmsten Herd
der Schlafkrankheit. Hier beständig bedroht von der Gefahr,
infiziert zu werden, verbrachte Koch über ein Jahr. Von den
Schwierigkeiten, mit denen dieses Leben verbunden war, mögen
Stellen aus seinen Briefen ein Bild geben. Er schrieb: Sese
bei Entebbe, November 1906 „Ich wohne in einer Grashütte,
die mein Zelt einschließt, in fortwährendem Kampf mit Moskitos
und Ameisen. Die Verpflegung ist jämmerlich. Ziegenfleisch,
Hühner und gedämpfte Bananen bilden den Grundstock. Aber
in welcher Zubereitung! Ich kann schon viel vertragen, aber
das geht auch über meine Nerven." Und aus einem späteren
Briefe: Sese bei Entebbe, August 1907 „Unterbrochen wurde
dieses Einsiedlerleben durch eine fast füufwöchentliche Krank-
heit, die in einer Lymphangitis bestand, von vernachlässigten
Sandflohwunden an den Füßen ausgehend, und die mich zwang,
den ganzen Tag sitzend oder liegend zuzubringen. Es war eine
gräßliche Zeit."
Die mit Trypanosomen behafteten Menschen wurden in
Lagern, die ein großes Krankendorf bildeten und natürlich frei
von Glossinen waren, konzentriert; dann, für ihre Umgebung
ungefährlich gemacht, wurden sie zum großen Teil durch Atoxyl
von ihrer absolut tödlichen Krankheit befreit. Für den oft sehr
schwierigen Nachweis der Trypanosomen im Blut und im Drüsen-
saft mußten besondere Methoden ausgearbeitet werden. Die
Untersuchungen über die Lebensweise und die Lebensbedingungen
der Glossina yalpaUs forderten eingehende Beschäftigung. Es
wurde festgestellt, daß außer den Menschen die Krokodile die
wichtigsten Blutlieferanten für die Glossina sind, und daß viel-
leicht auch das Flußpferd in Frage kommt. Bei keiner anderen
der verschiedensten darauf untersuchten Tierarten — bis auf
— 316 —
einen Affen — wuideu Trypanosomen gefunden; bei Hunden blieb
das Ergebnis der Untersuchung zweifelhaft. Die Olossina palpulis
ist die alleinige Verbreiterin der Schlafkrankheit, und zu ihrer
Bekämpfung wurden die energischsten Maßregeln ergriffen. Da
ihr Vorkommen an das Wasser gebunden ist — so zwar, daß
oft schon in einer Entfernung von hundert Metern vom Ufer der
vSeen und Flüsse keine einzige Glossina mehr gefunden wird —
und auch hier nur an Stellen, wo Buschwerk die Ufer umsäumt,
so wurde dieses in großer Ausdehnung durch Abholzen entfernt,
besonders an den Plätzen, die den Menschen als Zugang zum
Wasser dienten. Eine weitere Maßregel, den Glossinen Ab-
bruch zu tun, besteht darin, daß die Tiere, deren Blut sie saugen,
die ihnen also die unentbehrliche Nahrung liefern, beseitigt
werden. Durch die Untersuchung des im Magen der Glossinen
befindlichen Bluts ist leicht zu ermitteln, welche Tiere dies sind.
Für den Viktoria- Njansa kommt, wie erwähnt, vorwiegend das
Krokodil in Betracht, und dessen Vernichtung wird nach Kochs
Ansicht durch die von ihm vorgeschlagenen Maßregeln (Aufsuchen
der Nester, Zerstörung der Eier usw.) zu erreichen sein.
Im Oktober 1907 kehrte Koch, nachdem er seine Auf-
gaben mit glänzendem Erfolg zu Ende geführt, nach Deutsch-
land zurück. „Ich habe mich gleich nach meiner Rückkehr",
schrieb er mir, „daran begeben, die Tuberkulosestudien, welche
ich nun schon jahrelang wegen der Auslandsreisen liegen lassen
mußte, wieder aufzunehmen. Es war dies dringend notwendig,
weil inzwischen manche Dinge entdeckt und namentlich neue
Untersuchungsmethoden entstanden sind, mit deren Hilfe man
voraussichtlich ein ganzes Stück weiter kommen wird." Diese
Tuberkulosestudien beschäftigten Koch in unermüdlichster Ar-
beit, die es dem Jüngsten zuvortat, bis seine letzte Krankheit
ihn niederwarf. Und auch da, als er schwer krank, verließen
ihn die Gedanken daran nicht. Noch an seinem Todestage
setzte er mir ausführlich auseinander, was er mit seinen letzten
Tuberkulosearbeiten erreicht und welche Fragen er noch zu
lösen hoff'te.
Das Bild, welches ich von Robert Koch zu entwerfen
versuchte, konnte nur sehr unvollkommen wiedergeben, was er
für die Wissenschaft und für die Menschheit gewesen ist. Die
unendliche Arbeit, die in seinen wissenschaftlichen Leistungen
— 317 ~
steckt, wurde nur angedeutet, und Großes, was er zur Be-
kämpfung der Seuchen getan, wie die bewundernswerte Organi-
sation und Leitung des Kampfes gegen den Typhus an Deutsch-
lands westlicher Grenze, die den Erfolg hatten, daß die Zahl
der Erkrankungen auf Va gesunken ist, fand keine Erwähnung.
Es wurde nicht davon gesprochen, daß er uns die Unterscheidung
der menschlichen Tuberkulose von der Rindertuberkulose gelehrt
hat, die nach hartnäckigem Kampf, insbesondere gegen die
Tierärzte, jetzt fast allgemein anerkannt ist. Auch seine Stu-
dien über Lepra, bei der Koch die für ihre Verbreitung wich-
tige Tatsache festgestellt hat, daß die Leprabazillen vorzugs-
weise durch die Absonderung der Nase und des Rachens nach
außen entleert werden, seine Studien über die sogenannte ägyp-
tische Augenkrankheit, deren Erreger er entdeckte, über die
tropische Dysenterie, als deren Erreger er Amöben erkannte,
— alle diese Ergebnisse seiner Arbeiten sollen nur genannt
werden.
Die Zahl der Auszeichnungen, die Robert Koch zuteil
wurden, war eine große. Er war Ritter des Ordens pour le
merite, der höchsten Auszeiclmung, die einem Gelehrten für
wissenschaftliche Leistungen verliehen werden kann. Für seine
Forschungen über die Ätiologie und Bekämpfung der Cholera
erhielt er als ersten Orden überhaupt den Krouenorden II. Klasse
am schwarz-weißen Band mit dem Stern, eine nur ihm zuteil
gewordene Auszeichnung, und eine Dotation vom Deutscheu
Reich. Füi- seine Tuberkuloseforschungeu wurde ihm das Groß-
kreuz des roten Adlerordens verliehen, zu welcher Auszeichnung
ihn Minister von Goßler mit den Worten beglückwünscht
hat, daß diese bisher nur einem Gelehrten, Alexander von
Humboldt, zuteil geworden sei. Koch besaß den Wilhelms-
orden und verschiedene ausländische Ordenssterne. 1905 er-
hielt er den Nobelpreis, 1907 wurde er Wirklicher Geheimer
Rat mit dem Titel Exzellenz. Koch war Mitglied des Staats-
rates und der Akademie der Wissenschaften ; er war Ehren-
bürger von Berlin und gehörte der Armee als Generalarzt ä la
suite an.
Ich kann die Erinnerungen an Robert Koch nicht
schließen, ohne der Persönlichkeit gerecht zu werden. Was
soll man au diesem einzigen Manne mehr bewundern"? War es
— 318 ~
sein durchdringender Verstand, mit dem er oft die scheinbar
schwierigste Frage mit einem Schlage zu der denkbar einfachsten
gestaltete? War es seine große Beobachtungsgabe, der auf
dem Wege seiner Forschungen nichts entging, die ihn scheinbar
wenig Wichtiges verfolgen ließ und zu unerwarteten Eutdek-
kungen führte? Waren dies seine größten Eigenschaften, oder
war es seine Herzensgüte, mit der er die Verdienste anderer
stets neidlos anerkannte und für die ihm erwiesene Freund-
schaft dankbar blieb sein Leben lang? War es seine große
Einfachheit, die er sich bei allen Erfolgen bewahrte? Seine
Unersclirockenheit vor Gefahren? Koch war ein außerordent-
lich fleißiger Arbeiter, der an seine Körper- und Geisteskräfte
Anforderungen stellte, die seine Begleiter und Mitarbeiter oft
erlahmen ließen. Wenn er unter den drückendsten Einflüssen
der Tropensonue von früh bis spät tätig war, dienten ihm die
Werke Kants und der höheren Mathematik, ständige Begleiter
auf seinen Reisen, zur Erholung.
Koch hatte in seinem ersten Universitätsjahr Mathematik
und Naturwissenschaften studiert, und er ist ein sehr fleißiger
Student gewesen. Dies hat ihm die sichere Grundlage für sein
späteres, so außerordentliches Wissen auf allen naturwissen-
schaftlichen Gebieten gegeben.
Was Robert Koch geworden ist, verdankte er seinem
Genie; andere haben ihn wenig gefördert. Sohn eines höheren
Bergbeamten in Clausthal wurde er praktischer Arzt, ein un-
gemein beliebter Arzt, und ist es geblieben sein ganzes Leben.
Die Schwierigkeiten, die sich seinen Arbeiten im Anfang ent-
gegenstellten, waren groß ; er hat sie mit eiserner Energie über-
wunden.
Nun ist er dahingegangen; seine Werke aber sind un-
sterblich.
— 319 —
Besprecliungen.
Neue Veröffeutlichiingeii der Gesellschaft.
Abhandlungen der Senckenbergischeu Natuif ersehenden Ge-
sellschaft in Frankfurt a. M. Band 31, Heft 1, Seite 21—72.
„Die Farnpflauzen in der Umgegend von Frank-
furt a. M." von I. Müller-Knatz. 4^ Frankfurt a. M.
(Selbstverlag der Gesellschaft) 1910. Preis broschiert M. 3,50.
Der hiesige Kaufmann I. Müller-Knatz, ein ausgezeichneter Kenner
der heimischen Gefäßliryptogamen, hat in zwanzigjähriger eigener Sammel-
tätigkeit und durch regen Austausch mit anderen Sammlern ein ungewöhnlich
reichhaltiges Herbarium dieser formenreichen Gruppe blütenloser Pflanzen
zusammengebracht, das nach seinem am 5. Mai 1909 erfolgten Tode gemäß
letztwilliger Verfügung von seiner Witwe dem Senckeubergischen Museum
überwiesen worden ist. Das Herbar enthält in 25 Faszikeln nahezu sämtliche
in der näheren und weiteren Umgebung Frankfurts vorkommende Farn-
pflanzen nebst zahlreichen Monstrositäten und zwar die meisten Arten
nicht nur in einzelnen Exemplaren sondern in großen Reihen, aus denen ihre
Variabilität und ihr außerordentlicher Formenreichtum aufs deutlichste zu
erkennen sind. Manche von ihnen, z. B. der gemeine Rippenfarn, BJechnum
Spicant, und der Tüpfelfarn, jfolypodiiDn vulgare, sind in ganz verschiedeneu
Formen vertreten , von denen man kaum glauben sollte, daß sie zu der
gleichen Art gehören, wenn nicht eine große Anzahl von Zwischenformen
den fließenden Übergang der extremen Formen ineinander illustrieren würde.
In seiner hinterlassenen, erst wenige Monate vor seinem Tode abge-
schlossenen Arbeit zählt Müller-Knatz die von ihm beobachteten und
in seinem Herbar enthaltenen Arten, Formen und Mißbildungen der Farnpflanzen
auf ; er beschreibt sie kurz unter Hinweis auf die in der Literatur enthaltenen
Abbildungen und gibt ihren Standort an, ohne sich mit Mutmaßtingen über
die Ursachen der Variation der Arten aufzuhalten. Man wird dem Verfasser
hieraus keinen A^orwurf machen, zumal unsere Kenntnisse über diese Dinge
noch nicht über die ersten Anfänge hinausgekommen sind. Nachdem aber
neiterdings, besonders nach den Untersuchungen von Klebs, die Forschung
— 320 —
auch in dieser Richtung fortschreitet, läßt sich hoffen, daß durch eine Arbeit
wie die vorliegende das wissenschaftliche Studium über den entwickelungs-
mechanischen Zusammenhang der Variation der Arten mit den Faktoren der
Außenwelt angeregt und gefördert werde. Denn gerade eine erschöpfende
Zusanuiienstelluiig der verschiedenen Formen einer Art, wie sie Müller-
Knatz in seinem Herbarium und in seiner Arbeit für die Farnpflanzeii
eines umschriebenen, aber in klimatischer und geologischer Hinsicht in seinen
einzelnen Bezirken sehr verschiedenen Gebietes gegeben hat, liefert wichtiges
]^Iaterial zur Bearbeitung der Frage. So ist die vorliegende Schrift
weit mehr als von rein deskriptivem Wert und lokalflori-
s t i s c h e r Bedeutung.
Ihre Veröffentlichung, durch die der Verstorbene jüngere Sammler zur
Furtsetzung der von ihm begonnenen Studien anregen wollte, ist auf seinen
Wunsch in den Abhandlungen der Gesellschaft erfolgt ; die Kosten ihrer
Drucklegung sind aus den Zinsen der Askenasy-Stiftung für Botanik
und von Herrn Ingenieur Alexander Askenasy bestritten worden.
Das Müller- K n atzsche Pteridophyten-Herbarium , durch das die
botanische Sammlung eine wichtige Bereicherung erfahren hat, kann
im Museum zur Besichtigung vorgelegt werden.
A. Kiioblaiidi.
Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich.
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main.
Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main.
41. Bericht
der
Senckenbergischen llaturforschenden Gesellschaft
in
Frankfurt am Main
Heft 1 n. 2 :ai Ans^egeben
mit 20 Abbildungen SU ^"^^BF März 1910
Inhalt: g^.,^
Vorwort III
Neues aus der Schausammlung 1
Verteilung der Ämter im Jahre 1910 12
Verzeichnis der Mitglieder 14
Rückblick auf das Jahr 1909 (Mitteilungen der Verwaltung) .... 35
Kassenbericht über das Jahr 1909 41
Museumsbericht über das Jahr 1909 44
Lehrtätigkeit im Sommerhalbjahr 1909 68
M. Möbius: Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis . . 76
A. Knoblauch: Unsere einheimischen Salamander und Molche im
Kreislauf des Jahres 104
F. Drevermann: Eine geologische Forschungsreise in die SierraMorena 123
P. Prior; Die Diamanten Deutsch-Südwestafrikas 133
F. W. W i n t e r : Anton Dohrn und die Zoologische Station in Neapel 142
F. Kinkelin: Ludwig Becker f 152
Besprechungen :
I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft 155
II. Neue Bücher 158
Nachdruck nar mit Qaellenangabe gestattet, Übersetznngsreeht vorbehalten.
Frankfurt am Main
1910
Selbstverlag der Senckenbergi sehen Naturforschenden Gesellschaft.
Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6. — . Einzelpreis des Doppelhefts M. 4. — .
Seockeobergische Natnrforschcude Gesellschaft.
(Gegründet 22. November 1817)
Viktoria-Allee 7, Tel, No. 1054 — ab 1. April 1910 Amt II No. 954.
Direktion für das Jahr 1910.
I. Direktor San.-Rat Dr. Ernst Roediger
II. Direktor Dr. Arthur von Weinberg
I. Schriftführer Dipl.-Ing. Paul Prior
II. Schriftführer Gartenbaudirektor August Siebert
Direktor des Museums: Prof. Dr. Otto zur Strassen
(Sprechstunde im Museum an Wochentagen von 11 bis 1 Uhr.)
Öffnungszeiten des Maseums.
Sonntags von 11 — 1, am ersten Sonntag eines jeden Monats auch nach-
mittags im Sommer (April bis September) von 2 — 5, im Winter (Oktober bis
März) von 2—4 Uhr,
Dienstags von 10—1 Uhr,
Mittwochs im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr,
Donnerstags von 10—1 Uhr,
Freitags von 11 — 1 Uhr,
Samstags im Sommer von 3^5, im Winter von 2 — 4 Uhr.
(Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum geschlossen.)
Mitgliedschaft.
Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt mindestens M. 20. — ; durch die
einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die ewigeMitglied-
schaft erworben.
Die Mitglieder und ihre Angehörigen haben freien Zutritt zu dem
Museum, zu den Vorlesungen, praktischen Kursen und Vorträgen (wissen-
schaftlichen Sitzungen) ; doch wird von den Teilnehmern am Zoologischen
Praktikum eine Gebühr von M. 10. — für Materialverbrauch erhoben. Die
Mitglieder erhalten ferner von den Veröffentlichuugen der Gesellschaft den
„Bericht" unentgeltlich und gelegentlich erscheinende Beihefte zu demselben
sowie die „Abhandlungen" und Kataloge zu ermäßigten Preisen.
Nichtmitglieder zahlen am Dienstag, Donnerstag und Samstag
50 Pf. Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. 5. — im
Halbjahr, für die Teilnahme am Zoologischen Praktikum M. 20. — einschließ-
lich der Gebühr für Materialverbrauch. In den wissenschaftlichen Sitzungen
können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden.
Abhandlungeil.
Nachstehende Arbeiten aus den „Abhandlungen der Sencken-
bergischen Naturforschendeu Gesellschaft" können zu den bei-
gefügten ermäßigten Preisen von dem Bureau, Viktoria-Allee 7,
bezogen werden. Daselbst ist auch das vollständige Verzeichnis
der „Abhandlungen" vom XIII. Band, 1883, an erhältlich.
Ley dig, Über die einheimischen Schlangen (mit 2 Tafeln). 1883 M. 3. —
Probst, Natürliche Warmwasserheizung als Prinzip der klima-
tischen Zustände der geologischen Formationen. 1884 . . , 2. —
fleichenbach, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Fluß-
krebses (mit 19 Tafeln). 1886 „ 15.—
Mö schier, Beiträge zur Schmetterlingsfauna von Jamaica (mit
1 Tafel). 1886 . „3.—
— Beiträge zur Schmetterlingsfauna der Goldküste (mit 1 Tafel).
1887 „ 3.—
Blum, Die Kreuzotter und ihre Verbreitung in Deutschland (mit
9 Textfiguren u. 1 Karte). 1888 „ 2.—
Möschler, Die Lepidopterenfauna von Portorico (mit Porträt u.
1 Tafel). 1890 « 5-—
Saalmüller, Lepidopteren von Madagaskar I (mit 7 Tafeln). 1884 \
— und V. H e y d e n , Lepidopteren von Madagaskar II (mit Porträt [ » 30. —
u. 8 Tafeln). 1891 J
Andreae, Zur Kenntnis der fossilen Fische des Mainzer Beckens
(mit 1 Tafel). 1894 » 1 —
K i n k e 1 i n , Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums
(mit 2 Textfiguren u. 6 Tafeln). 1896 , 3.—
Küken thai, Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise in
den Molukken und in Borneo, Reisebericht (mit 63 Tafeln).
1896 „ 25.—
Möbius, Der Japanische Lackbaum, Ehus vernicifera D. C. (mit
29 Textfiguren u. 1 Tafel). 1899 » 2.—
H a g e n , Schmetterlinge von den Men tawej -Inseln (mit 2 Tafeln).
1902 „ 3.—
Bösenberg und Strand, Japanische Spinnen (mit 14 Tafeln).
1906 „ 32.—
Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu beziehen :
K 0 b e 1 1 , Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll-
bildern u. 11 Abbildungen im Text). 1885 M. 3.—
V. Hey den, Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a. M.
2. Auflage. 1904 , 6 —
Vorlesungen und praktische Kurse
im Sommerhalbjahr 1910.
Prof. Dr. 0. zur Strassen:
1) Vergleichende Anatomie des Skelettsystems
Montag und Donnerstag abend von 6—6^/4 Uhr,
Beginn: Montag, den 25. April 1910 (großer Hörsaal).
2) Tierpsychologie
Dienstag abend 7 — 7^/4 Uhr,
Beginn: Dienstag, den 26. April 1910 (großer Hörsaal).
3) Leitung wissenschaftlicher Arbeiten für Vorgeschrittene
Täglich vor- und nachmittags,
Beginn: Montag, den 25. April 1910.
Dr. E. Wolf: Zootomisches Praktikum über Wirbeltiere
Mittvi'och und Samstag nachmittag 4—6 Uhr,
Beginn: Mittwoch, den 27. April 1910 (großes Laboratorium).
Dr. P. Sack: Entomologische Exkursionen
Sonntag vormittag (etwa alle drei Wochen),
Beginn: wii'd den Teilnehmern bekannt gegeben.
Prof. Dr. W. Seh auf : Geometrische und physikalische Eigenschaften der
Kristalle
Mittwoch abend 6V4— 7 Uhr, .
Beginn : Mittwoch, den 27. April 1910 (kleiner Hörsaal).
Dr. F. Drevermann:
1) Die Entwickelung der Säugetiere im Laufe der Erdgeschichte
Donnerstag abend 7 — 7^/4 Ubr,
Beginn : Donnerstag, den 28. April 1910 (kleiner Hörsaal).
2) Geologische Exkursionen in die nähere und fernere Umgebung Frankfurts
Samstags oder Sonntags nach Vereinbarung
Begleitworte zu den Exkursionen
Montag abend 7—73/4 Uhr,
Beginn : Montag, den 25. April 1910 (kleiner Hörsaal).
Prof. Dr. M. M ö b i u s (im Auftrag des Dr. Senckenbergischen Medizinischen
Instituts) :
1) Ausgewählte Pflanzenfamilien
Dienstag und Freitag abend 6 — 6^/4 Uhr,
Beginn: Dienstag, den 26. April 1910 (kleiner Hörsaal).
(Im Anschluß an die Vorlesung Exkursionen am Samstag).
2) Botanisch-mikroskopisches Praktikum (für Anfänger)
Donnerstag nachmittag 3—6 Uhr,
Beginn : Donnerstag, den 28. April 1910 (großes Laboratorium).
(Bei Kursen und Exkursionen vorherige persönliche Anmeldung beim
Dozenten erbeten).
Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich.
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main.
Druck von Gebrüder Knaner in Frankfurt am Main.
41. Bericht
der
Senckenbergischen Naturforsctienden Gesellschaft
m
Frankfurt am Main
Heft 3
mit 27 Abbildungen
Ausgegeben
Jnni 1910
Inhalt: s,i^
Neues aus der Schausammlung:
Das indische Nashorn 161
Der afrikanische Elefant 171
Der Kiesenalk 184
Ein fossiler Hai 191
Lehrtätigkeit im Winterhalbjahr 1909/10 194
P. Sack: Aus dem Leben unserer Zuckmücken (Chironomiden) . . . 229
Naohdmck nnr mit Qaellenangabe gestattet, Übersetzungsrecbt vorbehalten.
Frankfurt am Main
1910
Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.
Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Hefts M. 2.—.
Senckenbergische Naturforsclieude Gesellschaft.
(Gegründet 22. November 1817)
Viktoria-Allee 7, Telephon Amt 11 No. 954.
Direktion für das Jahr 1910.
I. Direktor San.-Rat Dr. Ernst Boediger
II. Direktor Dr. Arthur Ton Weinberg
I. Schriftführer Dipl.-Ing. Paul Prior
II. Schriftführer Gartenbaudirektor August Siebert
Direktor des Museums: Prof. Dr. Otto zur Strassen
(Sprechstunde im Museum an Wochentagen von 11 bis 1 Uhr.)
Öffnungszeiten des Museums.
Sonntags von 11 — 1, am ersten Sonntag eines jeden Monats auch nach-
mittags im Sommer (April bis September) von 2 — 5, im Winter (Oktober bis
März) von 2 — 4 Uhr,
Dienstags von 10—1 Uhr,
Mittwochs im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr,
Donnerstags von 10 — 1 Uhr,
Freitags von 11 — 1 Uhr,
Samstags im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr.
(Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum geschlossen.)
Mitgliedschaft.
Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt mindestens M. 20. — ; durch die
einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die e w i g e M i t g 1 i e d-
schaft erworben.
Die Mitglieder und ihre Angehörigen haben freien Zutritt zu dem
Museum, zu den Vorlesungen, praktischen Kursen und Vorträgen (wissen-
schaftlicheu Sitzungen); doch wird von den Teilnehmern am Zoologischen
Praktikum eine Gebühr von M. 10. — für Materialverbrauch erhoben. Die
Mitglieder erhalten ferner von den Veröffentlichungen der Gesellschaft den
»Bericht" unentgeltlich und gelegentlich erscheinende Beihefte zu demselben
sowie die „Abhandlungen" und Kataloge zu ermäßigten Preisen.
Nichtmitglieder zahlen am Dienstag, Donnerstag und Samstag
50 Pf. Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. 5.— im
Halbjahr, für die Teilnahme am Zoologischen Praktikum M. 20,— einschließ-
lich der Gebühr für Materialverbrauch. In den wissenschaftlichen Sitzungen
können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden.
Abhandlungen.
Nachstehende Arbeiten aus den „ Abhandlungen der Sencken-
bergischen Naturforschendea Gesellschaft" können zu den bei-
gefügten ermäßigten Preisen von dem Bureau, Viktoria-Allee 7,
bezogen werden. Daselbst ist auch das vollständige Verzeichnis
der „Abhandlungen" vom Xni. Band, 1883, an erhältlich.
Ley dig, Über die einlieimischen Schlangen (mit 2 Tafeln). 1883 M. 3. —
Probst, Natürliche Warmwasserheizung als Prinzip der klima-
tischen Zustände der geologischen Formationen. 1884 . . „ 2. —
ßeichenbach, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Fluß-
krebses (mit 19 Tafeln). 1886 „ 15.—
Mö schier, Beiträge zur Schmetterlingsfauna von Jamaica (mit
1 Tafel). 1886 „3.—
— Beiträge zur Schmetterlingsfauna der Goldküste (mit 1 Tafel).
1887 „ 3.—
Blum, Die Kreuzotter und ihre Verbreitung in Deutschland (mit
9 Textfiguren u. 1 Karte). 1888 „ 2.—
Möschler, Die Lepidopterenfauna von Portorico (mit Porträt u.
1 Tafel). 1890 , 5.—
Saalmüller, Lepidopteren von Madagaskar I (mit 7 Tafeln). 1884 ]
— und V. H e y d e n , Lepidopteren von Madagaskar II (mit Porträt [ » 30. —
u. 8 Tafeln). 1891 J
Andreae, Zur Kenntnis der fossilen Fische des Mainzer Beckens
(mit 1 Tafel). 1894 » 1 —
K i n k e 1 i n , Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums
(mit 2 Textfiguren u. 6 Tafeln). 1896 , 3.—
Kükenthal, Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise in
den Molukken und in Borneo, Reisebericht (mit 63 Tafeln).
1896 „ 25.—
M ö b i u s , Der Japanische Lackbaum, Bhtis vernicifera D. C. (mit
29 Textfiguren u. 1 Tafel). 1899 n ^^—
Hagen, Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln (mit 2 Tafeln).
1902 „ 3.—
Bösenberg und Strand, Japanische Spinnen (mit 14 Tafeln).
1906 , 32.—
Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu beziehen :
K 0 b e 1 1 , ßeiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll-
bildern u. 11 Abbildungen im Text). 1885 M. 3.—
V. H e y d e n , Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a. M.
2. Auflage. 1904 ,6.—
V. Reinach-Preis für Mineralogie
Ein Preis von M. 1000 soll der besten Arbeit zuerkannt
werden, die einen Teil der Mineralogie des Gebietes zwischen
Aschaffenburg, Heppenheim, Alzey, Kreuznach, Koblenz, Ems,
Gießen und Büdingen behandelt; nur wenn es der Zusammen-
hang erfordert, dürfen andere Landesteile in die Arbeit ein-
bezogen werden.
Die Arbeiten, deren Ergebnisse noch nicht anderweitig
veröffentlicht sein dürfen, sind bis zum 1. Oktober 1911 in ver-
siegeltem Umschlage, mit Motto versehen, an die unterzeichnete
Stelle einzureichen. Der Name des Verfassers ist in einem mit
gleichem Motto versehenen zweiten Umschlage beizufügen.
Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft hat die
Berechtigung, diejenige Arbeit, der der Preis zuerkannt wird,
ohne weiteres Entgelt in ihren Schriften zu veröffentlichen, kann
aber auch dem Autor das freie Verfügungsrecht überlassen.
Nichtpreisgekrönte Arbeiten werden den Verfassern zurück-
gesandt.
Über die Zuerteilung des Preises entscheidet bis spätestens
Ende Februar 1912 die unterzeichnete Direktion auf Vorschlag
einer von ihr noch zu ernennenden Prüfungskommission.
Frankfurt a. M., April 1910.
Die Direktion
der
Senckenbergisehen Naturforsclienden Gesellschaft.
Die Verlasaer sind für den Inhalt ihrer Arbeilen allein verantwortlich.
Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfort am Hain.
Druck von Oebrüder Knaner in Frankfurt am Main.
41. Bericht
der
Senckenberpclien Naturforschenden Geseliscliaft
m
Frankfurt am Main
Heft 4
mit 27 Abbildungen
Ausgegeben
September 1910
Inhalt: s^.,^
Neues aus der Schausammlung :
Im Grönländischen Eismeer 241
Geschenke aus der Ausbeute der I. Deutschen Tiefsee-Expedition 254
A. Handlirsch: Fossile Wespennester 265
J. Ziehen: Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst . . . 267
A. Libbertz: Bobert Kochf 306
Besprechungen :
Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft 319
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten.
Frankfurt am Main
1910
Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.
Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Hefts M. 2. — .
Senckenbergische Naturforscheude Gesellschaft.
(Gegründet 22. November 1817)
Viktoria-Allee 7, Telephon Amt II No. 954.
Direktion für das Jahr 1910.
I. Direktor San.-Rat Dr. Ernst Roediger
II. Direktor Dr. Arthur von Weinberg
I. Schriftführer Dipl.-Ing. Panl Prior
II. Schriftführer Gartenbaudirektor Augnst Siebert
Direktor des Museums: Prof. Dr. Otto zur Strassen
(Sprechstunde im Museum an Wochentagen von 11 bis 1 Uhr.)
Öffnungszeiten des Museums.
Sonntags von 11 — 1, am ersten Sonntag eines jeden Monats auch nach-
mittags im Sommer (April bis September) von 2 — 5, im Winter (Oktober bis
März) von 2 — 4 Uhr,
Dienstags von 10—1 Uhr,
Mittwochs im Sommer von 3 — 5, im Winter von 2 — 4 Uhr,
Donnerstags von 10 — 1 Uhr,
Freitags von 11 — 1 Uhr,
Samstags im Sommer von 3—5, im Winter von 2 — 4 Uhr.
(Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum geschlossen.)
Mitgliedschaft.
Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt mindestens M. 20. — ; durch die
einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die e w i g e M i t g 1 i e d-
schaft erworben.
Die Mitglieder und ihre Angehörigen haben freien Zutritt zu dem
Museum, zu den Vorlesungen, praktischen Kursen und Vorträgen (wissen-
schaftlichen Sitzungen) ; doch wird von den Teilnehmern am Zoologischen
Praktikum eine Gebühr von M. 10. — für Materialverbrauch erhoben. Die
Mitglieder erhalten ferner von den Veröffentlichungen der Gesellschaft den
„Bericht" unentgeltlich und gelegentlich erscheinende Beihefte zu demselben
sowie die „Abhandlungen" und Kataloge zu ermäßigten Preisen.
Nichtmitglieder zahlen am Dienstag, Donnerstag und Samstag
50 Pf. Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. 5. — im
Halbjahr, für die Teilnahme am Zoologischen Praktikum M. 20. — einschließ-
lich der Gebühr für Materialverbrauch. In den wissenschaftlichen Sitzungen
können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden.
Abhandlungen.
Nachstehende ältere Arbeiten aus den „Abhandlungen der
Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft" können zu
den beigefügten Preisen von dem Bureau, Viktoria- Allee 7,
bezogen werden. Daselbst ist auch das vollständige Verzeichnis
der „Abhandlungen" vom XIII. Band, 1883, an erhältlich.
Ley dig, Über die einheimischen Schlangen (mit 2 Tafeln). 1883 M. 3. —
Probst, Natürliche Warmwasserheizung als Prinzip der klima-
tischen Zustände der geologischen Formationen. 1884 . . „ 2. —
Reichenbach, Studien zur Entwickelungsgeschichte des Fluß-
krebses (mit 19 Tafeln). 1886 „ 15.—
Möschler, Beiträge zur Schmetterlingsfauna von Jamaica (mit
1 Tafel). 1886 »3.—
— Beiträge zur Schmetterlingsfauna der Goldktiste (mit 1 Tafel).
1887 , 3.—
Blum, Die Kreuzotter und ihre Verbreitung in Deutschland (mit
9 Textfiguren u. 1 Karte). 1888 „ 2.—
Möschler, Die Lepidopterenfauna von Portorico (mit Porträt u.
1 Tafel). 1890 , 5.—
Saalmüller, -Lepidopteren von Madagaskar I (mit 7 Tafeln). 1884 1
— und V. H e y d e n , Lepidopteren von Madagaskar II (mit Porträt \ » 30. —
u. 8 Tafeln). 1891 J
Andreae, Zur Kenntnis der fossilen Fische des Mainzer Beckens
(mit 1 Tafel). 1894 » 1 —
K i n k e 1 i n , Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums
(mit 2 Textfiguren u. 6 Tafeln), 1896 » 3.—
Kükenthal, Ergebnisse einer zoologischen Forschungsreise in
den Molukken und in Borneo, Reisebericht (mit 63 Tafeln).
1896 „ 25.—
Möbius, Der Japanische Lackbaum, BMis vernicifera D. C. (mit
29 Textfiguren u. 1 Tafel). 1899 « 2.—
Hagen, Schmetterlinge von den Mentawej -Inseln (mit 2 Tafeln).
1902 „ 3.—
Bösenberg und Strand, Japanische Spinnen (mit 14 Tafeln).
1906 „ 32.—
Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu beziehen :
K 0 b e 1 1 , Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll-
bildern u. 11 Abbildungen im Text). 1885 M. 3.—
V. H e y d e n , Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a. M.
2. Auflage. 1904 »6 —
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London, St. Petersburg, Hew York, Chicago
Die Verfasser sind für den Intialt ihrer Arbeiten allein verantwortlioh.
Für die Redaktion verantwortllcli: Prof. Dr. A. Knoblanch in Frankfort am Hftin.
Dmck von Gebrüder Knaaer in Frankfort am Main.
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